Seien Sie doch einmal ruhig! – Deswegen ist es natürlich ein großes Anliegen von mir, dass wir über das Thema Insek ten sprechen. Denn Insekten erfüllen natürlich noch mehr Funktionen, als dass sie einen nur mit Freude erfüllen – wenn man Glühwürmchen sieht. Darüber sind wir uns alle einig. Deswegen habe ich mich, ehrlich gesagt, gefreut, als ich mit bekommen habe, dass die Grünen dies als Thema für die heu tige Aktuelle Debatte gewählt haben. Allerdings bin ich etwas enttäuscht von Ihnen; denn Sie haben inhaltlich nicht arg viel mehr rübergebracht, als dass Sie sich einfach nur selbst loben wollen, und dabei lassen Sie dann auch noch NOx, Wissen schaftler und Tempolimit mit einfließen.
(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los] – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sehr gut!)
und lassen Sie uns dieses Thema nicht in einer Eigenlobhu delei abvespern. Das wird diesem Thema Insekten nicht ge recht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Anlass für Ihre Aktuelle Debatte ist der Gesetzentwurf, der Gegenstand des Volksbegehrens in Bayern ist. Ich glaube, wir sollten einmal differenziert hinschauen. Vom Prinzip her ist es ja toll, dass die Menschen sich da so angesprochen fühlen, aber, wie Kollege Haser vorhin auch schon richtig gesagt hat, es gibt schon auch ein paar handwerkliche und eigentums rechtliche Probleme bei diesem Gesetzentwurf in Bayern.
Ein zentraler Punkt, den ich sehr schwierig finde, ist die Tat sache, dass er zunächst einmal sehr einseitig in Richtung Landwirtschaft fokussiert ist. Das Problem ist doch nicht nur die Landwirtschaft; es ist möglicherweise auch die Landwirt
schaft. Deswegen geht es doch zunächst einmal darum, die Frage zu klären: Warum haben wir denn einen Insektenrück gang zu verzeichnen, und wie sieht der überhaupt aus? Es war übrigens eine FDP/DVP-Initiative, der Antrag Drucksache 16/2165 vom Kollegen Bullinger, mit der wir genau das beim Umweltministerium abgefragt haben. Ich zitiere aus der Stel lungnahme zu diesem Antrag:
Für das Land Baden-Württemberg liegen keine langfris tigen, systematisch erhobenen Daten vor, die eine Aussa ge zur Entwicklung der Insektenarten und FluginsektenBiomasse zulassen.
Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir diesem Monitoring auch in den Finanzberatungen – Kol lege Rösler weiß es – ausdrücklich zugestimmt. Ich kann Ih nen als Arzt nur raten: Erst müssen Sie eine Diagnostik ma chen, bevor Sie zu einer abschließenden Therapie kommen.
Das ist etwas ganz, ganz Zentrales und Wichtiges. Wir müs sen doch klären, ob es sich bei diesem Insektenrückgang um ein flächiges Problem handelt oder ob es möglicherweise re gionale Schwerpunkte gibt. Wir müssen doch irgendwann auch einmal einordnen können: Hängt es vielleicht mit dem Klimawandel als solchem zusammen, dass eben manche In sektenarten zurückgehen und andere kommen? Wir müssen doch irgendwann auch einmal klären: Welche anderen Fakto ren gibt es noch? Ein Faktor ist mit Sicherheit die Landwirt schaft, mögliche Faktoren sind aber natürlich auch Trocken perioden oder das Zuwandern ganz neuer Insektenarten. Es ist z. B. das Trockenlegen von Hochmooren oder das Ausräu men von Waldsäumen oder Feldrainen und Hecken. Deswe gen ist dieses Monitoring gut, und es ist absolut wichtig, dass es das gibt.
Nein. – Aus diesem Grund macht es natürlich Sinn, dass wir erst einmal eine Diagnostik machen, bevor wir in die Therapie einsteigen.
