Protokoll der Sitzung vom 29.06.2016

Das Zweite: Vermischt werden darf auch nicht das Thema der Rückführung in die Maghreb-Staaten mit der Frage der siche ren Herkunftsländer. Man sollte das eine tun und das andere nicht lassen. Wir wollen, dass die Maghreb-Staaten zu siche ren Herkunftsländern erklärt werden. Aber der Bundesinnen minister hat sich selbstverständlich auch darum bemüht, dass die abgelehnten Asylbewerber aus diesen Staaten wieder dort hin zurückgeführt werden. Auch diese Bemühungen müssen unterstützt werden.

Der dritte Punkt ist, dass das BAMF in den vergangenen Mo naten mit der Bearbeitung der Verfahren nicht nachgekom men ist. Selbstverständlich müssen auch da Maßnahmen ge troffen werden.

Ich glaube, wenn wir dieses Bündel von Maßnahmen ergrei fen – BAMF, sichere Herkunftsländer, Rückführungsabkom men mit den einzelnen Ländern, Sicherung der europäischen Außengrenze –, dann kommen wir zu Antworten, die die Be völkerung in der Flüchtlingsfrage von uns erwartet, und ge nau deshalb werden wir uns auch in Zukunft darum bemühen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Kollegen Hinderer das Wort.

Herr Präsident, werte Kollegin nen und Kollegen! Herr Innenminister Strobl, was mir an Ih ren Ausführungen gut gefallen hat, war, dass Sie am Schluss noch einmal deutlich gemacht haben, warum die Menschen rechte bei uns so einen hohen Stellenwert – noch vor dem Asylrecht, noch vor der Genfer Flüchtlingskonvention – ha ben. Sie haben von unserer Kultur, von unseren christlichen Grundwerten gesprochen. Da bin ich auch ganz bei Ihnen; das wissen Sie.

Sie sollten aber bitte auch mit dem Bundesfinanzminister spre chen – ich habe vorhin schon gesagt, Sie sollten auch mit dem Bundesinnenminister sprechen –, der vorgestern, am Montag abend, in Künzelsau laut darüber nachgedacht hat, ein Ab kommen mit nordafrikanischen Staaten, auch Libyen, zu schlie ßen, um Bootsflüchtlinge ohne Prüfung sofort zurückzufüh ren. Das passt für mich nicht ganz zusammen. Da besteht Ge sprächsbedarf.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Nun zu Ihnen, Herr Meuthen: Sie fragen mich, ob ich die Vor würfe an die AfD für angemessen halte. Ja, ich halte sie für angemessen. Sie reden hier in dieser Debatte zugegebenerma ßen einigermaßen moderat im Ton. Aber solange Sie stellver tretender Bundesvorsitzender

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Bundesvorsitzender, nicht Stellvertreter!)

Bundesvorsitzender – einer Partei sind, die ganz andere Tö ne verbreitet, solange Sie mit einem Herrn Höcke am Kyff häuser-Denkmal feiern und sich nicht von ihm distanzieren

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

und solange Sie Vorsitzender einer Fraktion sind, aus der Ab geordnete – jetzt komme ich noch einmal zu Herrn Podeswa – von „Analphabeten aus Steinzeitkulturen“ reden, wenn sie über Flüchtlinge sprechen, solange in der Heilbronner Innen stadt solche Flugblätter und Anzeigen verteilt werden –

(Der Redner hält ein Flugblatt mit der Überschrift „Profitabler als ein Bordell“ hoch.)

übrigens tritt da auch die AfD-Fraktion im Landtag von Ba den-Württemberg auf; das muss ja noch geklärt werden –

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

und solange in der Heilbronner Innenstadt ohne jeglichen Be leg von Vergewaltigungen durch nordafrikanische Männer ge redet wird, so lange halte ich es für angemessen, Ihnen dies vorzuwerfen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP)

Für die FDP/DVP-Frakti on erhält jetzt Herr Abg. Professor Dr. Goll das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Nur noch ganz wenige Sätze. Es war vielleicht ein Missverständnis. Ich versuche, mich jetzt noch einmal möglichst gewählt auszudrücken. Die grünen Partei freunde von Herrn Kretschmann lassen ihn gern in Stuttgart gewähren, räumen ihm aber im Gegenzug, wenn es einmal zum Schwur kommt, offensichtlich denkbar wenig Einfluss auf die Meinungsbildung in der grünen Gesamtpartei ein. Das entnimmt jeder diesem Vorgang.

