Mangels gesetzgeberischer Zuständigkeit des Landes in den Bereichen Staatsangehörigkeit und Passwesen beschränkt sich der Gesetzentwurf dann aber auf Änderungen des Landtags wahlgesetzes, der Landkreisordnung und der Gemeindeord nung. Sie sollen dahin gehend geändert werden, dass die Bür gerinnen und Bürger unseres Landes nur dann wahlberechtigt sind, wenn ihre deutsche Staatsangehörigkeit überprüft wur de und durch einen Staatsangehörigkeitsausweis nachgewie sen ist. Nur dann soll eine Aufnahme in das Wählerverzeich nis möglich sein.
Mit dem Gesetz soll dem grundgesetzlichen Postulat Rech nung getragen werden, dass lediglich im Besitz der deut schen Staatsangehörigkeit befindliche Einwohner BadenWürttembergs bei Wahlen und Abstimmungen auf Lan des-, Kreis- und Gemeindeebene als Deutsche wahlbe rechtigt sind.
Personen, die die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitglieds staats der Europäischen Gemeinschaft besitzen und gemäß Ar tikel 28 des Grundgesetzes und Artikel 72 der Landesverfas sung bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden wahlberechtigt und wählbar sind, sind von den besonderen Änderungen aus genommen. Da würde auch wieder das Problem der fehlen den Gesetzgebungszuständigkeit virulent.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie kommt man auf die Idee, die Wählbarkeit von der Vorlage eines Staatsangehörig keitsausweises abhängig zu machen?
Vordergründig, weil Personalausweis und Reisepass lediglich die rechtliche Vermutung begründen, dass der Inhaber die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
Der deutsche Staatsangehörigkeitsausweis dokumentiert dem gegenüber die Staatsangehörigkeit mit urkundlicher Beweis kraft. Ist die Idee aber deshalb eine gute?
Zum weiter gehenden Nachweis dient normalerweise die Ge burtsurkunde oder die Urkunde zur Annahme an Kindes statt. In aller Regel bestehen doch auch keine Zweifel an der Staats angehörigkeit eines Wahlbewerbers;
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zusam menfassen: Die AfD will das Bürgerrecht der Wählbarkeit nur
jenen Deutschen zuerkennen, deren Staatsangehörigkeit amt lich überprüft und bestätigt ist – in jedem Einzelfall, und nicht nur dann, wenn Zweifel bestehen.
Meine Fraktion wird den Gesetzentwurf ablehnen und tritt klar dem Misstrauen allem und jedem gegenüber entgegen, das den Entwurf nährt. Die Regelungen sind weder notwen dig noch sinnvoll. Außerdem würde das Gesetz ein bürokra tisches Monster entfesseln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden den Geist, der diesem Gesetzentwurf innewohnt, nicht aus der Fla sche entweichen lassen, in der er seit über 70 Jahren einge schlossen ist.
Frau Kollegin Gentges – – Wollen Sie die Frage noch stellen, Herr Abg. Stein? – Wollen Sie die noch zulassen, Frau Gentges? – Nein.
Werte Frau Präsidentin, Kollegin nen und Kollegen! Ich will gleich zu Beginn klarstellen: Auch ich habe den Gesetzentwurf natürlich gelesen. Gleichwohl könnte man es sich relativ einfach machen, und man könnte es vor allem auch kurz machen, indem man sagt: Der uns hier vorliegende Gesetzentwurf ist kropfunnötig, er ist sinnlos, und seine Umsetzung würde einen Wust von Bürokratie schaffen. Deshalb lehnen wir ihn ab; herzlichen Dank für Ihre Aufmerk samkeit.
Aber, meine Damen und Herren, weil der Gesetzentwurf na türlich schon etwas bezwecken soll und weil er auch Ausdruck des Gedankenguts dieser rechten Gruppierung ist,
will ich doch einige Worte darüber verlieren, was die Intenti on dieser Initiative ist. Herr Sänze, da können Sie sagen, was Sie wollen; das glaube ich Ihnen einfach nicht. Ihre Intention ist eine andere als die, die Sie heute vorgetragen haben.
Der von der AfD vorgelegte Gesetzentwurf unterstellt näm lich – – Da braucht man ja nur die Anfrage zu lesen; Sie ha ben es ja auch zitiert; schon das bringt zum Ausdruck, worum es geht.
Die Anfrage, auf die Sie sich eigentlich stützen, stammt von Herrn Räpple und Frau Baum – und damit ist im Prinzip auch schon alles gesagt.
Er unterstellt grundsätzlich allen Baden-Württembergerinnen und Baden-Württembergern, dass sie die deutsche Staatsan gehörigkeit gar nicht besitzen. Dies ist ein Misstrauen gegen über diesen Bürgerinnen und Bürgern, und es ist vor allem auch ein Misstrauen gegenüber den Beamtinnen und Beam ten in den Standesämtern und den Meldeämtern der Behörden in unserem Land.
(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)
Alle Wahlberechtigten, meine Damen und Herren, sollen, wenn es nach dem Willen der AfD geht, ihre Wahlberechti gung künftig durch einen Staatsangehörigkeitsausweis nach weisen. Das heißt, neun Millionen dieser Ausweise müssten jetzt erst mal erstellt werden, obwohl die Staatsangehörigkeit dieser Einwohner – jedenfalls nach unserem und nach dem allgemeinen Rechtsverständnis – nachgewiesen ist durch ei nen gültigen Pass oder einen Ausweis der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist jedenfalls glaubhaft gemacht worden – und nicht umgekehrt.
Denn die Ausstellung dieser Dokumente setzt ja voraus, dass die deutsche Staatsbürgerschaft nachgewiesen ist durch Ge burt – Herr Baron, deshalb dürfen Sie ja auch bei uns wählen; um es mal so deutlich zu sagen – oder Geburtsurkunde, durch Heiratsurkunde oder beispielsweise auch eine Heimatsurkun de.
Die AfD misstraut also nicht nur den baden-württembergi schen Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch sämtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Einwohnermelde ämtern und den Standesämtern in unserem Land.
Wie gesagt: Deutlicher kann man es nicht zum Ausdruck brin gen als in der Anfrage von Frau Baum und Herrn Räpple. Da steht nämlich, bei einer Zahl von rund elf Millionen Einwoh nern ergibt sich, dass, weil es nur rund 8 000 Staatsangehö rigkeitsnachweise gibt, wohl nicht mal ein Promille der BadenWürttembergerinnen und Baden-Württemberger ihre Staats angehörigkeit nachweisen können – bzw. sicher sein können, überhaupt eine zu haben. Also, so schräg zu argumentieren, das fällt letztlich wirklich nur Ihnen ein.
Meine Damen und Herren, insgesamt stellt sich dann tatsäch lich die Frage: Was wollen Sie denn mit diesem Gesetzent wurf wirklich erreichen? Interessant ist deshalb schon, wo sich diese Menschen, die diese Anträge in den Landesparlamen ten, aber auch im Bundesparlament stellen, bewegen. Da ist der Schritt zu den Reichsbürgern ein ganz kleiner. Insbeson dere die Herrschaften, die auf der Bundesebene aktiv sind, pflegen entsprechende Kontakte, und wenn ich in Ihre Reihen schaue, gibt es auch dort welche, die sich vor Verfassungs feinde, die beobachtet werden, stellen und ihre Jugendorgani sation für sakrosankt erklären.