Protokoll der Sitzung vom 10.07.2019

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Baden-Württemberg verfügt über alle notwendigen Kompe tenzen in Forschung und Industrie.

Es geht darum, die Lithium-Ionen-Batterie weiterzuentwi ckeln. Es geht darum, die Post-Lithium-Ionen-Batterie zu ent wickeln. Es geht um eine höhere Energiedichte. Es geht um die Leistungsfähigkeit der Batterie. Es geht um wettbewerbs fähige Preise. Es geht um lange Lebensdauer, um einen län geren Ladungszyklus, um umweltverträgliche Produktions methoden, um bessere Entsorgungsbedingungen. Wir können in Baden-Württemberg auch Entsorgung, nicht nur Ibbenbü ren.

Es geht nicht um die grüne Batterie; es geht nicht um ein An streichen einer Batterie. Auf den Inhalt kommt es an!

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Wir haben hier die beste Forschungsinfrastruktur mit dem ZSW in Ulm, mit einem Labor für Batterietechnologie und ei ner Forschungsproduktionslinie für Batteriezellen, mit dem Helmholtz-Institut Ulm für elektrochemische Energiespeiche rung, mit dem KIT, das vom Bund im Rahmen der Exzellenz initiative für seine Exzellenzstrategie „Energiespeicherung jenseits von Lithium“ ausgezeichnet wurde, sowie dem Deut schen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Wir haben also in Baden-Württemberg wirklich alle notwendigen Bedingungen. Wir haben die Grundlagen.

Deswegen empfehle ich uns, an der Sache dranzubleiben. Wir haben immer gut daran getan, wenn wir uns nicht auf Subven tionen von anderen verlassen haben,

(Abg. Bernd Gögel AfD: So kann man es auch sa gen!)

sondern auf unsere eigenen Stärken gesetzt haben.

Heute Morgen lag vor meinem Hotelzimmer eine Zeitung, in der stand, der Bund wolle jetzt allen überschuldeten Kommu nen in Deutschland die Schulden erlassen. Aber in 20 Jahren werden die gleichen Kommunen wieder die gleichen Schul den haben. Diese Subventioniererei hat noch nie zu etwas ge führt.

Wir verlassen uns nicht auf Subventionen, sondern wir ver lassen uns auf unsere Stärken. Dazu werden wir natürlich den Bund weiterhin in die Pflicht nehmen. Wir werden mitmachen beim strategischen Ansatz zu einer industriellen Batteriezel lenfertigung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Ener gie. Wir werden auch bei der Europäischen Batterie-Allianz mitmachen. Warum? Weil es uns um die Arbeitsplätze geht.

(Abg. Andreas Stoch SPD: So ist es!)

Gestern Abend wurden in den „Tagesthemen“ – vielleicht hat es jemand angeschaut – Beispiele aus Baden-Württemberg an geführt, um zu zeigen, welche Umbrüche da stattfinden.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Wir wollen bei der Batterietechnologie, bei der Produktions technologie vorn mit dabei sein. Wir wollen die Herzstücke unseres Landes erhalten. Wir haben alle Voraussetzungen, um diesen Wettbewerb zu gewinnen. Wenn wir uns anstrengen, sind wir schneller als Münster, und dann werden wir es ge schafft haben.

(Abg. Claus Paal CDU: So machen wir es!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Frau Abg. Wolle das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Siegeszug der Automobilindustrie in Baden-Württemberg begann mit der le gendären Überlandfahrt von Bertha Benz im August 1888 von Mannheim nach Pforzheim.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber ohne Batterie!)

Durch ihren Mut, der Welt zu zeigen, dass es neben Pferde kutschen auch andere Fortbewegungsmittel, nämlich das Au tomobil, gibt, entstand ein völlig neuer Industriezweig, der den Menschen vor allem eines brachte: Freiheit.

(Beifall bei der AfD)

Auch die Anfang der Zwanzigerjahre aufkommenden Elekt roautos in Berlin und in vielen Städten der USA konnten sich aufgrund der geringen Reichweite, des Gewichts und der dünn gesäten Austauschstationen für die Batterie nicht durchsetzen.

