Ebenso wichtig ist im Land die Rolle der kommunalen Bib liotheken in der Digitalisierung und Medienbildung. Hierzu einige Beispiele: Im Landeshochschulgesetz haben wir die Grundlage dafür gelegt, dass aus Bibliotheken und Rechen zentren moderne Informationszentren werden. Mittel des Lan des fließen in die Konsortiallizenzierung sowie in die Unter stützung der einzelnen Hochschulbibliotheken.
Bemerkenswert finde ich das Projekt „Vom Tresor in die Welt“, mit dem wertvolle Bestände digitalisiert werden kön nen. Dadurch werden kulturelle wie wirtschaftliche Werte und unser geistiges Erbe gesichert, Wissen generiert und zugäng lich gemacht.
Weiter werden die Landesbibliotheken bei der Digitalisierung alter Zeitungen unterstützt. Damit werden Quellen aufbewahrt und wird zugleich die Recherche erleichtert.
Ein weiteres Beispiel ist das landeskundliche Informations system LEO-BW, das den zentralen Zugang zu Informationen und digitalisierten Kulturgütern des Landes ermöglicht.
All diese Möglichkeiten erleichtern die wissenschaftliche, aber auch die private Recherche. Sie bedeuten einen wichti gen Schritt für einen verbesserten Austausch.
Denn, Kolleginnen und Kollegen, worum es im Kern geht, ist der freie Zugang zu Wissen für möglichst viele Menschen.
Die Digitalisierung bietet hierfür eine große Chance, und ich bin zuversichtlich, wir werden diese Chance weiterhin mutig ergreifen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! Bib liotheken: verstaubte Bücher, ehrwürdige Räumlichkeiten – denken Sie an Oxford –, ergraute Wissenschaftler. So ein Bild hat man schnell im Kopf. Was gilt jedoch heute, in Zeiten der Digitalisierung? Der Fortschritt – Chance oder Gefahr? Vor den ersten Dampfeisenbahnlinien in England schritt – hoffent lich zügig –, der Red Flag Man, um Menschen und Pferde vor der Bahn zu warnen, damit letztere nicht scheuen. Das er scheint uns heute skurril. Heute sind – Frau Kurtz hat es schon beschrieben – die Bibliotheken Lotsen in der Wissenswelt.
Eine zuverlässige Infrastruktur für die digitale Langzeit archivierung von Netzpublikationen in den Bibliotheken des Landes kann jedoch erst bei Vorliegen entsprechen der rechtlicher Grundlagen erfolgen, die auch deshalb erforderlich sind, um die erheblichen Investitionsbedar fe für den nachhaltigen Aufbau einer entsprechenden Langzeitarchivierungsinfrastruktur zu rechtfertigen.
Immerhin erkennt man: Es geht auch ein bisschen um Geld. Mephisto – auch bekannt, nehme ich an – sagte dazu:
In unserer digitalen Welt entsteht Neues – sehr viel und sehr schnell –, und nicht alles ist wertvoll und für die Ewigkeit be stimmt. Haben wir unter Umständen eine falsche Vorstellung von der Aufgabe der Bibliotheken? Mephistopheles spricht nicht umsonst von sich als einem Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.
Neues soll Raum haben zum Entstehen. Aber wie in der frei en Natur, so auch in der Gesellschaft: Eine Voraussetzung für das Entstehen ist, dass ab und zu auch wieder etwas vergehen kann.
Zurück zum Antrag: Diese erheblichen Investitionsbedarfe für den nachhaltigen Aufbau einer entsprechenden Langzeitarchi vierungsinfrastruktur sollten wir nicht um jeden Preis zu recht fertigen versuchen. Wir wollen und brauchen keine übertrie ben museale Kultur. Das Wichtige, das sehr Alte – Sie haben die Zeitungen genannt – soll aufbewahrt werden. Ab und an müssen wir uns auch von etwas trennen, und das tut weh. Die Damen dürfen jetzt an ihren Kleiderschrank denken, die Her ren an die Garage.
Ich möchte hier jetzt das Augenmerk etwas stärker auf die Au torenproblematik legen. Das deutsche Urheberrecht räumt tra ditionell dem geistigen Eigentum der Autoren einen hohen Stellenwert ein. Leider hat man sich an das Vervielfältigen oh ne Unrechtsbewusstsein gewöhnt. Natürlich ist es nervig,
wenn wir in Deutschland auf YouTube vieles nicht anschau en können, was vielleicht in anderen Ländern einfacher zu gänglich ist. Wir brauchen also mittelfristig vernünftige Be zahlsysteme für Netzinhalte statt des Maas’schen Netzwerk durchsetzungsgesetzes. Das muss wieder weg.
