Das habe ich, glaube ich, beantwortet. Im Klartext heißt das: Diese Frage muss man gar nicht mehr stellen. Es ist klar, wel chen Zweck Sie verfolgen.
Sie wollen Handlanger der Reichsbürger sein. Gerade Sie, Herr Gögel, sind Steigbügelhalter derer in Ihrer Fraktion, die genau dies bezwecken und ihre Grundhaltung zum Ausdruck bringen.
(Beifall bei der SPD, den Grünen, der CDU und der FDP/DVP – Abg. Martin Rivoir SPD: Genau! – Abg. Bernd Gögel AfD: Schaffen Sie Rechtssicherheit!)
Deshalb, meine Damen und Herren, weise ich noch einmal darauf hin: Sie sollten in diesem Land gesprochenes Recht auch einmal zur Kenntnis nehmen. Es gibt Gerichtsurteile, beispielsweise des Verwaltungsgerichts Potsdam, des Verwal tungsgerichts Berlin.
Darin ist jedenfalls ausgeführt, ein Staatsangehörigkeitsaus weis sei nur dann erforderlich, wenn die deutsche Staatsbür gerschaft zweifelhaft oder klärungsbedürftig erscheine. Ge nau dies ist doch überhaupt nicht der Fall.
Letzte Bemerkung: Sie sollten auch einmal die Aussage von Herrn Professor Joachim Wieland, Staatsrechtler an der Hoch schule in Speyer, zur Kenntnis nehmen, der gesagt hat, der Besitz der Staatsbürgerschaftsurkunde habe heutzutage keine praktische Relevanz mehr, sondern eher eine historisch ge wachsene. Das sollten wir zur Kenntnis nehmen.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir behandeln heute in erster Lesung den Gesetzentwurf der AfD zur Änderung der Vorschriften über das Wahlrecht der Deutschen. Deutscher im Sinne von § 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Der Besitzerwerb ist in § 3 um fassend geregelt. Sofern der formale Nachweis über den Be sitz der deutschen Staatsangehörigkeit nicht über eine Ge burtsurkunde oder eine Bescheinigung im Sinne des Staats angehörigkeitsgesetzes erfolgen kann, wird sie im Zweifels fall – im Zweifelsfall! – durch eine behördlich ausgestellte
Auch wenn Reisepass und Personalausweis – in Anführungs zeichen – „nur“ eine widerlegbare Glaubhaftmachung des Be sitzes der deutschen Staatsangehörigkeit darstellen, ist für die Ausstellung des amtlichen Ausweises und damit natürlich auch für die Eintragung in das Wählerverzeichnis ein forma ler Nachweis notwendig. Dies wird nach meiner Überzeugung bei den Einwohnermeldeämtern auch entsprechend verlangt und gehandhabt.
Insofern ist die Aussage, dass eine lapidare Vergabe des deut schen Ausweises erfolge, nicht zutreffend. Dessen habe ich mich auch beim Einwohnermeldeamt in Heilbronn versichern können.
Das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staats angehörigkeit wird auf Antrag von der Staatsangehörig keitsbehörde festgestellt. Die Feststellung ist in allen An gelegenheiten verbindlich, für die das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit rechts erheblich ist.
Also eben auch für das damit verbundene Wahlrecht. Aber Voraussetzung dafür ist ein Sachbescheidungsinteresse; denn grundlegend ist der Erlass eines Verwaltungsakts zur verbind lichen Feststellung einer Rechtslage nur dann erforderlich, wenn Zweifel bestehen, ob eine bestimmte Rechtslage gege ben ist, wenn es also etwas zu klären gilt. Kurzum: Liegen keine Zweifel vor, ist auch nichts zu klären.
Dies ist eben nicht nur richterrechtliche Fortbildung, sondern es ist ein allgemeiner Verwaltungsrechtsgrundsatz. Und in der Tat – das ist auch deutlich geworden – sind keine Fälle miss bräuchlicher Verwendung bekannt. Auch die AfD hat eine sol che Behauptung nicht aufgestellt, geschweige denn verifizie ren können.
Nicht verifizieren können. – Dennoch beschwört dieser Ge setzentwurf unterschwellig die Angst, der deutsche Volkswil le, sofern es in der Heterogenität einen solchen Volkswillen gebe, komme bei den Wahlen nicht mehr zur Geltung, weil heimlich Ausländer mitwählen würden. Es handelt sich hier bei um eine Stimmungsmache über eine dunkle Bedrohung, die nach unserer festen Überzeugung aktuell nicht besteht und auch nicht vorhanden ist.
Diese xenophobe Einstellung, meine Damen und Herren, möch te ich hier von uns weisen. Die FDP/DVP-Fraktion ist nicht bereit, Ihnen hier ein entsprechendes Mandat zu geben, Ihre Überzeugungen, Ihre Ideologien unterzubringen.
Schlussendlich darf an dieser Stelle nicht verschwiegen wer den, dass die Verwaltung durch die geforderte Ausstellung ei nes entsprechenden Nachweises erheblich belastet würde. Die Zeche würde wiederum der kleine Bürger bezahlen. Damit
wäre sicherlich ein erheblicher Aufwand verbunden, und ei ne stärkere Wahlbeteiligung würde damit sicherlich nicht ver bunden sein.
