Protokoll der Sitzung vom 21.02.2019

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE)

Denn mit einem solchen Moratorium würde die Politik auf die entsprechenden Urteile, die ausdrücklich zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit ein solches Moratorium vorsehen, auf die Tatsache, dass die Nachrüstung für Euro-5-Diesel erst viel zu spät von der Autoindustrie angegangen wurde und es noch ei nige Zeit dauern wird, bis ausreichend Nachrüstungen zu be zahlbaren Preisen auf dem Markt sind, gleich mehrfach rich tig reagieren. Nachrüstungen sind die sozialere Alternative als ein Fahrverbot. Aber das ist Ihnen doch vollkommen egal!

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP – Zurufe von den Grünen und der CDU)

Frau Präsidentin, die Impulskontrolle fehlt.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Aktion gleich Reaktion!)

Ja, ja. Moment! Aber sie fehlt insgesamt hier im Raum, nicht bei Einzelnen. – Liebe Kolle ginnen und Kollegen, Herr Fraktionsvorsitzender Stoch hat das Wort, und ich bitte um mehr Ruhe.

Vor allem würden wir auf diese extreme Verunsicherung bei den Menschen reagieren, die sich eben nicht alle zwei Jahre ein neues Auto leisten können und deren teilweise kaum sechs Jahre altes Auto nun plötzlich von Fahrverboten betroffen ist. All das wäre machbar, aber für die grün-schwarze Regierung – oder soll ich sagen, für die bei den Regierungen? – bleibt es ein Ding der Unmöglichkeit, weil sie sich nämlich im Kern, im Ziel ihrer Politik nicht ei nig sind – von wegen Komplementärkoalition, Herr Minister präsident. Das ist ein handlungsunfähiger Haufen, der den Ti tel Regierung doch überhaupt nicht verdient hat, liebe Kolle ginnen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Und ich weiß gar nicht mehr, was ich schlimmer finden soll. Da ist zum einen der grüne Urwunsch, Autos per Verbot still zulegen,

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Oh!)

der zwar kaum noch ausgesprochen, aber immer wieder spür bar wird. Bis zuletzt hat man sich doch hinter der pauschalen Aussage verschanzt,

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

die Politik könne nicht handeln, und man sei allein den Ge richten und ihren Urteilen unterworfen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Wenn sich das jetzt plötzlich ändert und man sogar über eine Lockerung der Fahrverbote für Euro-4-Diesel redet, zeigt das, dass wir es nur mit Ausreden zu tun hatten.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Genau!)

Man ließ es nämlich darauf ankommen. In Hamburg wurden zehnmal so viele Luftreinhaltepläne geprüft wie in Stuttgart. Und die Grenzziehung im Stadtgebiet war entweder extrem einfallslos oder eben im Sinne maximaler Fahreinschränkun gen. Das ist grüne Ideologie, liebe Kolleginnen, liebe Kolle gen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/DVP sowie des Abg. Klaus Dürr AfD – Zuruf der Abg. Be ate Böhlen GRÜNE)

Wenn wir uns z. B. eine Stadt wie München anschauen, dann stellen wir fest: Dort ist es doch auch gelungen, Fahrverbote zu vermeiden, weil in München ein Oberbürgermeister im Sessel sitzt, der weiß, dass die Bürgerinnen und Bürger seiner Stadt auch von Fahrverboten unverhältnismäßig betroffen wä ren. Dieser Oberbürgermeister gehört der SPD an und nicht den Grünen wie der Oberbürgermeister von Stuttgart.

(Beifall bei der SPD – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: So einen ideologischen Quark habe ich schon lange nicht mehr gehört!)

