Protokoll der Sitzung vom 08.03.2018

Wenn heute Grünen-Parteitag wäre, müsste ich sagen: Von unserem Zehn-Punkte-Programm ist noch kein einzi ger Punkt umgesetzt. Für die Grünen steht es 0 : 10.

Ich sage: schlecht verhandelt, liebe Grüne.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Daniel Andre as Lede Abal GRÜNE)

Aber kommen wir auf den Nutzen für Baden-Württemberg zu sprechen. Herr Kollege Reinhart, ich bin Ihnen sehr dankbar, denn es gibt mannigfaltig Gelegenheit, die positiven Auswir kungen des Koalitionsvertrags auch für Baden-Württemberg aufzuzeigen.

Ein Beispiel zu den Kommunen: Für uns Sozialdemokraten sind die Kommunen – wir haben es in den Haushaltsberatun gen hier im Landtag auch deutlich gemacht – von zentraler Bedeutung für das Leben der Menschen in Baden-Württem berg. Die Städte und Gemeinden stehen derzeit vor riesengro ßen Herausforderungen. Wir benötigen mehr Betreuungsplät

ze in Kitas und Schulen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mer erwarten, dass sie mit dem Auto oder mit Bussen und Bahnen gut zur Arbeit kommen. Junge Familien, aber auch alle anderen haben in den Ballungsräumen Anspruch auf be zahlbaren Wohnraum.

Für all das benötigen die Kommunen Geld. Diese Landesre gierung hat in der Vergangenheit die Kommunen immer wie der zu Bittstellern degradiert. Das ist keine Politik für die Kommunen in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Deswegen ist es gut, dass in diesem Koalitionsvertrag auf der Bundesebene nun einige wichtige Punkte genannt sind. Der Koalitionsvertrag sieht große Investitionen in unsere Bil dungseinrichtungen vor. Die öffentliche Infrastruktur und auch der Wohnungsbau sollen deutlich gestärkt werden. Unser kla res Ziel muss doch sein, in Baden-Württemberg wie in ganz Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu schaffen. Das haben die Menschen in Baden-Würt temberg von der Politik zu erwarten, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Nicole Razavi CDU: Das ist aber nicht SPD-Politik!)

Wir werden massiv in die Bildungsinfrastruktur investieren. Es reicht nicht, nur in Sonntagsreden immer von guter Bil dung zu philosophieren. Wir brauchen eine gute Partnerschaft zwischen Bund, Land und Kommunen.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD – Abg. Winfried Mack CDU: Aber bitte über Artikel 106!)

Wir werden in Baden-Württemberg erheblich profitieren, denn der Bund wird künftig nicht mehr nur finanzschwache Kom munen unterstützen dürfen. Mit der Streichung des Begriffs „finanzschwache“ in Artikel 104 c des Grundgesetzes werden wir die erforderliche Rechtsgrundlage dafür schaffen. Wir rü cken damit Familien und Kinder in den Mittelpunkt der Poli tik.

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Wir stehen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für die Verbesserung der Bildungschancen der Kinder.

Wir werden insgesamt 11 Milliarden € in bessere Schulen und Kitas investieren. Wir werden den Rechtsanspruch auf Ganz tagsbetreuung in der Grundschule einführen und damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf endlich auch in BadenWürttemberg umsetzen, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Aber wir lassen in diesem Punkt natürlich auch die Landes regierung nicht aus der Verpflichtung. Es kann nicht sein, dass sich das Land dort, wo der Bund zukünftig mehr Mittel inves tieren wird, heraushält. Auch das Land muss mehr in Bil dungsinfrastruktur investieren.

Das Land ist verantwortlich für gute Bildung. Niemand will ein Bundesschulministerium. Wir brauchen in Baden-Würt temberg Kultushoheit, die auch ernst genommen wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Stefan Räpp le AfD)

Ein weiteres Beispiel ist der Wohnungsbau. In Baden-Würt temberg ist es flächendeckend, nicht nur in den Ballungsräu men, für viele Menschen ein Problem, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Wir haben in der letzten Legislaturperiode bereits auf Bundesebene durch Investitionen in den Wohnungsbau dafür gesorgt, dass auch in Baden-Württemberg die Förde rung des sozialen Wohnungsbaus deutlich ausgebaut werden konnte.

(Abg. Anton Baron AfD: Und die Grunderwerbsteu er erhöht!)

Aber es darf wiederum nicht sein, dass – wie in der Vergan genheit – Baden-Württemberg dann die eigenen Landesmit tel kürzt, weil mehr Bundesmittel kommen. Wir brauchen mehr Geld für bezahlbaren Wohnraum. Der Zusammenhalt der Gesellschaft hängt auch davon ab, ob sich Menschen ei ne bezahlbare Wohnung leisten können, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Anton Baron AfD: Sie haben doch die Grunderwerbsteuer in der letzten Pe riode erhöht! Also wirklich! So eine Sauerei!)

