Protokoll der Sitzung vom 08.05.2019

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zurufe von der AfD)

Und wir sollten wissen, dass wir nur gemeinsam europäische Standards beim Sozialsystem und einen europäischen Min destlohn erreichen.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Wer regiert denn?)

In Baden-Württemberg sollten wir sogar noch mehr wissen, weil wir inmitten Europas liegen, weil wir über unsere Gren zen hinweg Partnerschaften pflegen, weil wir Fachkräfte brau chen und weil wir nicht nur Autos und Menschen, sondern z. B. auch unsere duale Ausbildung exportieren können.

Wenn Deutschland laut Ja sagt zu Europa, dann müsste Ba den-Württemberg am lautesten und deutlichsten Ja sagen. Dann muss sich eine Landesregierung hinstellen und klar Far be bekennen für Europa und gegen die Feinde Europas: für mehr Europa an all den Stellen, wo Politik unterhalb der eu ropäischen Ebene gar nichts mehr nützt, und gegen Kleinstaa terei und Nationalismus.

Dann muss auch Baden-Württemberg in Kauf nehmen, dass Europa mehr Kompetenzen braucht, um die Probleme zu lö sen. Diesen Mut hatte die Generation, die das vereinte Euro pa schuf. Diesen Mut sollten auch wir haben.

Wenn unsere Nachbarn in Frankreich auf ihre europapoliti schen Vorstöße hin keinen Mucks aus Berlin hören, dann könnten sie doch wenigstens aus Stuttgart ein Signal bekom men. Der Ministerpräsident ist sonst doch auch nicht Berlinhörig. „Europa richtig machen“ – Sie wollen wissen, wie das geht? Wenn wir „Europa machen“, dann machen wir es rich tig: nicht mit Angst und Skepsis, sondern mit Mut und Zuver sicht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Andrea Bogner- Unden GRÜNE – Zuruf des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Rülke das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst, Herr Kollege Reinhart, bedanke ich mich für meine Fraktion ausdrücklich dafür, dass Sie kurz vor der Europawahl dieses Thema in den Mittelpunkt der heutigen Landtagsdebatte gerückt haben. Aus unserer Sicht ist es wichtig und notwendig, vor der Europa wahl ein Zeichen zu setzen, ein Zeichen in dem Sinn: Diese Wahl ist wichtig. Europa ist wichtig.

Nach unserem Eindruck läuft dieser Wahlkampf etwas lahm. Die Spitzenkandidaten der beiden sich als größer empfinden den Parteienfamilien

(Lachen bei Abgeordneten der CDU)

haben, glaube ich, eher anästhesistische Fähigkeiten statt das möglicherweise notwendige Charisma, um einen Wahlkampf zu führen, der die Bevölkerung tatsächlich ergreift.

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Aber leider könnte diese Lahmheit des Europawahlkampfs möglicherweise dazu führen, dass die Wahlbeteiligung gering ausfällt und dass die Menschen das Projekt Europa nicht mit der Bedeutung versehen, die ihm zukommt.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Zu Ihnen komme ich schon noch, keine Sorge.

(Abg. Anton Baron AfD: Zu uns kommt er noch!)

Dieses Projekt Europa ist von verschiedenen Seiten infrage gestellt. Wir haben nach gut 70 Jahren gemeinsamer Ge schichte nach dem letzten großen Krieg erkannt, dass Europa zu einem ein Friedensprojekt ist und zum anderen ein Wohl standsprojekt.

Entgegen den kruden Ausführungen, die von der AfD kamen, müssen wir festhalten: Es ging diesem Kontinent wirtschaft lich noch nie so gut wie zu Zeiten der Europäischen Union; das muss man sehr deutlich sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP, den Grünen und der SPD sowie Abgeordneten der CDU – Abg. Bernd Gögel AfD: Fehlt nur noch, dass es den Menschen gut geht!)

Dass wir seit mehr als 70 Jahren Frieden auf diesem Konti nent haben, hat auch mit der Europäischen Union zu tun. Das haben Sie nicht verstanden.

(Widerspruch bei der AfD – Abg. Bernd Gögel AfD: Sarajevo vergessen!)

Sie wollen zurück in den Nationalismus und Chauvinismus des 19. Jahrhunderts. Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Zuruf des Abg. Bernd Gögel AfD)

Herr Abg. Dr. Rülke, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Rottmann zu?

Wenn er sich kurz fasst.

(Heiterkeit – Abg. Carola Wolle AfD: Das geht nicht von Ihrer Zeit ab; das sollten Sie wissen! – Gegenruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Die Antwort geht von seiner Zeit ab!)

Vielen Dank, Herr Rülke. – Sie sprachen von dem Frieden der vergangenen 70 Jahre in Euro pa. Das finden wir grundsätzlich natürlich auch sehr gut.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Das ist ja immerhin etwas.

Meine Frage ist, ob das ehema lige Jugoslawien für Sie zu Europa gehört oder nicht.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist ein schlechtes Bei spiel!)

Vielen Dank.

Das ehemalige Ju goslawien gehörte zur Zeit dieser Kriege eben nicht zur Eu ropäischen Union.

(Abg. Andreas Stoch SPD: So ist es!)

Genau das war der Fehler, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Widerspruch bei der AfD – Abg. Andreas Stoch SPD zur AfD: Das ist genau das, was Sie nicht kapiert haben!)

Sie haben es einfach nicht verstanden. Diese kleingeistige Milchmädchenrechnung, die Sie aufgemacht haben, ist typisch für Ihre Partei:

(Abg. Anton Baron AfD: Dann widerlegen Sie es doch!)

zu rechnen, was abfließt und was zurückkommt. Was Sie über haupt nicht auf dem Schirm haben, sind die Vorteile freier Märkte und der Marktwirtschaft innerhalb der Europäischen Union und inwiefern eine exportorientierte baden-württem bergische Wirtschaft davon profitiert. Das haben Sie nicht ver standen.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU – Zurufe von der AfD)

Die politische Rechte gefährdet den Frieden, wenn das Pro jekt Europa infrage gestellt wird und wenn Sie, meine Damen und Herren, die EU kaputt machen wollen.

(Beifall bei der FDP/DVP, den Grünen, der CDU und der SPD – Abg. Carola Wolle AfD: Sie gefährden den Frieden!)

Allerdings sind die Beiträge, die von der politischen Linken kommen, auch nicht alle beruhigend,

(Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

wenn die Kühnerts dieser Welt in die sozialistische Motten kiste greifen, wenn die Habecks und Palmers von Enteignung reden. Und Ihnen, Herr Kollege Schwarz, ist am heutigen Tag zu Europa auch nur eine neue Steuer, nämlich eine CO2-Steu er, eingefallen. Das ist auch nicht die Zukunft Europas, mei ne Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Deshalb ist es einfach so: Wenn die Rechte den Frieden ge fährdet, so muss man gut aufpassen, dass die Linke nicht den Wohlstand Europas gefährdet. Deshalb ist es notwendig, dass die Europäische Union nach dieser Europawahl von der poli tischen Mitte aus geführt wird.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Carola Wolle AfD: Die politische Mit te gibt es nicht mehr! Die sind doch alle links!)