Ministerpräsident Kretschmann und Innenminister Strobl füh ren das große Wort, wenn es um die Digitalisierung und die Cybersicherheit geht. In der Realität dominieren aber oft noch mangelhafte Ausstattung, Sorglosigkeit und fehlendes Wis sen. Wir begrüßen, dass die Landesregierung immer mehr Tä tigkeiten aufnimmt. Vieles davon klingt vielversprechend. Sie werden sich aber an den Ergebnissen messen lassen müssen. Ich verspreche Ihnen: Wir werden das kritisch begleiten und dann Kritik üben, wenn es Kritik zu üben gibt.
Wir, das Land, setzen daher auf Cybersicherheit. Wir wol len Vorreiter und Taktgeber in diesem Bereich sein.
Dann lassen Sie den Worten Taten folgen. Sie sollten im Be reich der Cybersicherheit nicht nur reagieren, sondern aktiv gestalten, und zwar vor allem da, wo der Bedarf am größten ist, und nicht nur dort, wo gerade ein Leuchtturmprojekt zu fördern ist. Austauschen und Sensibilisieren wie beim Cyber forum ist wichtig; das ist keine Frage. Aber nach dem ganzen Austausch und der Sensibilisierung müssen hier eben konkre te Maßnahmen unternommen und dann auch finanziert wer den.
Wir Freien Demokraten sind sicher keine Kassandrarufer und Angstmacher, aber nationale Alleingänge können langfristig allein nicht die Lösung sein. Denn Hacker kennen keine Gren zen. Auch im Cyberraum lohnt es sich, die europäischen Fä higkeiten zu bündeln. Daher wollen wir eine Verbesserung der nationalen und der europäischen Strategie zur Cybersicher heit.
Es ist auch Aufgabe der Landesregierung, wenn sie Vorreiter sein will, auf den Bund einzuwirken und eine klare Abgren zung der Zuständigkeiten zwischen den verschiedenen Akteu ren auf Landes- und Bundesebene zu fordern, beispielsweise im Rahmen einer Föderalismuskommission III, wie es auch unsere Bundestagsfraktion vorgeschlagen hat. Die Landesre gierung will Vorreiter im Bereich Digitalisierung und Cyber sicherheit sein. Da müssen Sie eben auch auf Bundesebene aktiv werden.
Wir können uns Stillstand im Bereich Cybersicherheit nicht leisten. Wenn wir auch in Zukunft ein starkes und sicheres Land Baden-Württemberg haben wollen, dann müssen wir mehr in Informations- und Cybersicherheit investieren. Denn so viel steht fest: Cybersicherheit bei Kritischen Infrastruktu ren geht uns alle an. Die Digitalisierung lässt sich nicht auf halten, Cyberkriminelle und -terroristen aber schon.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Da men und Herren! Informationssicherheit ist uns wichtig und ist überhaupt wichtig. In den vergangenen zwei Jahren waren nach einer Studie des Branchenverbands Bitkom sieben von zehn Industrieunternehmen Opfer von Cyberangriffen. Das heißt, der weit überwiegende Teil der Industrien Deutschlands ist von Wirtschaftsspionage, Sabotage oder Diebstahl betrof fen. Weltweit belaufen sich die Schäden durch Cyberkrimina lität jährlich auf über 400 Milliarden €; allein der deutschen Wirtschaft entstehen durch Spionage, Sabotage, Datendieb stahl Schäden in Höhe von 55 Milliarden € im Jahr, und na türlich entstehen diese Schäden auch hier in Baden-Württem berg.
Wir haben es also mit einem massiven globalen Problem zu tun, von ausländischen Nachrichtendiensten über internatio nal kooperierende kriminelle Netzwerke bis hin zu – aus ak tuellem Anlass – computeraffinen Teenagern, die vom heimi schen Keller aus die Daten von Hunderten Politikerinnen und
All das sind Facetten der Cyberkriminalität. Das geht uns al le an. Deshalb möchte ich auch der FDP/DVP-Fraktion mei nen Dank für die Große Anfrage „IT-Sicherheit von Kritischer Infrastruktur“ aussprechen – eine gute Anfrage zu einem wich tigen Thema. Auch für die sachkundige Beantwortung durch die Landesregierung meinen Dank an das Innenministerium.
Wenn wir einen ernsthaften Blick auf Cyberkriminalität und Cyberspionage richten, so müssen wir feststellen: Das sind keine baden-württemberg-spezifischen Probleme, sondern das ist ein globales Problem. Deshalb ist auch die Zuständigkeit für die Kritischen Infrastrukturen in Deutschland richtiger weise dem BSI über das BSI-Gesetz und die Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen zugewiesen.
