Herbert Ettengruber

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Vorweg eine Bemerkung zur Gewerbesteuer. Wenn Sie die finanziellen Grundlagen der Kommunen nicht seit fünf Jahren systematisch ruiniert hätten, müssten wir uns heute darüber gar nicht unterhalten.
Sie haben durch Ihre Steuerpolitik, Ihre Wirtschaftspolitik und durch Ihre Verlagerungspolitik die Kommunen in den Ruin getrieben. Jetzt kommen Sie mit falschen Reparaturrezepten daher.
Sie haben Deutschland in die Rezession getrieben. Es gibt ein altes Landsknechtlied: Deutschland in Not. Dafür tragen Sie die Verantwortung.
Meine Damen und Herren, zu diesem Antrag, der heute hier zur Debatte steht, muss ich sagen, dass es sich um einen sehr dünnen Antrag handelt. Sie muten dem Landtag doch tatsächlich zu, zu begrüßen, dass die Bundesregierung endlich etwas tut. Außerdem, wie sollen wir einen Inhalt begrüßen, den wir überhaupt nicht kennen? – Das ist eine Zumutung, die wir so nicht hinnehmen können. Das ist ein einzigartiger Vorgang. Die rot-grüne Regierung weiß auf dem Gebiet der kommunalen Finanzen nicht, was Sie wollen soll.
Der Bundeskanzler ist mit der Sinnfrage beschäftigt, weil er endlich wissen will, warum er der Kanzler ist. Die Bundesregierung setzt dann eine Kommission ein, und die nimmt sich an der Regierung ein Beispiel und weiß am Ende auch nicht, was sie will. Sie kann sich nicht auf ein Ergebnis einigen. Jetzt sollen wir das im Landtag auch noch begrüßen. Das ist politischer Pauperismus. Dem können wir nicht zustimmen.
Der Dringlichkeitsantrag ist die bloße Wiederholung von Forderungen früherer Anträge. Die Wiederholung erhöht die Qualität nicht. Wir haben uns in der letzten Woche im Ausschuss über die Anträge, die hier ebenfalls behandelt werden sollen, eingehend unterhalten. Das sind einzelne Anträge, wobei der delikateste der ist, in dem die Staatsregierung aufgefordert wird, für die Senkung der Gewerbesteuerumlage einzutreten. Dabei ist das doch mit Ihrer Mehrheit im Bundestag abgelehnt worden. Da fragt man sich doch, wo die Glaubwürdigkeit ist.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat bei der Neuordnung der kommunalen Finanzen bisher versagt. Die Hauptverantwortung des Bundes für die Finanzmisere wird beschönigt. Neunzig Prozent der kommunalen Belastungen aber kommen vom Bund. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Mit dem Katalog, den Herr Kollege Maget vorher aufgeführt hat, haben die Kommunen bisher ganz gut leben können. Den Kommunen geht es doch erst schlecht, seit Rot-Grün an der Macht ist.
Ich mache es genauso wie Herr Maget. Wir haben uns in all den Jahren in jedem Jahr mit den kommunalen Spitzenverbänden über den kommunalen Finanzausgleich einigen können. Erst seit den Kommunen die Füße unter den Tisch weggezogen wurden, ist das fast nicht mehr möglich. Wenn wir 1,5 Milliarden weniger Steuereinnahmen im Jahr haben, dann können nicht mehr alle Wünsche erfüllt werden.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat vier Jahre lang nichts für eine Gemeindefinanzreform getan.
16 Jahre lang ist es den Kommunen gut gegangen.
Nun soll plötzlich mit wahrem Aktionismus eine Lösung herbeigeführt werden, weil Sie allmählich selbst sehen, was Sie angerichtet haben. Sie haben in Berlin eine Bringschuld für die Kommunen, meine Damen und Herren.
Wenn diese Reform vernünftig wird, werden wir sie begrüßen. Aber selbst wenn sie vernünftig wird, wird sie den Kommunen zum 01. 01. 2004 noch nichts in die Kassen bringen. Deswegen muss man auch ein Sofortprogramm haben, was Sie aber immer bestreiten.
Wir haben die Notwendigkeit einer Gemeindefinanzreform immer betont. Wir haben die Eckpunkte, die dafür notwendig sind formuliert. Erstens. Die Lösung darf nicht mit mehr Bürokratie und Verwaltungsaufwand verbunden sein. Zweitens. Die kommunalen Steuereinnahmen müssen dadurch planbarer und stetiger werden. Drittens. Die Steuerbasis muss unter Gewährleistung einer gerechten Lastenverteilung stabilisiert werden.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mehrlich?
