Ich bin gleich fertig, Herr Präsident. Staatskanzleichef Huber sagt, diese Linie sei kein Freibrief für Steuererhöhungen, sondern ein „Vertrauensbeweis für Kommunalpolitiker“. Wir müssen es jetzt nicht bewerten, ob eine Million DM für einen Badeort in Niederbayern noch eine Bagatelle ist. Ich bitte Sie, es sich sehr gut zu überlegen, ob man nicht eine spezielle Regelung für die Bäder schaffen könnte, wenn Sie sonst der Zweitwohnungssteuer schon nicht zustimmen können.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass ich die Aussprache jetzt kurz unterbreche, um den Tagesordnungspunkt 8 aufzurufen. Darüber müssen wir nämlich vor 20 Uhr noch abstimmen. Beim anderen Tagesordnungspunkt wird nur verwiesen. Deswegen rufe ich jetzt auf:
Abstimmung über Anträge etc., die gemäß § 63 Absatz 6 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden
Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen zu den Verfassungsstreitigkeiten und zu den Anträgen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Wir fahren fort in der Aussprache zum Tagesordnungspunkt 6 b). Herr Kollege Ettengruber hat das Wort. Fünf Minuten beträgt Ihre Redezeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann es ganz kurz machen. Rot-Grün in Berlin hat es innerhalb von vier Jahren geschafft, die finanzielle Basis der Kommunen in Bayern und in Deutschland zu zerstören.
(Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Dr. Baumann (SPD): Stimmt nicht! Seit 93, seit der Regierung Kohl zahlt BMW keine Steuern mehr!)
Ursachen dafür sind eine miserable Wirtschaftspolitik, eine verfehlte Steuerpolitik und viele neue Belastungen, die ohne vernünftige Gegenfinanzierung auf die Kommunen zugekommen sind. Die Kommunen stehen dank der Politik von Rot-Grün mit dem Rücken an der Wand. Sie stehen vor einem Scherbenhaufen und können ihre verfassungsmäßigen Aufgaben nicht mehr erfüllen.
In dieser Situation hilft nur eine umfassende Gemeindefinanzreform, die uns hoffentlich bald vorgelegt werden wird. Die Kommission, die hierzu eingesetzt ist, tagt offensichtlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Man hört und sieht nichts von ihr.
Die Kommunen brauchen eine Finanzplanungssicherheit, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können. Ihre Einnahmen dürfen nicht vom Zufall abhängen, sondern sie müssen vorhersehbar und planbar sein.
Aus dieser Situation heraus ist eine breite Diskussion darüber entstanden, wie man den Kommunen helfen kann. Ich will zu den Themen Konnexitätsprinzip und Konsultationsmechanismen nichts weiter ausführen, weil wir dazu eine gemeinsame Anhörung durchführen werden. Wir werden uns dann mit Sicherheit intensiv über diese Themen unterhalten. Festzuhalten bleibt aber, dass in Bayern immer noch einer der besten kommunalen Finanzausgleiche aller Länder stattfindet. Wir befinden uns in einem ständigen Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden. Bisher ist es immer gelungen, durch einen guten Finanzausgleich die Interessen des Landes und der Kommunen miteinander zu vereinbaren. Aufgrund der dilettantischen Politik der rot-grünen Regierung ist dieser Interessenausgleich inzwischen aber fast unmöglich geworden. Deswegen müssen wir in Bayern versuchen, den Kommunen zu helfen, weil auch die Bürger in unserem Lande die Zeche für Rot-Grün zahlen müssen.
Der Vorschlag, der mit diesem Gesetzentwurf vorgelegt wird, ist zu kurz gedacht. Es nützt überhaupt nichts, nur die Zweitwohnungssteuer wieder einzuführen. Wir müssen eine breite Diskussion darüber führen, wie wir den Kommunen helfen können. Darüber wird bei den Ausschussberatungen zu reden sein. Ich bin gespannt darauf, ob Sie bereit sind, mit uns gemeinsam die rotgrünen Zumutungen aus Berlin den Kommunen gegenüber zu bekämpfen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Gerade bei dieser Diskussion ist es völlig unangebracht, mit dem Finger auf Berlin zu zeigen. Hier geht es um die Zweitwohnungssteuer, die der Freistaat Bayern den Kommunen vor Jahren entzogen hat. Das Grundgesetz sieht vor, dass die Kommunen örtliche Verbrauchs- und Aufwandssteuern erheben dürfen, solange der Bund keine
gleichartigen Steuern erhebt. Pro forma gibt es im Kommunalabgabengesetz eine entsprechende Regelung für die Gemeinden. Vom Steuerfindungsrecht der Gemeinden ist aber nichts übrig geblieben außer der Möglichkeit, die Hundesteuer zu erheben. Um diesen unerfreulichen Zustand verklausuliert darzustellen, sieht die gesetzliche Regelung wie folgt aus: Grundsätzlich gibt es das örtliche Steuerfindungsrecht. Gleichzeitig wurde aber ein umfangreicher Ausschusskatalog geschaffen, der dazu führte, dass die örtlichen Verbrauchs- und Aufwandssteuern de facto abgeschafft sind. Das ist Selbstverwaltungsrecht à la CSU. Sie könnten auch gleich ins Gesetz schreiben, dass die Gemeinden außer der Hundesteuer keine örtlichen Verbrauchs- und Aufwandssteuern mehr erheben dürfen. Dann hätten wir ein viel einfacheres Gesetz.
