Protokoll der Sitzung vom 28.11.2018

Die basiert auf Ihrem Antrag zu den Grenzwerten der 39. BImSchV und denen der Technischen Regeln für Gefahrstof fe, TRGS 900, bezüglich der Luftschadstoffe. Das Verkehrsmi nisterium antwortete Ihnen sehr ausführlich und umfassend – wirklich sehr ausführlich. Da steht alles Relevante drin.

Das alles und die ganzen Argumente aus den vergangenen De batten zu wiederholen ist offensichtlich müßig; das macht bei Ihnen überhaupt keinen Sinn. Das geht Ihnen wohl am Sitz organ vorbei.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich schenke Ihnen deswegen jetzt etwas meiner Redezeit und einen Ausdruck der Drucksache. Vielleicht nutzen Sie diese, um noch einmal nachzulesen. Die Hoffnung auf Erkenntnis stirbt bekanntlich zuletzt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf von der AfD: Bei Ih nen! – Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE übergibt Abg. Bernd Gögel AfD einen Ausdruck der Druck sache 16/2857.)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Schütte.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es am Anfang ganz klar zu sagen: In einem Rechtsstaat gelten abschließend gefällte Urteile und sind umzusetzen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen – Zuruf von der AfD: Nur in Deutschland!)

Daran gibt es nichts zu rütteln. Das gilt auch für Urteile zu Konsequenzen aus der Stickoxidbelastung. Allerdings ist es in einer Demokratie auch erlaubt, Urteile zu hinterfragen und gegebenenfalls Gesetze oder Grenzwerte anzupassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Jochen Haußmann und Klaus Hoher FDP/DVP)

Da der AfD bei Aktuellen Debatten die Fantasie fehlt – wenn man von immer unverständlicheren Titeln absieht –, heute zum wiederholten Mal der Sachstand: Die Luft ist so sauber wie seit Jahren nicht mehr. In den letzten 25 Jahren ist der Stickoxidausstoß bundesweit halbiert worden; in Stuttgart sind die Werte von 110 Mikrogramm pro Kubikmeter auf 70 Mi krogramm pro Kubikmeter heruntergegangen.

(Zurufe von der AfD)

Vor einigen Monaten hatte ich schon einmal beschrieben, wo her die NOx-Grenzwerte kommen. Damals hatte ich auf Fol gendes hingewiesen: Zunächst einmal gibt es einen guten Nachweis, dass Feinstaubkonzentrationen gesundheitsschäd lich sind, und es gibt einen Nachweis, dass sehr hohe NOxKonzentrationen ebenfalls schlecht für die Gesundheit sind. Es macht auch Sinn, Werte am Arbeitsplatz höher zu definie ren als am Wohnort, wo sich auch Kranke überwiegend auf halten.

Allerdings: Eine Gesundheitsgefährdung durch NOx bei ei nem Wert von 40, 50 oder 60 Mikrogramm pro Kubikmeter kann nicht festgestellt werden. Gleichzeitig auftretende Fak toren wie erhöhte Feinstaubbelastung, erhöhte Schwefeldi oxidbelastung in der Vergangenheit, andere Luftschadstoffe, andere Bewegungsgewohnheiten, andere finanzielle Verhält nisse betreffen dieselben Menschen und sind viel gravieren der.

Herr Abg. Dr. Schütte, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Balzer zu?

Nein. – Aber vor einigen Jahren hätte ich mir nicht träumen lassen, wo der NOx-Wert, auf den Bezug genommen wird, tatsächlich herkommt. Tote wurden in der Studie nicht festgestellt, schon gar nicht Tau sende von Toten. Es gab lediglich eine Verschlimmerung bei Asthma in der Altersgruppe von fünf bis zwölf Jahren. Dabei wurde aber nicht die Auswirkung von Verkehr analysiert, son dern die Frage, ob eine Familie einen Gasherd hat oder nicht.