Nein.
Das hoffe ich doch.
Die kommunale Finanzautonomie muss erhalten und gestärkt werden, und die Steuerpflichtigen müssen die Steuerlast gerecht und nach ihrer Leistungsfähigkeit aufbringen können. Das schließt die Substanzbesteuerung aus.
Ich frage mich, ob die Bundesregierung mit ihrer – wie die SPD es nennt – erneuerten Gewerbesteuer diese Vorgaben erfüllen kann. Sie würde den Kreis der Steuerpflichtigen erheblich auch auf die Selbstständigen ausweiten, die das wieder von der Einkommenssteuer abziehen können, und es würde ein Nullsummenspiel daraus.
Wir wollen keine Substanzbesteuerung, und wir sind nicht wie Sie der Meinung, dass Geld zu verdienen schädlich ist und man es mit Neid sehen muss.
Die Bundesregierung hat versagt. Sie hatte fünf Jahre Zeit,
deshalb ist eine Soforthilfe unbedingt nötig. Die Staatsregierung hat über den Bundesrat eine entsprechende Initiative ergriffen: Reduzierung der Gewerbesteuerumlage von 30% auf 20% und die Anhebung der Umsatzsteuerbeteiligung der Kommunen von 2,2% auf 3% einmalig für das kommende Jahr, damit die Kommunen unmittelbar neue Einnahmen bekommen.
Sie können jetzt in Berlin beweisen, ob Sie wirklich kommunalfreundlich sind. Sie können das tun, was Sie hier im Landtag fordern und offensichtlich in Berlin nicht durchsetzen können. Sie haben im Februar 2003 die Bundesratsinitiative verhindert, die die Absenkung der Gewerbesteuerumlage bedeutet hätte. Auch auf der Ausgabenseite muss eine Entlastung kommen. Die Flutopferhilfe erkenne ich an. Nur, das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Sie alleine kann die Dinge nicht reparieren.
Wenn das so genannte Arbeitslosengeld II kommt, werden wir sehr genau darauf achten, wie es finanziert wird; denn wenn den Kommunen die Ausgaben nicht entsprechend erstattet werden, hat es keinen Sinn. Das Ganze ist in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers am 14. März 2003 angekündigt worden. Nun soll für bis zu einer Million Hilfeempfänger die Bundesanstalt für Arbeit zuständig sein. Wir wissen nicht, was Sie in das Gesetz schreiben werden. Es können auch die Kommunen zuständig sein. Trotzdem sollen wir es heute schon begrüßen. Ich meine, wir müssen zunächst wissen, was Sie wollen. Dass Sie bei der 1 : 1-Umsetzung von Reformkonzepten Schwierigkeiten haben, haben wir bei der Hartz-Kommission gesehen.
Meine Damen und Herren, die Kommunen erhoffen sich von der Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe Entlastungen in Milliardenhöhe. Die Kommunen haben in Deutschland im Jahr 2001 für rund 2,7 Millionen Sozialhilfeempfänger insgesamt 8,5 Milliarden e für die Hilfe zum Lebensunterhalt ausgegeben. Wir können überhaupt noch nicht absehen, wie die neue Regelung gestaltet werden soll. Wir wissen zum Beispiel nicht, ob nur die Leistung für den Arbeitslosen selbst übernommen werden soll, ob, wie es bisher bei der Sozialhilfe war, auch die Zahlungen für die Familienangehörigen übernommen werden müssen oder ob dies der Bund übernimmt oder es gegenfinanziert – all das wissen wir nicht. Würde das so gemacht werden, könnten die bayerischen Städte und Landkreise um etwa 780 Millionen e entlastet werden. Das wäre eine echte Hilfe. Wenn das so kommt, werden wir das begrüßen.
Meine Damen und Herren, wir haben nun wirklich Ihre Belehrungen nicht nötig, die Sie uns auch heute wieder erteilen wollten.
Na, Herr Wörner, bei Ihnen weiß ich das nicht so ganz.
Durch die Verankerung des Konnexitätsprinzips in der Bayerischen Verfassung und durch viele andere Maßnahmen hat die Staatsregierung das Mögliche und Erfor
derliche getan, um den Kommunen bestmöglich zu helfen. Für die weiteren Maßnahmen muss nun wirklich der Bund endlich die richtigen Rahmenbedingungen setzen. Wenn schon der Bundeskanzler nicht weiß, ob er nach Italien in Urlaub fahren kann, rate ich ihm hier zu bleiben und an dem Gesetz mitzuarbeiten. Das wäre eine gute Lösung.
