Muslime können in muslimisch ge prägten Ländern leben, wie es ihnen der Prophet vorgelebt hat. Die dortigen Gesellschaften können selbst entscheiden, was bei ihnen Vorrecht hat: UN-Menschenrechte oder ihre Re ligion.
Jetzt habe ich Herrn Abg. Dr. Fiechtner als Redner, und Herr Abg. Dr. Gedeon hat sich auch gemeldet.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren! Die Zahl der Kinderehen ist weltweit deutlich zurückgegan gen. Allein in den vergangenen zehn Jahren konnten rund 25 Millionen Kinderehen verhindert werden. Eine beeindru ckende Leistung, sollte man meinen, aber das sind gerade ein mal 15 %. Noch immer ist jede fünfte Frau betroffen. Dabei gibt es Kinderehen nicht nur, wie manche in ihren Filterbla sen und mit ihren Scheuklappen meinen, im Islam, sondern in
Dass eine Ehe, die unter Zwang geschlossen wurde, verwerf lich ist, da sind wir uns doch alle einig.
Dieser Satz steht nicht ohne Grund am Anfang unseres Grund gesetzes. Kinderehen waren deshalb in Deutschland schon im mer verboten. Allerdings gab es einen Spielraum, der zum Glück im Sommer letzten Jahres durch die Bundesregierung geschlossen wurde.
Doch ein Verbot allein reicht nicht. Denn es gibt eine hohe Dunkelziffer von Zwangsehen. Diese lassen sich nur durch Aufklärung und einen sozialen Wandel bekämpfen. Denn die Gründe für Kinderehen sind nicht nur extreme Armut oder mangelnde Bildung. Besonders geschlechtsbasierte Gewalt, fehlende Gleichberechtigung, ökonomische Abhängigkeit und traditionelle soziale Normen bilden die Grundlage für solche Zwangsehen. Nur wenn wir diese Themen aus der Welt schaf fen, können wir dafür sorgen, dass das inakzeptable Thema Kinderehen bald der Vergangenheit angehört.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sie tun ja sehr souverän und ent rüsten sich, und ich glaube es Ihnen sogar, dass Sie gegen Kin derehen sind. Das ist nicht die Frage. Aber der Punkt ist nicht: „Gehört der Islam zu Deutschland?“, sondern: „Gehört die Kinderehe zum Islam?“ Das ist die Frage, die wir positiv be antworten müssen. So ist z. B. in Ägypten die Zahl der Kin derehen wieder sprunghaft angestiegen, als Herr Mursi von der Muslimbruderschaft an die Macht kam.
Wir können also guten Gewissens sagen: Kinderehen gehö ren zum Islam. Gleichzeitig sagen Sie: Der Islam gehört zu Deutschland. Wenn wir einen einfachen Dreisatz machen, heißt das: Wenn der Islam zu Deutschland gehört und Kinder ehen zum Islam gehören, dann gehören auch Kinderehen zu Deutschland.
Das ist Ihr Fehlschluss, meine Damen und Herren. Deswegen ist Ihre Souveränität, etwa gegen Kinderehen zu sein, alles an dere als überzeugend. Denken Sie bitte schön mal über die In konsequenz Ihres Denkens nach!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung dieses – –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Erst einmal herzlichen Dank natürlich für die rationelle und klare Darstellung. Aber man muss natürlich schon noch einmal die Umsetzungsgrundsätze bei den Jugendämtern und in der Jugendhilfe darstellen.
Durch Artikel 9 des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinder ehen wurden die Regelungen von § 42 Absatz 1 Satz 1 Num mer 3 und § 42 a harmonisiert. Das heißt, ausschlaggebend ist die Einreise mit fehlender Begleitung durch Personensorge- oder Erziehungsberechtigte. Ein Ehepartner ist eben keine sol che Person. Deswegen ist die minderjährige Person – der Herr Justizminister hat darauf hingewiesen – zwingend vorläufig in Obhut zu nehmen.
Während der vorläufigen Inobhutnahme wird geprüft, ob die Begleitperson den Nachweis der Personensorge und des Er ziehungsrechts erbringen kann. Maßstab dafür ist das Kindes wohl und das Schutzbedürfnis des Kindes oder Jugendlichen. Auch wenn sich Personensorge- bzw. Erziehungsberechtigte in Deutschland aufhalten, ist bei der Einreise eines minder jährigen Ehepartners die Tatbestandsvoraussetzung einer un begleiteten Einreise gegeben. Denn es ist allein auf die Per sonensorge und das Erziehungsrecht der begleitenden Person abzustellen.
Das heißt, wir nehmen aufgrund der nicht gültigen Ehe die Kinder und jungen Frauen in Obhut, wie es auch besprochen und dargestellt wurde. Entscheidend dabei ist die Handlungs empfehlung zum Umgang mit unbegleiteten Minderjährigen, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Jahr 2016 herausgegeben hat – Maßnahmen der Ju gendhilfe und Clearingverfahren –, die unseren gesetzlichen Auftrag weiter klarstellt. Verheiratete ausländische Minder jährige gelten zunächst einmal grundsätzlich als UMAs. Sie werden grundsätzlich in Obhut genommen. Für sie muss je weils im Einzelfall geklärt werden, welcher Jugendhilfebe darf besteht.
Meine Damen und Herren, das ist ja auch das Anliegen der Fraktionen. Wir zeigen auf, wie wir im Einzelfall die Jugend hilfe dabei unterstützen. Wir, die grün-schwarze Landesregie rung, haben die Fachberatungsstelle gegen Zwangsverheira tung, YASEMIN, für die Jahre 2018 und 2019 mit jeweils 60 000 € mehr – 195 000 € statt bisher 135 000 € – ausgestat tet, um zu beraten.