Aber wir können bis dahin trotzdem einiges tun. Es gibt z. B. im Bereich der Landwirtschaft ohnehin schon das Interesse, Pflanzenschutzmittel möglichst effizient auszubringen; denn diese sind teuer. Deswegen finden wir es auch gut, dass Land wirte verpflichtet sind, sich bezüglich der Pflanzenschutzmit tel fortzubilden; es gibt auch diesen Sachkundenachweis.
Wir Liberalen stehen für den integrierten Pflanzenschutz, der schon damit anfängt, dass man sich überlegt: Welche Sorte kann ich wo anbauen? Deswegen setzen wir Liberalen auch auf Technologie, z. B. auf Droplegdüsen, die die Pflanzen schutzmittel unter die Blüten bringen und damit für die Insek ten weitaus weniger schädlich sind, weil man sie so selekti ver ausbringen kann. Im Übrigen benötigt man dann auch we niger Pflanzenschutzmittel.
Wenn wir dann einmal nach Rheinland-Pfalz schauen: Es war gerade ein FDP-Mann, Landwirtschaftsminister Wissing, der das Satellitennavigationssystem SAPOS-HEPS gebührenfrei zur Verfügung stellen konnte. Das ist nämlich genau der Witz: In der modernen Landwirtschaft brauchen wir dieses GPSSystem, ein Realtime-Kinetic-System, mit dem man den Ein satz von Pflanzenschutzmitteln deutlich reduzieren kann.
Ich stelle hier die Frage – Herr Minister Untersteller, vielleicht können Sie mir die beantworten, oder vielleicht kann Herr Mi nister Hauk dazu etwas sagen –: Wann wird dieses System denn bei uns kostenfrei zur Verfügung gestellt? Auch das ist doch eine Technologie, die dazu beiträgt, Insekten zu schüt zen.
Des Weiteren bin ich schon der Meinung, dass es wichtig ist, dass wir Freien Demokraten für ein flächendeckendes 5GNetz kämpfen. Denn wir brauchen ein 5G-Netz auch in der Landwirtschaft. Da gebe ich Bundesforschungsministerin Karliczek eben nicht recht, die meint, man brauche „nicht 5G an jeder Milchkanne“. – Doch. Ganz klare Ansage: Wir brau chen ein flächendeckendes 5G-Netz bis zu jeder Milchkanne, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Dann kommt zum Schluss das Thema „Moderne Züchtungs verfahren“. Ja, das Thema „Grüne Gentechnik“ ist auch für mich ein ganz schwieriges Thema, von dem ich immer ein bisschen die Finger lassen wollte. Aber es gibt moderne Züch tungsverfahren, mit denen im Gegensatz zu der alten gentech nischen Veränderung, bei der man quasi völlig fremde Gene in ein Genom eingebaut hat, nur bereits in der Pflanze vorhan dene Gene aktiviert werden können. Bisher führen die Rege lungen dazu, dass wir in diesem Bereich überhaupt nicht for schen. Ich halte das schlicht und einfach für falsch.
Wir sollten uns zumindest in der Diskussion einmal diesem Genome-Editing-Verfahren öffnen. Es ist richtig, das ist ein europäisches Thema. Es ist aber mit Sicherheit auch wichtig, dass wir, das Land Baden-Württemberg, eine Meinung dazu haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, betrachten wir die landwirtschaftlichen Erträge in Deutschland und in BadenWürttemberg, dann wird klar, dass unsere Böden und unsere Erträge weitaus besser sind als das, was wir in den meisten Teilen der Welt sehen. Ja, man könnte sogar behaupten, wir leben auf gesegnetem Boden. Das geht mit einer Verantwor tung einher. Es geht mit der Verantwortung einher, dass wir auch zukünftig an der Sicherstellung der Ernährung der Welt bevölkerung mitwirken.