Meine Damen und Herren, wir brauchen echtes Wirtschaftswachstum; denn das ist das Kernproblem. Sozial ist was Arbeitsplätze schafft, und das schafft auch Geld in die Kassen der Kommunen. Darum geht es.
Meine Damen und Herren, ich höre immer wieder und im Antrag steht es auch, der Freistaat Bayern solle den Mehranteil an der erhöhten Gewerbesteuerumlage an die Kommune weitergeben. Dazu ist zu sagen, dass wir einen Haushalt beschlossen haben, den man nicht so ohne Weiteres ändern kann.
Herr Maget hat vorhin einen Katalog der Bereiche vorgelesen, wo die Gemeinden mehr Geld bekommen sollen.
Ich frage: Wo soll das hinführen, wenn man gleichzeitig 1,5 Milliarden e weniger Steuereinnahmen hat. Das ist nicht seriös. Sie müssen sagen, wo Sie sparen wollen.
Eichel gehört der Regierung an, die schuld ist. Wir haben doch daran keine Schuld.
Wo wollen Sie sparen? Wollen Sie im sozialen Bereich, bei der inneren Sicherheit, bei den Lehrern, wo wollen Sie sparen? So einfach geht es nicht. Wenn man solche Vorschläge macht, muss man die Deckung anbieten.
Meine Damen und Herren, aus diesem Grund können wir Ihren Anträgen nicht zustimmen. Wenn Sie den Kommunen wirklich etwas Gutes tun wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu. Darin steht alles, was den Kommunen nützt.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich gebe bekannt, dass die CSU-Fraktion zu allen drei Dringlichkeitsanträgen namentliche Abstimmung gefordert hat. Das Wort hat nun Herr Staatsminister Dr. Faltlhauser.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich brauche nicht eine viertel Stunde zu reden, aber ein paar Minuten doch. Wir haben uns heute schon sehr eingehend über finanzielle Dinge unterhalten. Aber Sie scheinen das immer noch nicht ganz ernst zu nehmen. Denn das, was Sie mit diesem Gesetzentwurf vorschlagen, kostet ja auch Geld. Es geht nicht darum, dass wir nicht alle Helfer gleichstellen wollten. Das Anliegen teilen wir, nur ist das Gesetz nicht dazu geeignet, weil es handwerkliche Fehler enthält. Sie haben sich während der Beratungen nicht bewegt. Das Gesetz ist in sich nicht stimmig.
Vorschläge müssen Sie doch machen. Wir haben gesagt, dass es so nicht stimmt.
Ich freue mich immer, dass ich für Heiterkeit bei Ihnen sorgen kann.
Meine Damen und Herren, machen Sie halt einen Gesetzentwurf, der in sich stimmt, dann können wir darüber reden. Denn die Regelungen, die Sie vorschlagen, sind systemwidrig. Sie wollen Gleichstellung mit den Feuerwehren, aber dazu dient dieser Gesetzentwurf eben gerade nicht.
Es kommt dazu, dass auch die finanziellen Auswirkungen nicht übersehbar sind und dass man das prüfen muss. Nach Ihrem Entwurf sollen die Regelungen des Bayerischen Feuerwehrgesetzes entsprechend gelten, und das geht eben gerade nicht, weil sich nach dem Feuerwehrgesetz der Erstattungsanspruch gegen den Träger der Feuerwehren, also gegen die Kommunen,
richtet. Wenn Sie es also analog machen wollten, müssten Sie den Anspruch gegen die Träger, also gegen das Rote Kreuz, selber richten. Sie wollen es aber gegen die Katastrophenschutzbehörden richten. Die sind aber nicht Träger. Deswegen stimmt das nicht.
