Protokoll der Sitzung vom 30.06.2016

Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank an die Kol leginnen Gentges und Dr. Lehnig für ihre Jungfernreden. Das

macht es mir leichter, nicht mehr im Detail auf den Gesetz entwurf eingehen zu müssen. Andererseits hat der Kollege von der AfD das gerade schon wieder umgedreht. Aber ich werde auch nicht auf jedes Detail eingehen, das Sie jetzt gerade ge nannt haben.

Aber eines ist klar: Dieses EuGH-Urteil wird hier in einer Art und Weise genommen, die gar nicht richtig ist. Es ist notwen dig, dass wir dieses Urteil umsetzen. Sonst droht ein Vertrags verletzungsverfahren. Dieses Risiko werden wir nicht einge hen, und deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf zustim men, auch wenn das Gesetz die Landeskasse, wie meine Vor rednerinnen zu Recht schon gesagt haben, etwas kosten wird. Andererseits wird es für die Zukunft nicht zu Gebührenmin dereinnahmen für das Land kommen. Deshalb wird die SPD dem Gesetzentwurf zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort dem Kollegen Professor Dr. Goll.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Es ist jetzt schon mehrfach – auch in verständlicher Weise – darauf hingewiesen worden, dass die ser Gesetzentwurf vielleicht ein bisschen trocken ist, vielleicht heute auch nicht der wichtigste ist. Aber eines muss man sa gen: Dieses Urteil, das zu dem Gesetzentwurf geführt hat, ent hält den Sprengstoff, der zu der größten Reform der Justiz nach dem Krieg geführt hat, vielleicht zu einer der größten Reformen der Landesverwaltung überhaupt, nämlich zur No tariatsreform, die auch in diesem Haus, möchte ich sagen, teil weise heftig umstritten war.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Auf immer mit der FDP/DVP verknüpft! – Abg. Winfried Mack CDU: Das wird immer mit Ihnen verknüpft sein! Mit dem Minister a. D.!)

Damit muss und damit kann ich auch leben, denn dieses Ur teil macht nochmals deutlich, wohin die Entwicklung geführt hätte. Die staatlichen Notare hätten nämlich immer weniger beurkunden dürfen, oder aber sie hätten die volle Gebühr da für bekommen müssen. Dann hätten sie letztlich ihr Gehalt vom Land Baden-Württemberg bekommen – und sämtliche Gebühren noch obendrauf. Dazu hätten wir freie Notare ge braucht, die dann die Geschäfte erledigen, die die staatlichen Notare nicht mehr hätten erledigen dürfen. Es hat alles dafür gesprochen, dass das immer mehr Geschäfte werden.

Diese Rechtsprechung macht jetzt nochmals deutlich, dass auch unsere Rückzugsgefechte, die es ja letzten Endes waren, durch die wir der Staatskasse möglichst viel Geld erhalten wollten, nicht akzeptiert wurden. Die EU hatte da etwas ge gen das staatliche Notariat – zunächst, muss ich sagen, nur in gesellschaftsrechtlichen Bereichen, aber das hätte sich natür lich auch auf andere Bereiche ausdehnen können.

Nun kann man die EU kritisieren.

(Abg. Winfried Mack CDU: Wir wollten doch nicht über die EU schimpfen!)

Ich verstehe das an dieser Stelle auch ein Stück weit. Die Ge bühren fallen ja doch an. Man muss sie auch bezahlen. Die Unternehmen werden nicht mehr belastet, und den Unterneh men war es wahrscheinlich wurst, wo das Geld landet, ob in der Staatskasse oder bei einem freien Notar.

Aber man muss zur Ehrenrettung der EU in diesem Fall auch daran erinnern, dass sie aus dem Land permanent Einladun gen bekommen hat zu handeln. Es war keine Ruhe in diesen Bereich hineinzubringen, weil aus bestimmten Teilen des No tariats, nämlich ausgerechnet aus Südbaden, dem einzigen Be reich, in dem wir Probleme mit der Leistungsfähigkeit des No tariats hatten, die EU und der EuGH ständig eingeladen wur den, uns die Sache kaputt zu machen. Das muss man sagen.

