Protokoll der Sitzung vom 08.03.2018

Die Europäische Kommission bemüht sich um soziale Ge rechtigkeit. Instrumente wie die europaweite Altersvorsorge, die im Arbeitsprogramm der Kommission für dieses Jahr ent halten ist, sollen nicht nur zur Vollendung des Binnenmarkts, sondern auch zur Absicherung der Menschen im Alter beitra gen. Der neue MFR soll den Blick auf die aktuellen Heraus forderungen, die die Nationalstaaten allein nicht bewältigen können, richten. Mit dem MFR kann die EU die Weichen für die Zukunft stellen: mit sauberen Energieträgern, für verant

wortungsvollen Konsum, für gute Arbeitsbedingungen, für nachhaltiges Wachstum und für den Klimaschutz.

Manchen von Ihnen kommen diese Punkte sicher bekannt vor; es sind nämlich Bestandteile aus den sogenannten SDGs, den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, auf die sich die Mitgliedsstaaten im Jahr 2015 verpflichtet ha ben. Darum sollten wir den MFR einem Nachhaltigkeitscheck unterziehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen)

Es gilt, jeden Euro aus dem Gesamthaushalt auf seine Wir kung hinsichtlich der Erreichung der SDGs zu prüfen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Schluss,...

Jawohl.

(Heiterkeit)

... wenn ich die Glocke richtig deu te. Wobei: Ich habe noch viel zu sagen.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Das nächste Mal.

Um überzuleiten:

(Heiterkeit)

Ideen wie die von Oettinger mit der Plastiksteuer sind gute Ideen, die weiterverfolgt werden müssen.

(Beifall bei den Grünen)

Zum Schluss ist aber noch der europäische Leitbildprozess der Landesregierung zu erwähnen. Ich denke, damit kann der Weg begangen werden: ein breiter Leitbildprozess mit der Be völkerung, damit Europa wieder zu einem Europa für uns Menschen hier in Baden-Württemberg, aber auch darüber hi naus wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion er teile ich der Kollegin Felder das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Der Europaausschuss dieses Hauses war unlängst einige Tage in Brüssel. Die Flaggen al ler Staaten vor dem Parlament, vor dem Gebäude der Kom mission geben ein imposantes Bild ab. Die vielen bunten Flag gen eint eine gemeinsame Aufgabe: Nationen sind wichtig, aber wichtiger ist der Beitrag dieser Nationen für die Gemein schaft.

Diese Stabilität ist fragil geworden, wird bedroht von Natio nalismus und Hegemonialdenken und ganz aktuell von einem Wirtschaftsprotektionismus ganz alter Prägung. Zollhäuschen stehen nicht mehr im Museum, sondern direkt hinter Halifax. In diesem Licht sehen wir den aktuellen Arbeitsplan der Eu ropäischen Kommission, den unser Ausschuss beraten hat.

Bei aller Kritik an Brüsseler Bürokratie, an kleingeistigen Pa ragrafen und detailverliebten Förderprogrammen – Europa ist unabdingbar.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Viele praktische Politikfelder werden auch für Baden-Würt temberg in Europa pointiert. Deshalb ist der Arbeitsplan, den sich Europa gibt, auch für unser Bundesland, auch für dieses Haus, relevant. Für die CDU-Landtagsfraktion steht dabei ei ne Herausforderung im Vordergrund: der Mehrjährige Finanz rahmen der EU. Im Mai beginnen die Verhandlungen hierzu. Dieser Finanzrahmen legt fest, welche Schwerpunkte gesetzt und welche Politikfelder gefördert werden. Im Jahr 2018 öff net sich damit ein Fenster; es bietet sich die einmalige Gele genheit, die EU neu aufzustellen. Wir werden uns mit dem Vollzug des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU und mit den Wahlen zum Europäischen Parlament im Früh jahr 2019 neu formieren. Europa muss sich erneuern; es muss ein Kontinent sein, der im globalen Wettbewerb bei den digi talen Kompetenzen, den Ressourcen in Wissenschaft und For schung und der Wertegemeinschaft ein neues Kapitel auf schlägt.

Meine Damen und Herren, die Agenda Europas bestimmt sich aus der Eigenzentrierung Amerikas auf der einen Seite und der aufkeimenden Stärke Asiens auf der anderen Seite, und sie bestimmt sich drittens aus den Problemzonen im Inneren: dem bitteren Ablöseprozess des Vereinigten Königreichs und problematischen Tendenzen in Polen und Ungarn.

(Zurufe von der AfD)

Der Weißbuchprozess sowie konkrete Projekte schärfen das Profil eines zukunftsgewandten, krisenfesten und starken Eu ropas. Auch in Baden-Württemberg sind ganz konkrete Pro jekte der EU vor Ort sichtbar. Sieben Projekte im Umfang von rund 7 Millionen € werden allein am Oberrhein aus dem Eu ropäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert, hinzu kommen drei Projekte in der Region Bodensee/Hochrhein.

