Nur sind die Wege, die Sie sich vorstellen, und die Wege, an die wir glauben, nicht die gleichen. Was haben Sie sich vor genommen? Umsetzung und Fortschreibung der Landesstra tegie Ressourceneffizienz. Sie wollen das Projekt „100 res sourceneffiziente Betriebe“ vorantreiben. Sie haben das Leit bild einer Ultraeffizienzfabrik geschaffen. Das soll einen Ord nungsrahmen schaffen für eine – man höre! – Energiewende, Materialwende, Personalwende, Kapitalwende. Wow! In die sen Bereichen soll größtmögliche Effizienz erreicht werden. Das klingt extrem anspruchsvoll.
Des Weiteren bekennt sich Grün-Schwarz zu den beiden be stehenden Förderprogrammen, bei denen es darum geht, För dermittel des Bundes mit Landesmitteln zu ergänzen.
Sehr geehrter Herr Untersteller, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns nachher in Ihren Darlegungen diese Strategien, die ich gerade aufgezeigt habe, ein bisschen konkreter darstel len könnten, uns auch sagen könnten, welche Ergebnisse es da bereits gibt und wie das staatliche Wirken die Ressour ceneffizienz der kleinen, mittleren und großen Unternehmen im Land beeinflusst hat.
Gibt es konkrete Prozessverbesserungen, Produkte, Dienst leistungen, die wir damit in Verbindung bringen können?
Eine Strategie – das haben auch die Kollegen gerade schon angesprochen – ist eine neue Idee: der Thinktank „Ressour ceneffizienz“, der jetzt mit dem KIT aufgebaut wurde – ein im Grundsatz guter Ansatz, denn es soll auf wissenschaftli cher Basis in Rohstoff- und Effizienzfragen beraten werden. Ich frage mich: Ist das eine Variante des 2007 bis 2010 von uns eingesetzten Innovationsrats? Ich habe auch gehört, dass es nicht ganz so einfach war, Unternehmen für die Finanzie rung zu gewinnen. Die Großen sagen nämlich: „Das machen wir selbst
und behalten dann das Know-how.“ Die Kleinen sagen: „Wir warten auf die Veröffentlichung, dann bekommen wir das auch so.“
Aber möglicherweise liegt ja gerade darin wirklich ein Ver dienst dieser Aktion: dass Wissen geteilt wird. Denn in einer Wissensgesellschaft leben wir alle davon, dass Wissen vor handen ist und von möglichst vielen angewandt werden kann.
Ich komme auf ein Beispiel aus meiner 25-jährigen Indust riepraxis zu sprechen, denn wir reden hier ja, als wäre Res sourceneffizienz noch nie ein Thema gewesen und gerade neu entdeckt worden.
Kennt noch jemand das Wort „waste“? Anfang der Neunzi gerjahre gab es eine Studie des Massachusetts Institute of Technology, die untersuchte, wie die Automobilindustrie welt weit aufgestellt ist. Damals stellte sich heraus, dass der japa nische Hersteller Toyota in allem deutlich besser war als alle anderen. Dieser Erkenntnisprozess führte zu einem echten Aufschrei in dieser Industrie. Alle haben erkannt: Hier besteht höchster Handlungsbedarf.
Man nannte das ganze Thema – falls es jemand nachlesen will: das Buch „The Machine that Changed the World“ ist immer noch interessant – Kaizen. Kaizen wurde zum Prinzip aller In dustriebetriebe und heißt übersetzt: die Veränderung zum Bes seren, die kontinuierliche Verbesserung.
Dies kam beispielsweise so zum Ausdruck: Früher hat man Fertigungsbestände erzeugt, hat sie hingestellt und gewartet, bis jemand sie braucht. So fertigt heute kein Mensch mehr. Lean Production ist das Zauberwort geworden. In den Indus triebetrieben ist heute eine völlig andere Haltung vorhanden, mit Ressourcenknappheit umzugehen. „Waste“ ist sozusagen ein absolutes No-Go. Ich glaube nicht, dass dazu jemand Be lehrungen aus der Politik braucht.
Was wir aber brauchen ist eine beständige Weiterentwicklung durch die Möglichkeiten, die die Technik uns bringt. Wir ste hen vor der vierten industriellen Revolution.
Customized Production, Shared Economy – das geht wieder einen Schritt weiter, um ökonomischer und ökologischer zu agieren. Ich habe mir einmal überlegt, was es mir bringt, wenn mein Kühlschrank mir sagen kann, dass mir etwas fehlt.
