Warten Sie einmal ab. Sie sagen jetzt „Hä?“. Das ist an der Obergrenze Ihrer rhetorischen Möglichkeiten, ganz klar er kennbar.
Aber Faktum ist, dass eine zukunftsfähige Haushaltspolitik eben nicht alles ausgibt, was man einnimmt, meine Damen und Herren.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Die letzten Fra gen haben Sie ohne Vorbehalt zugelassen, Herr Kol lege!)
Selbstverständlich bin ich in der Lage, mein kurzes „Hä?“ etwas ausführlich zu er läutern, Herr Dr. Rülke.
Die Frage lautet: Wie haben Sie das gemeint, man könne es nicht anders machen, als das Geld auszugeben, das man hat?
(Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD: Das ist ja das Prob lem! – Abg. Andreas Stoch SPD: Das war ein Ge ständnis!)
Das, was wir nicht für strukturelle Ausgaben verwenden, was wir nicht investieren, nutzen wir zur Schuldentilgung. Oder sind Sie etwa der Meinung, wir sollten mehr Schulden auf nehmen?
Ich bin jedenfalls der Meinung, Sie sollten berücksichtigen, dass Sie nicht im mer mit einer derartigen Hochkonjunktur wie in den letzten zehn Jahren rechnen können. – Sie dürfen sich gern wieder hinsetzen.
Sie sollten auch berücksichtigen, dass die Zinsen nicht so blei ben wie aktuell. Genau das berücksichtigen Sie bei Ihrem Haushalt nicht, meine Damen und Herren.
Sie, Frau Finanzministerin, haben hier erklärt, dieser Haus halt werde noch stabiler, noch nachhaltiger, noch wetterfes ter. Was machen Sie denn, wenn die Wirtschaftskrise kommt? Was machen Sie denn, wenn die Zinsen steigen? Es ist doch eine haushaltspolitische Binsenweisheit, dass Sie vieles von den Ansprüchen, die Sie jetzt bedienen, nur ganz schwer wie der zurückstutzen können, wenn die Zeiten schwieriger wer den. Genau deshalb ist es falsch, alles das auszugeben, was Sie einnehmen, sondern Sie müssen die Zeit nutzen, um den Haushalt wetterfest zu machen.
Nein, Sie tun es halt nicht. Sonst würden Sie nicht in einer derartigen Art und Weise den Haushalt ausweiten. Das ist doch ganz evident.
Was wir für richtig halten, ist Ihre Einigung mit den Kommu nen. Herr Kollege Stoch hat es ausgeführt. Es ist eine Eini gung mit den Kommunen, die die Kommunen nicht zufrie
Es ist richtig, die notwendigen Mittel für die Flüchtlingspoli tik, die Kindergartenförderung, die Vorfinanzierung der Leis tungen des Bundes im Rahmen des Digitalpakts für die Schu len zur Verfügung zu stellen.
Wir halten es auch für richtig, die notwendigen Verwaltungs richterstellen zu schaffen. Denn wir sehen an allen Ecken und Enden, wie schwierig es ist, dass die Justiz insbesondere im Bereich der Flüchtlings- und Asylpolitik den Berg abarbeitet, der seit 2015 aufgetürmt worden ist.
Wir halten es auch für richtig, in die KI-Forschung zu inves tieren, sich vonseiten des Landes an der Sanierung des Nati onaltheaters Mannheim zu beteiligen und Studienplätze für Grundschullehrer und im Medizinbereich zu schaffen.
Aber es ist nicht richtig, immer weiter Stellen im Ministerial bereich auszuweiten. Schon wieder 2,4 Millionen € für mehr Stellen in der Umweltverwaltung, wie Sie überhaupt insge samt in dieser Legislaturperiode in ganz erheblichem Maß da durch auffallen, dass Sie in den Ministerien die Stellen aus weiten, meine Damen und Herren. Das ist die falsche Politik.
Das sind nämlich nachhaltig wirksame Ausgaben. Da ist es eben nicht so, dass man das ausgibt, was man im Moment hat, sondern die Beamtenstellen, die Sie da schaffen, bleiben auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten erhalten, und dies be lastet über Jahrzehnte über die notwendigen Pensionsleistun gen oder die Rückstellungen, die wir seit 2006 eingeführt hat ten, den Landeshaushalt strukturell. Deshalb ist es falsch, in so guten Zeiten wie jetzt alles zu verfrühstücken, insbesonde re im Personalbereich, Frau Ministerin.
Dann gibt es natürlich wieder Etatposten zu Propagandazwe cken. Das ganze Land genießt im Moment Ihre Roadshow „Nüchtern betrachtet erfolgreich“.
Darüber sprachen wir schon in der letzten Landtagssitzung. Wir bewundern Ihren Mut zur Selbstironie.
Aber jetzt geht es weiter mit 10 Millionen € für den gesell schaftlichen Zusammenhalt. Das ist doch wieder ein Propa gandafonds dieser Landesregierung, für den Sie sich anschlie ßend feiern lassen, wenn Sie durch die Lande reisen und auf Kosten des Steuerzahlers Selbstbeweihräucherung betreiben, meine Damen und Herren. Streichen Sie solche Posten! Sie sind nicht notwendig. Dies wäre ein Beitrag zur Haushalts konsolidierung.
Jetzt komme ich zu Ihrem wunderschönen Begriff „implizite Schuldentilgung“. Hier sind ja nun schon wieder 70 Millio nen € Schulden impliziert. Mittlerweile sind Sie bei Ihrer wun derbaren Rechnung schon bei 6 Milliarden € für die Schul
dentilgung – angeblich. Frau Finanzministerin, warum taufen Sie nicht Ihren ganzen Haushalt, die kompletten 54 Milliar den €, „implizite Schuldentilgung“? Offensichtlich schaffen Sie sich da einen Gummiparagrafen, mit dessen Hilfe man jegliche Ausgabe als Schuldentilgung umdeuten kann. Hören Sie doch endlich auf mit diesem Begriff „implizite Schulden tilgung“! Dieser Begriff ist der Pinocchio der Haushaltspoli tik.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Der Rechnungs hof geht auch mit diesem Begriff um!)
Sie können der Bevölkerung nicht erzählen: „6 Milliarden € tilgen wir an Schulden“, wenn Sie nur in begrenztem Umfang Kreditmarktschulden tilgen. Darüber sollte man sich endlich mal verständigen. Das ist eine Irreführung der Öffentlichkeit, es ist eine Irreführung des Steuerzahlers.
Ja, natürlich behaupte ich das. Sie können ja anschließend wieder eine persönliche Erklärung abgeben und sagen: „Da wurde wieder etwas Falsches gesagt,“ – nicht nur über den Wolf, sondern auch über die Haushaltspolitik – „ich bin em pört.“ Anschließend klatscht nicht einmal Ihre eigene Frakti on, und dann setzen Sie sich wieder bedröppelt hin. Einen sol chen Auftritt können Sie anschließend gern wiederholen.