Wir sehen: Europa ist nicht nur eine Baustelle für große The men, sondern auch eine Förderkulisse für viele kleine, wich tige Projekte. Dies ist für die Bürgerinnen und Bürger wich tig, um konkret vor Ort zu erleben, welche Akzente Europa setzen kann – auch wenn sich jetzt mit den Brexit-Verhand lungen die Finanzthemen in den Vordergrund schieben. Un sere Position ist dabei klar: Wir sprechen uns gegen die Ein führung neuer Steuern auf EU-Ebene aus. Auch die Debatte um einen eigenen europäischen Finanzminister sehen wir kri tisch, weil dies ohne ein eigenes Eurozonenbudget wirkungs los wäre.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Rainer Podes wa AfD)

Wir brauchen eine kluge Kombination aus marktorientierten Reformen und einem effektiven Stabilitätsmechanismus, um die Eurozone zukunftsfest und krisensicher zu machen. Dazu braucht es kein weiteres Amt; wir haben das nötige Rüstzeug und die richtigen Ansätze.

Wir sind aber durchaus bereit – auch das möchte ich heute be tonen –, zu akzeptieren, dass Deutschland einen entsprechen den Anteil am EU-Haushalt trägt, und wir sind für die Fort

setzung der Kohäsionspolitik; denn diese ergänzt die anderen für uns wichtigen Politikfelder der EU wie Bildung, Beschäf tigung, Energie, Umwelt und Forschung – und zwar in allen Regionen. Ich denke dabei etwa an das Programm Horizont 2020, das die Innovationsförderung zum Ziel hat und das wohl wieder gut ausgestattet sein wird.

Auch die inhaltlichen Schwerpunkte der Förderprogramme unterstützen wir, zum einen den ländlichen Raum und die bäu erlichen Betriebe – gerade bei den Strukturen, wie wir sie in Baden-Württemberg haben –, zum anderen die Forschungs projekte, die notwendig sind, damit Europa im globalen Wett bewerb bestehen kann.

Meine Damen und Herren, die Gemeinschaft ist notwendiger denn je, weil eine Gemeinschaft die Aufgaben stemmen kann, die ein Einzelner nicht schultert,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Glocke des Prä sidenten)

weil die Nationen dieses Kontinents ein Wertegerüst verbin det. Dies zu betonen, dies zum Rückgrat eines gemeinsamen Auftritts zu machen, das ist die Aufgabe – mehr noch: das ist das Faszinosum – der Europäischen Union.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Dr. Grimmer.

Herr Präsident, sehr geehr te Damen und Herren! Die EU will viel mehr Geld, und sie will viel mehr Einfluss. So knapp lässt sich das Arbeitspro gramm der EU-Kommission für 2018 zusammenfassen. Und die Haltung der Parteien in Land und Bund

(Abg. Rainer Hinderer SPD: „Kartellparteien“!)

zu diesem Geld- und Machtanspruch ist: Gebt der EU alles, was sie will! Im Detail erlaubt man sich vorsichtig ein wenig Kritik, wenn die Anmaßungen aus Brüssel gar zu offensicht lich sind. Aber das ändert nichts am Ergebnis.

Nehmen wir den Umgang mit dem Thema Einlagensicherung. Sie wissen: Sparer haben über Jahrzehnte in einen Topf zur Sicherung ihrer Bankguthaben eingezahlt. Sie wissen auch, die EU will dieses Geld jetzt haben, um in der Lage zu sein, etwaige Zahlungsausfälle in anderen Ländern zu finanzieren. Betroffen davon sind insbesondere Sparkassen und Volksban ken mit ihrer vorbildlichen Einlagensicherung. Deren Verbän de laufen Sturm gegen dieses EU-Vorhaben.

(Abg. Anton Baron AfD: Zu Recht!)

Was fällt der Landesregierung zu diesem Thema ein? Zitat:

Für den Fall, dass sich das EU-Einlagensicherungssys tem in naher Zukunft dennoch durchsetzen wird, setzt sich die Landesregierung bereits zum jetzigen Zeitpunkt für den Erhalt der in der Finanzkrise bewährten Institutssi cherungssysteme der Sparkassen und Genossenschafts banken ein.

Ich übersetze das mal in Klartext:

Erstens: Die Enteignung der Einlagensicherung wird kom men. Wer glaubt, dass Ihre Parteien im Bund und in der EU etwas daran ändern, verkennt die Realitäten. Zweitens: Wir werden ein bisschen meckern und uns beschweren. Drittens – unausgesprochen –: Erreichen werden wir nichts. Volk, be zahl und schweig!

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf von der AfD: Genau! – Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Schlim mer geht’s nimmer!)

Das Thema Einlagensicherung ist aber noch ein relativ mil des Beispiel. Schlimmer ist das Verständnis von Demokratie, von demokratischer Teilhabe und Kontrolle, das Sie hier zum Thema EU zum Ausdruck bringen. Im Gesamtbild der Maß nahmen handelt es sich um einen Machtzuwachs Brüssels, der im Ergebnis von Ihnen allen nicht nur unterstützt, sondern so gar prinzipiell gefordert wird.