Protokoll der Sitzung vom 16.05.2019

Wir plädieren für Folgendes: Schauen wir uns doch mal die Erfahrungen an, die Hessen macht, die Bremen macht, die Hamburg macht, und bewerten dann, was dort passiert ist, und überlegen, was für Baden-Württemberg die richtige Lösung ist. Denn klar ist auch: Bremen und Hamburg sind Stadtstaa ten, die eine ganz andere Konstellation haben als ein großes Flächenland, ein wirtschaftsstarkes Flächenland wie BadenWürttemberg.

Wir plädieren daher dafür, hier Sorgfalt vor Eile walten zu las sen. Lassen Sie uns deshalb abwarten, was dort passiert, und dann die Doppik hier noch einmal diskutieren.

Grundsätzlich begrüßen wir, dass die Landesregierung dop pische Elemente ergänzend zur Kameralistik wie z. B. die be reits angesprochene Vermögensrechnung einführt. Aber da muss ich anmerken: Es war eine Forderung des Rechnungs hofs, diese einzuführen. Das war nichts, was irgendwie in Re gierungsstuben erfunden wurde, sondern das war letztendlich eine Forderung des Rechnungshofs. Das muss man hier fai rerweise dazusagen.

Wir sind gespannt auf die weiteren doppischen Elemente, die Sie in Ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP/DVPFraktion, Drucksache 16/2322, angekündigt haben. Dass Sie weitere doppische Elemente einführen wollen, begrüßen wir grundsätzlich und sind sehr gespannt, was da noch kommen mag.

Zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir die Einführung der Doppik in der Landesverwaltung und im Land nicht als sinnvoll an, vor allem nicht mit der Gegenfinanzierung, die die AfD an strebt, die irgendwelche „ideologischen Projekte“ – welche auch immer diese sein mögen – einstampfen möchte. Da bin ich bei der AfD sehr vorsichtig und frage mich, was das be deutet. Das ist ungefähr genauso seriös wie Ihre Gegenfinan zierungsanträge in den Haushaltsberatungen, in denen Sie ein fach einmal unterstellen, man könnte alle Flüchtlinge und al le Asylanten ausweisen und hätte dadurch Ersparnisse, mit de nen man dann alle möglichen tollen Sachen finanzieren kann.

(Abg. Anton Baron AfD: Schauen Sie mal Ihre Ge genfinanzierungsanträge an!)

Das ist nicht seriös. Das ist mir zu billig.

(Beifall bei der FDP/DVP, den Grünen, der CDU und der SPD)

Darum lehnen wir diesen Gesetzentwurf der AfD-Fraktion ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Andreas Ken ner SPD – Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Nun darf ich für die Re gierung Frau Staatssekretärin Dr. Splett ans Redepult bitten.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Land BadenWürttemberg ist aktuell mit dem derzeitigen kameralen Rech nungswesen, das um doppische Elemente erweitert wurde, sehr gut aufgestellt. Ich möchte hier auch mit Blick auf die Uhrzeit nicht die Vorzüge und Nachteile der verschiedenen Formen des Rechnungswesens bewerten. Ich werde jetzt auch nicht über die Historie der Kameralistik reden.

Entscheidend ist für mich eine wirtschaftliche, nachhaltige und damit generationengerechte Haushaltsführung. Dafür ist eben nicht nur die Form des gewählten Rechnungswesens aus schlaggebend. Viel wichtiger ist die konsequente Anwendung der vorhandenen Instrumente zur Planung und Überwachung. Hier ist vieles von dem, was der vorgelegte Gesetzentwurf fordert, bereits umgesetzt.

Wir haben selbstverständlich die Ausgaben, die Entwicklung der Schulden und der künftigen Verpflichtungen des Landes im Blick. Einen ganz entscheidenden Schritt, diese Entwick lung noch transparenter zu machen, sind wir mit der Einfüh rung der Vermögensrechnung des Landes gegangen. Das war im Übrigen damals eine Entscheidung der Regierung, die vom Rechnungshof unterstützt wurde.

Die Vermögensrechnung wird nach den Grundsätzen des Han delsgesetzbuchs erstellt; das wurde hier schon angesprochen. Über die Standards staatlicher Doppik werden dabei auch die Besonderheiten der öffentlichen Verwaltung berücksichtigt. Mit der Vermögensrechnung haben wir einen umfassenden und transparenten Nachweis über das Vermögen und die Schulden des Landes vorgelegt. Damit ergänzt die Vermö gensrechnung die zahlungsorientierte Kameralistik sehr gut. Aus der Vermögensrechnung werden im Zeitvergleich Verän derungen sichtbar. Daraus lassen sich die Folgen und in un serem Fall die Erfolge politischer Entscheidungen ablesen.

Unmittelbar ablesen lassen wird sich beispielsweise, dass im Doppelhaushalt 2018/2019 erstmals in der Geschichte des Landes Kreditmarktschulden in erheblichem Umfang getilgt wurden und werden oder dass gleichzeitig die Sondervermö gen für die Absicherung künftiger Versorgungsausgaben wei ter gestärkt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Noch deutlicher können die monetären Auswirkungen politi scher Entscheidungen über eine Ergebnisrechnung sichtbar gemacht werden. Dort werden die Aufwendungen den Erträ gen eines Jahres gegenübergestellt. Auch hier sind wir auf dem richtigen Weg. Mit dem IT-Projekt „Restrukturierung des Haushaltsmanagementsystems und Einführung eines Kassen systems auf SAP-Basis“, kurz REPRO, schaffen wir in den kommenden zwei Jahren die technischen Voraussetzungen für eine solche Ergebnisrechnung.