Ich nehme diese Gelegenheit noch einmal für einige Aussa gen wahr, weil das Ganze mit mir verbunden wird. Ich habe, als ich Justizminister war, ein württembergisches Notariat und große Teile des badischen Notariats vorgefunden, bei denen es überhaupt keinen Veränderungsbedarf gegeben hätte. Ich hätte auch nichts verändert. Das schwöre ich hier auch noch einmal vor soundso vielen Zeugen. Aber jedem war nach ei ner Weile klar, dass wir diese Notariatsform nicht halten wer den, wenn die EU ihre Politik verfolgt und ständig dazu ein geladen wird, in Baden-Württemberg tätig zu werden.

Dann muss man auch zugeben: Baden-Württemberg war am Schluss das einzige Bundesland mit einem staatlichen Nota riat – nirgendwo Freunde. Da gab es auch keine Freunde in der Bundesrepublik, denn der Bund mochte unsere Notariats form nicht. Vor allem mochte die Bundesnotarkammer sie nicht, und diese hatte auch sehr gute Verbindungen zum Bun destag. Wir waren also schon im Bund allein. Wir waren in Europa restlos allein, nachdem auch noch Portugal unseren Weg verlassen hatte.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)

Dann haben wir einen Weg beschritten, für den ich jetzt ein mal einen Ausdruck gebrauchen möchte, der prominent, aber nicht unumstritten ist: Der Weg, den wir beschritten haben, war alternativlos. Leider, mag man sagen.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Aber das EuGH-Urteil spricht nun einmal eine deutliche Spra che.

(Abg. Winfried Mack CDU: Unverbesserlich!)

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Her ren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Ausspra che ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/167 zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überwei sen.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)

Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Punkt 3 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir treten heute etwas frü her als gestern in die Mittagspause ein.

(Unruhe)

Wir setzen die Sitzung aber nicht um 14:00 Uhr, sondern um 13:30 Uhr fort.

(Zuruf: Sehr gut!)

(Unterbrechung der Sitzung: 12:20 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 13:30 Uhr)

Meine Damen und Her ren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist 13:30 Uhr. Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 16/59

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 1 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. G e o r g N e l i u s S P D – F i n a n z i e r u n g v o n

S p r a c h k u r s e n f ü r F l ü c h t l i n g e

Bitte schön, Herr Abg. Nelius.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Regierung:

a) In welchem Umfang haben Bildungsträger nach Kenntnis

der Landesregierung im Neckar-Odenwald-Kreis im Jahr 2015 über die Verwaltungsvorschrift „Deutsch für Flücht linge“ von Fördermitteln des Landes profitiert?

b) Was unternimmt die Landesregierung, um Bildungsträger

und Hochschulen zu unterstützen, damit diese insbesonde re die steigende Nachfrage nach B2-/C1-Deutschkursen ab decken können?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Abge ordneter. – Ich darf für die Landesregierung Frau Staatssekre tärin Bärbl Mielich ans Rednerpult bitten.

Sehr geehrter Herr Präsi dent! Lieber Herr Nelius, die Landesregierung beantwortet Ih re Anfrage wie folgt:

Nach Mitteilung des Neckar-Odenwald-Kreises haben im För derjahr 2015 insgesamt 100 Personen an den Grundkursen mit dem Zielniveau A1 nach der Verwaltungsvorschrift „Deutsch für Flüchtlinge“ teilgenommen. Die Erfolgsquote lag bei stol zen 93 %.

Für die Sprachförderung und die Nebenkosten für Anschluss tests und Fahrtkosten wurden insgesamt 74 750 € verausgabt, davon 55 228 € aus Landesmitteln.