Ich habe mich aber auch deswegen gemeldet, weil mir der zweite Auftritt von Herrn Meuthen dann doch fast den Atem verschlagen hat, als er nämlich hier herkam und sagte, die AfD sei nicht fremdenfeindlich. Vor zwei Wochen durfte ich Sie ja darauf aufmerksam machen, dass sich ihr neuer Busenfreund Gauland darüber geäußert hat, dass man einen Boateng nicht gern als Nachbarn hätte. Ja, was ist das anderes als Fremden feindlichkeit?

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Abg. Anton Baron AfD: Das ist so lächerlich! – Weitere Zurufe)

Herr Hinderer hat weitere Beispiele genannt,

(Zuruf von der AfD: Hoffentlich bessere!)

und die könnte man wahrscheinlich innerhalb von fünf Minu ten auf ein Dutzend bringen. Aber ich will nicht alles noch einmal aufzählen. Denn allein dieser Vorgang, zu sagen, wer hätte schon gern einen Herrn Boateng als Nachbarn – –

Nun hat Jogi Löw zu Recht darauf hingewiesen, dass in der Abwehr der Nationalmannschaft jeder gern einen Boateng als Nachbarn hat, aber nicht nur dort und nicht nur am nächsten Samstag. Schon diese Äußerung zeigt, wie scheinheilig es ist, hier herzukommen und zu sagen, Sie seien nicht fremden feindlich.

(Beifall bei der FDP/DVP, den Grünen und der SPD sowie Abgeordneten der CDU)

Ich sage jetzt nicht „Brandstifter“, weil ich nicht wieder einen Punkt in Flensburg bekommen will, aber, lieber Herr Meu then, ein Biedermann sind Sie auch nicht.

(Beifall bei der FDP/DVP, den Grünen und der SPD sowie Abgeordneten der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, aber die Bitte von Herrn Abg. Dr. Podeswa, eine persönliche Er klärung abgeben zu dürfen. – Bitte schön.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE zur AfD: Überlegt doch einmal vorher, was ihr sagt! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Sie haben das Wort, Herr Kollege.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sie haben mir Hetze vorge worfen. Tatsache ist, dass der Polizeipräsident von Heilbronn, Herr Grasmück, aufgeführt hat, dass Heilbronn der zweitsi cherste Ort in Baden-Württemberg ist.

(Abg. Rainer Hinderer SPD: Ja!)

Sie werden sicherlich wissen, dass Herr Kollege Hinderer aus demselben Wahlkreis kommt wie ich.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Was soll das jetzt für eine persönliche Erklärung sein?)

Der Herr Polizeipräsident hat aber auch ausgeführt, dass die Zahl der Vergewaltigungen...

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, ich darf Sie darauf hinweisen: Es geht hier nur um die Zurückweisung per sönlicher Angriffe.

... um 30 % gestiegen ist.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist Erschlei chen von Redezeit! Das ist keine persönliche Erklä rung! – Abg. Nicole Razavi CDU: Das interessiert hier überhaupt nicht!)

Herr Hinderer möge doch am besten die vergewaltigten und belästigten Damen aus der Heilbronner Innenstadt anrufen und ihnen mitteilen,

(Glocke des Präsidenten)

dass das alles gar nicht so schlimm war.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Sandra Bo ser GRÜNE: Was war das für eine persönliche Erklä rung? Kann die AfD sich einmal an die Geschäftsord nung halten? – Weitere Zurufe – Unruhe)

Meine Damen und Her ren, nachdem keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, ist die Aktuelle Debatte beendet und Punkt 3 der Tagesordnung erledigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Fraktionen sind über eingekommen, die Mittagspause zu verkürzen. Damit wir im Zeitplan bleiben, setzen wir die Sitzung um 16:00 Uhr fort.

(Unterbrechung der Sitzung: 15:28 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 16:03 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir setzen die Sitzung des Landtags von Baden-Württemberg fort.