Im Übrigen kommt auch dazu, dass bisher niemand einen 100-prozentigen Erstattungsanspruch hat. Den wollen Sie aber einführen. Wenn die Wohlfahrtsorganisationen einen 100-prozentigen Erstattungsanspruch hätten, wären sie besser gestellt als die Feuerwehren, die nach der bisherigen Regelung keinen solchen Anspruch hätten. Deswegen ist Ihr Gesetzentwurf nicht stimmig, und deswegen können wir ihm auch nicht zustimmen. Wie Sie wissen, haben wir vom Landtag bereits einen Prüfantrag verabschiedet bekommen. Das Thema wird in der nächsten Legislaturperiode wieder auf die Tagesordnung kommen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, dass das Thema dieser heutigen Aktuellen Stunde über das Selbstverständnis der GRÜNEN eine ganze Menge aussagt. Bayern sagt Ja zu Europa, darin sind wir uns einig. Aber wenn es Kleingeisterei bedeutet, bayerische Interessen zu vertreten, liegen wir meilenweit auseinander. Offensichtlich sehen Sie sich nicht in erster Linie als bayerische Abgeordnete, sondern als Vertreter oder als Außenposten der Berliner
Politik. Das mag mit Ihrem Selbstverständnis übereinstimmen, aber mit unserem Selbstverständnis mit Sicherheit nicht.
Herr Kollege Maget, Sie sagen, die Politik des Ministerpräsidenten sei großspurig – ich muss sagen, das ist eine erfolgreiche Politik. Ich würde Ihnen eine solche Großspurigkeit wünschen; dann wären auch Sie erfolgreicher. Eine boshafte Bemerkung muss ich übrigens noch machen. Ich habe nämlich gelesen, dass Sie Wunsiedel in die Oberpfalz verlegt haben – Wunsiedel liegt in Oberfranken.
Wer sich in Europa bewegt, muss zunächst einmal Bayern kennen.
Stellen Sie dies halt richtig. Ich habe es ja ausdrücklich als „boshafte Bemerkung“ charakterisiert.
Wir bejahen auch die Tatsache, dass mit diesem Entwurf ein weiterer und guter Schritt in Richtung Europa getan wurde. Das hindert uns aber doch nicht daran, unsere bayerischen Interessen, wie wir sie sehen, weiterhin zu vertreten. Dazu gehört, dass in diesem Entwurf einige Defizite vorhanden sind, und vor allem die Tatsache, dass bei der Einwanderungs- und bei der Asylpolitik die Einstimmigkeit nicht festgeschrieben ist. Dieser Punkt berührt unsere Interessen massiv.
Wir haben zurzeit eine Arbeitslosigkeit zwischen 4,7 und 5 Millionen. Wird hier ein Tor geöffnet, sind unsere Wirtschaftsordnung und unser soziales Gefüge nicht mehr haltbar. Der Europaausschuss war letzte Woche in Athen und hat Gespräche geführt; einige Kollegen waren dabei. Erstens ist für die Griechen die Küstenlinie mit Blick auf Einwanderung und illegale Zuwanderung nicht bewachbar. Die Griechen sagen uns ganz deutlich, dass das dann die EU machen und bezahlen muss. Zweitens habe Griechenland dieses Problem nicht, weil die illegalen Zuwanderer nur wenige Tage im Land blieben, da der größte Teil nach Deutschland wolle.
Das heißt, dass wir auf diesem Gebiet das größte Problem haben. Deswegen müssen wir darauf bestehen, dass das in der Einstimmigkeit verbleibt oder dass dann Möglichkeiten gefunden werden, wie wir das auf nationaler Ebene selbst regeln können. In der Situation, in der wir uns befinden, können wir es uns nicht leisten, dass eine unbegrenzte oder eine nicht begrenzbare Zuwanderung stattfindet. Über das Zuwanderungsgesetz will ich in diesem Zusammenhang gar nicht reden; darüber wird an anderer Stelle zu reden sein. Alle diese Dinge müssen uns dazu bringen, auf diesem Gebiet eine Einstimmigkeit zu fordern bzw. nationale Regelungen zu eröffnen.
Ich will unsere Hauptforderung in drei Punkten zusammenfassen:
Erstens. Die Gemeinschaft darf nicht über zusätzliche Möglichkeiten zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Mitgliedstaaten verfügen, weil sie sonst letztlich die Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Steuer- und Sozialpolitik zentral steuern kann, und das wollen wir alle miteinander nicht. Zweitens darf die Gemeinschaft die Sozialsysteme, die Ausdruck der gewachsenen unterschiedlichen Gesellschaftssysteme sind, nicht durch eine Koordinierungsfunktion gleichschalten. Das ist mit der gesamten Geschichte und Entwicklung nicht vereinbar. Drittens. Die Gemeinschaft darf nicht über das Maß der Einwanderung und den Zugang von Einwanderern und Asylbewerbern zum nationalen Arbeitsmarkt entscheiden. Viertens muss im Verhältnis zwischen Bund und Ländern sichergestellt werden, dass sich das Recht der Länder, Deutschland im Ministerrat zu vertreten, bei Betroffenheit ihrer Zuständigkeiten nicht nur auf den Legislativrat beschränkt, weil wir sonst unsere Länderinteressen im Einzelfall nicht ausreichend vertreten können.