1988 hatte sich eine Gemeinde vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit der Zweitwohnungssteuer erstritten. Was war die Reaktion der CSU darauf? Flugs wurde das Gesetz geändert und die Zweitwohnungssteuer per Gesetz einfach verboten. Das ist Sicherstellung der Kommunalfinanzen à la CSU. Sie haben damit den Gemeinden eine wichtige Einnahmequelle entzogen. Gerade die Fremdenverkehrsgemeinden sind empfindlich beeinträchtigt, weil sie die komplette Infrastruktur für die Ferienhäuser und deren Bewohner vorhalten müssen, aber keine adäquaten Einnahmen dafür erzielen. Gleichzeitig entstehen die bekannten Probleme wie Erhöhung der Wohnungs- und Grundstückspreise, Zersiedelung und Entstehung von Ortsteilen, die Geisterstädten gleichen.
In den letzten zwei Legislaturperioden haben wir GRÜNE jeweils Gesetzesinitiativen eingebracht mit dem Ziel, die Zweitwohnungssteuer wieder zu ermöglichen. Der SPD-Entwurf geht jetzt praktisch in die gleiche Richtung. Es geht bei diesem Gesetzentwurf nur um die Ermöglichung der Steuererhebung. Die Entscheidung für oder gegen eine kommunale Steuer liegt bei den Gemeinden. Dort gehört die Entscheidung auch hin. Eine solche Politik würde die kommunale Selbstverwaltung beachten, sie würde den Gemeinden Handlungsmöglichkeiten öffnen und sie nicht mehr gängeln.
Wir gehen noch einen Schritt weiter. Aus der verkorksten Gesetzeskonstruktion des Artikels 3 des Kommunalabgabengesetzes wollen wir die Verbotstatbestände komplett streichen. Die Gemeinden wissen selber, welche Steuern sie ihren Bürgerinnen und Bürgern aufbürden können oder ob sie auf eine Steuererhebung verzichten. Die Gemeinderäte müssen selbst entscheiden, ob sie sich mit einer Bagatellsteuer unbeliebt machen wollen
Glauben Sie im Ernst, die Gemeinden führten plötzlich eine Speiseeissteuer ein, nur weil sie nicht mehr verboten ist? 1998 war das auch eine Forderung der SPD. Den jüngsten Pressemeldungen der CSU ist zu entnehmen, dass sich in diesem Punkt auch bei der CSU etwas bewegt. Herr Glück wurde schon zitiert. Heute wird allerdings in der Pressemitteilung der CSU-Landtagsfraktion etwas zurückgerudert.
Wir bieten Ihnen mit unserem Gesetzentwurf, den wir heute in der Fraktion beschlossen haben, die Möglichkeit, im Sinne des Subsidiaritätsprinzips Ja zu einer Gesamtlösung zu sagen. Entscheidungen sollen dort getroffen werden, wo sie anfallen und vertreten werden müssen, nicht aber von oben per order de mufti.
Das ist auch im Sinne der Ergebnisse der Enquete-Kommission Föderalismus. Sie wissen selbst, dass die kommunalen Gremien sehr zurückhaltend sind, wenn es um die Belastung der Bürgerinnen und Bürger geht. Natürlich lassen sich die Finanzprobleme der Kommunen nicht mit den örtlichen Verbrauchs- und Aufwandssteuern lösen. Es bleibt bei der Notwendigkeit einer umfassenden Gemeindefinanzreform. Es sind auch Überlegungen zu einer kommunalen Betriebssteuer notwendig. Es bleibt bei der Notwendigkeit der Einhaltung des Konnexitätsprinzips. Das gilt ausdrücklich nicht nur für die Landesebene, sondern auch für die Bundesebene. Was wir nicht brauchen, sind Lippenbekenntnisse, wie wir sie derzeit täglich von der CSU und der Staatsregierung hören. Die Motivation ist klar: Es ist das Volksbegehren der Freien Wähler, dem die CSU den Wind aus den Segeln nehmen will. Wir bieten Ihnen Lösungen, bei denen Sie Ihren Worten auch Taten folgen lassen können.
Die Aussprache ist geschlossen. In Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Damit so beschlossen. Ich schließe die Sitzung.