Protokoll der Sitzung vom 28.11.2018

und zwar im Sinne aller Abgeordneten des Landtags: Wohin kämen wir denn, wenn wir Landespolitiker nur zweckgebun dene Bundeszuweisungen wollten?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nicht nur!)

Wir wollen keine zweckgebundenen Zuweisungen. Wir wol len starke, eigenverantwortliche Landtagsabgeordnete, starke

Landesparlamente und hier nicht am Gängelband des Bundes Politik machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Am Gän gelband der Regierung! – Abg. Andreas Stoch SPD: Warum sind Sie dann Fraktionsvorsitzender?)

Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Gelder des Bundes für die Digitalisierung sind notwendig. Sie haben ja Artikel 106 des Grundgesetzes zitiert, Herr Kollege Rülke. Das ist ein gangbarer Weg, damit die Gelder sehr schnell, sehr zügig in den Kommunen, bei den Schülerinnen und Schülern und bei den Schulen ankommen.

Das, was mich an dieser Grundgesetzänderung stört – wir sind da im Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen in Berlin –, ist auch die zeitliche Bindung. Wir können doch jetzt nicht sagen, wir starten in die Digitalisierung der Schulen, und an statt 5 Milliarden € sind noch 3,5 Milliarden € übrig, die zu mal 2020/2021 auslaufen. In diesem Bereich brauchen wir Planbarkeit, Verlässlichkeit und Sicherheit und keine einma ligen Programme, Herr Kollege Rülke.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Kurzum: Wir lehnen diese Grundgesetzänderung ab. Wir ste hen weiterhin für einen starken Föderalismus.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Reinhart.

Frau Präsidentin, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich bei der Regierung, beim Ministerpräsidenten, bedanken. Denn das war eine klare Haltung, eine klare Aussage des Minister präsidenten, nicht nur für die Landesregierung, sondern für uns alle als Landesparlamentarier.

(Beifall des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig!)

Darum muss es uns gehen, verehrte Kolleginnen und Kolle gen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Ich habe ausgeführt: Eine Verfassungsänderung kann nur die Ultima Ratio sein. Aber ich will hinzufügen: Unsere Verfas sung ist kein Werkstück, an dem man einfach alle paar Mona te herumklempnert. Sie ist die Grundlage unserer politischen Ordnung.

Erst im Juli 2017 haben wir hier im Nachgang zur Neuord nung des Länderfinanzausgleichs über 13 Verfassungsände rungen gesprochen. Schon damals haben viele Kommentato ren zu Recht gesagt: Damit ist die Schmerzgrenze erreicht. Nun, gut ein Jahr später, sollen schon wieder vier weitere Ver fassungsänderungen kommen.

Dazu muss ich schon sagen: Der neueste Vorschlag zur Neu fassung des Artikels 104 c des Grundgesetzes geht inhaltlich – das hat Herr Kollege Stoch zu Recht angesprochen – noch

einmal deutlich über die politischen Vereinbarungen im Koa litionsvertrag hinaus.

Natürlich braucht man im Bundestag eine Zweidrittelmehr heit, und natürlich wird es diese auch geben. Morgen wird der Bundestag darüber abstimmen. Aber es entwertet unsere Ver fassung und macht sie politisch verfügbar, wenn wir jedes Pro blem einfach durch eine Änderung des Grundgesetzes lösen wollen.

Deshalb unterstützen wir die Haltung des Ministerpräsiden ten. Ich sage noch einmal: Ich hoffe und drücke ihm die Dau men, dass er die nötige Unterstützung erhält. Es haben sich ja Länder wie Bayern im Koalitionsvertrag positioniert. Sach sen hat sich öffentlich entsprechend geäußert. Unser Minis terpräsident hat mit dem Ministerpräsidenten von NordrheinWestfalen gemeinsam einen bemerkenswerten Artikel – ich glaube, es war in der FAZ – dazu veröffentlicht. Wenn ich die Stimmen dieser Länder zusammenzähle, komme ich auf 24 Stimmen. Ich drücke ihm die Daumen, dass er noch 13 wei tere Stimmen für sein Anliegen erzielt. Denn dann haben wir die Grenze von 35 Stimmen überschritten, und dann wird es diese Verfassungsänderung nicht geben können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Und dann gibt es kein Geld!)