Deswegen: Monitoring, Insekten – alles gut. Aber wir müs sen aufpassen, dass wir keinen rückwärtsgerichteten Arten schutz vollziehen. Wir wollen keinen Artenschutz gegen die moderne Landwirtschaft. Das würde nicht funktionieren. Wir werden da das Rad nicht zurückdrehen können. Insekten schutz und moderne Landwirtschaft und Technologie, das ist kein Gegensatz, sondern das eine bedingt das andere.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kol legen Abgeordnete! Der Erfolg des Volksbegehrens in Bayern mit über 1,7 Millionen gesammelten Unterschriften zeigt: Das Wegsterben unzähliger Tier- und Pflanzenarten berührt viele Menschen zutiefst. Viele merken: Es geht dabei ans Einge machte,
wenn die biologische Vielfalt schwindet. Das ist – so empfin de ich das zumindest – ein ermutigendes Zeichen auch für Ba den-Württemberg.
Dabei will ich an dieser Stelle auch noch einmal sagen: Es ist weniger die Honigbiene, deren Bestand schwindet, sondern es ist die Wildbiene, bei der wir Probleme haben.
Aber das festzustellen ist natürlich auch der Aufmerksamkeit einer solchen Initiative geschuldet. Daher verstehe ich auch, dass man das Volksbegehren so tituliert hat.
Wir haben uns des Themas „Rückgang der Biodiversität“ in Baden-Württemberg schon vor geraumer Zeit angenommen – das ist auch hier schon in einigen Reden zum Ausdruck ge kommen – und der Erkenntnisse der Wissenschaft, die es in der Vergangenheit gegeben hat. Ich erinnere nur einmal an die sogenannte Krefelder Studie vom Oktober 2017, die ja mit da für gesorgt hat, dass das Thema in die breite Öffentlichkeit gekommen ist.
(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Eine Fake Studie! – Lachen bei Abgeordneten der Grünen – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD)
Meine Damen und Herren, die große Mehrzahl der im baye rischen Volksbegehren aufgeführten Regelungen – auch das ist schon vereinzelt angesprochen worden – sind in BadenWürttemberg bereits vorhanden bzw. hier auch schon umge setzt worden. Viele unserer Regelungen wurden inhaltlich und zum Teil sogar – das sage ich auch einmal – wortwörtlich im bayerischen Volksbegehren übernommen. Baden-Württem berg hat ganz offensichtlich bei dieser Thematik für andere eine Vorbildfunktion, und – das sage ich offen – darauf dür fen wir in diesem Land durchaus auch ein bisschen stolz sein.
Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, um stellvertretend ein paar Beispiele zu nennen, die das untermauern.
Eine Verpflichtung der öffentlichen Hand zum Schutz der Na tur ist in unserem Naturschutzgesetz bereits seit etlichen Jah ren geregelt. Ebenso ist detailliert geregelt, dass Naturschutz auch eine Aufgabe für Erziehung, Bildung und Forschung ist.
Ich habe gerade erst am letzten Wochenende wieder Kinder, die am 26. Wettbewerb „Naturtagebuch“ teilgenommen ha ben, für ihr Engagement auszeichnen dürfen.
Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz hat einmal sinngemäß gesagt: Man kann nur das schützen, was man auch kennt. Ge nau dieser Überzeugung folgen wir, indem wir schon bei den Kindern anfangen – übrigens auch im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsstrategie – und dieses Thema in Kindergärten, in Schulen thematisieren. Damit wollen wir die Begeisterung für unsere Natur wecken und erhalten und auch die Kenntnis se über Natur, Naturschutz und Artenvielfalt stärken.
Das Volksbegehren in Bayern fordert, sensible Gewässerrand streifen nicht zu düngen. Bei uns ist dieses Begehren entlang aller unserer Fließgewässer umgesetzt, nämlich mit der letz ten Novelle des Wassergesetzes für Baden-Württemberg.
Ein weiteres Beispiel möchte ich nennen: Das grundsätzliche Verbot des Umbruchs von Dauergrünland findet sich bei uns ebenso wie das Gebot, Entwässerungen von Moorstandorten und Feuchtwiesen zu unterlassen. Auch dies ist bei uns um gesetzt.