Ein großes Thema der Zukunft möchte ich noch ansprechen: die Mobilitätswende. Wir brauchen, um die Mobilitätswende zu schaffen – und viele sprechen ja von der Mobilitätswende als der großen Schwester der Energiewende – in Baden-Würt temberg keine grün-ideologische Politik,

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD)

wir brauchen im Bund keine CSU-schwarz-ideologische Po litik, sondern wir brauchen eine pragmatische Verkehrspoli tik, die es erlaubt, dass alle Menschen mobil bleiben. Mobili tät darf nicht zur sozialen Frage werden, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU)

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, gehen wir in diese neue Koalition mit CDU und CSU mit dem kla ren Auftrag: Die Aufgaben der Zukunft sind groß. Die Her ausforderungen der Zukunft – Digitalisierung, Globalisierung, Veränderungen in der Gesellschaft – sind so groß, dass wir in der Politik die Verantwortung haben, diesen Wandel zu gestal ten und dafür zu sorgen, dass der Zusammenhalt der Gesell schaft gewahrt wird. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Ge sellschaft weiter auseinanderdriftet.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Rülke das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Stoch hat da rauf hingewiesen, dass er sich gewundert habe, dass die CDUFraktion dieses Thema für die heutige Aktuelle Debatte aus gesucht hat. Ich muss zugeben: Auch wir haben uns gewun dert,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

und zwar über den Mut der CDU-Fraktion, angesichts der Ver handlungsergebnisse dieses Thema zu wählen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Heiterkeit des Abg. Anton Baron AfD)

Zum einen – das ist schon angesprochen worden –: Herr Kol lege Reinhart, Sie selbst haben erwähnt, dieser Koalitionsver trag sei besser als die öffentliche Kommentierung; so haben Sie es formuliert. Ihnen ist also offensichtlich klar, wie be scheiden die öffentliche Kommentierung dieses Koalitions vertrags ist.

Zum Zweiten, zum CDU-Verhandlungsergebnis: Wissenschaft liche Studien sollen ergeben haben, dass mindestens 70 % so zialdemokratische Inhalte enthalten seien. Ich habe den Koa litionsvertrag gelesen. Gut 70 % sozialdemokratische Inhalte habe ich gefunden, aber die CDU-Inhalte nicht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Insofern ist es schon erstaunlich, dass Sie dieses Thema ge wählt haben.

Der Koalition hat es übrigens auch nicht gutgetan. Frau Lind lohr, haben Sie gesehen, wie stürmisch Ihre Rede vom Koa litionspartner gefeiert wurde?

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Frau Lindlohr hat an diesem Koalitionsvertrag vieles kriti siert: Die Regelungen zum Klimaschutz seien eine Katastro phe, mit der Digitalisierung war sie nicht zufrieden, die Koa litionsspitzen hinkten geschwächt in diese Koalition hinein. Das Einzige, das sie nicht kritisiert hat, waren die Kabinetts mitglieder aus Baden-Württemberg, weil es nämlich keine Ka binettsmitglieder aus Baden-Württemberg gibt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Herr Strobl, das Verhandlungsergebnis für Baden-Württem berg – – Sie schütteln den Kopf. Wahrscheinlich werden Sie uns nachher sagen, Sie hätten eine Staatsministerin durchge setzt – die irgendwo im Kanzleramt in einer Besenkammer neben der Kanzlerin angesiedelt ist.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Eine Nenn-Staatsministerin, die eigentlich eine Staatssekre tärin ist, mit der Zuständigkeit für Integration. Also, Minister haben Sie keine durchgesetzt, aber eine Staatssekretärin für Integration, wahrscheinlich in der Hoffnung, meine Damen und Herren, dass Herr Strobl als Landesvorsitzender und die baden-württembergische CDU wieder in die Gunst der Kanz lerin integriert werden, sodass Sie in Berlin vielleicht künftig doch wieder Minister stellen, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Also, Integration – okay. Aber wie sieht es denn aus mit der Digitalisierung? Das wurde ja auch von der Kollegin Lind lohr kritisiert. Alles, was mit Innovation zu tun hat, ist offen sichtlich bei der CSU, ist im Verkehrsministerium angesie delt, mit einer weiteren Staatssekretärin im Kanzleramt, die

dann für die Digitalisierung zuständig ist. Die Spannbreite der CSU ist also relativ groß: Drei wirkliche Minister und eine Staatsministerin – die hat Herr Seehofer ja nach Toresschluss noch herausverhandelt. Das, was der Seehofer nach Tores schluss noch zusätzlich zu drei Ministern herausverhandelt, ist Ihr ganzes Ergebnis, Herr Strobl.