Wir sind für Europa, und gerade deshalb müssen wir die Anwälte unserer bayerischen Eigenständigkeit sein. Dieser Aufgabe müssen wir uns stellen, auch Sie von den GRÜNEN und von der SPD.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Tausendfreund, es ist schon ein Stück Unverfrorenheit, sich hier herzustellen und zu sagen, wir seien a) gegen die Finanzreform und wir würden b) die Gewerbesteuer abschaffen wollen. Beides ist falsch, und wenn Ihnen so etwas aufgeschrieben wird und die aktuellen Ereignisse das überholen, sollte man flexibel genug sein, von diesen Behauptungen abzuweichen.
Wenn man sich nach der gestrigen Demonstration hier herstellt und die Schuld für die Finanzmisere der Kommunen beim Freistaat Bayern sucht, dann, meine ich, hat man das Ganze nicht verstanden. Tatsache ist doch, dass es den Kommunen erst schlecht geht, seit diese rot-grüne Bundesregierung im Amt ist.
Seitdem geht es den Kommunen schlecht.
Diese rot-grüne Regierung ist doch der demokratische Gau für die Kommunen.
Die Kommunen kommen überhaupt nicht mehr auf die Füße. Wir verhandeln jedes Jahr mit den kommunalen Spitzenverbänden und haben uns bisher jedes Jahr einigen und einen vernünftigen Finanzausgleich zustande bringen können. Warum das jetzt fast nicht mehr geht, hat seinen Grund doch in der Politik dieser Bundesregierung.
Wenn die neueste Steuerschätzung wiederum minus 505 Millionen e ergibt, frage ich, woher für die Kommunen das Geld kommen soll.
Ach, Herr Wörner! Tatsache ist, dass 70 bis 90% der Belastungen der Kommunen durch Lastenverschiebungen des Bundes entstanden sind.
Nehmen Sie doch nur einmal die Grundsicherung. Sie wird nach den neuesten Schätzungen 2,5 Milliarden e ausmachen. Vorgesehen als Ausgleich sind 409 Millionen e. Hinzufügen muss man, dass gar nicht daran gedacht gewesen war, den Kommunen diese Kosten zu erstatten. Dieser Ausgleich sollte nur dazu dienen, die Rückgriffsmöglichkeit auszugleichen, die dann nicht mehr gegeben sind. Das heißt, die Kommunen sind von vornherein durch dieses Gesetz betrogen worden. Das war Absicht. Die Streichung der originären Arbeitslosenhilfe wird 30 bis 35 Millionen e ausmachen. Von den UMTS-Erlösen will ich gar nicht mehr sprechen; das ist ein Thema, das oft genug debattiert worden ist. Die Kür
zung des Bundesanteils am Unterhaltsvorschuss schlägt mit etwa 200 Millionen e zu Buche. Wir in Bayern haben diese Kosten allerdings nicht an die Kommunen weitergegeben.
Tatsache ist weiter, dass wir in Bayern einen sehr guten kommunalen Finanzausgleich haben, trotz der Schwierigkeiten, die sich durch die Steuermindereinnahmen ergeben und trotz der Politik, die Rot-Grün in Berlin macht.
Ich will zum Schluss den „Münchner Merkur“ zitieren. Es heißt dort:
Manche werden durch die bisherigen Drohungen schon verunsichert
das ist bezogen auf diese Rücktrittsdrohungen –
fragen, wovon der Gerhard mit den dunklen Haaren eigentlich zurücktreten will, da er ja doch schon länger nicht mehr regiert, sondern das Chaos.
Meine Damen und Herren, dem ist nichts hinzuzufügen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Tausendfreund, wir werden sehen, ob die Mehrheitsverhältnisse in der nächsten Legislaturperiode anders sind. Möglicherweise werden sie sich nicht so verändern, wie Sie das gern hätten.
Richtig, warten wir es ab. Frau Kollegin Tausendfreund, Sie haben gesagt, dass der Antrag möglicherweise von den falschen Parteien gestellt worden sei. Er ist auf alle Fälle zum falschen Zeitpunkt gestellt worden.