Die Werte wurden auch nicht etwa gemessen, sondern mit Un sicherheiten von mehr als einem Faktor von 1 : 10 geschätzt. Logischerweise war diese Studie für die amerikanische Be hörde US EPA, die sie erstellt hatte, nicht aussagekräftig ge nug, um Grenzwerte zu definieren. In Europa wurde die Stu die abgeschrieben und dann verwendet, um einen Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter zu würfeln – ich meine natürlich: wissenschaftlich basiert festzulegen.

(Heiterkeit des Abg. Klaus Dürr AfD)

Auf jeden Fall kann ich an dieser Stelle allen Mitgliedern der DUH und allen Weiteren, die bei solchen Grenzwerten Fahr verbote verhängen wollen, nur einen Rat geben: Reisen nach Indien und Südostasien sind logischerweise völlig tabu, aber auch mehrtägige Reisen nach London oder nach Paris, bren nende Kerzen am Weihnachtsbaum, all das müssen diese Herr schaften aus Sorge um ihre Gesundheit dringendst vermeiden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Stefan Herre AfD: Warum haben Sie den Verboten zugestimmt?)

Wir seitens der CDU-Fraktion, auch seitens der Landesregie rung, wünschen uns ein Hinterfragen der Grenzwerte.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der AfD und der FDP/DVP)

Zur Glaubwürdigkeit in der Politik gehört eben auch, Grenz werte zu hinterfragen, wenn man sieht, dass sie keine wissen schaftliche Basis haben.

(Zuruf des Abg. Stefan Herre AfD)

Beruhigen Sie sich doch. – Auch der Hinweis auf mangeln de Zuständigkeit kann nicht verfangen. Zu Recht hat das Ver kehrsministerium auf die Frage nach der Nachrüstbarkeit von Dieselfahrzeugen nicht auf die Zuständigkeit verwiesen, son dern eine Langzeitstudie finanziert und erfolgreich umgesetzt.

Herr Abg. Dr. Schütte, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Poreski zu?

Nein. – Schließlich ist das Problem doch: Diese Grenzwerte, die nicht einmal als ge schätzt bezeichnet werden können, haben gravierende Kon sequenzen. Hunderttausende dürfen nicht mehr nach Stuttgart fahren, und Zigtausende werden ab April ihr Auto vor der Haustür in Stuttgart nicht mehr nutzen können. Und die kön nen sich nicht einfach am ersten Montag des Monats mal ein neues Auto kaufen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Bei der Gefährdung durch die Zunahme des CO2-Ausstoßes, die es geben wird, wenn man vom Diesel auf den Benziner umstellt, handelt es sich eben nicht um Abschätzungen, die von wenigen Wissenschaftlern anhand von kaum relevanten Daten getroffen wurden, sondern es geht um die Bedrohung der Menschheit an sich. Dass die Deutsche Umwelthilfe auf der Grundlage von nicht haltbaren NOx-Grenzwerten zu einer deutlichen Zunahme der CO2-Emission beiträgt, macht end gültig klar: Mit Umweltschutz haben die wenig zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abg. Dr. Schütte, lassen Sie – –

Herr Dr. Schütte lässt keine Zwischenfragen zu.

(Zuruf)

Man muss auch an lang fristige Maßnahmen denken; denn auch in zehn Jahren wer den Leute hier stehen, die dann nicht sagen wollen: Hätte man doch vor zehn Jahren etwas getan! Wir, die CDU, tun etwas und ergreifen kurzfristige, mittelfristige und langfristige Maß nahmen, um den Gesundheitsschutz zu verbessern und Fahr verbote zu vermeiden.