Die immer bessere technische Entwicklung und Umsetzung bei unseren Benzin- und Dieselmotoren führte zu Spitzenleis tungen und setzte sich ohne staatliche Förderung durch. Heu te sind Hightechbenziner und -diesel zu einem nicht geringen Anteil „Made in Baden-Württemberg“ – und das ist spitze.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Ließe man dieser Entwicklung weiter freien Lauf, so würde sich in den nächsten Jahrzehnten erneut genau die Mobilitäts technologie herausbilden, welche unter den gegebenen Rah menbedingungen am konkurrenzfähigsten ist. In diesem evo lutionären Prozess hätte die baden-württembergische Auto mobilindustrie gute Chancen, ihre Marktführerschaft weiter zu halten.

Doch es soll anders kommen. Getrieben von apokalyptischen Klimaneurosen, glauben weite Teile der Politik, in das Markt geschehen eingreifen zu müssen. Mit milliardenschwerem Aufwand soll den Marktteilnehmern eine Technologie, nämlich die E-Mobilität, aufgezwungen werden, an deren Schwach punkten sich bereits seit dem Verwinden vor 100 Jahren nichts geändert hat.

Auch unsere grün-schwarze Landesregierung setzt in Sachen zukünftiger Mobilität schwerpunktmäßig auf die batterieba sierte E-Mobilität. Und was nicht passt, muss passend ge macht werden. Die Forschung soll es nun richten. Dumm ist dabei nur, dass die Batterieproduktion in Deutschland vor Jah ren aufgegeben wurde.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: So ist es! – Abg. Winfried Mack CDU: Stimmt doch nicht! Das ist doch Quatsch! Wo leben Sie denn?)

Dieser Industriezweig ist seither in fernöstlicher Hand. Der staatlich verordnete Technologiewechsel eröffnet den Asiaten einen völlig neuen Markt. Denn 30 % der Wertschöpfung ei nes E-Mobils entstehen allein bei der Batterieproduktion. Da mit gingen also 30 % der Wertschöpfung der deutschen Au tomobilindustrie zugunsten des asiatischen Markts verloren. Die aufstrebenden asiatischen Länder haben dies erkannt. Sie haben sich 60 % der weltweiten Kobaltvorkommen gesichert, und sie haben inzwischen die Technologieführerschaft in der Batteriefertigung übernommen.

Zwischenzeitlich ist auch in Deutschland und in Baden-Würt temberg die Erkenntnis gereift, dass die geplante Verkehrs wende mit der herkömmlichen Batterietechnik nicht zu ma chen ist. Hektisch soll nun der technologische Vorsprung der Asiaten eingeholt und sogar überholt werden. Bund und Land überbieten sich gegenseitig mit Förderprogrammen zur Bat terieforschungsfertigung. Aber eines muss man sich vor Au gen halten: Wer einen anderen einholen oder sogar überholen will, muss zumindest zeitweise schneller sein als dieser.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Daher stellt sich grundsätzlich die Frage, ob auch eine noch so gute deutsche Forschung überhaupt noch in der Lage wä re, ihre fernöstlichen Konkurrenten einzuholen oder sogar zu überholen. Die Wirtschaft scheint diesbezüglich den Optimis mus der Landesregierung nicht zu teilen.

(Zuruf von der AfD: So ist es!)

Bosch hat sich gegen eine Batterieproduktion entschieden. Der Industrie- und Handelskammertag merkt an, dass trotz der Zukunftsfähigkeit der Elektroantriebe andere Technologi en nicht aus dem Fokus geraten sollen.

Doch bleiben wir bei der Gedankenwelt der Landesregierung. Inzwischen ist auch ihr klar geworden, dass der Umbau der

Automobilindustrie das Land Arbeitsplätze und Wirtschafts kraft kosten könnte. Immerhin sind bis zum Jahr 2030 fast die Hälfte der Arbeitsplätze in der und um die Automobilindus trie, nämlich 235 000, gefährdet. Daher bemüht sie sich um die vom Bund bereitgestellten Gelder für die Batteriezellen forschungsfertigung mit dem Ziel, dann auch die Bearbeitung, die Fertigung im Ländle zu halten.