Die Haltung der Grünen mag zwar vor allem ideologisch mo tiviert sein, sie ist aber zumindest halbwegs geradlinig. Und wenn der Unmut der Dieselfahrer dazu geführt hat, dass man die Verbotskeule nun weniger emsig schwingt – zumindest verbal –, ist das ja kein Wandel, den man beklagen sollte.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Aber wirklich bizarr ist das Verhalten der CDU. Auf der Stra ße demonstrieren Sie gegen das, was Sie in der Regierung und Sie als Regierungsfraktion in diesem Haus beschlossen ha ben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das bereits als Schizophrenie behandlungsbedürftig, oder ist das schlicht ma ximale politische Verlogenheit?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Ich glaube, es dürfte in der Geschichte dieses Landes ziem lich einmalig sein, dass Mitglieder der einen Regierungspar tei ein Regierungsmitglied der anderen Regierungspartei ins Gefängnis wünschen.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich würde jetzt mal sagen, das ist in etwa das, was man im Volksmund Populismus nennt. Wer so übereinander redet, wird den Menschen im Land doch nicht glaubhaft machen können, dass man gemeinsam Lösungen sucht. Das ist doch schlicht und einfach eine zerstrittene Regierung, die nicht mehr handlungsfähig ist.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/DVP sowie des Abg. Klaus Dürr AfD)

Glauben Sie denn wirklich, dass Sie die Menschen im Land für dumm verkaufen können?

Sie beschließen hier Luftreinhaltepläne, die Fahrverbote für Euro-4-Fahrzeuge beinhalten, die auch schon Fahrverbote für Euro-5-Fahrzeuge beinhalten, wenn die Luftreinhaltewerte nicht eingehalten werden. Sie beschließen, dass man gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart keine Berufung einlegt, sondern nur Revision. Liebe Kolleginnen und Kolle gen, Sie sind doch letztlich Mitverursacher dessen, dass wir heute schon Fahrverbote haben und dass Fahrverbote für Eu ro-5-Diesel in diesem Land drohen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Jetzt tun Sie so, als ob das alles andere erfunden hätten. Sie waren schon beteiligt, als diese Werte in Baden-Württemberg übernommen wurden. Sie waren daran beteiligt, als die Mess stellen aufgestellt wurden.

(Abg. Carola Wolle AfD: Die SPD auch! – Weitere Zurufe von der AfD)

Das ist nicht „schön konservativ“, das ist nicht „schön christ demokratisch“. Das ist aus meiner Sicht der Gipfel an politi scher Unseriosität und Verlogenheit.

(Beifall bei der SPD)

Aber natürlich, kurz vor der Wahl macht man sich kurz vom Acker. In Schöntal tritt man vor die Medien und fordert mar kig, nicht mehr mit Fahrverboten für Euro-5-Diesel zu dro hen. Drei Tage später zerfällt die Entschlossenheit zu Staub – um nicht zu sagen: zu Feinstaub.

Was die Menschen im Land von diesem Haus erwarten, sind Lösungen. Da hilft es nicht, sich an gesetzlichen Grenzwer ten oder an Urteilen abzuarbeiten. Wir, das Parlament, müs sen auf dem Boden von Recht und Gesetz stehen, und wir kön nen nur vorankommen, wenn wir bei der Mobilität nicht im mer nur verbieten, sondern den Menschen auch Lösungen an bieten.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Abg. Hermann Kat zenstein GRÜNE: Und welche haben Sie? – Gegen ruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Moratorium!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Bürger in einer mobilen Welt brauchen wir keine Politik, die Mobilität ver bietet. Wir brauchen aber den Schutz der Umwelt und der Ge sundheit. Wir haben es hier mit einem extrem wichtigen Hand lungsfeld zu tun und nicht mit einer Spielwiese für Populis ten auf der einen Seite und für Fundamentalisten auf der an deren Seite.

(Beifall bei der SPD)

Die Menschen erwarten von uns, dass wir für saubere Luft sorgen,

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Deswegen Moratori um!)

dass wir ehrlich und wahrhaftig sind, wenn es um politische Entscheidungen geht,

(Abg. Anton Baron AfD: Was haben Sie in den fünf Jahren Ihrer Regierungszeit gemacht?)

dass wir sagen, was auf der Basis von Recht und Gesetz mög lich ist, und dass wir nicht, nur weil gerade wieder Wahlkampf ist, der Versuchung erliegen, draußen gegen Politik demons trieren, die wir selbst – Sie jedenfalls – hier im Landtag be schlossen haben. Das funktioniert so nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD so wie des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Zu rufe von der SPD: Sehr gut!)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Schwarz das Wort.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Sehr gut!)

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ja, wir haben großes Verständnis da für, dass viele Dieselfahrer in den letzten Wochen demonst riert haben. Wir haben großes Verständnis dafür, dass viele sauer sind.