Ich glaube, der große Vorteil ist wirklich, dass wir dann kei ne Lebensmittel mehr wegwerfen, denn wir brauchen nicht auf Vorrat einzukaufen, um dann zu erkennen, dass wir etwas schon im Kühlschrank gehabt haben. Darin liegen ganz viele tolle technologische Chancen.
Aber zurück zu Ihrer Strategie Ressourceneffizienz. Ich glau be, wie schon gesagt, nicht, dass die Industrie dazu Ihre An leitung braucht. Die Treiber solcher Entwicklungen sind der Wettbewerbsdruck, der Vergleich mit anderen Marktteilneh mern, neue Technologien, sind Strategien, um Engpässe auf zulösen, ist die Lust am Besserwerden. Diese ist in der Indus trie in unserem Land Gott sei Dank ungebrochen.
Ja, manchmal braucht es Anstöße von außen. Aber noch wich tiger ist, dass die Politik selbst ihre eigene Ressourceneffizi enz im Auge hat und ihre Hebel bedient. Dazu brauchen wir eine Ultraeffizienzinfrastruktur. Fehlende Breitbandinternet zugänge, Stauzeiten auf Autobahnen und Landstraßen stehen im Zeitalter vernetzter Produktion in der Arbeitswelt der He bung von Effizienzpotenzialen im Weg und verschwenden die Lebenszeit der Menschen. Genau der Mensch ist in unserem rohstoffarmen Land doch die wertvollste Ressource.
Die originären Handlungsfelder der Regierung sind Bildung, Hochschule, Infrastruktur, Breitbandausbau, Bürokratieabbau, Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit. Wenn Sie da immer auf dem neuesten Niveau sind, wenn unser Land da vorn dran ist, wenn Sie sich als Diener der Bürgerinnen und Bürger verste hen
und deren Zeit und Geld nicht über Gebühr strapazieren, son dern als wichtige Ressource für eigenständiges Handeln be greifen,
Danke. – Eine sol che Regierung, die das tut, ist der beste Garant dafür, dass sich Baden-Württemberg die Poleposition als Denkfabrik für Res sourceneffizienz sichert.
(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU, der AfD und der SPD – Abg. Anton Baron AfD: Sehr gut!)
Verehrte Frau Präsidentin, verehrte, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns in Baden-Würt temberg bereits seit geraumer Zeit sehr intensiv mit den Trans formationsprozessen der Automobilwirtschaft. Doch nicht nur diese Branche, sondern die gesamte industrielle Produktion – und zwar nicht nur hier in Baden-Württemberg oder in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern – wird in den kommenden Jahren oder im nächsten Jahrzehnt durchaus vor gewaltigen Umbrüchen stehen.
Wenn wir nachhaltig wirtschaften wollen, dann müssen wir die Art und Weise, wie wir heute produzieren, völlig neu den ken. Das haben wir hier in Baden-Württemberg vor geraumer Zeit erkannt. Ich erinnere an die Initiativen der letzten Jahre, die wir gemeinsam mit der Industrie – daher wundere ich mich schon über manche Bemerkungen, die hier aus der Oppositi on gekommen sind – entwickelt haben.
Die Plattform der letzten Legislaturperiode, die die Ressour ceneffizienzstrategie für Baden-Württemberg entwickelt hat, wurde gemeinsam von Landesregierung und Industrie voran getrieben.
Übrigens war es auch diese Plattform, die eine ganze Reihe von Initiativen entwickelt hat. Beispielsweise haben wir das Projekt „100 Betriebe für Ressourceneffizienz“ vorangebracht, um Leuchttürme zu zeigen. Daraus sind auch Förderprogram me wie ReTech-BW – um einmal ein Beispiel zu nennen – entstanden. Daraus ist auch die Idee entstanden, einen Think tank „Ressourceneffizienz für Baden-Württemberg“ voranzu treiben.
Hier also so zu tun, als wäre das eine Geschichte, die abgeho ben ist von der Industrie und der Wirtschaft in Baden-Würt temberg, ist schon ziemlich abenteuerlich, Frau Kollegin, und zeigt, dass Sie sich mit der ganzen Situation praktisch über haupt nicht befasst haben.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Oh-Rufe von der FDP/DVP – Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Kommen Sie einmal runter von dem ho hen Ross, Herr Minister! – Weitere Zurufe – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Herr Minister, einen Moment bitte. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Debatte war bis her erfreulicherweise sehr ruhig