Protokoll der Sitzung vom 11.04.2018

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Heute geht er mit 60 in den Landtag! Genau!)

Die SPD gönnt jedem Menschen ein langes gesundes Leben. Dass die Menschen gesund alt werden, ist ein Zeichen einer ausgewogenen Sozial- und Bildungspolitik und einer guten medizinischen Versorgung in diesem Land.

(Beifall bei der SPD, Abgeordneten der Grünen und der CDU sowie der Abg. Gabriele Reich-Gutjahr FDP/DVP)

Danke. – Wenn ich aber über demografischen Wandel spre che, möchte ich nicht verheimlichen, dass die Höhe der Ge burtenrate in unserem Land jahrzehntelang ein Problem war. Herr Teufel sagte es: Wir haben im Durchschnitt die jüngste Bevölkerung unter den Flächenländern. Das geht aber nicht

auf die Höhe der Geburtenrate der einheimischen Bevölke rung, sondern auf Zuwanderung zurück.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Auf dem Tiefststand lag die Geburtenrate hier bei 1,3 Kin dern, und jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ver zeichnen wir – auch bedingt durch den massiven Ausbau von Ganztagsangeboten in der Kita und in der Schule – eine Ge burtenrate von 1,59 Kindern pro Frau. Das ist übrigens nach 2011 eingetreten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

2007 hat hier an diesem Pult ein Mann namens Stefan Map pus – die Älteren kennen ihn noch;

(Heiterkeit)

er war einmal Ministerpräsident von Baden-Württemberg – folgende Worte gesprochen: Eigentlich sei es eine familien feindliche Politik, wenn wir flächendeckend Kitas anbieten würden und Mütter tagsüber arbeiten gingen. Damals war die Geburtenrate auf einem Tiefstand. Gleichzeitig hat Stefan Mappus aber nach Schweden und nach Frankreich geblickt, wo die Geburtenrate bei 1,8 Kindern pro Frau liegt. Genau dort arbeiten Frauen flächendeckend, und genau dort sind die Angebote für Kinder unter drei Jahren am besten ausgebaut.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Baden-Württemberg hat es übrigens geschafft – die CDU hat das Gott sei Dank längst mit in ihr Programm aufgenommen, Kollege Teufel; auch Sie haben da schnell dazugelernt –, von Platz 16 im Jahr 2010 auf Platz 1 jetzt zu kommen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Da bedanke ich mich im Nachhinein bei den damaligen Mi nistern Stoch und Schmid, die das zusammen mit dem grünen Koalitionspartner mit vorangetrieben haben.

Wenn ich über den demografischen Wandel spreche, spreche ich natürlich auch über „Quartier 2020“ und das Thema Woh nen. In Deutschland sind nur 5 % aller Wohnungen altenge recht. Da sehe ich einen massiven Nachholbedarf. Wer in sei nem Quartier wohnen bleiben möchte, muss auch die richtige Wohnung dazu haben.

Wir müssen auch in den Wohnbestand, in die Bestandswoh nungen investieren. Wir dürfen uns Häuser nicht nur unter dem energetischen Aspekt anschauen. Wir müssen auch be trachten, ob sie altengerecht sind. Es hilft einer 85-jährigen Frau nicht, wenn man ihr für 20 000 € eine neue Heizung ver kauft, die sich dann rentiert, wenn sie 110 Jahre alt wird. Sie möchte vielmehr baden, duschen, sich in ihrem Haus bewe gen können. Also müssen wir auch Handwerkerinnen und Handwerker so schulen, dass sie im Blick haben: Was ist altengerechtes Wohnen?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Roland Sing, der Präsident des Landesseniorenrats, sagte im Landtag: Wer einen guten Wohnungsbau für alte Menschen macht, macht den auch für Familien. Da, wo man mit dem

Rollator gut durchkommt, kommt man auch mit dem Kinder wagen gut durch.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Das gilt auch für den öffentlichen Nahverkehr. Ich empfehle jedem, den öffentlichen Nahverkehr – jetzt ist der Verkehrs minister nicht mehr da – täglich zu nutzen. Eines der letzten Abenteuer dieses Landes ist Zugfahren.

(Heiterkeit)

Man muss gar nicht alt sein, man muss auch nicht schwerhö rig sein, um die Durchsagen nicht zu hören. Dann wird die Wagenreihenfolge geändert, dann fährt der Zug gar nicht, dann fährt er anders als geplant. Es ist weder senioren- noch kindergerecht, wenn man von Herrenberg nach Kirchheim/ Teck – 82 Minuten S-Bahn-Fahrt – keine Toilette hat.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Räpple?

Nein. Ich habe jetzt nur noch 52 Minuten.

Sekunden.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP)

Ich hätte gern noch 52 Minuten. – Da die Zeit schnell vergeht, sage ich noch: Es gibt noch sehr viel zu tun. Mit uns sind Sie dabei.

Der Demografiebonus für Gemeinden – das haben wir hier heute zweimal gehört – findet natürlich unsere hundertprozen tige Unterstützung. Bringen Sie es ein! Da sind wir voll an Ih rer Seite.

Zum Schluss sage ich: Der demografische Wandel spielt sich nicht draußen auf der Straße ab, er ist mitten unter uns. Das beste Beispiel in Person – er ist leider nicht mehr da – ist für mich unser Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Er sagte vor fast 20 Jahren zum damaligen Ministerpräsidenten und Onkel von Stefan Teufel: „Erwin, mit 60 könntest du auch all mählich in Rente gehen.“

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Genau!)

Heute sagt er mit 70, er war noch nie so frisch und munter wie jetzt.

(Heiterkeit – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Er hat den demografischen Wandel umgesetzt. Er wird 2021 noch mal antreten. Ich befürchte nur, wenn es an diesem Wahl abend schiefläuft,

(Glocke des Präsidenten)

wird meine Lieblingsband, die Rolling Stones, im Radio spie len: „It’s all over now“.

Vielen Dank fürs Zuhören, meine sehr verehrten Damen und Herren. Danke.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU, der AfD und der FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: Kenner trinken nicht nur Württemberger gern, sondern hören auch Württem berger gern!)

Kollege Zimmermann! – Für die FDP/DVP-Fraktion erhält Kollege Keck das Wort.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Offensichtlich ist die Rede von Andre as Kenner wieder nicht zu toppen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Die Latte liegt hoch!)

Ich versuche, den Puls und den Humorgehalt in diesem Ple num etwas herunterzufahren.

Wir danken der CDU für die heutige Debatte ganz herzlich. Es passt zur heutigen Debatte, dass Sie mit der Berufung von gleich zwei neuen Staatssekretären im Innenministerium auch älteren Arbeitnehmern eine Chance geben.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen – Beifall bei der FDP/ DVP sowie Abgeordneten der AfD und der SPD – Abg. Andreas Stoch SPD: Sehen Sie!)

Beide haben die 60 Lebensjahre fest im Blick und sind viel leicht keine reinen Nachwuchskräfte.

An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei Herrn Klenk bedanken. Er wird uns in diesem Haus als Landtagsvi zepräsident sehr fehlen. Wir wünschen ihm eine glückliche Hand im Innenministerium.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Die junge Generation, die die Aufblähung der Amtsspitze für einen offenbar überforderten Innenminister mit ihren Steuern zu zahlen hat, wird Ihnen, liebe CDU, bestimmt unendlich dankbar sein. So sieht Ihre generationengerechte Zukunft aus.