Ulm scheint mit seinen bereits laufenden Forschungsprojek ten, z. B. für neue Speicherkonzepte, sowie den zur Verfügung stehenden Gebäuden geradezu ideal zu sein. Darüber hinaus wurden von der Landesregierung Gelder in Höhe von 185 Mil lionen € vorsorglich in die aktuelle Haushaltsplanung einge stellt.

In Ulm und um Ulm herum wird alles versucht, um Forschung und Wirtschaft zusammenzubringen, um den Zuschlag vom Bund für die Batterieforschungsfertigung zu erhalten. Der da mit einhergehende Geldsegen von im ersten Schritt 500 Mil lionen € wäre unabhängig vom Ergebnis ein Gewinn für un seren Forschungsstandort Baden-Württemberg gewesen.

Die Voraussetzungen in Ulm schienen eindeutig besser zu sein als bei den anderen Mitbewerbern des bundesweiten Wettbe werbs. Ende Juni schien alles unter Dach und Fach. Die Ex perten der sogenannten Gründungskommission beim Bundes wirtschaftsministerium hatten eine Empfehlung für Ulm ab gegeben. Weißer Rauch auch in Berlin.

Die Freude hielt allerdings nur wenige Tage. Dann wurde be kannt, dass nicht Ulm, sondern Münster das Rennen gemacht hat. Dass Münster im Wahlkreis der zuständigen Bundesfor schungsministerin Anja Karliczek liegt, ist natürlich reiner Zufall. Jetzt ist erst mal Katzenjammer angesagt. Frau Minis terin Hoffmeister-Kraut ist enttäuscht, und Herr Ministerprä sident Kretschmann ist sogar „angefressen“ – lange Gesich ter überall in der Regierung.

Nun drängen sich Fragen auf: Was nützt das Votum von Ex perten einer Gründungskommission, wenn dieses Votum nie manden interessiert?

(Beifall bei der AfD)

Wie kann es sein, dass eine Bundesministerin der CDU ein millionenschweres Forschungsprojekt in ihren Wahlkreis ver gibt, ohne rot zu werden, Herr Strobl? Wie steht es um die Kommunikation zwischen der Landes- und der Bundesregie rung, Herr Kretschmann, wenn die Landesregierung von der Bundesregierung derart kalt erwischt und düpiert wird? Und, Herr Mack, Sie haben gesagt, 1 Milliarde € könnte man gera de so überwinden; das brauchten wir nicht.

(Abg. Winfried Mack CDU: Was habe ich gesagt? – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Das hat er doch gar nicht gesagt!)

Wie wollen Sie 1 Milliarde € Forschungsgelder vom Bund ausgleichen? Das können Sie gar nicht.

Aber vielleicht ist dieser Schock ja auch die Gelegenheit, in nezuhalten und gegebenenfalls zu neuen Erkenntnissen zu kommen. Denn ob es die Forschungsfabrik für Batteriezellen – unabhängig vom Standort – schafft, den Vorsprung der Asi aten in Sachen Batteriefertigung einzuholen, ist wirklich frag lich.

Interessant dabei ist, dass plötzlich das Projekt „HyFab-Ba den-Württemberg“ wieder in den Fokus der Landesregierung gerät – gell, Herr Kretschmann? Die Forschung an Brennstoff zellen wird nun sogar als Ersatz für die Batteriezellenfor schungsfertigung gehandelt. Das Potenzial der Brennstoffzel le liegt weit über dem der Batterie. Darüber hinaus gibt es kei nen ausgeprägten Forschungsvorsprung der Asiaten, den man dann ausgleichen müsste. Sollte sich das bewahrheiten, so hat die Pleite von Ulm sogar etwas Gutes. Vielleicht wird jetzt so gar die Suche nach der zukünftigen Mobilitätstechnologie wieder technologieoffen geführt – weg vom staatlichen Diri gismus hin zu marktkonformer evolutionärer Entwicklung, wie es die AfD schon lange fordert.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Denn wir unterstützen eine technologieoffene Forschung.