Protokoll der Sitzung vom 21.02.2019

a) Mit welcher Begründung hält die Landesregierung eine Re

gistrierung nur eines Teils der Anschrift oder einer von der Wohnung abweichenden Anschrift im Melderegister, ins besondere im Fall von Personen, die sich in Einrichtungen zum Schutz vor häuslicher Gewalt aufhalten, für unverein bar mit § 2 des Bundesmeldegesetzes (BMG)?

b) Wie gewährleistet sie trotz dieser Rechtsauffassung wei

terhin den Schutz von Personen, die sich in Einrichtungen zum Schutz vor häuslicher Gewalt aufhalten?

Vielen Dank. – Für die Lan desregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Strobl.

Frau Präsidentin! Frau Abg. Wölfle, Ihre beiden Fragen beantworte ich wie folgt:

Die Melderegister haben gemäß § 2 Absatz 1 des Bundesmel degesetzes den Zweck, die Einwohner zu registrieren, um de ren Identität und deren Wohnungen feststellen und nachwei sen zu können. Für die Erfassung der Wohnungen sind gebäu

degenaue Adressangaben erforderlich. Wird lediglich ein Teil der Anschrift oder eine von der Wohnung abweichende An schrift im Melderegister eingetragen, wird der Zweck der Mel deregister nicht erfüllt. Ausnahmen hiervon sieht das Bundes meldegesetz nicht vor.

Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich Ihnen Folgendes antwor ten: Das Meldewesen verfügt über abgestufte Mechanismen, die den Erfordernissen besonders schutzbedürftiger Personen Rechnung tragen.

Im Einzelnen sieht das Bundesmeldegesetz folgende Rege lungen vor:

Grundsätzlich hat sich gemäß § 17 Absatz 1 BMG jede Per son, die eine Wohnung bezieht, bei der Meldebehörde anzu melden. Für betroffene Personen in Schutzeinrichtungen gibt es eine Regelung in § 27 Absatz 2 Satz 1 BMG, wonach es keiner Anmeldung bedarf, wenn eine Person eine Wohnung für nicht länger als sechs Monate bezieht und bereits für eine andere Wohnung gemeldet ist. Kommt diese Ausnahme zur Anwendung, besteht in diesem Zeitraum aus melderechtlicher Sicht die angestrebte Anonymität für den Aufenthalt in der Schutzeinrichtung.

Wird die Wohnung in der Schutzeinrichtung angemeldet, be steht die Möglichkeit, eine Auskunftssperre wegen der Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnlich schutzwürdige Interessen gemäß § 51 BMG zu beantragen.

Eine Auskunftssperre kann auch von Amts wegen eingetra gen werden. Die Sperre gilt unmittelbar für Melderegisteraus künfte an Private sowie öffentliche Stellen von Staaten, die nicht der EU oder dem Europäischen Wirtschaftsraum ange hören. Auskünfte sind dann unzulässig, es sei denn, dass nach Anhörung der betroffenen Person eine Gefährdung ausge schlossen ist – § 51 Absatz 2 BMG.

Einer Datenübermittlung an öffentliche Stellen in Deutsch land und Staaten der EU oder des Europäischen Wirtschafts raums steht eine Auskunftssperre grundsätzlich nicht entge gen. Eine Verarbeitung und Nutzung der Daten seitens des Empfängers ist jedoch nur zulässig, wenn schutzwürdige In teressen der betroffenen Person nicht beeinträchtigt werden – § 41 Satz 2 BMG.

Gemäß § 52 Absatz 1 Nummer 4 BMG soll ein bedingter Sperrvermerk von der Meldebehörde eingerichtet werden, um den speziellen Schutzinteressen von Menschen, die in Ein richtungen zum Schutz vor häuslicher Gewalt leben, Wirkung zu verschaffen. In diesem Fall wird eine Auskunft nur erteilt, wenn eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der be troffenen Person ausgeschlossen werden kann.

