Protokoll der Sitzung vom 21.02.2019

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aha! Also sagen Sie auch, es wird keine Fahrverbote geben!)

Wir achten Recht und Gesetz und halten uns an Gerichtsur teile – auch dann, wenn sie uns nicht passen.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Bernd Grimmer AfD: Die passen sehr wohl!)

So ist es auch bei den Urteilen zu den Fahrverboten in Stutt gart. Das können Sie genau nachverfolgen. Die Landesregie rung hat in dem Luftreinhalteplan überhaupt keine Euro-5Fahrverbote angekündigt. Wir wollten das draußen lassen und warten, wie sich die Schadstoffsituation entwickelt, und es ge gebenenfalls erst dann hineinschreiben, wenn sie immer noch schlecht ist. Das Gericht hat uns dazu verpflichtet, sie in den gegenwärtigen Luftreinhalteplan hineinzuschreiben. Das ist einfach eine Tatsache, und an diese Tatsache halten wir uns.

(Beifall bei den Grünen und der Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch – Abg. Martin Rivoir SPD: Aber das Moratorium steht auch da drin in diesem Urteil! – Zuruf des Abg. Klaus Dürr AfD)

Ich habe schon einmal gesagt: Wenn wir uns nur an die Ge setze halten würden, die uns passen, und nur an die Urteile, die uns gefallen, brauchten wir weder Gesetze noch Gerich te. Es ist gerade der Sinn von Gesetzen, dass sich alle an sie halten müssen, und von Rechtsprechung auch, sonst brauch te man sie gar nicht. Das ist doch die Logik der Rechtspre chung.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Als Abgeordneter kann man jetzt natürlich gern sagen, was man möchte. Ob das dann immer sinnvoll ist, was da auf De monstrationen oder sonst wo gesagt wurde, lassen wir einmal dahingestellt.

(Zuruf des Abg. Klaus Dürr AfD)

Aber eine Regierung ist an Recht und Gesetz gebunden. Da muss man nur in das Grundgesetz, Artikel 20, oder die Lan desverfassung, Artikel 25, schauen.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Das wissen wir alles!)

Das ist einfach eine Tatsache. Eine Regierung ist an Recht und Gesetz gebunden.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Jo!)

Andere können erst einmal erzählen, was sie wollen. Das kann man dann so oder so beurteilen. Für eine Regierung gilt dies aber nun einmal unumstößlich. Ich weise noch einmal darauf hin: Artikel 20 ist in Verbindung mit Artikel 79 ein Ewigkeits artikel des Grundgesetzes. Das heißt, das gehört zu den un veräußerlichen Grundlagen einer Demokratie und eines Rechtsstaats.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Martin Rivoir SPD: Wir brauchen diese Vor lesung nicht! – Zuruf der Abg. Sabine Wölfle SPD)

Die Vorlesung muss ich deswegen machen, weil Sie das ir gendwie nicht richtig auf dem Schirm haben.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Ich glaube, Sie haben es nicht verstanden! – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Im Gegensatz zu Ihnen schon! Das ist der Unterschied! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das geht langsam in Richtung Arroganz! – Ge genruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das sagen die Richtigen! – Gegenruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Hochmut kommt vor dem Fall! – Zu rufe von der AfD, u. a.: Wir haben die Sorgen der Bürger auf dem Schirm! – Hubschrauber fliegen, das gehört auch dazu! – Unruhe)

Meine Damen und Herren, für meine Landesregierung ist je denfalls klar: Wir tun alles, um für saubere Luft zu sorgen und weitere Fahrverbote zu vermeiden.

Deswegen haben wir uns am Dienstag im Koalitionsausschuss auf das weitere Vorgehen verständigt. Wir haben ein bundes weit einzigartiges Maßnahmenpaket aufgelegt und nehmen dafür fast eine halbe Milliarde Euro in die Hand für günstige Ticketpreise für den ÖPNV in Stuttgart, für den neuen BWTarif –

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Nur schade, dass die Züge nicht kommen!)

Sie können jetzt mit einem einzigen Ticket an jeden Ort im Land fahren und dabei auch noch richtig Geld sparen –, für Elektro bei Bussen, Flottenfahrzeugen, Lastenrädern, für in novative Maßnahmen wie die Filterung von Feinstaub, foto katalytische Fassadenfarbe, Straßenoberflächen und intelli gente Verkehrssteuerung. Schon davor haben wir den ÖPNV entschlossen ausgebaut, Expressbuslinien eingeführt, Metro polexpresszüge geschaffen und den Takt beim ÖPNV verdich tet.

(Abg. Sascha Binder SPD: Die fahren aber noch nicht!)

Wir haben ein Jobticket für Landesbedienstete eingeführt, da mit sie vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Außerdem konnten wir die großen Arbeitgeber der Stadt für ein Bündnis für Luftreinhaltung gewinnen. Die Unternehmen werden Jobtickets anbieten, Homeoffice erleichtern, mehr La desäulen für Elektroautos aufstellen, und diese Woche geht auch ein Brief an die Mittelständler raus, sich diesem Bünd nis anzuschließen.