Sie erwischen aber auch immer den falschen Zeitpunkt. Steuererhöhungen passen nicht in die derzeitige Situation, ganz gleich, von welcher Seite sie gefordert werden. In einer Situation, in der Deutschland kurz vor einer Rezession steht, darf man keine Steuererhöhungen fordern. Heute wurde schon oft genug betont, dass sich die Kommunen in einer schwierigen Situation befinden. Inzwischen hat sich diese Auffassung allgemein durchgesetzt. Ich möchte dazu trotzdem noch etwas sagen: Die bayerischen Kommunen sind im Verhältnis zu allen anderen immer noch in einer relativ guten Situa
tion. Ich möchte Ihnen dazu nur ein paar Zahlen nennen: Die Zinsausgaben der bayerischen Kommunen im Jahr 2001 liegen bei 3,1% der Gesamtausgaben; bei den westlichen Flächenländern liegen sie bei 3,6%. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied. Ein weiteres wichtiges Datum: Die Investitionsquote der bayerischen Kommunen liegt bei 22%, während sie in den übrigen Ländern bei 15,5% liegt.
Das beweist, dass die bayerischen Kommunen auch im Verhältnis zu den Ländern, die noch Bagatellsteuern haben, in einer guten Situation sind.
Ich weiß nicht, wo Sie Ihre Zahlen herhaben. Meine Zahlen sind amtlich. Die Kreditmarktverschuldung der bayerischen Kommunen liegt bei 1013 e je Einwohner. In den alten Flächenländern liegt sie bei 1077 e. Ich will damit nur sagen, dass wir in den Kommunen eine schwierige Situation haben. Schuld daran ist aber eindeutig die rot-grüne Bundesregierung.
Sie glauben das immer noch nicht, es ist aber so. Liebe Kolleginnen, der Girls-day war doch schon.
Wir werden den beiden Gesetzentwürfen nicht zustimmen, weil damit die Finanzprobleme der Kommunen nicht gelöst werden. Wir brauchen vielmehr eine Gemeindefinanzreform. Voraussichtlich wird sie zum 1. Januar 2004 wieder nicht erreicht. Nur auf dieser Basis ist es möglich, den Kommunen gesicherte und planbare Einnahmen zu verschaffen. Wenn Sie beim Bund dafür sorgen würden, dass diese Reform endlich kommt, werden wir vernünftige Verhältnisse für unsere Kommunen erreichen.
Der bayerische Finanzausgleich ist immer das Ergebnis einer einvernehmlichen Verhandlung und einer einvernehmlichen Diskussion gewesen. Dass diese Diskussion schwieriger wird, ist auf die wirtschaftliche Situation und die Rezession, in der wir uns befinden, zurückzuführen. Die Steuereinnahmen brechen weg.
Meine Damen und Herren, diese Situation ist durch Bagatellsteuern nicht zu verbessern. Die Kommunen hätten dadurch keine nennenswerten Steuereinnahmen. Die Verwaltungskosten wären demgegenüber unverhältnismäßig hoch. Im Augenblick können wir unseren Bürgern keine neuen Steuern zumuten und dürfen als Landtag auch nicht die Möglichkeit dazu eröffnen.
Die Zweitwohnungssteuer hat sehr viele problematische Seiten. Sie betrifft nur wenige und hätte zur Folge, dass Mieter, Studenten usw. darunter leiden müssten. Ich darf
zusammenfassen: Wir sind für eine Stärkung der kommunalen Finanzautonomie, weil das ein wesentlicher Teil der kommunalen Selbstverwaltung ist. Wir meinen aber, dass die Diskussion um eine isolierte Revitalisierung des kommunalen Steuerfindungsrechts im Augenblick nicht in die Landschaft passt. Die Frage der finanziellen Zukunftsperspektive der Kommunen muss in einem Gesamtzusammenhang gesehen werden. Dann wird auch über das kommunale Steuerfindungsrecht zu reden sein. Wir werden das Thema auf Wiedervorlage behalten. Im Augenblick lehnen wir jedoch ab.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Kollegin Peters.