Schließlich werden bei Auskunftssperren, die durch Sicher heitsbehörden für betroffene Personen eingerichtet werden, in allen Fällen eines Ersuchens über eine Melderegisterauskunft sowohl die betroffene Person als auch die veranlassende Si cherheitsbehörde unterrichtet – § 51 Absatz 3 BMG. Eine Aus kunft wird nur erteilt, sofern nach Anhörung der betroffenen Person oder, falls diese nicht erreichbar ist, der veranlassen den Sicherheitsbehörde eine Gefahr ausgeschlossen werden kann – § 51 Absatz 2 BMG.

Für die unbefugte und rechtswidrige Erteilung von melde rechtlichen Auskünften durch Behördenmitarbeiter oder bei

Verstößen gegen das Meldegeheimnis gibt es je nach konkre tem Einzelfall strafrechtliche, ordnungswidrigkeitenrechtli che und dienstrechtliche Sanktionen.

Die Daten sind möglicherweise auch bei anderen öffentlichen Stellen wie z. B. dem Finanzamt, dem Jugendamt und bei Ge richten gespeichert, die von Dritten ausgeforscht werden könnten. Es besteht gegebenenfalls die Möglichkeit, die Sper rung von Daten auch in anderen öffentlichen Registern wie z. B. dem Ausländerzentralregister oder dem Zentralen Fahr zeugregister zu veranlassen.

Zudem sollte Sensibilität im Umgang mit der Offenbarung persönlicher Informationen, beispielsweise von Abbildungen mit Personenbezug, also Abbildungen vor Immobilien, Abbil dungen vor Kraftfahrzeugen, in sozialen Medien, bei Ver kaufsanzeigen und dergleichen, geübt werden.

Das, verehrte Frau Abgeordnete, wäre die Beantwortung der zweiten Frage.

Vielen Dank. – Es gibt eine Zusatzfrage, und zwar von Herrn Abg. Dr. Weirauch.

Vielen Dank, Herr Minister, für die umfängliche Erläuterung der entsprechenden Vorschrif ten. – Es geht an diesem Punkt um eine ernste Fragestellung. Daher habe ich zwei Nachfragen.

Die erste ist: Halten Sie den Turnus bzw. die Frist von sechs Monaten, in der man von der Anmeldung der Wohnung im Frauenhaus befreit wird, für angemessen und auch für erfor derlich, oder würden Sie auch dafür plädieren, dass man die se Frist weiter gehend fasst? Das ist die erste Frage.

Sie haben von den Auskunftssperren gesprochen. Uns wurde auch von Frauenhäusern immer wieder mitgeteilt, dass diese Auskunftssperre zwar festgesetzt wird, dass die Adressen aber dennoch in Umlauf geraten, was natürlich eine besondere Ge fährdung der Menschen, die in Frauenhäusern beheimatet sind, bedeutet. Jetzt die zweite Frage: Sind Ihnen Fälle be kannt, in denen trotz Auskunftssperre die Adressen von Frau enhäusern in behördlichen Unterlagen weitergegeben worden sind, mit den strafrechtlichen oder ordnungsrechtlichen Kon sequenzen, die Sie gerade hier geschildert haben?

Die Frage 2 müssen wir Ihnen, Herr Abgeordne ter, schriftlich beantworten. Das müssen wir recherchieren.

Die Frage 1 habe ich bereits beantwortet. Ich wiederhole es aber gern noch einmal: Nach diesen sechs Monaten erfolgt normalerweise eine Anmeldung. Wenn eine solche Wohnung in einer Schutzeinrichtung angemeldet wird, besteht allerdings bei Gefahren für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit und dergleichen schutzwürdige Interessen die Möglichkeit, eine Auskunftssperre gemäß § 51 BMG zu beantragen.

Das heißt, es gibt in solchen Fällen dann die Möglichkeit, sich zwar in der Schutzeinrichtung anzumelden, aber eine entspre chende Auskunftssperre zu beantragen. Insofern sehe ich an und für sich den Schutzmechanismus, um den es Ihnen geht, als gegeben an.