Alles in allem, liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD: Neh men Sie Ihren Gesetzentwurf zurück. Er ist unnötig, er ist bü rokratisch, und er dient der Sache nicht.
Frau Präsidentin, werte Kol leginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Kollegen von der AfD sieht vor, den Staatsangehörigkeitsausweis zur Vor aussetzung des Wahlrechts bei der Landtagswahl und den Kommunalwahlen – auf Letzteres komme ich noch einmal ex tra zu sprechen – zu machen. Da sage ich Ihnen: Das verkennt völlig die Bedeutung des Staatsangehörigkeitsausweises im Sinne des Staatsangehörigkeitsgesetzes. Er wird – das haben wir von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern schon gehört – grundsätzlich nur dann benötigt, wenn die deutsche Staats bürgerschaft zweifelhaft und klärungsbedürftig ist oder ein ur kundlicher Nachweis über deren Bestehen von einer deutschen oder ausländischen öffentlichen Stelle verlangt wird.
Beispielsweise wird der Staatsangehörigkeitsausweis verlangt bei Adoptionen mit Ausländerbeteiligung, bei der Beantra gung deutscher Ausweispapiere nach Rückkehr aus dem Aus land, wenn die Papiere bereits lange abgelaufen waren oder bei der Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit von Spätaussiedlern. Auch bei der Feststellung der Staatsangehö rigkeit von Deutschen, die im Ausland geboren bzw. adoptiert wurden, wird dieser Nachweis verlangt.
Solange keine dieser besonderen Situationen vorliegt, gibt es auch keinen Grund, einen Staatsangehörigkeitsausweis zu ver langen.
Ich kann Ihnen nur sagen: Die im Melderegister ausgewiese ne Staatsangehörigkeit, der Personalausweis bzw. der Reise pass reichen völlig aus. Daher ist es auch folgerichtig, wenn die Wählerverzeichnisse mit den Wahlberechtigten für die Landtags- und die Kommunalwahlen aufgrund der Staatsan gehörigkeitsangabe im Melderegister aufgestellt werden. Denn nur die dort ausgewiesenen Deutschen sind bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen wahlberechtigt und erhalten eine Wahlbenachrichtigung. Diese Wahlbenachrichtigung und ins besondere bei Identifikationsfragen der Reisepass bzw. der Personalausweis genügen dann für die Stimmabgabe im Wahl lokal.
Aber ich sage Ihnen: Der Gesetzentwurf weist noch andere Schwächen auf. Das ist bislang noch nicht angeklungen. Ich glaube, das haben Sie übersehen. Sie ignorieren die Tatsache, dass bei Kommunalwahlen – 26. Mai nächsten Jahres – auch die Staatsangehörigen der anderen EU-Mitgliedsstaaten wahl berechtigt sind.
Wollen Sie durch Ihren Entwurf etwa höhere Anforderungen an das Wahlrecht der Deutschen als an das der Staatsangehö rigen der anderen EU-Mitgliedsstaaten stellen? Das frage ich Sie jetzt einmal.
(Abg. Marion Gentges CDU: Ja, das lese ich so her aus! – Abg. Martin Rivoir SPD: Genau! – Abg. Win fried Mack CDU: Ja, natürlich! – Zurufe der Abg. Sa bine Wölfle SPD und Sandra Boser GRÜNE)
Hinzu kommt, meine Damen und Herren: Sehenden Auges wollen Sie laut Ihrer Gesetzesbegründung auch noch in Kauf nehmen, dass die Ausstellung von Staatsangehörigkeitsaus weisen einen völlig – das haben wir schon gehört – unverhält nismäßigen Verwaltungsaufwand verursachen würde. Denn der Staatsangehörigkeitsausweis besagt lediglich, dass die be treffende Person zum Zeitpunkt der Ausstellung deutscher Staatsangehöriger ist. Der Staatsangehörigkeitsausweis kann auch nur für einen bestimmten Zeitpunkt die deutsche Staats angehörigkeit verbindlich ausweisen.
müssten sich rund acht Millionen Wahlberechtigte vor jeder Wahl einen Staatsangehörigkeitsausweis ausstellen lassen.
Bei dieser Ausgangslage kann auch Ihnen nicht entgangen sein, meine Kolleginnen und Kollegen von der AfD,
Da drängen sich dann schon zwei Punkte auf. Zum einen stel len Sie in Ihrer Gesetzesbegründung die nicht belegte, son dern völlig aus der Luft gegriffene Vermutung auf, dass viele Personen das Wahlrecht rechtswidrig für sich in Anspruch nähmen, wenn nicht der Staatsangehörigkeitsausweis Voraus setzung für das Wahlrecht wäre. Zum anderen ist auffällig – das haben wir auch schon gehört; das hat Herr Sänze selbst erwähnt –, dass sich der Staatsangehörigkeitsausweis in der Reichsbürgerszene einer gewissen Beliebtheit erfreut. Die Nä he zu dieser Szene scheinen Sie mit diesem Gesetzentwurf of fenbar bewusst in Kauf zu nehmen.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Udo Stein AfD: Dann schaffen Sie da Fakten! Dann müssen wir gar nicht darüber reden!)