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Situation der Kommunen ist dramatisch. Es ist fast schon eine Binsenweisheit, wenn man in diesen Wochen und Monaten darauf hinweist. Solange aber alle Appelle und politischen Aktivitäten an Rot-Grün in Berlin abprallen, ist es notwendig, immer wieder darauf hinzuweisen. Nach der November-Steuerschätzung wird für das Jahr 2003 mit Steuerausfällen von rund 16 Milliarden e gerechnet. Auf die Kommunen entfallen hiervon 2,9 Milliarden e. Bereits 2001 ist das Gewerbesteueraufkommen bundesweit um 9,2% zurückgegangen, und in den ersten drei Quartalen des Jahres 2002 lag die Gewerbesteuer nochmals um 9% unter dem Aufkommen im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Die Ursache für diese desolate Entwicklung der Kommunalfinanzen sind in falschen und unterlassenen Weichenstellungen in der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Finanzpolitik des Bundes zu suchen. Durch die ständigen Lastenverschiebungen der Bundesregierung auf die Kommunen in den letzten Jahren hat sich deren finanzielle Situation dramatisch verschlechtert. Wir fordern dringend Kurskorrekturen auf Bundesebene ein. Am wichtigsten sind eine gute Wirtschaftspolitik und eine Stärkung des Wirtschaftswachstums. Die beste Sozialpolitik und die beste Politik für die Kommunen ist immer noch eine gute Wirtschaftspolitik, und an der fehlt es derzeit. Der Antrag auf Senkung der Gewerbesteuerumlage, der im Bundesrat vonseiten der Bayerischen Staatsregierung eingebracht worden ist, ist wiederum abgelehnt worden, sodass keine Besserung in Sicht ist. Auch die Gemeindefinanzreform lässt auf sich warten. Das Steuervergünstigungsabbaugesetz würde eine Verschlechterung der finanziellen Lage der Kommunen um 15,6 Milliarden e allein im nächsten Jahr mit sich bringen.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ist unser Antrag zu sehen, nachdrücklich darauf hinzuwirken, dass der Bund über den Stand der Mittelverwendung für den Solidaritätsfonds „Aufbauhilfe“ Rechnung legt. Offensichtlich werden nicht alle diese Mittel gebraucht. Wir wollen wissen, welche Mittel noch da sind, welche bereits ausgegeben wurden und welche Mittel nicht mehr gebraucht werden. Außerdem fordern wir, dass diese Mittel den Kommunen zurückgegeben werden. Es ist ein alter Grundsatz, dass zweckgebundene Mittel, die für den vorgesehenen Zweck nicht mehr gebraucht werden, zurückgegeben werden. Jeder private Spendensammler, der zweckgebundene Mittel nicht für den vorgesehenen Zweck verwendet, würde dem Staatsanwalt in die Hände fallen. Wir wollen, dass diese Mittel an die Kommunen zurückgegeben werden, die sie dringend brauchen. Eine Alternative dazu wäre, diese Mittel den Kommunen als Soforthilfe und ohne Zweckbindung zur Verbesserung ihrer Haushaltssituation zur Verfügung zu stellen. Auch der Bund hätte in diesem Fall auf die Rücknahme des Bundesanteils zu verzichten.
Ein kommunales Investitionsprogramm hilft den Kommunen überhaupt nicht weiter. Dieses Investitionsprogramm, das aus Darlehen bestehen soll, soll zum Teil mit den Mitteln der Flutopferhilfe finanziert werden. Der Präsident des Bayerischen Städtetags hat gesagt, es sei schon eine große Dreistigkeit, wenn man den Kommunen die Mittel, die man ihnen vorher abgenommen hat, über Darlehensprogramme zurückgeben will, für die sie dann auch noch Zins zahlen müssen. Im Übrigen sind die Zinsen auf dem freien Geldmarkt inzwischen so niedrig, dass ein derartiges Darlehensprogramm überhaupt nicht sinnvoll wäre. Die Kommunen brauchen Mittel zur freien Verwendung; sie wissen selbst am besten, was sie tun müssen und wofür sie die Mittel am besten verwenden.
Im Antrag der SPD wird, wie schon so oft zuvor, wiederum behauptet, dass die Schlüsselzuweisungen in Bayern innerhalb des Bundesgebietes mit zu den schlechtesten gehören. Das ist falsch. Das wird auch durch ständige Wiederholung nicht richtiger. Man kann
das nicht isoliert sehen: In Bayern fließt jeder fünfte Euro aus dem Staatshaushalt in die kommunalen Kassen. Im Finanzausgleich 2003 betragen die Finanzausgleichsleistungen trotz der Steuerausfälle rund 5,66 Milliarden e. Das bedeutet – bereinigt – Landesleistungen von 4,86 Milliarden e für die Kommunen. Das ist ein beachtliches Ergebnis, das in Übereinstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden erzielt worden ist.
