Protokoll der Sitzung vom 13.02.2019

Meine Damen und Herren, wir erwarten von Lehrplänen, dass sie den Schülern das Rüstzeug geben, wissenschaftlich zu den ken und diese grünen Spielereien zu durchschauen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Dafür müssen die Naturwissenschaften gestärkt werden.

Nun zum Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg, kurz IBBW. Streng wissenschaftliche Analysen: Wir alle er innern uns an Evaluationen, an denen wir schon teilgenom men haben. Da bekommt man am Ende eines Kurses einen anonymen Fragebogen, auf dem man ankreuzen darf: Wie gut war der Kursleiter vorbereitet, und wie gut hat er die Fragen beantwortet? Dann bemerkt man, dass das eigentliche Lernen nicht wirklich messbar ist. Angekreuzt wird nach der Stim mung: War’s gerade nett? War’s gerade gut? Wenn ja, gibt es ein freundliches Smiley, im anderen Fall ein weniger freund liches.

Das Eigentliche, die Kunst des Lernens, die Lehrer-SchülerBeziehung, diese menschliche, personalisierte Beziehung, sollte wieder – das fordern wir mit Mut – in den Mittelpunkt gestellt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Das leitet zur Frage über: Was ist eigentlich Bildung? Diese Frage möchte ich diesem Institut auf den Weg geben. Wir müssen diesen Begriff vom Staub des 19. Jahrhunderts befrei

en und wieder zu dem zurückkehren, was es eigentlich ist, aber natürlich weiterentwickelt für die heutige Zeit.

Bildung ist in Deutschland etwas anderes als in manch ande ren Ländern. Bilden woran, wodurch? Wir erfahren es bei Meister Eckhart am Bild Gottes. Es ist die Gottesebenbild lichkeit des Menschen, die es dem Menschen erst ermöglicht, sich zu bilden. Natürlich wurde dieser geistige Bezug im 19. Jahrhundert neu gedeutet. Aber auch hier sind es die in nere Bewegung, die Selbstständigkeit und die Selbsttätigkeit sowie die Arbeit an sich selbst, die Bildung und Höherent wicklung bedeuten. Diesen geistigen Bezug hat die Bildung immer noch.

Vielleicht hilft es uns, wieder Vertrauen zu fassen in das, was Bildung sein kann und wieder werden muss. Ich hoffe, dass das neue Institut für Bildungsanalysen diesen übergeordneten Gesichtspunkt nicht aus dem Blick verliert.

(Beifall bei der AfD)

Herr Abg. Dr. Fulst-Blei, bitte, für die SPD.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, Kolleginnen und Kollegen! In der Ersten Beratung dieses Gesetzentwurfs sowie im Bildungsausschuss haben wir uns mit den klaren inhaltlichen Defiziten dieses Vorhabens ausei nandergesetzt. Das Ziel meiner heutigen Rede ist deshalb vor allem, Verantwortlichkeiten zu benennen. Ich zitiere:

Gegen dieses Reformprojekt war die chaotische Einfüh rung von G 8 eine handwerklich saubere Maßnahme.

Diese Aussage stammt nicht von mir, sondern von einem Schulleiter, und es ist bezeichnend für die gegenwärtige La ge in den Schulen, dass er mich ausdrücklich gebeten hat, sei nen Namen nicht zu nennen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ach, die Geschich te kennen wir doch! Ein Feigling! – Abg. Hans-Ul rich Sckerl GRÜNE: „Und täglich grüßt das Murmel tier“!)

Dass ein Projekt dieser Größenordnung Widerstände hervor ruft, ist normal. Wir haben in der vergangenen Legislaturpe riode große Projekte auf den Weg gebracht. Auch uns hat da bei etwa die GEW sehr kritisch begleitet. Aber noch nie – ich betone: noch nie – habe ich zu einem Gesetzentwurf eine so vernichtende Kritik gelesen wie seitens der GEW vom 27. No vember. Zitat:

Die Widersprüchlichkeiten, Inkonsistenzen und Unklar heiten des Gesetzentwurfs legen insgesamt den Schluss nahe, dass der Versuch, ein Qualitätskonzept für die Schu len auf den Weg zu bringen, zumindest in der vorgelegten Fassung als gescheitert betrachtet werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Deutlicher, Kolleginnen und Kollegen, geht es nicht. Dieses Vorhaben wird scheitern. Die GEW ist mit ihrer Einschätzung nicht allein. Doch statt Nachdenklichkeit bei Grün-Schwarz

nur Selbstzufriedenheit. Nein, Kollegin Boser, heute ist kein guter Tag für Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Die Rede ist von einem enormen Zeitdruck, keinerlei Trans parenz, einem Maulkorb für Beschäftigte und vor allem von Unklarheiten und Unsicherheiten für diese. Das ist weder ein guter Stil noch der richtige Weg. Denn ob Schule oder Schul verwaltung: Die Lehrerinnen und Lehrer verdienen vor allem unseren Respekt und unsere Wertschätzung. Genau das ver missen mittlerweile viele.