In der Zielsetzung des Gesetzentwurfs wird die doppelte Buchführung als Garantie für eine bessere Vergleichbarkeit und damit für einen institutionellen Wettbewerb zwischen ver schiedenen Behörden genannt.

In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass die Kos ten- und Leistungsrechnung im Land bereits seit Jahren im

Einsatz ist. Diese liefert die für Vergleiche wichtige Sicht auf die Aufgaben der Landesverwaltung und den dafür benötig ten Aufwand. So wissen wir z. B. genau, was ein Hafttag im Justizvollzug kostet, wie hoch die Kostendeckung in Justiz verfahren ist oder welche Verwaltungskosten pro Besoldungs zahlfall beim LBV entstehen. All diese Beispiele sind auch in den produktorientierten Informationen im Haushaltsplan ab gebildet.

Vergleiche auf Behördenebene finden in vielen Bereichen be reits statt und führen zu sehr guten Ergebnissen.

Sie sehen, meine Damen und Herren: Die geforderten Aus wertungen sind bereits heute in großem Umfang möglich, und sie werden auch gemacht.

In der Begründung des Gesetzentwurfs ist zu lesen, dass da mit das Instrument der Budgetierung gesetzlich verankert und die Voraussetzungen für eine leistungsorientierte Steuerung geschaffen werden sollen. Deshalb möchte ich an dieser Stel le darauf hinweisen, dass im Bereich der Sachmittel der Bud getierungsgedanke bereits vollständig umgesetzt ist und auch die Personalausgabenbudgetierung bereits in großen Teilen der Landesverwaltung Anwendung findet. Diese Flexibilisie rung wird von den Beteiligten sehr geschätzt.

Auch die Leistungsorientierung ist im Haushalt über die pro duktorientierten Informationen, in die auch Informationen aus der Kosten- und Leistungsrechnung einfließen, bereits enthal ten.

Angemerkt sei auch, dass diejenigen Bereiche der Landesver waltung, deren Aufgaben auf eine möglichst hohe Kostende ckung bzw. Gewinnerzielung ausgerichtet sind, nämlich die Landesbetriebe, bereits seit Langem doppisch buchen.

Wie sieht es in anderen Ländern aus? Unter den Flächenlän dern hat bisher lediglich Hessen vollständig auf ein doppi sches Rechnungswesen umgestellt. Selbst dort erfolgt aber die Planung noch nach kameralen Grundsätzen. Nordrhein-West falen befindet sich in einem Umstellungsprozess. Alle ande ren Flächenstaaten sowie der Bund setzen derzeit auf eine rei ne Kameralistik oder gehen einen ähnlichen Weg wie BadenWürttemberg, indem sie das kamerale System um doppische Elemente erweitern.

Auch auf europäischer Ebene gibt es Bestrebungen für eine möglichst einheitliche Rechnungslegung in den öffentlichen Haushalten der Mitgliedsstaaten, kurz EPSAS. Derzeit ist da aber noch nicht klar, wohin der Weg genau führt.

Angesichts dieses Umfelds sehe ich gegenwärtig weder die Notwendigkeit noch den richtigen Zeitpunkt für eine Umstel lung des Rechnungswesens auf Landesebene. Entsprechend skeptisch haben sich auch verschiedene Sprecher

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Alle! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Jetzt aber, Herr Schwarz! Nicht alle! – Abg. Jonas Weber SPD: Alle vernünfti gen Sprecher!)

alle Sprecher dieser Fraktionen – geäußert. Mit den vorhan denen Instrumenten ist Baden-Württemberg sehr gut aufge stellt, um eine wirtschaftliche, nachhaltige und zukunftsfähi ge Haushaltsführung zu gewährleisten und das Geld der Steu

erzahlerinnen und Steuerzahler bestmöglich einzusetzen. Denn darum geht es letztendlich.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, die Aussprache ist damit beendet.

(Abg. Anton Baron AfD: Nein, nein!)

Herr Abg. Dr. Podeswa, bitte.

(Zuruf des Abg. Tobias Wald CDU)

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst – leider ist Herr Stickelberger gegangen –: Von einer Partei, deren Kanzlerkandidat sich von Carsten Maschmeyer unter Zwischenschaltung von Mittelsmännern die Zeitungsannon cen bezahlen lässt

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Von wem Sie das bezahlen lassen, werden wir noch herausfin den!)

und der noch immer nicht ausgeräumt hat, dass die hannover sche Staatskanzlei den Wahlkampf verdeckt mitfinanziert hat,

(Abg. Jonas Weber SPD: So ein Quatsch!)

verbiete ich mir hier Belehrungen zum Thema Spendenaffä re.

(Beifall bei der AfD – Abg. Jonas Weber SPD: Klä ren Sie mal in Ihrem Haus Ihre Probleme! Dann se hen wir weiter! – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Geld aus der Schweiz!)

Der zweite Punkt ist die Frage, wie der europäische Standard für die Finanzverwaltung aussehen wird.

(Zuruf des Abg. Claus Paal CDU)

Frankreich hat einen strikt doppisch aufgebauten Haushalts plan und eine entsprechende Haushaltskontrolle. Jetzt raten Sie einmal, wie sich Europa entscheiden wird. Da werden möglicherweise an der rechten und an der linken Seite noch ein bisschen International Accounting Standards dazuge mischt,

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

und ansonsten wird Europa schön das machen, was Frank reich schon viele Jahre macht.