Einiges hat die Koalition seit 2016 auf den Weg gebracht: VVS-Tarifreform, Einführung des BW-Tarifs mit Preisreduk tion im Nahverkehr, verstärkte Förderung der Elektromobili tät, und auch innovative Maßnahmen wie die Mooswand oder die intensivere Straßenreinigung wurden auf Druck der CDUStadtratsfraktion umgesetzt. Wir wollen, dass jetzt die Maß nahmen, die innovativ Stickoxid reduzieren, ebenso schnell umgesetzt werden, nicht nur die Maßnahmen, bei denen man die Grenzwerte schon einhält.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Nahverkehrs abgabe! – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Klar ist für die CDU auch: Es ergibt keinen Sinn, für Maß nahmen, die keine Wirkung haben und keine Verbesserung er reichen, Geld auszugeben. Wenn eine gesonderte Busspur au ßer Staus kaum Effekte haben sollte, wäre es ja unsinnig, da für Bundes- und Landesmittel einzusetzen, Mittel, mit denen wir andernorts die Qualität verbessern können.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Rainer Stickel berger SPD)

Wir sind fest davon überzeugt, dass nicht Verbote zum Um steigen animieren, sondern ein dichter und attraktiver Nah verkehr. Ich denke, darüber sind wir uns einig. Das steht üb rigens nicht im Widerspruch zum Individualverkehr im länd lichen Raum, der noch lange eine wichtige Rolle spielen wird. Aber klar ist: Man muss auch an Park-and-ride-Anlagen um steigen können.

In diesem Zusammenhang muss dem Verkehrsministerium ein Fehler unterlaufen sein. Der Gedanke, dass Park-and-ride-An lagen, weil sie knapp innerhalb der Umweltzone liegen – ab und an nur wenige Meter –, von Fahrzeugen der Euronor men 4 und 5 nicht mehr angefahren werden dürfen, kommt wohl nicht von der Fachabteilung, sondern sieht eher aus wie ein Skript für „extra 3“ oder die „heute-show“. Es tut mir leid.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der AfD und der FDP/DVP – Heiterkeit – Zuruf von der AfD: Ein Witz!)

Ich fasse zusammen: Wir respektieren die Urteile, halten es aber auch für richtig, wenn die Bundeskanzlerin jetzt die Ge danken zur Verhältnismäßigkeit präzisiert und einen Wert von 50 Mikrogramm vorgibt. Wir, die CDU-Fraktion, halten es für richtig, Grenzwerte zu hinterfragen, wenn deren Zustande kommen erhebliche Zweifel aufwirft. Gleichzeitig setzen wir uns mit Bundes- und Landesmitteln dafür ein, die Luftquali tät durch eine Verbesserung des ÖPNV-Angebots, eine wei tere Unterstützung von E-Mobilität und innovative Maßnah men weiter zu verbessern. Dazu noch eine intelligente Ver kehrssteuerung und ausreichend Park-and-ride-Plätze, natür

lich für alle erreichbar, dann klappt es ganz ohne Fahrverbo te für Diesel der Euronorm 5.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Selcuk das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Das Jahr geht mit großen Schritten auf Weihnachten und das Jahresende zu – eine schö ne Zeit, wie man meinen sollte. Der erste Advent steht vor der Tür. Doch statt aufkommender Besinnlichkeit vernehme ich bei vielen Menschen eine zunehmende Verunsicherung, die sich teilweise zwischen Wut und Resignation bewegt, eine Verunsicherung, da wir jetzt trotz des Fahrverbots ab dem neu en Jahr in Stuttgart für betroffene Menschen keine wirklichen Lösungsvorschläge bieten – eines Fahrverbots, welches schät zungsweise 500 000 Fahrzeuge in der gesamten Region be trifft oder deren Nutzung zumindest stark einschränken wird.

(Zuruf von den Grünen: Das wird ja immer mehr!)

500 000 Menschen wird und wurde ein erheblicher Schaden zugefügt, Menschen, die teilweise aufgrund der Diesel-Ver sprechen der Autoindustrie ein solches Auto gekauft haben, teilweise auf Kredit, den sie immer noch abbezahlen müssen und damit auch den Schaden bezahlen müssen.