(Beifall bei der SPD)

Auch der Respekt und die Wertschätzung gegenüber dem Par lament lassen zu wünschen übrig. Wie können Sie denn hoch dotierte Stellen bereits vorab besetzen und sich dafür selbst feiern, wenn der Landtag der Einrichtung der Institute noch nicht einmal zugestimmt hat? Darüber hinaus hören wir, dass Sie uns einen Gesetzentwurf mit Strukturen zu den Semina ren vorlegen, die Sie in internen Arbeitsgruppen bereits ab schaffen lassen. Wie sollen wir einem Gesetz zustimmen, bei dem die Höhe der daraus resultierenden Mehrkosten nicht klar ist? Stellenpläne – noch in Arbeit und Strukturerstellung – werden bereits überholt. Die von Ihnen, Frau Kollegin Boser, gelobte Fremdevaluation haben Sie im ersten Schritt gleich abgeschafft. Das geht so nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, Sie verabschieden heute eine Re form, die übrigens bereits zum 1. Januar dieses Jahres umge setzt sein sollte. Die bittere Wahrheit: Ihre Experten sagen selbst öffentlich, dass es gut zehn Jahre dauern kann, bis die Qualitätsverbesserung in den Schulen, im Unterricht nachhal tig wirksam wird. Trotzdem weigern Sie sich, konkrete Mei lensteine zu nennen. Was wollen Sie bis wann erreicht haben? Es gibt keine Transparenz, Kollegin Boser.

In zehn Jahren werden manche von uns vielleicht nicht mehr im Landtag sein. Manche hoffen vielleicht, bis dahin eine an dere Funktion zu haben, um nicht verantworten zu müssen, was sie heute maßgeblich auf den Weg bringen.

Interessant ist auch, dass die Grünen dieses Projekt mittragen. Ist das Ausdruck des bildungspolitischen Wachkomas der Par tei, oder steckt Parteistrategie dahinter?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Gemeinsames Pro jekt!)

Wie auch immer. Ich rufe Ihnen heute noch einmal zu: Verab schieden Sie diese Reform nicht. Falls doch, tragen Sie – Sie allein! – und nicht die Beschäftigten die Verantwortung dafür. Kommen Sie nicht in ein paar Jahren auf die Idee, das poten zielle Scheitern, das absehbar ist, auf die Beschäftigten abzu wälzen.

(Beifall bei der SPD)

Glauben Sie mir: Wir würden ein Scheitern dieser Reform nicht feiern; denn uns liegen die Qualität der Schulen und das Befinden der Beschäftigten viel zu sehr am Herzen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sagen Sie was zur Qualität!)

Aber, Herr Kollege Röhm, die Lernplattform „ella“ – ein Schaden von bis zu 28 Millionen € – haben Sie bereits an die Wand gefahren. Im Ministerium gab es ein mangelhaftes Pro jektmanagement. Das ist eine zentrale Ursache des Scheiterns.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wollen Sie einen Untersuchungsausschuss?)

Frau Ministerin, sollte auch dieses Reformvorhaben mit ei nem Volumen von 30 Millionen € scheitern, wäre es diesmal an Ihnen, über Konsequenzen nachzudenken. Dann reicht das Ablösen einer Ministerialdirektorin nicht mehr aus.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVP spricht Herr Abg. Dr. Rülke.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Womöglich gibt die Anhö rung zum Gesetzentwurf für dieses angebliche Qualitätskon zept einen Vorgeschmack auf das Konzept selbst. Unter den Stellungnahmen fehlt beispielsweise die Stimme der Wirt schaft vollständig. Dabei hätten die Unternehmen einiges an Erfahrungswissen zum Thema Qualitätsmanagement beizu steuern. Eine Nachfrage bei den Arbeitgebern ergab, dass die se gar nicht zu einer Stellungnahme aufgefordert worden sind.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Genau! So viel zur Einbin dung der Beschäftigten!)

Offensichtlich wurde der Kreis der Angeschriebenen sehr klein gehalten. Dazu passt, dass Qualität den Schulen im Kon zept gesetzlich verordnet wird. Dabei ist Qualität ebenso wie Bildung das Ergebnis einer Anstrengung, die ein Einzelner oder eine Bildungseinrichtung auf sich genommen hat.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist richtig!)

Folgende Mängel sieht unsere Fraktion: Das Qualitätskonzept verursacht einen Bruch in der Arbeit an der Qualität. Zwar soll es ab dem kommenden Schuljahr wieder eine Fremdevalua tion an den Schulen in Baden-Württemberg geben. Warum die seitherige Fremdevaluation aber einfach gekippt wurde, bleibt weiter ein Rätsel.

Das Qualitätskonzept geht über wichtige Errungenschaften unseres Bildungswesens wie ein Rasenmäher hinweg. Bei spiele sind das Zentrum für Schulpsychologie in der neuen Struktur, um das sich der Verband der Schulpsychologen sorgt, oder der Württembergische Landessportbund, der durch weg fallende Arbeitsfelder erhebliche Beeinträchtigungen bei der Zusammenarbeit mit den Vereinen befürchtet.

(Abg. Anton Baron AfD: Vorlesung!)

Das Qualitätskonzept ist zentralistisch organisiert. Durch die geplanten Regionalstellen des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung entsteht offensichtlich eine parallele Struktur zu den Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung. Werden die Seminare geschwächt, könnte dies zulasten eines wichti gen Transmissionsriemens für den Lehrernachwuchs in Ge bieten jenseits der Ballungszentren und Universitätsstädte ge hen. Diese Sorge konnte die Kultusministerin bislang nicht entkräften.

Das Qualitätskonzept bietet überdies keinen Raum für die Be dürfnisse der einzelnen Schulen. Es fehlt ein Fortbildungs budget, mit dem sich diese auch auf dem freien Markt Fort bildungen einkaufen und diese sinnvoll mit der Personalent wicklung verknüpfen können. Obwohl die beruflichen Schu len mit Fortbildungsbudgets sehr gute Erfahrungen gemacht haben, fehlt der Landesregierung hierzu offenbar der Mut.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU)