Protokoll der Sitzung vom 31.01.2019

Wollten wir nicht Fluchtursachen verhindern?

(Heiterkeit und Beifall)

Die EU-Agrarpolitik – – Frau Präsidentin, würden Sie bitte für Ruhe sorgen. Die Uhr ging schon vorher.

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD – Lebhafte Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um etwas mehr Ruhe, damit Frau Abg. Wolle mit ih rer Rede fortfahren kann. Danke schön.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist keine Rede, das ist eine Vorlesung!)

Die EU-Agrarpolitik ist daher ein Musterbeispiel für die Fehlleitung, Ineffizienz und Verschwen dung von Steuergeldern. Die AfD setzt sich in ihrem Europa programm dafür ein, die Agrarförderpolitik der EU in die Mit gliedsstaaten und damit nach Deutschland zurückzuholen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Regional produzierte Lebensmittel sind gesünder. Sie dienen dem Tierwohl, dem Erhalt unserer ländlichen Kulturräume und der Stärkung des ländlichen Raums. Investitionen in die ländliche Lebensmittelproduktion sind insofern in der Tat Zu kunftsinvestitionen.

Die Mittel für diese Investitionen sind reichlich vorhanden. Eine tief greifende Reform der EU würde diese freisetzen.

(Zuruf von der SPD)

Ohne solche Reformen werden solche Debatten wie heute auch zukünftig ohne Substanz bleiben.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Weber.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Offenbar war die Grüne Wo che sehr anregend – Herr Rapp, Sie haben es eingeführt –: Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sind auf den Geschmack gekommen. Zum Glück muss man für gute Er nährung nicht nach Berlin oder Kopenhagen fahren, man be kommt sie hier bei uns im Land.

Ich möchte auf drei Punkte im Titel Ihrer Aktuellen Debatte näher eingehen. Das sind die Punkte „Gesund“, „Regional“ und „Nachhaltig“ – zweifelsohne wichtige Punkte, die einer näheren Betrachtung bedürfen.

Gesunde Ernährung steht hoch im Kurs. Wie sonst ließe sich erklären, dass Bioprodukte und Slow Food immer größere Be liebtheit erfahren? Aber machen wir uns nichts vor: Nicht al lein ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein spielt hier eine Rolle, sondern eine immer tiefer gehende Vertrauenskrise. Mit jedem Lebensmittelskandal leidet das Vertrauen der Verbrau cherinnen und Verbraucher.

Die Qualität der Lebensmittel ist entscheidend für dieses Ver trauen. Hier sind alle in der Pflicht, die an der Produktion und der Verarbeitung von Lebensmitteln beteiligt sind. Aber – das will ich an dieser Stelle auch sagen – ein Preiskampf, ange heizt von Lebensmittelherstellern und Supermarktketten, der zur Folge hat, dass es für die Landwirtschaft immer schwie riger wird, auskömmliche Preise zu erzielen, muss uns zu den ken geben.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Denn nicht allein das Gesundheitsbewusstsein führt zu Ange botsveränderungen, sondern auch die Chance, bessere Preise zu erzielen. Grundsätzlich sollte uns die Arbeit der Bäuerin nen und Bauern so viel wert sein, dass diese gut von ihrer Ar beit leben können. Da wären dann die Verbraucher in der Pflicht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Auch wenn sich immer mehr für ein Bioprodukt entscheiden, darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele noch im mer häufiger zu Fast Food als zu Slow Food greifen. Nicht

umsonst ist Deutschland noch immer einer der wichtigsten Fast-Food-Märkte. Burger und Schokoriegel sind eben nach wie vor sehr beliebt.

Ich könnte an dieser Stelle nur die gesundheitlichen Folgen aufzählen, aber wir sind uns, denke ich, im Kern einig: Ge sunde Ernährung braucht Aufklärung. Diese beginnt bei den Kindern und reicht bis zu mündigen Verbrauchern. Dazu ge hört unserer Ansicht nach auch eine Lebensmittelkennzeich nung, die klar und verständlich ist. Das ist z. B. die NutriScore-Kennzeichnung, die von mehreren Herstellern nun frei willig verwendet wird. Diese Nährwertkennzeichnung in Am pelfarben wurde von unabhängigen Wissenschaftlern entwi ckelt und hilft allen bei einer bewussten Auswahl. Zudem zeichnet sich ab, dass dadurch Hersteller einen Anreiz haben, ihre Rezeptur zu verbessern.

Leider hinken wir in Deutschland hinterher. Ihre Bundesmi nisterin, Frau Klöckner, sehr geehrte Kolleginnen und Kolle gen von der CDU, kommt hier nicht voran. Ich hätte mir et was mehr Engagement an dieser Stelle gewünscht.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Martin Grath GRÜNE)

Die große Nachfrage nach Biofleisch zeigt, dass gerade Fleisch produkte unter verstärkter Beobachtung stehen. Kritisch müs sen wir hier stets das Tierwohl und die Gabe von Antibiotika im Blick haben.

Sie betonen als Zweites die Regionalität. Sicher ist es ideal, wenn auf dem Wochenmarkt das heimische Produkt gekauft wird. Aber man darf sich nichts vormachen: Nicht der Wo chenmarkt, sondern das Lebensmittelgeschäft ist die erste An laufstelle. Dass dort viele zu Bioprodukten aus Übersee grei fen, sollte uns ebenfalls zu denken geben.

Ich war vor wenigen Wochen in Reichental; das ist ein klei nes, beschauliches Örtchen im Murgtal, das derzeit kein Ge schäft hat. In Reichental machen sich Menschen auf den Weg und helfen tatkräftig mit, einen Dorfladen zu etablieren. Dort wird man künftig regionale Produkte kaufen können. Reichen tal bekommt damit seinen Lebensmittelladen als Mittelpunkt des Ortes zurück – und gute Produkte obendrein.

(Minister Peter Hauk: In Rastatt gibt es sonst kei nen?)

In Rastatt gibt es auch Lebensmittelläden. Aber Rastatt ist ein bisschen größer als Reichental.

(Zuruf des Ministers Peter Hauk)

Ja, natürlich. Aber Reichental ist so schön, dass das hier er wähnt werden muss, Herr Minister.

Gerade kleine Dorfläden und Direktvermarktungen vor Ort müssen wir stärker fördern, damit wir neben den Supermärk ten und Discountern die Vermarktung regionaler Produkte stärken können.

Ich komme nun zum dritten Punkt, zur Nachhaltigkeit. Im Herbst letzten Jahres haben wir über nachhaltige Agrarpolitik diskutiert. Mein Kollege Georg Nelius hat die Widersprüche zwischen CDU und Grünen in ihrer Positionierung treffend

dargestellt. Die Kritik der Ökobauern an der Landesregierung ist von uns nicht vergessen. Die SPD unterstützt die Entwick lung hin zur nachhaltigen Landwirtschaft. Dabei hat der Ar tenschutz, insbesondere auch der Schutz von Insekten, für uns immense Bedeutung.

Ebenso, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir unsere Böden schützen. Kollege Nelius sprach von einer ökologi schen Krise; denn der konventionelle Landbau und die inten sive Nutzung von Tier und Acker belasten sehr oft Grundwas ser, Boden und Artenvielfalt. Daher ist für uns klar, dass der Einsatz von Produkten wie Glyphosat ein Ende haben muss. Wir müssen hier umsteuern.

Die Maßnahmen der Bundesregierung zum Insektenschutz ge hen in die richtige Richtung, müssen aber konsequent umge setzt werden. Dies bedeutet auch, dass sich die konventionel le Landwirtschaft verändern muss. Das Land hat hier Steue rungsmöglichkeiten an der Hand. Gehen Sie dies konsequent an!

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte an dieser Stelle auch ein ganz konkretes Problem in Baden-Württemberg auf greifen. Im Raum Rastatt sind derzeit 644 ha Fläche mit PFC belastet. Die FAZ hat dies als flächenmäßig größten Umwelt skandal bezeichnet. Verbraucher und Landwirte sind zutiefst verunsichert. Nur durch ein aufwendiges Vorerntemonitoring kann sichergestellt werden, dass keine PFC-belasteten Lebens mittel in den Vertrieb gelangen. Eine Sanierungslösung für die Flächen ist derzeit nicht in Sicht.

Ebenfalls betroffen ist die Trinkwasserversorgung. Gerade dieser Fall, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt, wie be deutsam und wie wichtig der Schutz von Böden und Grund wasser ist, wenn wir in Zukunft gute Böden als Grundlage un serer Nahrungsmittelproduktion wollen.

Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie mit Nachdruck an einer Lösung für diese Flächen arbeitet und Boden- und Grundwasserschutz im ganzen Land weiter voranbringt. Ich erwarte auch, dass wir uns Gedanken darüber machen, wie wir eine bessere, biologische Ernährung für alle – für alle! – bezahlbar machen können.

(Beifall bei der SPD)

Eine Zwei-Klassen-Ernährung mit gutem Essen für Reiche und massenproduziertem Junkfood für Arme wäre weder ge sund noch nachhaltig, sondern für unsere Gesellschaft schäd lich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Hoher.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kaum ein Thema be schäftigt Bürgerinnen und Bürger und Medien heute so sehr wie die Ernährung. Allergien, Unverträglichkeiten und Krank heiten werden auf die Ernährung zurückgeführt. Lebensmit

telskandale ziehen wochenlang Zeitungsberichte, Leitartikel nach sich. In Kochsendungen, Talkshows werden verschiede ne Diäten diskutiert, und Vegetarier, Veganer, Frutarier, Fle xitarier

(Lachen bei der AfD – Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)