Es gibt noch eine Zusatzfra ge. – Bitte, Herr Abg. Dr. Weirauch.

Ich habe zugehört, was Sie gesagt haben. Ich habe es auch kognitiv erfasst. Meine Frage war aber eine andere.

Dann haben Sie einen Hörerschein über das Mel degesetz.

Meine Frage war: Diese Aus nahme von der Meldepflicht, die Sie gerade beschrieben ha ben, bezieht sich auf einen Zeitraum von sechs Monaten. In dieser Zeit wird quasi davon abgesehen, dass ich mich mit die ser Wohnung anmelden muss.

Halten Sie die sechs Monate für ausreichend, oder würden Sie als Innenminister dieses Landes, auch wenn Sie hier jetzt nicht an vorderster Front stehen, weil es eine Bundesgesetzgebung ist, dafür plädieren, diese Sechsmonatsfrist mit den Friktio nen, die ich gerade in Bezug auf die Auskunftssperre genannt habe und zu denen Sie mir im Nachhinein noch eine Antwort schriftlich geben werden, auf beispielsweise ein Jahr zu er weitern? Das war meine Frage.

Auf den ersten Blick halte ich die sechs Monate deswegen für ausreichend, weil es ja danach die Möglichkeit gibt, eine Auskunftssperre zu beantragen, und somit das schutzwürdige Gut auf diese Art und Weise geschützt wird.

Herr Abgeordneter, wir sind ja immer in dem Bereich der Ab wägung. Auf der einen Seite ist das Melderegister kein Selbst zweck, sondern hat durchaus eine Sinnhaftigkeit, weil wir schon wissen wollen, wer sich wo bei uns im Land aufhält. Auf der anderen Seite gibt es natürlich schützenswerte Inter essen, warum Adressdaten bei Gefahren für bestimmte Rechts güter von einzelnen Personen nicht weitergegeben werden dürfen.

Auf den ersten Blick jedenfalls scheint es mir so zu sein, dass durch die Möglichkeit der Beantragung einer Auskunftssper re diese Schutzgüter ausreichend im Blick sind. Ich möchte Ihnen aber zusagen, dass wir uns das vor dem Hintergrund der Beantwortung Ihrer anderen Frage auch gern noch einmal prü fend anschauen.

Vielen Dank. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen dazu. Damit ist die Beantwortung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 4 beendet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 5 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. H a r a l d P f e i f f e r A f D – A t t r a k t i v i t ä t v o n P k w - M i t f a h r g e l e g e n h e i t e n f ü r B e r u f s p e n d l e r

Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, das Wort „Alternative Verkehrskonzepte“ tra gen Sie ja wie eine Monstranz vor sich her. Sie bewerben Mit fahrgelegenheiten, schaffen Zusteigemöglichkeiten, promo ten Park-and-ride-Parkplätze, immer mit dem Ziel, den indi viduellen Straßenverkehr zu verringern.

(Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Was ist jetzt die Frage?)

Ziel hierbei ist die Luftreinheit und eine Entlastung der Innen städte.

Ich frage deshalb:

a) Was tut die Landesregierung, um das Angebot von Park

and-ride- und Mitfahrerparkplätzen im Landkreis Böblin gen zu verbessern?

b) Plant die Landesregierung, Fahrgemeinschaften von Fahr

verboten, beispielsweise in Stuttgart, auszunehmen?

Vielen Dank. – Für die Lan desregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Hermann.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Monstranz hat heute keinen Platz. Deswegen trete ich ohne Monstranz auf.

Herr Abg. Pfeiffer, für die Parkplätze sind prioritär erst ein mal die Kommunen, die kommunale Ebene, zuständig. Au ßerdem haben wir vor etwa drei Jahren ein zusätzliches Ge setz verabschiedet, wodurch der Verband Region Stuttgart in besonderer Weise Kompetenz hat, Park-and-ride-Plätze in der Region Stuttgart zu bauen. Dies ist also nicht die erste Aufga be der Landesregierung, auch wenn Sie das unterstellen.