Jetzt will ich noch einmal darauf eingehen – deswegen bin ich noch einmal ans Rednerpult gegangen –: Was heißt Techno logieoffenheit? Um dieses Ziel Technologieoffenheit zu errei chen, haben wir derzeit drei Dinge in Aussicht: batterieelekt rische Fahrzeuge, Brennstoffzellenfahrzeuge, die z. B. mit Wasserstoff betrieben werden,
und die E-Fuels, also die Kraftstoffe der zweiten Generation, die aus regenerativen Energien erworben werden. Darum geht es.
Ich fange beim letzten Punkt an: Wenn solche Kraftstoffe ei nes Tages wirtschaftlich dargestellt werden können, dann ist der Verbrennungsmotor natürlich nicht tot.
(Abg. Andreas Stoch SPD: Soll ich Ihnen mal den Parteitagsbeschluss der Grünen vorlesen? – Abg. Reinhold Gall SPD: Jede Menge behaupten das! – Gegenruf des Ministers Winfried Hermann – Gegen ruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Schaut doch mal eure Parteitagsbeschlüsse an!)
Wir werden ihn noch lange Zeit brauchen, z. B. für Schiffe. Den Flugverkehr können wir wahrscheinlich überhaupt nur mit diesen E-Fuels ökologisieren. Aber bei der gegenwärtigen Herstellung ist der Wirkungsgrad miserabel. Das ist einfach ein Problem. Das heißt, man kann es derzeit ökonomisch nicht darstellen.
Bei der Brennstoffzellentechnologie ist es besser, aber auch schwierig. Da braucht man z. B. eine eigene Infrastruktur usw.
Das hat ein Pilotprojekt zur Elektrolyse. Das alles gibt es; das stellt überhaupt niemand infrage. Aber wir werden doch Tech nologieoffenheit nicht so definieren, dass wir jetzt den zwei ten Schritt vor dem ersten machen und dann abhängen. Die Unternehmen in unserem Land müssen erst einmal mit den alten Technologien, die sie verbessern, das Geld verdienen, damit sie in die neuen investieren können.
Das tun sie jetzt Gott sei Dank auch. Das werden im ersten Zug erst einmal batterieelektrische Fahrzeuge und Hybrid fahrzeuge sein. Das ist einfach eine Tatsache, die uns der Markt so vorgibt.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Andreas Stoch SPD: Genau so habe ich es ge sagt!)
Dann wird man parallel auch die anderen Technologien ent wickeln und prüfen. Man wird schauen, ob sie marktfähig und wettbewerbsfähig sind. Ich denke, es ist einfach noch einmal klarzustellen: Das meint Technologieoffenheit.
Herr Rülke, lassen Sie mich noch sagen: In der Tat macht der Staat in der modernen sozialen Marktwirtschaft – da haben Sie recht – nicht nur die Rahmenbedingungen. Er investiert auch in Forschung und Entwicklung. Das machen alle Staa ten. Wir wären ja wohl mit dem Klammerbeutel gepudert,
wenn wir ordnungspolitisch so rigoros wären, dass wir das nicht mehr machten. Das ist, glaube ich, auch nicht das, was Sie wollen.
Wir sind stolz darauf, dass Baden-Württemberg fast 5 % in Forschung und Entwicklung steckt – sowohl die Unterneh men als auch die öffentliche Hand. Das ist ein absoluter eu ropäischer Spitzenwert und die Grundlage dessen, dass wir auch in Zukunft erfolgreich sein werden. Wir werden das auch weiter so machen.
Wir werden auch zusammen mit anderen innovative Projekte auf den Weg bringen. Da braucht man Leuchtturmprojekte. Die Wirtschaftsministerin und ich merken es in der Start-upSzene. Diese muss auch sichtbar sein. Nur dann zieht sie die Leute an, die wir dafür brauchen. So ist es nun einmal in die ser Welt. Dafür gibt es solche Leuchtturmprojekte, die zeigen, in welche Richtung es geht, die zeigen, was auf die Spur ge setzt wird, und die auch eine gewisse Begeisterung dafür we cken.
Helmut Kohl hat immer gesagt: „50 % der Wirtschaftspolitik sind Psychologie.“ Man muss also auch darauf setzen, dass man die Menschen in die neue Welt mitnimmt,
und dazu braucht man Vorzeigeprojekte, die zeigen: Das ist interessant, das ist gut, und das funktioniert. Auch das ist ein Grund, warum wir sie machen.
Herr Kollege Rülke, Marktwirtschaft braucht aber auch Re geln, jedenfalls eine soziale und ökologische Marktwirtschaft. An solche Regeln muss man sich halten. Es gibt keine rege lungsfreie Marktwirtschaft – nirgendwo auf der Welt. Nun gibt es solche Regeln. Solche Regeln sind geschaffen worden, und an die muss man sich halten.
Wenn überhaupt, wird es beschränkte Fahrverbote in wenigen Zonen weniger Städte geben. Wenn wir nicht durch andere Mittel dasselbe Ziel erreichen,
verpflichten uns die Gerichte, das zu machen, und dann müs sen wir das auch machen. Da kann von Enteignung überhaupt keine Rede sein.
Das Fehlen einer blauen Plakette hat meiner Ansicht nach zu dieser Verunsicherung geführt, sodass am Markt in der Tat das passiert ist, was Sie beklagen, nämlich dass der Markt für Die selfahrzeuge erschüttert worden ist und dass die Verkaufsprei se dafür sinken.
Sie können doch nicht allen Ernstes behaupten, dass die Pla kette, die wir schon haben, nämlich die grüne Plakette, irgend ein ernsthaftes Problem für die Automobilindustrie und die Kunden hervorgerufen hat. Im Einzelnen kann es natürlich für den einen oder anderen bedeuten, dass er dann in diese Zonen nicht mehr fahren kann. Sie wissen aber doch ganz genau, dass wir schon im letzten Luftreinhalteplan z. B. die Handwerker bzw. die Dienstleister von vornherein ausgenommen haben. Warum erzählen Sie das denn dauernd? Sie verunsichern doch nur die Leute. Jeder weiß – es war schon immer so geplant –, dass Leute, die wirtschaftlich darauf angewiesen sind, ausge nommen werden. Für diese wird das sowieso nicht kommen.
(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nichts anderes habe ich behauptet! – Weitere Zurufe)
Zu einer sozialen Marktwirtschaft gehört Freiheit, gehört In novation, gehören Regeln und große Ziele, die man sich setzt. Das macht diese Landesregierung. Davon wird sie sich nicht abbringen lassen.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Dann geht die Vorlesung weiter! – Abg. Andreas Stoch SPD: Das wäre not wendig, aber dann fängt er ja wieder an!)