Protokoll der Sitzung vom 17.07.2019

weiter als viele andere Bundesländer in dieser Angelegenheit war, sind die Änderungen für uns nicht umfangreich.

Im Einzelnen sollen jetzt folgende Verteilungsquoten gelten: Wegfall der Wartezeitquote von bislang 20 %, Erhöhung der Abiturbestenquote von 20 % auf 30 %, Erhalt der Quote von 60 % über das Auswahlverfahren der Hochschule und – neu eingeführt – die schulnotenunabhängige Quote von 10 %.

Bei der Quote von 60 % über das Auswahlverfahren der Hoch schule werden Vorgaben gemacht, die ein verfassungsgemä ßes Verfahren sicherstellen. Hier müssen neben Studieneig nungstests noch schulnotenunabhängige Kriterien berücksich tigt werden. Berufliche Vorerfahrung und Freiwilligendiens te spielen hier eine entsprechende Rolle. Die hochschuleige nen Quoten können somit nicht völlig frei von der Hochschu le gestaltet werden, sondern müssen sich nach den ausgestal teten Vorgaben des Hochschulzulassungsgesetzes richten.

Durch den heute zu beratenden Gesetzentwurf wird nicht nur die Zulassung zum Medizinstudium geregelt, sondern darü ber hinaus wird auch das Zulassungsrecht für örtlich zulas sungsbeschränkte Studiengänge fortentwickelt, um sicherzu stellen, dass in den Bundesländern eine möglichst einheitli che Vergabe erfolgt.

Die ärztliche Versorgung der Bürgerinnen und Bürger im Land war und ist uns schon immer ein großes Anliegen. So hat Ba den-Württemberg bis jetzt schon über die Vorgaben des Kö nigsteiner Schlüssels hinaus Medizinerinnen und Mediziner ausgebildet.

Dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Hoch schulzulassungsgesetzes ist ein Anhörungsverfahren voraus gegangen. Der Gesetzentwurf hat dort eine breite Zustimmung erfahren. Wir Grünen setzen uns dafür ein, die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern. Daher haben wir mit dem letzten Nachtragshaushalt bereits 150 neue Me dizinstudienplätze auf den Weg gebracht.

(Abg. Rainer Hinderer SPD: Wo sind sie?)

Wir begrüßen die enge Verzahnung der medizinischen Fakul täten mit Praxen und Einrichtungen im ländlichen Raum. So werden junge Ärztinnen und Ärzte frühzeitig an die Arbeit und die Herausforderungen im ländlichen Raum herangeführt.

Wir Grünen unterstützen den eingebrachten Gesetzentwurf, und ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat jetzt für die CDU Frau Kollegin Gentges.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ausgezeichnet!)

Verehrte Frau Präsidentin, wer te Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zum Einstieg Mark Twain zitieren:

(Abg. Anton Baron AfD: Oi!)

Man kann die Erkenntnisse der Medizin auf eine knappe Formel bringen: Wasser, mäßig genossen, ist unschäd lich.

Dass das maßvolle Trinken von Wasser gesundheitlich unbe denklich ist, ist ganz gewiss richtig. Die Erkenntnisse, die das Medizinstudium vermittelt, gehen aber doch darüber hinaus.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Das ist sicher ein Grund, weshalb das Medizinstudium an spruchsvoll, breit angelegt und attraktiv ist. Bei der Zulassung zum Medizinstudium entscheiden heute die Abiturnote – gleich, in welchem Bundesland erreicht –, gegebenenfalls zu rückgelegte Wartezeiten und die Ergebnisse von Auswahlver fahren an den Hochschulen.

Im Dezember 2017 – wir haben es schon gehört – hat das Bun desverfassungsgericht die Länder aufgefordert, die Zulassung zum Medizinstudium neu zu regeln. Die Richter verlangten transparentere Verfahren, mehr Vergleichbarkeit der Abitur noten und weniger Wartezeit.