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Sie sehen also, wir hängen uns wirklich richtig rein.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Das alles lassen wir uns nicht schlechtreden, gerade auch, weil diese Maßnahmen Wirkung zeigen. Die Luft in Stuttgart wird immer sauberer.

Ich will mal ganz grundsätzlich sagen: Das sind alles Proble me, die aus der Vergangenheit herrühren. Für die Zukunft wer den die Probleme gelöst. Es werden nur noch Fahrzeuge auf den Markt kommen, die diese Emissionen nicht mehr tätigen. Sie werden auch in einem realistischen Zyklus geprüft, sodass das, was auf der Rolle gemessen wird, in etwa mit dem über einstimmt, was auch im realen Fahrbetrieb an Emissionen aus gestoßen wird. Insofern ist diese Frage für die Zukunft gere gelt.

(Zuruf: Also!)

So geht es Jahr für Jahr voran. Das Erreichen der Grenzwer te ist in greifbarer Nähe. Beim Feinstaubproblem sind wir be reits über den Berg.

(Zuruf von der FDP/DVP: Aha!)

Überall in Stuttgart, überall in ganz Baden-Württemberg wer den inzwischen die Feinstaubgrenzwerte eingehalten.

(Abg. Bernd Gögel AfD: S-Bahnhöfe! – Abg. Anton Baron AfD: U-Bahnen! – Zuruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

Auch beim Stickstoffdioxid sind wir auf einem sehr guten Weg. Am Neckartor lag der Stickstoffdioxidjahresmittelwert im Jahr 2006 bei 121 Mikrogramm pro Kubikmeter, 2018 wa ren es noch 71 Mikrogramm pro Kubikmeter. Der Trend ist also eindeutig. Die Schadstoffbelastung geht kontinuierlich zurück.

Deswegen bin ich optimistisch, dass wir unser großes Ziel er reichen, nämlich keine flächendeckenden Fahrverbote für Eu ro-5-Diesel.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Herr Kollege Haußmann, ich darf Ihnen das noch einmal kurz erläutern: Es stehen ja mehrere Messgeräte am Neckartor. Es ist einfach so: Wenn der höchste Messwert ein Ausreißer ist, muss er nicht beachtet werden. Dann gilt der zweithöchste Messwert.

(Zuruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

Anders ist es, wenn die Messwerte alle nahe beieinanderlie gen. Dann gilt das nicht so. Das ist nun einmal so kompliziert. Dieser Messwert liegt heute bei etwa 60 Mikrogramm. Sie se hen auch, dass an dieser Stelle bei dem, was rechtsförmlich verpflichtend ist, eine wesentliche Verbesserung erreicht wur de, sodass wir auch das sehr optimistisch sehen.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Das trifft aber so nicht zu!)

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal darauf hin weisen: Woher kommt das alles eigentlich? Die EU hat eine Rechtsnorm für den Emissionsschutz gemacht, die mit einem Grenzwert von 40 Mikrogramm scharf ist. Dem ist die Bun desregierung gefolgt. Übrigens waren Sie da mit in der Re gierung.

(Abg. Andreas Stoch und Abg. Sascha Binder SPD: Das bestreitet doch niemand! – Zuruf des Abg. Rein hold Gall SPD)

Zum anderen hat sie eine Richtlinie für die Emissionsgrenz werte der Fahrzeuge gemacht. Auch da waren Sie dabei. Die se Emissionswerte der Fahrzeuge waren allerdings so, dass der Realbetrieb sehr wenig mit dem Betrieb auf der Testrolle zu tun hatte. Das hat sich um Größenordnungen unterschie den, das heißt, die Richtlinie 2, nämlich die für die Emissio nen, war so löchrig wie ein Käse. Dazu kamen noch Betrüge reien von Teilen der Automobilindustrie und anderen Teilen, die da wirklich getrickst und das mit Thermofenstern ausge nutzt haben, was zur Folge hatte, dass in Deutschland die Ab gasreinigungsanlagen in 60 % der Nutzungszeit gar nicht in Betrieb waren.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Es ist klar: Wenn man die eine Richtlinie, die streng ist, so macht und die andere, die aber zur Erreichung des Ersten not wendig ist, so durchlöchert wie einen Käse, kann man natür lich das erste Ziel gar nicht erreichen. Das ist der Hauptgrund des Problems, das wir haben.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich habe allerdings dargelegt, dass das für die Zukunft Gott sei Dank jetzt geregelt ist.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Wer hat es geregelt?)

Zweitens: Die Bundesregierung hat uns hängen lassen. Wir haben sie wirklich geradezu angefleht, die blaue Plakette zu

ermöglichen. Das wäre die einzig gute Möglichkeit gewesen, Planbarkeit für alle mit Rechtssicherheit ohne einen Flicken teppich zu erreichen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das hat die CDU verhin dert! Das wissen Sie doch!)