Protokoll der Sitzung vom 17.07.2019

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Rapp.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Einrichtungen der Kur- und Erholungsorte sowie unsere Heilbäder sorgen frei nach dem namhaften Vertreter aus der Pharmabranche, Klaus Eckert aus Kirchzarten

(Abg. Nicole Razavi CDU: Ach, der Klaus!)

ich glaube, die Gesundheitspolitiker unter Ihnen werden ihn kennen –, stets für einen niedrigen Blutdruck und einen ho hen Wirkungsgrad. Sie tun dies aber nicht nur mit Blick auf Gesundheit und Wellness, sondern auch in der Funktion als tragende Säule im Tourismusland Baden-Württemberg.

Damit der Erfolg der Kur- und Erholungsorte auch in eine gu te Zukunft geführt werden kann, beraten wir heute abschlie ßend die Neufassung des Gesetzes über die Anerkennung von Kurorten und Erholungsorten. Unser Dank gilt insbesondere dem Ministerium, allen voran Minister Guido Wolf mit sei nen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, für die Vorarbeiten und für die Vorbereitungen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Mittelpunkt steht dabei die Sicherung der Qualitätsstandards für die Prädikatisierung unserer Kur- und Erholungsorte sowie unserer Kur- und Heil bäder. Die Erfüllung und Stärkung dieser Qualitätsstandards sind jedoch nicht nur für die Gäste und Besucher von hoher Bedeutung; sie sind ebenso wichtig für die Bürgerinnen und Bürger in den jeweiligen Kommunen.

Die Qualitätsstandards in diesem wichtigen Segment wirken sich in vielerlei Hinsicht auf die Lebensbedingungen aus, et wa die Verfügbarkeit der Nahversorgung, das Vorhandensein ärztlicher, pflegerischer Dienste, aber auch die Arbeitsplätze bei Beherbergern, in der Gastronomie, bei Bäckern, bei Metz gern, bis hin zur Landwirtschaft, dem Einzelhandel sowie dem Handwerk.

Für uns ist es daher wichtig, den Kur- und Erholungsorten die richtigen Rahmenbedingungen zu geben. Ein wesentlicher Baustein hierzu sind die Qualitätskriterien – Kollege Pix hat es schon ausgeführt – und deren kontinuierliche Prüfung. Wie wichtig das ist, zeigen ein paar Zahlen: Wir haben 56 prädi katisierte Kur- und Heilbäder, dabei zwölf Millionen Über nachtungen, dadurch 3,5 Milliarden € Umsatz und insgesamt im Tourismus eine Zahl von 390 000 sozialversicherungs pflichtig beschäftigten Personen. Das heißt, wir haben eine sehr große Systemrelevanz.

Ich weiß, dass in der Ausschussberatung, aber bereits auch in der ersten Lesung Kollegen gefragt haben: Was passiert denn mit den Bezeichnungen auf den Ortsschildern? Da bin ich Mi nister Strobl sehr dankbar, dass diese Kurorte und Erholungs orte künftig mit der entsprechenden Prädikatisierung auf den Ortsschildern werben können.

Lassen Sie mich eines sagen: Das Ganze ist nur ein Baustein für den Tourismus in Baden-Württemberg. Wir erstellen der zeit das Tourismuskonzept. Es gibt aber auch noch weitere wichtige Grundlagen im Tourismus, die es in den Blick zu nehmen gilt. Diese Herausforderungen – ich nenne die Fach kräftegewinnung, aber auch die teils überbordenden bürokra tischen Hürden und Anforderungen – müssen bewältigt wer den.

Insbesondere die Flexibilität der touristischen Angebote und damit auch die Flexibilität der Arbeitszeitgestaltung stehen hier besonders im Mittelpunkt. Aus diesem Grund freue ich mich auch, dass Ministerpräsident Kretschmann sich in die ser Frage bereits unterstützend positioniert hat, und ich hoffe, dass die Kollegen der grünen Fraktion dem bald folgen.

Wenig hilfreich ist es hingegen, wenn vonseiten der SPD die Abschaffung des abgesenkten Mehrwertsteuersatzes für die Beherberger gefordert wird, so, wie es in manchen europäi schen Nachbarländern im Hotel- und Gaststättenbetrieb der Fall ist. Hinsichtlich des Erhalts von Arbeitsplätzen und der Investitionsfähigkeit der Branche besteht hier aufseiten der Kollegen von der SPD schon ein erhebliches Optimierungs potenzial.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Da kann doch der Tou rismusbeauftragte der Bundesregierung etwas tun, oder?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn klar ist, dass es noch weitere Veränderungen und Entwicklungen gibt,

die wir für das Tourismusland Baden-Württemberg, aber auch für die Akteure im Tourismus bewältigen müssen, kann man zusammenfassend doch feststellen: Mit dem heutigen Gesetz ist eine weitere, zukunftsorientierte Grundlage für das Bäder- und Tourismusland Nummer 1 in Deutschland geschaffen worden. Damit wird ein weiterer Schritt für nachfolgende Leuchttürme im Tourismus unseres Landes gegangen.