Im Staatsvertrag über die Hochschulzulassung wurde dazu Folgendes festgelegt: Die bislang bestehende Wartezeitquote von 20 % wird nach einer Übergangsphase von zwei Jahren abgeschafft – folgerichtig. Die Bewertungsunterschiede bei den Abiturnoten unter den Ländern werden auf der Basis ei nes Prozentwertverfahrens unter Bildung von Landesquoten ausgeglichen – sinnvoll.

Bis zu zwei Zehntel der zur Verfügung stehenden Studienplät ze können Vorabquoten vorbehalten werden für Bewerber, die sich aufgrund entsprechender Vorschriften verpflichten, ihren Beruf in Bereichen des besonderen öffentlichen Bedarfs aus zuüben – z. B. als Mediziner auf dem Land –, und für Bewer ber, die bereits ein Studium in einem anderen Studiengang ab geschlossen haben. Auch das ist sachgerecht.

Die nach Abzug von Vorabquoten verbleibenden Studienplät ze an jeder Hochschule werden nach neu geordneten Haupt quoten vergeben. Die Abiturbestenquote – das haben wir schon gehört – wird von 20 % auf 30 % angehoben. Das Aus wahlverfahren der Hochschulen bleibt im bisherigen Umfang von 60 % erhalten. Neu eingeführt wird eine sogenannte zu sätzliche Eignungsquote im Umfang von 10 %.

Mit dem heute zu beratenden Gesetzentwurf soll der Staats vertrag zur Zulassung zum Medizinstudium jetzt in Landes recht umgesetzt werden. Das ist nötig, und das ist sinnvoll.

Zugleich soll das Zulassungsrecht auch für die örtlich zulas sungsbeschränkten Studiengänge geändert werden. Für diese sollen die Voraussetzungen für eine Auswahl nach rein schul notenunabhängigen Kriterien geschaffen werden, ein Aus gleichsmechanismus zur Vergleichbarkeit der Abinoten ein geführt und Wartezeiten begrenzt werden – insgesamt folge richtig in der Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils aus dem Jahr 2017. Ebenso folgerichtig wird meine Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen. Ich lade Sie alle ein, dies ebenfalls zu tun.

Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Herr Abg. Räpple hat für die AfD das Wort.

Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf ist grundsätzlich gar nicht mal so schlecht, weil die schulnotenunabhängige Bewertung für die Zulassung zu den Hochschulen auch uns, der AfD-Fraktion, ein Anliegen ist. Wir wollen die schulnotenunabhängige Quote sogar bes ser auf mindestens 20 % erhöhen, was dann natürlich auch mit Kosten verbunden ist, die man den Hochschulen ersparen wollte. Das ist immer die Krux.

Wie können wir eine schulnotenunabhängige Bewertung schaffen? Zählt da die Ausübung eines Ehrenamts, zählt die soziale Kompetenz mit hinein? Läuft das in Form eines As sessment-Centers ab? Das alles sind Überlegungen, die hin einspielen, was auch eine Revolution auf dem wissenschaft lichen Sektor bedeuten würde.

Wenn wir heute die hochschulinterne Zulassung beobachten, dann sehen wir, dass gerade von sehr vielen Professoren die reine Schulnote, die reine Abiturnote in den Fokus gezogen wird. Im Abitur kommt es meines Erachtens, aber auch nach Ansicht meiner Fraktion für eine gute Benotung sehr selten wirklich darauf an, ob man die entsprechende Eignung besitzt. Oft wird auch dort Anpassungsfähigkeit benotet.

