Was Sie tun, was Sie auf Bundesebene getan haben, Frau Rol land, ist einfach Folgendes: Sie haben eine Düngeverordnung konzipiert, die alle über einen Kamm schert, egal, ob die Grundwasserverhältnisse in Ordnung sind oder nicht.
Der Kollege Untersteller hat es zu Recht gesagt: In BadenWürttemberg hat man auf 9 % der Flächen Grundwasserpro bleme – 9 %! 91 % sind in Ordnung. In Niedersachsen liegt der Anteil der Problemgebiete bei 50 %, in Schleswig-Hol stein bei 60 %. Dort wird der Wert von 50 mg Nitrat im Grundwasser überschritten. Dort wäre es notwendig, mehr zu tun – nicht bei uns. Jetzt werden alle über einen Kamm ge schert. Dass Sie die Lust der Landwirte nicht fördern, für das Thema Wasserschutz etwas zu tun, wenn sie nur mit bürokra tischen Auflagen überfrachtet werden und ihre eigenen Erfol ge nicht anerkannt werden, das dürfte auch klar sein.
Herr Minister Hauk, danke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen, nachdem es für das Parla ment inzwischen ja schwierig ist, sich noch an der Debatte zu beteiligen, da mit Ihnen jetzt das zweite Regierungsmitglied hier auftritt – mit einer ganz anderen Rede, als sie vorhin Mi nister Untersteller gehalten hat.
Ich bin Ihnen aber dankbar, dass ich eine Frage stellen darf. Sie haben ja gerade formuliert, Sie würden die Aussage von Frau Rolland zum Zurückdrängen der Pflanzenschutzmittel kritisch sehen.
Daher meine Frage: Unterstützen Sie auch die Politik der Ih rer Partei angehörenden Bundeslandwirtschaftsministerin, die
den Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft und vor al lem auch in der privaten Nutzung zurückdrängen will?
Lieber Herr Gruber, wir fahren ja gerade eine Pflanzenschutzmittelreduktionsstrategie. Ich verwahre mich nur dagegen, dass man ein Pflanzenschutzmittel verteufelt und sagt, es sei mit einem Insektenvernichtungsmittel gleichzu setzen.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Nein! Sie interpretieren das vielleicht so, weil es Ihnen in den Kram passt!)
Natürlich fahren wir eine solche Strategie. Wir sind sogar selbst dabei, die Pflanzenschutzmittelreduktionsstrategie aus zurollen und das entsprechend zu unterlegen. Sie ist ein ganz wesentlicher Baustein unserer Biodiversitätsstrategie.
Meine Damen und Herren, zum Schluss noch einmal: Den Bürgern muss man aber auch sagen – da spreche ich jetzt stell vertretend die Abgeordneten an, aber auch die Zuhörer –:
Ein Natur- und Artenschutz zum Nulltarif ist nicht zu haben. Wer ihn zum Nulltarif haben will oder ihn zum Nulltarif ver spricht, der irrt. Deshalb ist ganz klar: Wer für den Natur- und Artenschutz bewusst mehr tut – damit auch Mindereinnahmen in Kauf nimmt, weil die Erträge gegebenenfalls zurückgehen, weil die Aufwendungen steigen –, der muss auch damit rech nen, dass Nahrungsmittel teurer werden als bisher.
Damit ist eines ganz klar: Auf dem bisherigen Preisniveau zu diskutieren macht keinen Sinn. Es ist notwendig, den Men schen klar zu sagen: Mehr Umweltqualität, mehr Lebensqua lität, mehr regionale Lebensmittel, mehr Biolebensmittel be deuten immer auch höhere Preise. Aber das dürfte angesichts des Gesamtbudgets, das einem Menschen heute zur Verfügung steht, glaube ich, unproblematisch machbar sein. 9 bis 10 % des Gesamtbudgets werden noch für Lebensmittel ausgege ben. In den Vierzigerjahren lag dieser Anteil noch bei 40 bis 50 %, also deutlich höher. Insofern, glaube ich, ist es notwen dig, dass sich auch die persönlichen Schwerpunkte ändern, und reicht es nicht aus, einfach eine Unterstützungsunter schrift abzugeben. Vielmehr erfolgt das Bekenntnis im Prin zip an der Ladentheke, und dort wird es auch gefordert wer den.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das waren jetzt für beide Minister insgesamt 25 Minuten!)
