Der Zentralrat der Juden hat gegenüber Frau Merkel längst ei ne Obergrenze gefordert. Aber auch eine Obergrenze würde dieses Problem nicht lösen. In Syrien nämlich lebt Antisemi tismus bis heute im Alltag, in Medien, in Schulbüchern und im Lehrplan.
90 % der Bevölkerung muslimischer Länder haben antisemi tische Vorurteile. Antisemitismus findet sich nicht nur in Asyl heimen, sondern auch unter muslimischen Migranten,
auf Schulhöfen, in Schulklassen, Moscheen, auf Facebook, im Fernsehen und in Foren. „Jude“ ist unter muslimischen Ju gendlichen ein Schimpfwort geworden. Das ist nicht verwun derlich: Rund ein Drittel des Korans beschäftigt sich abwer tend mit Juden –
so die Bundeszentrale für politische Bildung. Rechtsextreme, Linksextreme, Islamisten und Antisemiten, sie alle sind Ext remisten.
Es ist unsere Aufgabe – Herr Kollege Lasotta, es ist unsere Aufgabe –, gemeinsam gegen jede Form von Extremismus zu kämpfen –
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Reinhold Gall SPD: Herr Kollege, hören Sie doch mal, welche Sprüche auf Ihrem Parteitag fallen!)
Für diese Menschen ist in einem demokratischen Deutschland kein Platz. Lassen wir Menschen wie Dietrich Bonhoeffer nicht umsonst gestorben sein.
(Beifall bei der AfD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Unglaublich! – Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a.: Das gibt es doch nicht! – Das geht doch gar nicht! – Lebhafte Unruhe)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Es scheint ein bisschen mein Los zu sein, zu versuchen, die Fassungslosigkeit des Parlaments in Worte zu fassen. Erneut schafft es offensichtlich der Fraktionsvor sitzende der AfD, Herr Professor Meuthen, nicht, hier ans Rednerpult zu treten.
Denn erneut hat offensichtlich Herr Professor Meuthen zu die sem gesamten Themenkomplex – ich zitiere: „Weltoffenes Ba den-Württemberg“, gegen Diskriminierung und Antisemitis mus – nichts zu sagen. – Lieber Herr Meuthen, dieses Haus und die Öffentlichkeit haben ein Interesse an Ihrer Position.
Dass Sie diese nicht mitteilen, entlarvt Sie. Sie schaffen es nicht, diese Fraktion von den Thesen des Herrn Gedeon zu entfernen.
(Beifall bei der SPD, den Grünen, der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Haben Sie noch ein bisschen Geduld!)
Deswegen haben Sie ein riesengroßes Problem, und zwar ein Problem in der Glaubwürdigkeit. Sie hätten hier die Gelegen
heit gehabt, sich z. B. von der unsäglichen Äußerung des Kol legen Stein zu distanzieren. Das, was Herr Dr. Fiechtner ge rade getan hat, war keine Distanzierung, sondern eine Relati vierung, meine sehr geehrten Damen und Herren.
„aber...“, ist nicht glaubwürdig. Denn seine Reaktion zeigt – ebenso wie die Reaktion in Ihrer Fraktion; denn es haben sich Hände zum Applaus bewegt –, wes Geistes Kind Ihre Frakti on ist, Herr Professor Meuthen.
Ich möchte an dieser Stelle gleichzeitig mein Entsetzen über die Aussagen von Herrn Dr. Fiechtner zum Ausdruck bringen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass es ein ganz billiger und hilflo ser Versuch ist, den Antisemitismus, der in rechten Kreisen gepflegt wird und der offensichtlich auch weit in die AfDFraktion hineinreicht, dadurch zu relativieren, dass andere, nämlich Linksextremisten oder beispielsweise Angehörige der muslimischen Glaubensgemeinschaft, angeblich auch irgend wann diese Thesen vertreten haben.
Herr Professor Meuthen, Ihre Fraktion wird den Vorwurf des Antisemitismus, des Chauvinismus und der Diskriminierung nicht loswerden, indem mit dem Finger auf andere gezeigt wird.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Hein rich Fiechtner AfD: Sie zeigen doch die ganze Zeit!)
Ich stelle hier für die SPD-Landtagsfraktion und, wie ich glau be, auch für die anderen Fraktionen – CDU, GRÜNE und FDP/DVP – ganz eindeutig fest: Wir tolerieren weder Chau vinismus noch Rassismus noch Antisemitismus,
egal, von welcher Seite er kommt. Deswegen werden Sie es nicht schaffen, den Vorwurf des Antisemitismus in Ihren Rei hen dadurch zu relativieren, dass Sie mit dem Finger auf an dere zeigen. Sie müssen mit diesem Vorwurf umgehen; Sie müssen diesen Vorwurf ausräumen. Das haben Sie heute nicht getan, und damit sind Sie ein geistiger Vertreter der Gedan ken, die Herr Gedeon vertritt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nicht tolera bel. Die Fraktion der AfD vertritt Thesen, die mit diesem par lamentarischen Konsens nichts zu tun haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte an den Schluss meiner Ausführungen das stellen, was ich vorhin an gedeutet habe: Baden-Württemberg lebt von seiner Stärke, ei ne integrative Gesellschaft zu sein, die für viele in diesem Land Heimat ist. Ich möchte an dieser Stelle eines ganz deut lich sagen: Menschen, die in den letzten Jahren und Jahrzehn ten nach Baden-Württemberg gekommen sind, die teilweise anderen Religionen angehören, beispielsweise muslimischen Glaubens sind, sind heute ein wichtiger und essenzieller Teil dieser Gesellschaft. Sie sind wirtschaftlich ein wichtiger Fak tor dieser Gesellschaft, sie sind kulturell ein wichtiger Teil dieser Gesellschaft, und sie sind insgesamt eine tragende Säu le dieser Gesellschaft geworden. Deswegen werden wir es nicht zulassen, dass die AfD mit offenem Rassismus oder mit verdecktem Rassismus diese Menschen aus der Gesellschaft herauszudrängen versucht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, alle Menschen, die in Baden-Württemberg leben, haben das Vertrauen dieses Par laments von Baden-Württemberg, dass wir als baden-würt tembergische Gesellschaft in die nächsten Jahre gehen, ohne dass wir Hass, Zwietracht und ein Auseinanderdividieren durch die AfD-Fraktion zulassen. Wir brauchen eine Gesell schaft, die zusammenhält; wir brauchen eine Gesellschaft auf den Grundsäulen der Toleranz.
Herr Kollege Lucha aus der Regierung, ich darf Ihnen zusa gen, dass die Fraktion der SPD an Ihrer Seite steht,