Ich möchte ein Beispiel geben: Ein junger Mann, der in der Fraktion ein Praktikum hat machen wollen, hat berichtet, dass er in der Schule sehr starke Nachteile hat, weil er sich in der Jungen Alternative, in unserer Jugendorganisation, betätigt. Er wird von den Lehrern teilweise zu Unrecht schlecht beno tet, weil er sich politisch bei einer jetzt noch kleineren Partei, bei einer Oppositionspartei, betätigt. Das sind Zustände – – Es darf eigentlich nicht sein, dass junge Menschen dagegen nichts tun können. Daher haben wir jetzt die Meldeplattform für benachteiligte Schüler eingerichtet,

(Zuruf des Abg. Raimund Haser CDU)

damit diese keine Nachteile bei der Abiturnote haben, nur weil sie sich politisch betätigen und die Lehrer, wie Herr Fiecht ner vorhin richtig gesagt hat, links-grün ideologisiert sind.

(Lachen der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Rai mund Haser CDU: Vielleicht hat er wie Sie ein Pro blem mit der Geschichte!)

Das muss man auch klar so benennen. Wir haben eine linksgrüne Unterwanderung, nicht nur an den Schulen, sondern auch an den wissenschaftlichen Universitäten. Wenn jetzt die Universitäten letztlich schulnotenunabhängig über die Zulas sung entscheiden würden, würde es natürlich, gerade wenn man der demokratischen Rechten angehört, auch zu Diskri minierung kommen.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Ich glau be, Sie sind einmal zu viel abgebogen!)

Die Frage ist: Wie kann eine Institution hier für Gerechtigkeit sorgen? Wie kann man überwachen, dass es aufgrund der po litischen Einstellung keine Diskriminierung gibt?

(Abg. Raimund Haser CDU: „Keine Diskriminie rung“ finde ich gut!)

Das ist eine gute Frage. Macht man wie wir, die AfD, eine Meldeplattform von staatlicher Seite aus?

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Von nicht staatlicher Seite aus!)

Gibt es Revisionsverfahren für abgelehnte Studienbewerber? Wie gestaltet man so etwas aus? Das wären Fragen, die ich gern auch von der Ministerin beantwortet hätte. Wie können Sie gewährleisten, dass bei der Hochschulzulassung niemand aufgrund seiner politischen Einstellung diskriminiert wird? Es gibt ja auch die medizinischen Fächer, auf die dann hier immer Wert gelegt wird, weil man natürlich gleich wieder ein menschenfreundliches Weltbild präsentieren kann.

(Abg. Marion Gentges CDU: Weil sich das Bundes verfassungsgericht genau damit beschäftigt hat!)

Ja, genau. – Aber es gibt auch Punkte, bei denen sich das Verfassungsgericht mit der Wartezeit beschäftigt hat. Die War tezeit zwischen dem Abitur und der Aufnahme eines Studi ums ist meines Erachtens ein wichtiger Punkt. Es ist meines Erachtens sogar von Vorteil, wenn man einmal durch ein frei williges soziales Jahr oder durch anderes – –

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das ist für Sie keine Frage der persönlichen Freiheit?)

Das ist persönliche Freiheit; das ist absolut richtig, Herr Kol lege. Nur: Es sollte auch belohnt werden, wenn man in der freien Wirtschaft einmal Fuß gefasst hat und die Expertise, die man in der freien Wirtschaft gesammelt hat, dann auch in den Studienbetrieb einbringen kann. Denn die Verschmelzung von Theorie und Praxis ist für die Wissenschaft auf jeden Fall zumeist sehr gewinnbringend.

Ich danke. Tschüs!

(Beifall bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Gedeon [fraktionslos] – Abg. Reinhold Gall SPD: Und Tschüs!)

Ich glaube, bei der Höf lichkeit müssen wir hier im Haus schon noch einiges nachar beiten.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Abg. Hinderer für die SPD, bitte.

Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Zum Staatsvertrag und zum Gesetz selbst muss ich nicht viel sagen. Es geht um die Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, welche ich per sönlich und auch die SPD für richtig und angemessen halten. Am Ziel, die Chancen auf einen Studienplatz durch unter schiedliche Auswahlkriterien gerecht zu erweitern, ist grund sätzlich überhaupt nichts auszusetzen. Wir begrüßen die Aus gestaltung der hochschuleigenen Quoten anhand schulno tenunabhängiger Kriterien.