Ich fordere die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene – Schwarz-Rot – dafür einzusetzen, dass die Vorstellungen Deutschlands bezüglich einer gerechten Entlohnung und be züglich des Urheberrechts auf internationaler Ebene respek tiert werden.
Herr Rülke ist leider jetzt nicht da. Sonst hätte ich ihm an die ser Stelle gesagt: Wir sollten nicht auf Rucio, dem Esel von Sancho Pansa, reiten, sondern – oder eher auch nicht – auf der Rosinante. Denn das ist auch ein Klepper, nämlich der von Don Quichotte.
Auf Bundesebene wurde mit dem Urheberrechts-Wissensge sellschafts-Gesetz ein praktikabler Ausgleich zwischen den Interessen der Verlage und denen der Nutzer, der Verbraucher geschaffen. Werden aber die Autoren angemessen entschä digt? Ist möglicherweise die Regierung vor den großen Ver lagen eingeknickt? Kann es sein, dass Onlineverlage bei ge ringen Kosten Gewinne von rund 37 bis 40 % aus den Veröf fentlichungen im Netz ziehen? Für den Steuerzahler – ich ha be vorhin darauf hingewiesen; indirekt steht es auch in der Stellungnahme zum vorliegenden Antrag – wird das Biblio thekswesen teurer, und die Autoren gehen trotzdem „knapps“ oder leer aus. Meine Damen und Herren, das darf nicht sein. Hier besteht eindeutig Handlungsbedarf. An die Landesregie rung deshalb die Aufforderung: Kündigen Sie den Vertrag mit Elsevier und allen anderen Verlagen mit ähnlicher Struktur.
Ja, ich bin Ingenieur. Aber: Der Verlag arbeitet nicht so, wie man arbeiten sollte. Denn eigentlich ist es Ausbeutung. Das merken Sie, wenn Sie es bei Licht betrachten.
Es ist eine ethisch-moralische Forderung – keine rechtliche –, Ausbeutung, die geistige Ausbeutung nicht zu unterstützen.
Viele dieser Verlage arbeiten möglicherweise nach US-Recht. Es darf nicht sein, dass die Vereinigten Staaten ihre Gesetz gebung über das Internet auf der ganzen Welt ausbreiten.
Das Recht wird durch technische und gesellschaftliche Ent wicklungen immer wieder herausgefordert. Wir müssen un seren ethischen und moralischen Prinzipien – das meine ich hier – Genüge tun. Wir müssen auf internationaler Ebene un sere Macht und auch unsere Finanzen dafür einsetzen.
Einen Text digital zu veröffentlichen ist für einen Verlag mit wesentlich weniger Aufwand verbunden, mit weniger Perso nal und deshalb mit geringeren Kosten
Der prozentuale Anteil an der Erstellung liegt heute in einem weit höheren Maß bei den Au toren. Deswegen sollten wir einen höheren Autorenanteil am Entgelt aus Veröffentlichungen fordern. Es gilt: gerechte Ent lohnung für gute Arbeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, Kolleginnen und Kollegen! Unsere Bibliotheken, nein, wir stehen vor großen Herausforderungen. Bibliotheken als Mittler von Informatio nen haben große Konkurrenz. Ich möchte sogar so weit ge hen, zu sagen, dass sie gegen einen Gegner antreten, gegen welchen wir, sollten wir Bibliothek nicht neu denken, nur ver lieren können.
Mit der Digitalisierung der Literatur und von Informationen haben die Bibliotheken ihre ursprüngliche Funktion verloren. Sie sind nicht mehr exklusiver Bewahrer und Mittler von In formationen, Wissen und Unterhaltung, wie sie es historisch gewohnt waren. Dabei haben sich die Bibliotheken in den letz ten 4 000 Jahren ständig neu erfinden müssen. Die letzten Um brüche unserer Zeit liegen gar nicht so lange zurück. Denken wir an den Wandel der Thekenbibliotheken zu dem, was wir heute mancherorts sehen.
Der Umbruch, der uns heute herausfordert, Bibliothek neu zu denken, ist radikaler. Es ist auch effizienter, einfacher und fun dierter, seine Informationen digital – global, zu jeder Tages- und Nachtzeit – zu suchen, statt dafür in eine Bibliothek zu gehen.