Ich bitte Sie für die anschließende Abstimmung um Unterstüt zung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Wolle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete! Bereits bei der ersten Lesung bestand ein sehr breiter Konsens, dass die Kur- und Erholungsorte für den Tourismus hier in Baden-Württemberg von größter Be deutung sind. Wir waren uns einig, dass die Neufassung des entsprechenden Gesetzes stimmig und sinnvoll ist.

Ich möchte eines noch einmal hervorheben, nämlich die Dif ferenzierung der Prädikatisierung nach der Art des jeweiligen Heilmittels. Das ist ganz wichtig, und ich denke, da sind wir wirklich sehr fortschrittlich – das sollte aber auch so sein.

Sehr gut ist, dass diesmal eine regelmäßige Überprüfung die ser Prädikatisierung angedacht ist, sodass auch dort entspre chend vorgegangen werden kann.

Die Kosten sind überschaubar, der bürokratische Mehrauf wand hält sich in engen Grenzen. Die Stellung der Kur- und Erholungsorte wird durch die Novelle sehr gestärkt. Daher wird die AfD diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD hat Frau Kol legin Wölfle das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wo ist Herr Pix? Ich könnte ihn jetzt von der Spannung erlösen. Ich habe es nicht im Ausschuss ange kündigt, sondern in der Ersten Beratung hier: Es gibt in der Tat ein paar Kritikpunkte. Ich komme gleich dazu.

In der ersten Lesung habe ich bereits die grundsätzlichen Punkte des Kurortegesetzes genannt und in der Tat für die zweite Lesung ein paar kritische Anmerkungen angekündigt. Ich glaube nicht, dass es hierüber nun wirklich eine Diskus sion geben muss, aber ich finde, dass man sich gedanklich doch etwas in Richtung Zukunft bewegen sollte, auch bei der Frage möglicher Innovationen. Natürlich stimmen wir dem Gesetzentwurf zu. Ich hätte mir aber trotzdem gewünscht, dass die Novellierung ein bisschen mehr Mut zu Innovationen zeigt.

Vorrangig hat das Gesetz das Ziel, die Fassung in Richtung Leichter Sprache zu verändern. Es gibt natürlich punktuell ein paar Klarstellungen; das ist auch alles richtig, und es ist wich tig. Was aber fehlt, ist z. B. der Bereich Nachhaltigkeit. Zu

Recht hat der Landesnaturschutzverband hierzu kritische An merkungen gemacht, die teilweise auch nachvollziehbar sind. Kuren und Erholung erfordern frische Luft und eine intakte Natur. Hier hätte man in Richtung sanfter und nachhaltiger Tourismus auch mutiger sein und den Trend zur Natur auch im Bereich „Kuren und Erholung“ aufgreifen können.

Aufgreifen möchte ich auch das Thema Kosten. Ob das Ge setz am Ende wirklich kostenneutral sein wird, ist abzuwar ten. Gutachten müssen erstellt werden, es braucht Investitio nen in die für die Anerkennung notwendigen Infrastrukturen bzw. auch in deren Sanierung, Modernisierung oder eine even tuelle komplette Neueinrichtung. Barrierefreiheit ist ebenfalls ein Punkt. Sie kostet immer Geld, und bestehende Förderpro gramme werden dabei wohl nicht ausreichen.

Ich möchte aber auch nicht unerwähnt lassen, dass es nach der Auflösung des interdisziplinären Behandlungs- und For schungszentrums Balneologie der Universitätsklinik Freiburg in Bad Krozingen nun im gesamten Bundesland keine Ein richtung oder Hochschule mehr gibt, die das Thema „Heil- und Kurorte“ auf wissenschaftlicher Basis bearbeitet.

(Zuruf des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Baden-Württemberg ist das Bäderland Nummer 1 und hat im Gegensatz zu anderen Bundesländern auf diesem Sektor nichts mehr anzubieten. Blicken wir nach Bayern: Unser direkter Konkurrent gibt ein deutlich besseres Bild ab. 2018 hat man in Bad Kissingen in Zusammenarbeit mit einer spezifischen Professur an der Uni Würzburg eigens das Institut für Kurort medizin und Gesundheitsförderung geschaffen. Hierbei geht es um den evidenzbasierten Ausbau der Kernkompetenzen in der Präventivmedizin, aber auch um Gesundheitsförderung. Dort werden in enger Abstimmung mit Wissenschaft, For schung, Praxis und Gesellschaft zukunftsorientierte Konzep te entwickelt.