Da lässt sich jetzt einfach feststellen: Die Landesregierung kümmert sich, trotz dieser Bundeszuständigkeit; der Innenmi nister ist hoch aktiv. Die Landesregierung nimmt auch das Problem der Cyberangriffe ernst.
Das Land Baden-Württemberg ist einer der erfolgreichsten Wirtschaftsstandorte weltweit. Deshalb treffen uns die Cyber angriffe auch im besonderen Maß. Kaum ein Szenario wirkt dabei so bedrohlich, auch von seinem Ausmaß her, wie die so genannten Kritischen Infrastrukturen: Krankenhäuser, Bahn höfe, Flughäfen, Atomkraftwerke, Verkehrsüberwachungsan lagen, Trinkwasserversorgungseinrichtungen funktionieren heute alle weitgehend digitalisiert und sind gleichzeitig auch einer wachsenden Bedrohung ausgesetzt.
Im Jahr 2017 war es WannaCry, ein Erpressungsprogramm, das auch Bahnhöfe und Krankenhäuser weltweit, auch in Deutschland, lahmlegte. Das ist die Dimension, von der wir an dieser Stelle sprechen. Daher hat die Abwehr von Cyber kriminalität für die Sicherheitsbehörden oberste Priorität. Wir, das Land Baden-Württemberg, gehen hier in einer Vorreiter rolle voran, und mit Blick auf die wenig glanzvolle Rolle, die das BSI im Rahmen der kürzlich bekannt gewordenen Daten sammelaffäre hatte, ist das auch dringend notwendig.
Schon 2012 wurde im LKA in Baden-Württemberg eine Ab teilung eingerichtet, die nur für Cyberkriminalität zuständig ist. Inzwischen operiert dort die Zentrale Ansprechstelle Cy bercrime. Sowohl das LKA als auch die regionalen Polizei präsidien setzen damit flächendeckend Spezialistinnen und Spezialisten zur Bekämpfung der Cyberkriminalität ein. Im Landesamt für Verfassungsschutz ist eine eigene Organisati onseinheit für die Spionageabwehr tätig.
Mit Blick auf den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg bietet seit vergangenem August die Cyberwehr ein Angebot für kleine und mittlere Unternehmen zum Schutz vor Sabota ge, Spionage und Hacking. Sie offeriert Erste Hilfe – Feuer wehreinsätze, um Daten wiederherzustellen und IT-Systeme angriffsfest zu machen.
Die Cyberwehr ist aktiv mit einer bundesweit einmaligen An laufstelle, und sie ist 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Wo che erreichbar. Mit der Einrichtung des Computer Emergen
cy Response Teams wurde auch eine schnelle Eingreiftruppe im Cyberraum geschaffen. Damit setzen wir unseren Koaliti onsvertrag um: Informationssicherheit als zentraler Bestand teil der Digitalisierungsstrategie.
Ressortübergreifend wird die Sicherheit der digitalen Anla gen großgeschrieben – von Forschungsprojekten und Sicher heitskonzepten von Hochschulen bis hin zum Angebot für Start-ups. Eine ganz besonders wichtige Rolle kommt dabei auch dem Innenministerium – der Innenminister ist gleichzei tig Digitalisierungsminister – zu. Hier laufen die Fäden zu sammen. Hier wird die Verantwortung für das Land gebün delt.
Wir, die grüne Landtagsfraktion, begrüßen auch ausdrücklich die Cybersicherheitsstrategie, die der Innenminister angekün digt hat, und wir werden das gemeinsam beraten und ein gu tes Konzept auf die Beine stellen.
Die Sicherheitslücken zu erkennen und zu schließen, das muss das Ziel der staatlichen Institutionen sein, und darauf müssen wir die Infrastrukturen ausrichten.
Abschließend möchte ich noch etwas zum Datenschutz sagen. Datenschutz gehört auch zur IT-Sicherheit. Digitalisierung geht nur Hand in Hand mit höchsten Standards im Bereich des Datenschutzes und der Bürgerrechte. Das ist für uns selbst verständlich. Dann bleibt Baden-Württemberg ein starkes Wirtschaftsland, ein starkes Innovationsland mit Digitalisie rung, mit der Bedeutung des Datenschutzes.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Ich muss ganz ehrlich sagen: Als wir am Montag die Anmeldung des Themas durch die FDP/DVP erfahren haben, waren wir sehr positiv überrascht, und ich bin es jetzt noch viel mehr. Keine Polemik, kein Holz hammer, keine schlechten Witze – liebe Kollegen von der FDP/DVP, halten Sie diesen Vorsatz bitte noch ganz, ganz lan ge durch.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Andreas Stoch SPD zu Abg. Daniel Karrais FDP/DVP: Die haben Angst vor dir!)