Jetzt rufen Sie so locker herein, Herr Kollege Gall.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Dann soll Herr Strobl schauen, wie er das Geld beibringt! – Gegenruf der Abg. Carola Wolle AfD: Sind Sie käuflich?)

Ihr Kollege Stoch hat mit Hinweis auf den Begriff „goldener Zügel“ gefragt: „Wie gehen Sie mit den Kommunen um?“

(Abg. Martin Rivoir SPD: Genau!)

Das ist starker Tobak,

(Zuruf von der CDU: Genau!)

und zwar aus zwei Gründen. Das Erste ist, dass wir einen zweistufigen Staatsaufbau haben, bei dem die Kommunen Teil der Länder sind. Das ist das eine.

(Zuruf von der SPD: Aha!)

Die Kommunen machen ihre Arbeit im Rahmen der Gesetze nach Artikel 28 des Grundgesetzes.

Das Zweite ist: Sie sagen kein Wort dazu, wie eigentlich die Kommunen der anderen 15 Länder Deutschlands im Vergleich zu Baden-Württemberg dastehen. Die Kommunen BadenWürttembergs stehen am besten da von allen 16 Ländern. Da zu habe ich nichts gehört.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Andreas Stoch SPD: Sie könnten aber noch besser dastehen! Das war starker Tobak!)

Nein, überhaupt nicht.

Ich will Ihnen einmal sagen: Gerade die FDP, die die heutige Debatte beantragt hat,

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Und das war gut so!)

wurde für das Erreichen der Zweidrittelmehrheit im Bundes tag gebraucht. Dabei wurden auch mehr Forderungen über das hinaus, was vereinbart war, gestellt.

(Zuruf von der SPD: Und von den Grünen?)

Das ist kein Geheimnis. Das kann man jeden Tag überall ana lysieren.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und wo war die CDU?)

Ich will die FDP nur einmal an ihr Vermächtnis erinnern. Im Parlamentarischen Rat, Herr Kollege Rülke, hatten sich die FDP-Vertreter für die Kulturhoheit der Länder engagiert. Ich erinnere mich: Die Friedrich-Naumann-Stiftung hat noch 2005 mit ihrem Vorsitzenden Otto Graf Lambsdorff Thesen zu Bil dung und Forschung im föderalen Wettbewerb veröffentlicht. Darin war die Forderung enthalten, die Gesetzgebungskom petenz der Länder für die Bildung müsse gestärkt werden und dürfe nicht beeinträchtigt werden.

(Beifall der Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch)

Was sagen Ihre politischen Vorfahren zu der Haltung, die Sie heute hier vertreten? Das frage ich Sie in diesem Zusammen hang.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Zuruf von der CDU: Sehr gut! – Abg. Dr. Hans-Ul rich Rülke FDP/DVP: Und was macht die CDU im Bundestag? – Gegenruf der Abg. Nicole Razavi CDU: Das Entscheidende ist, was sie im Landtag macht!)

Ich kann Ihnen hierzu Folgendes sagen: Ich habe den Ein druck, dass die neue Magenta-FDP vieles aus der Vergangen heit vergessen hat. Sie selbst, Herr Kollege Rülke,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ich bin nicht in der CDU!)

und wir alle haben im Oktober 2016 hier an diesem Redepult darüber gesprochen, dass bei der Neuordnung des Länderfi nanzausgleichs die Tür für bundespolitische Einflüsse auf ein wesentliches Feld der Landespolitik geöffnet worden sei. Dort haben Sie es kritisiert.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Aha! Hört, hört!)

Hört, hört! – Man muss das erstaunt zur Kenntnis nehmen. Heute haben Sie eine Wende um 180 Grad gemacht.