Ich darf in diesem Zusammenhang an den norwegischen So ziologen Harald Eia erinnern. Das habe ich auch schon öfter
angesprochen. Er hat nachgewiesen, dass sich Männer und Frauen trotz staatlicher Genderbeeinflussung immer wieder für einen für ihr Geschlecht typischen Beruf entscheiden.
Bei dem „Gute Kita“-Gesetz handelt es sich wie so oft um ei ne teure Schaufensterpolitik. Die Länder können mit dem ih nen vom Bund in Höhe von 5,5 Milliarden € zur Verfügung gestellten Geld machen, was sie wollen. Dabei wäre das Geld sinnvoller für die Entlastung der Familien angelegt. Ja, Herr Stoch, Kinder dürfen keine Belastung sein.
Dann wäre eine ideologische Beeinflussung der Kinder, wie ich es am Beispiel der Broschüre „Ene, mene, muh“ aufge zeigt habe, nicht mehr möglich.
Ein weiteres Mal haben Sie sich mit diesen Äußerungen für die Teilnahme an einer ernsthaften Debatte disqualifiziert, lie be Kolleginnen und Kollegen.
Man sieht, aus welcher Zeit Ihr Weltbild stammt – Sie haben es mehrfach gesagt –: aus den Sechzigerjahren.
Ideologien sind das Gegenteil von Freiheit, und die AfD ist inzwischen zu einem Synonym für Ideologiekonzentrat ge worden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Denn wenn die AfD gegen den Ausbau der Kita- und Krippen plätze polemisiert, als wäre das der Ausdruck des – Zitat – „ver sifften links-rot-grünen 68er-Deutschlands“,
dann macht die AfD unter diesem Vorzeichen genau das – aber noch viel schlimmer –, was sie ihren Gegnern vorwirft, näm lich: Sie schreibt den Menschen vor, was für sie richtig und was für sie falsch ist.
Es bedarf wohl keiner näheren Erläuterung, warum wir Frei en Demokraten eine solche Politik aus tiefster Überzeugung ablehnen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe SPD, es mag ja nachvollziehbar sein, dass die SPD-Landtagsfrak tion ein wenig vom Glanz der vorweihnachtlichen Besche rung ihrer Bundespartei abhaben möchte und deshalb die heu tige Aktuelle Debatte zum „Gute Kita“-Gesetz beantragt hat. Dabei waren die baden-württembergischen Genossinnen und Genossen beim Thema „Gebührenfreiheit in Kita und Kinder garten“, dem erklärten sozialdemokratischen Schwerpunkt des Gesetzes, doch schon einmal weiter.
Seit’ an Seit’ hatten Sozialdemokraten mit uns Freien Demo kraten Ende 2017 eine öffentliche Beratung über den grünschwarzen Kinderbildungspass im Bildungsausschuss bean tragt. Als Ergebnis kippte die grün-schwarze Koalition ihr Ziel eines letzten beitragsfreien Kindergartenjahrs. Vielleicht hat te dazu auch das flammende Plädoyer der GEW-Vorsitzenden Doro Moritz beigetragen, und vielleicht hat die ansonsten al les andere als zupackende grün-schwarze Koalition das Argu ment überzeugt, dass angesichts einer Kindergartenbesuchs quote von 99,0 % im letzten Kindergartenjahr im Jahr 2013 die für den Kinderbildungspass im Raum stehenden 84 Mil lionen € pro Jahr deutlich zielführender eingesetzt werden könnten. Laut nationalem Bildungsbericht 2018 wird bundes weit bei 95 bzw. 97 % der Vier- bis Fünfjährigen ein Angebot der frühen Bildung genutzt.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die FDP/DVP-Frakti on hält es für richtig, Beitragsbefreiungen vorzusehen, aber eben nur für diejenigen Eltern, welche die Beiträge nicht auf bringen können, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Beitragsfreiheit sei nur einer von zehn Qualitätsbaustei nen, die Länder und Kommunen auswählen können, betont die Bundesfamilienministerin. Also wird es wesentlich darauf ankommen, welche Bausteine die baden-württembergische Landesregierung auswählt und ob sie die Mittel aus Berlin vor allem auch in Leitungszeit investiert, damit die Leitungen aus reichend Gestaltungsfreiheit für die Qualitätsentwicklung in ihren Einrichtungen haben. Deshalb frage ich die Kultusmi nisterin: Bleibt es bei der Förderung der Leitungszeit?
Wie gedenkt die Landesregierung die Anschlussfinanzierung sicherzustellen, wenn im Jahr 2022 die „Gute Kita“-Mittel auslaufen?
Bei all diesen Themen ist uns Freien Demokraten ein Aspekt ganz besonders wichtig: Vergesst die Tageseltern nicht!
Viele Eltern schätzen die Betreuung bei einer Tagesmutter oder bei einem Tagesvater aufgrund der enormen Flexibilität, aber auch aufgrund ihres familiären Charakters.
Wir fordern, dass die Tageseltern bei allen Fördermaßnahmen für die Betreuungseinrichtungen gleichermaßen mitberück sichtigt werden. Zu denken wäre darüber hinaus auch an die Randzeiten, spätabends und frühmorgens, in denen gerade die Tageseltern häufig im Einsatz sind.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es ist an der Zeit, dass die grün-schwarze Irrfahrt der falschen Prioritätensetzung im frühkindlichen Bereich endlich beendet wird. Statt, wie es richtig wäre, den Orientierungsplan weiter verbindlich zu ma chen, soll nun erst einmal mit offenem Ausgang und ohne Plan evaluiert werden, was mit dem Orientierungsplan passieren soll.
Womöglich ist der von den Erzieherinnen sehr geschätzte Ori entierungsplan der Landesregierung ein Dorn im Auge und soll ein Begräbnis dritter Klasse erhalten.
Stattdessen will die Koalition ein zentrales Qualitätsmanage ment auf den Weg bringen, und im Bereich der Inklusion soll statt der gezielten Unterstützung der Einrichtungen ein mobi ler Fachdienst mit Qualitätsbegleitern eingesetzt werden. Aber das entzieht den Einrichtungen die ohnehin knappen Fach kräfte.
Zentralistischen Geist atmet auch das neue Forum Frühkind liche Bildung, das ebenfalls als Beratungsorgan fungieren soll. Wenn der Kultusministerin und der Koalition an einer echten Qualitätsentwicklung gelegen wäre, würden sie erstens auf ei ne Bevormundung der Kindergärten und Kitas verzichten, zweitens die Einrichtungen in ihrer Eigenverantwortung stär ken, drittens den Orientierungsplan für eine frühe Pädagogik endlich verbindlich machen und viertens ein unabhängiges In stitut mit der Aufgabe der wissenschaftlichen Begleitung be trauen. Das sind jedenfalls die Forderungen der FDP/DVP. Unsere Forderungen liegen auf dem Tisch.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst vielen Dank. Ich kann mich in einem Punkt allen Vorrednern anschließen: Es ist sinnvoll und wichtig, dass wir uns mit dem Thema „Frühkindliche Bildung“, mit der übergeordneten Frage einer passgenauen Bildungsbiografie befassen. Denn jede Diskussion, die wir hier in aller Sachlich
keit über die Frage führen, wie wir Qualität, wie wir Leis tungsfähigkeit immer ausgehend vom Wohl des Kindes reali sieren können, lohnt sich. Deshalb ist es heute, glaube ich, ein richtiger und wichtiger Anlass.