Gleichzeitig entwickeln wir derzeit die Bedarfsanalyse zum Aufbau spezifischer Notaufnahmeplätze für Personen, die von Zwangsverheiratung bedroht oder auch betroffen sind.
Von zentraler Bedeutung bei der Bekämpfung von Kinderehen und deren Folgen ist die Fortbildung der Fachkräfte in der Ju gendhilfe. Der KVJS bietet daher bereits am 19. Juni 2018 ei ne spezielle Fortbildung mit dem Titel „Minderjährige Ehe leute (Kinderehe) und drohende Zwangsheirat – Chancen und Grenzen der Jugendhilfe“ an. Sie richtet sich an Fachkräfte, die in Kontakt mit minderjährigen Mädchen und Jungen so wie deren Vertrauten stehen, insbesondere an Fachkräfte aus den sozialen Diensten der Jugendsozialarbeit, Schulsozialar beit und der Beratungsstellen sowie der justiznahen Jugend hilfe.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir gehen dieser Fra gestellung sehr substanziell und sehr intensiv nach, indem wir dort, wo wir Hinweise haben, in bestehenden Situationen und bei Einreisesituationen, die Betroffenen von Kinderehen schützen, sie in ihren Rechten stärken sowie ihre Unversehrt heit und die Chance auf eigene Biografie gewährleisten. In sofern werden wir dem Antrag gern nachkommen, Ihnen die Ergebnisse bereits geplanten Handelns darzutun.
Ich möchte jetzt noch etwas zur Qualität der Debatte am heu tigen Tag sagen. Hier zu sitzen ist keine Freude. Als dieses Thema aufgerufen wurde, waren hier nur wenige Parlamen tarierinnen und Parlamentarier, und ein Abgeordneter, der jetzt fehlt, rief halblaut: „Wo sind sie, die pädophilen Grünen?“
Meine Damen und Herren, Sie sehen, welche Geisteshaltung hier die ganze Zeit verkörpert wird. Das war hier auch in die ser Debatte wieder so. Es geht nicht um die Kinder. Denn Kin der sind, ob in Addis Abeba, in Bempflingen, in Ravensburg, in Pforzheim oder sonst wo immer die gleichen schützenswer ten Personen. Darum haben wir die UN-Kinderrechtskonven tion.
Ihnen geht es wieder darum, zu spalten, Hass zu schüren, zu diskreditieren. Was Sie hier betreiben, hat mit einer demokra tischen Debatte nichts zu tun. Das muss man immer wieder betonen.
Meine Damen und Her ren, jetzt kommen wir tatsächlich zur geschäftsordnungsmä ßigen Behandlung des Antrags Drucksache 16/1077. Dieser Antrag ist ein Beschlussantrag, der die Landesregierung er sucht, sich auf Bundesebene für vier Begehren einzusetzen. Das wurde gerade alles debattiert. Es wird jetzt spannend, weil wir verschiedene Änderungsanträge vorliegen haben.
Zuerst einmal haben wir, wie in der Tagesordnung unter den Buchstaben a und b aufgeführt, zwei Änderungsanträge be reits vorliegen. Heute Morgen wurde noch ein Änderungsan trag der Fraktion GRÜNE und der CDU-Fraktion verteilt, der gestern am späten Abend einging. Nach der Mittagspause wur de noch der Änderungsantrag der Fraktion der AfD, Drucksa che 16/4036, aufgelegt, der sich wiederum auf den Ände rungsantrag der Regierungsfraktionen bezieht.
Die Fraktion der AfD hat mitgeteilt, dass sie auf die Abstim mung über den Ursprungsantrag Drucksache 16/1077 verzich tet, nachdem sie den Änderungsantrag Drucksache 16/3867 eingebracht hat. Der Ursprungsantrag Drucksache 16/1077 kann somit für erledigt erklärt werden.
Ich komme jetzt zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 16/3857. Wer diesem Än derungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist dieser Änderungs antrag mehrheitlich abgelehnt.
Ich komme jetzt zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der AfD, Drucksache 16/3867. Wer diesem Än derungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Ände rungsantrag mehrheitlich abgelehnt.
Schließlich komme ich zur Abstimmung über den Änderungs antrag der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der CDU, Drucksache 16/4030. Zu diesem Änderungsantrag liegt der Änderungsantrag der Fraktion der AfD, Drucksache 16/4036, vor.
Ich lasse zuerst über diesen Änderungsantrag zum Änderungs antrag der Regierungsfraktionen abstimmen. Wer dem Ände rungsantrag der Fraktion der AfD zum Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zustimmt, den bitte ich um das Hand zeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die ser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.
Schließlich lasse ich abstimmen über den Änderungsantrag der Regierungsfraktionen, Drucksache 16/4030. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist diesem Ände rungsantrag mehrheitlich zugestimmt.
Frau Präsidentin, der Ab geordnete Sänze hat in der Debatte den Ausspruch gemacht: „Wo sind sie denn, die pädophilen grünen Abgeordneten?“ Das lässt sich meine Fraktion nicht bieten. Das ist eine un glaubliche Beleidigung meiner Fraktion. Meine Fraktion er wartet, dass es dafür einen Ordnungsruf gibt.
Herr Kollege Sckerl, ich schlage vor, wir nehmen das zur Kenntnis. Es ist uns eben vom Herrn Minister gesagt worden. Wir lesen das im Proto koll nach.