Kur- und Erholungsorte sind längst nicht mehr ausschließlich dazu da, Menschen nach einem Unfall oder einer Erkrankung wieder fit zu machen. Es geht um viel mehr. Es geht auch um neue Phänomene wie Burn-out bzw. um sehr viele neue prä ventive Ansätze. Es geht in diesem Bereich aber schlichtweg auch um Wellness, was einen wachsenden Markt darstellt. Ge sunde Ernährung, bessere Lebensführung, mehr Ruhe und Be sinnung auf das eigene Ich – das sind nicht nur Trends, son dern bereits überall nachgefragte Therapien, ohne die ein mo derner Kurort nicht mehr bestehen kann. Hier könnte man dem Beispiel Bayerns folgen und mithelfen, dass interdisziplinäre Angebote und präventive Medizin – die alternativen Trend ansätze – mit wissenschaftlicher Expertise ausgebaut werden. Leider findet sich dazu nicht wirklich etwas im Gesetz.

Das Gesetz – das möchte ich abschließend sagen – ist solide. Es ist in Ordnung, und wir stimmen ihm auch zu; aber es ist eben nicht der große, innovative Wurf, um dauerhaft in einem wachsenden Markt neben anderen Bundesländern erfolgreich bestehen zu können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nun spricht Herr Abg. Dr. Schweickert für die FDP/DVP-Fraktion.

Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Im Mai 2018 hat die FDP/DVP mit der Drucksache 16/3978 nachgefragt, was die Landesre gierung tun möchte, um dem Bädertourismus mehr Schub zu verleihen. Darauf war die Antwort – ich zitiere –:

Im Zuge der Umsetzung der Handlungsempfehlungen des Gutachtens zur Fortentwicklung des Heilbäder- und Kur ortewesens sind zur Stärkung des Gesundheitstourismus in den baden-württembergischen Heilbädern und Kuror ten folgende... Maßnahmen geplant:...

Als Erstes kommt dann die Neufassung des Kurortegesetzes.

Wenn ich mir dies nun hinsichtlich der beschriebenen Zielset zung anschaue, so frage ich: Hat man angepasst? Ja, das hat man. Hat man die Anforderungen an die Realität angepasst und somit modifiziert? Auch das ist der Fall. Man hat z. B. an tizipiert, dass heute jemand, der Erholung sucht, eine Maß nahme nicht mehr fünf Tage lang am Stück durchführt, son dern teilweise in deutlich kürzerer Zeit. Das kann man viel leicht persönlich kritisieren, und mancher würde gern für ei nen längeren Zeitraum gehen; aber das sind nun einmal die Tatsachen.

Daher muss man sagen: Ja, dieses Kurortegesetz wurde den Realitäten angepasst. Deshalb, Herr Kollege Pix, werden wir, die FDP/DVP-Fraktion, dem Gesetzentwurf mit Überzeugung zustimmen, weil man ebendiese Punkte eingefügt hat.

Schauen wir uns aber einen weiteren Punkt an, mit dem man den Bädertourismus nach vorn bringen möchte, nämlich das Thema Prädikatisierung. Wie kann ich diese zwischen den Ländern vergleichen? Herr Minister, vielleicht können oder wollen Sie noch etwas dazu sagen, wie der aktuelle Stand bei dem auf Initiative Baden-Württembergs beschlossenen BundLänder-Ausschuss ist, ob es weitere Punkte gibt, die man hier bringen möchte, um irgendwann in Zukunft vielleicht noch mehr Vergleichbarkeit in diesem Bereich zu bekommen.

Frau Kollegin Wölfle, in einem Punkt bin ich nicht Ihrer Mei nung. Ich glaube, dass Heil- und Kurorte heute deutlich mehr sind als das, was man vielleicht vom Wortstamm ableiten könnte. Das betrifft etwa das Thema „Ruhiger und sanfter Tourismus“. Wir haben sehr viele heilklimatische Kurorte ge rade im Nordschwarzwald. Da ist es sehr wichtig, dass die Fa milien der Gäste am Wochenende kommen und dann vielleicht auch etwas mehr Action oder Erlebnis im Vordergrund steht.

Ich bin froh, dass es den Begriff „Heil- und Kurorte“ gibt. Aber ich glaube, politisch müssen wir ihn mit neuen Ansät zen, mit neuen Maßnahmen unterfüttern. Ich bin mir sicher, wir werden diese noch diskutieren. Denn es sollen ja auch in Zukunft noch Touristen in unsere Kurorte kommen. Es sollte nachher nicht so sein, dass der Tourist der beste ist, der erst gar nicht mehr kommt, weil dies dann am nachhaltigsten und ökologischsten ist. Tourismus heißt vielmehr: Da muss etwas mit Leben erfüllt werden, da muss etwas passieren.

In diesem Sinn: Lassen Sie uns darum kämpfen, dass der Tou rismus die Leitökonomie in Baden-Württemberg bleibt, die er ist, und noch besser wird. Das Kurorte- und Heilbädergesetz ist ein Schritt dazu. Deswegen signalisiere ich Zustimmung vonseiten der Fraktion der FDP/DVP.