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren! Ist Ihnen aufgefallen, dass seit dem Dieselfahrverbot der Ver kehr in Stuttgart massiv nachgelassen hat? Während im letz ten Jahr am Neckartor noch über 2 000 Autos pro Tag gefah ren sind, habe ich gestern in der Urbanstraße einmal knapp über 100 Autos gezählt. – Das ist Wissenschaft à la Willi bei Biene Maja. Ich glaube, er ist Mitglied bei den Grünen oder bei der SPD.
Genauso pseudowissenschaftlich wurde auch das Artenster ben in Deutschland ermittelt. Nicht umsonst wurde die Statis tik zweimal zur Unstatistik gekürt. Doch selbst wenn die Messdaten korrekt wären, müsste man den Messzeitpunkt kri tisch bewerten. Hätte man statt 1989 das Jahr 1991 als An fangspunkt gewählt, wären es nicht 76 % weniger Insekten, sondern gerade einmal 30 % – eine Diskussion, die wir hier schon einmal geführt haben.
Für den Wahlkampf lässt man sich als grüner Untergangspre diger und Händler von Schwefel, Panik und Angst gern ein mal neben einem Bienenkasten ablichten, allen voran der Stuttgarter Oberbürgermeister Kuhn. Gelebter Artenschutz ist das sicher nicht, denn Imkerei ist nichts anderes als moderne Massentierhaltung. Außerdem sind Honigbienen überhaupt nicht gefährdet. „Die Honigbiene wird das letzte Insekt sein, das ausstirbt.“
So bestätigt es auch Peter Rosenkranz, der Leiter der Landes anstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim.
Doch zurück zum angeblichen Artensterben. Fährt man nach Orbroich, dem Ort der Studie, stellt man schnell fest, dass sich in den letzten Jahren einiges geändert hat. In der Nähe des Na turschutzgebiets steht ein großes Wohngebiet. Es gibt viele Windräder und große Hallen. Ein ansässiger Bauer erzählt, dass dort seit etwa 15 Jahren kein Vieh mehr gehalten wird; zuvor grasten dort täglich viele Kühe. Doch nun gibt es kei ne Kuhfladen mehr. Dadurch entfällt die Nahrungsgrundlage für Insekten, die in diesen Kuhfladen ihre Eier ablegen. Wer es sich einmal durchrechnen möchte: Eine Kuh produziert bis zu zehn Kuhfladen pro Tag. In einem Kuhfladen findet man rund 600 Insekten. Das bedeutet pro Kuh ca. 6 000 Insekten pro Tag, Insekten, die nun in Orbroich fehlen und nicht mehr in Insektenfallen landen.
Wir brauchen dringend eine wissenschaftlich belastbare Datenbasis... zur Entwicklung der Insekten in Deutsch land, die auf bundesweit repräsentativen, systematischen Erhebungen anhand von standardisierten Messungen ba siert.
Wie so oft sollen nun die Bauern in unserem Land die Schul digen sein. Dabei ist die Zahl der Insektizide seit den Neun
zigerjahren laut UBA relativ konstant. Interessant ist auch, dass das hochgelobte Kupfersulfat aus der Ökolandwirtschaft für einige Wildbienen tödlich ist.
Das mögliche Verschwinden von Insekten kann viele andere Gründe haben; sie sind hier alle schon aufgeführt worden.
Ich bin klar gegen eine Enteignung von Bauern durch eine Ökoquote und fordere eine wissenschaftliche und faktenori entierte Auseinandersetzung mit diesem Thema.
Meine Damen und Herren, es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet und Punkt 1 der Tagesordnung er ledigt.
Wir kommen zurück zur Wahl des von der Fraktion der AfD vorgeschlagenen Schriftführers. Ich kann das Wahlergebnis bekannt geben:
(Zurufe, u. a.: Ui! – 14! – Abg. Andreas Stoch SPD: Es werden immer weniger! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ende des Jahres sind wir dann bei null! – Unruhe)