Die heutige Befassung des Landtags mit der Frage der IT-Sicher heit kommt zur richtigen Zeit. IT-Sicherheit ist nichts, was wir einmal machen und womit wir dann fertig sind, sondern ITSicherheit ist ständige, harte Arbeit.
Nur ein Beispiel dazu: Das für KRITIS und INSI zuständige Bundesamt BSI schätzt die Anzahl von Schadsoftware aktu ell auf gut 800 Millionen Varianten, und jeden Tag kommen rund 390 000 neue dazu.
Was sich hinter dieser Zahl verbirgt, hat sich ganz konkret bei dem WannaCry-Angriff 2017 gezeigt. Bei diesem Angriff wurden in wenigen Stunden über 230 000 Computer in 150
Ländern infiziert. Nehmen wir an, diese infizierten Computer wären alle Laptops mit einer Höhe von 3 cm, dann würde es bedeuten, dass diese Laptops aufeinandergestapelt einen Turm von 7 km Höhe bilden würden. Das höchste Gebäude der Welt ist wohlgemerkt 880 m hoch. Nicht erst seit diesem Angriff sollte uns klar sein: Cyberangriffe bedrohen nicht nur Smart phones und Laptops; sie können unsere Lebensgrundlage be drohen.
Moderne Sicherheitspolitik sorgt deshalb nicht nur für ein si cheres analoges Leben, sondern auch für notwendige Sicher heit im digitalen Leben. Unsere Landesregierung packt diese Aufgabe entschieden an.
Das erste Cybersicherheitsforum letzte Woche hat dies dop pelt unterstrichen. Das Land hat alle wichtigen Player zusam mengebracht. Die Nachfrage war riesig. Zentrale Erkenntnis: Wir sind in Baden-Württemberg mit viel Know-how ausge stattet. Wir haben viele kluge Köpfe in dieser Frage; diese müssen und werden wir einbinden, um das Land im IT-Sicher heitsbereich weiter voranzubringen.
Die Landesregierung mit Innenminister Strobl hat schon vie le gute Schritte gemacht. Die Cyberwehr hilft Mittelständlern im Falle eines Cyberangriffs, sie hilft ihnen aber auch schon vor einem Angriff, um diesen rechtzeitig zu verhindern. Das ist bundesweit einmalige Pionierarbeit. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche stehen dort IT-Spezialisten bereit, um die digitalen Schatzkammern unseres Mittelstands in BadenWürttemberg zu beschützen, seit August mit der Pilotphase in der Region Karlsruhe für rund 11 000 Unternehmen und im Laufe der Zeit im ganzen Land.
Wir gehen hier mutig voran und verstecken uns eben nicht mangels Zuständigkeiten hinter dem Bund. Wir tun das, was zu tun ist. Dazu gehört auch, dass unsere Landesverwaltung bestmöglich geschützt ist. Das Informationssicherheitssystem ist mittlerweile ressortübergreifend etabliert. Damit erfüllen wir in Baden-Württemberg schon heute die BSI-Standards und schützen so unsere Landesverwaltung auf höchstem Niveau.
Apropos Bundesamt für Sicherheit in der Informationstech nologie: Das Verbindungsbüro des BSI für Süddeutschland kommt nach Stuttgart – eine wirklich gute Nachricht, wie wir, die CDU-Fraktion, finden.
Ganz aktuell arbeiten wir in der Koalition auch daran, die Si cherheitsbehörden noch besser aufzustellen. Es läuft die Aus schreibung zur Netzwartung im Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben – kurz BOS genannt –, also für die Polizei, die Feuerwehr und die vielen Rettungs dienste in unserem Land. Dabei geht es darum, dass im Not fall unsere Einsatz- und Sicherheitskräfte kommunikationsfä hig sind, auch wenn die Stromversorgung beeinträchtigt ist. Nachdem wir den Digitalfunk BOS endlich in der Fläche ha ben, bauen wir ihn nun in Baden-Württemberg auch leistungs fähig aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Cybersicherheit ist ein stän diges Noch-besser-werden. Deshalb unterstützen wir es aus drücklich, dass der Minister für Inneres, Digitalisierung und
Migration eine Cybersicherheitsstrategie des Landes erarbei ten wird. Auch das wird eine deutschlandweite Pionierarbeit auf Länderebene sein, die wir, die CDU-Landtagsfraktion, gern unterstützen werden.
Digitalisierung schafft neue Arbeit, Digitalisierung bringt uns neuen Wohlstand, Digitalisierung kann unser Leben erleich tern, ja, Digitalisierung kann unser Leben auch verbessern. Dafür brauchen wir aber Sicherheit, die Sicherheit unserer Da ten, die Sicherheit unserer Infrastruktur. Dafür müssen wir al le jeden Tag hart an der Sache arbeiten.