Gerade die Schlüsselzuweisungen können auch im Jahr 2003 trotz des Rückgangs des Steuerverbundes gegenüber dem Vorjahr auf dem hohen Niveau des Jahres 2002 gehalten werden. Hier sind Umschichtungen notwendig geworden, die in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden vorgenommen worden sind. Die Behauptung, die in diesem Antrag wieder aufgestellt wird, Bayern sei im Vergleich mit den übrigen alten Flächenländern Schlusslicht bei den Schlüsselzuweisungen, ist also falsch. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass die Schlüsselzuweisungen nicht isoliert betrachtet werden können, sondern dass der kommunale Finanzausgleich aus einer Vielzahl von Leistungen zugunsten der Kommunen besteht.
Bayern achtet sehr auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den allgemeinen Deckungsmitteln einerseits und den Mitteln für gezielte Einzelförderungen andererseits. Aussagekräftig sind die FAG-Landesleistungen pro Kopf der Bevölkerung. Hier liegt Bayern auch im Jahr 2003 mit 396 e pro Einwohner deutlich über dem Durchschnitt der westlichen Flächenländer mit 325 e. Die Auswirkungen der Steuermindereinnahmen in Höhe von 1 Milliarde e im Jahr können vom Freistaat Bayern selbstverständlich nicht vollständig ausgeglichen werden.
Wir müssen eine vernünftige Wirtschaftspolitik fordern. Wir sind neugierig darauf, was der Bundeskanzler am Freitag sagen wird. Viel Hoffnung besteht aber nicht. Ganz egal, was er sagen wird: Er hat offensichtlich nicht mehr die Autorität, das überhaupt durchzusetzen. Wer die Auseinandersetzungen der verschiedenen Flügel der SPD-Bundestagsfraktion verfolgt, die sich gegenseitig paralysieren, hat nicht viel Hoffnung, dass diese Rede vernünftige Konsequenzen nach sich ziehen wird.
Meine Damen und Herren, im Antrag der SPD wird auch noch gefordert, die Grenzlandgemeinden vom Solidaritätspakt zu befreien. Auch insofern ist dieser Antrag sehr populistisch.
Das kommt schon von euch.
Dazu ist jedenfalls festzustellen, dass die Lasten der Deutschen Einheit von Bund, Ländern und Gemeinden getragen werden. Darin hat über die Parteigrenzen hinweg immer Übereinstimmung bestanden. Der Freistaat Bayern und die Kommunen werden im Jahr 2003 voraussichtlich 2,3 Milliarden e zur Finanzierung der Lasten der Deutschen Einheit beitragen. Der Finanzie
rungsanteil der Kommunen beträgt übrigens 38% und damit 154 Millionen e und nicht, wie es in Ihrem Antrag heißt, 880 Millionen. Hier enthält Ihr Antrag einen krassen Fehler.
Die Laufzeit für den Solidarpakt 2 ist bis 2019 vereinbart. Dem haben alle zugestimmt, auch die SPD-regierten Länder. Jetzt zu fordern, der Freistaat Bayern solle den Anteil der Kommunen im Grenzland übernehmen, geht zu weit. Im Übrigen frage ich Sie, wo hier die Abgrenzung ist. Wer soll entlastet werden und wer nicht? Auch diese Frage ist völlig offen. Natürlich ist es immer am einfachsten, zu fordern, der Freistaat Bayern solle diese Lasten übernehmen. Das ist aber sicher die am wenigsten intelligente Lösung.
Ja, es wäre vernünftig, wenn Sie in dieser Situation nicht immer auf den Freistaat Bayern zugehen würden. Das zeigt aber, dass Sie in Berlin offenbar keinen Einfluss haben. Es wäre sinnvoller, mit dem Bund über einen vernünftigen Ausgleich zu reden. Offensichtlich werden Sie in Berlin aber nicht gehört. Jedenfalls ist Ihr Antrag in der Form abzulehnen. Für den Antrag der CSU bitte ich um Zustimmung.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Dass die Bewältigung der Hochwasserereignisse im vergangenen Jahr deswegen so gut gelungen ist, weil alle Einsatzkräfte ihr Bestes gegeben haben, ist unstreitig. Darin stimmen wir sicherlich überein.
Es gibt allerdings eine unterschiedliche Behandlung der Einsatzkräfte, die darauf beruht, dass die verschiedenen Organisationen auf unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen basieren. Das THW hat ein Bundesgesetz zur Grundlage, die Freiwillige Feuerwehr das Feuerwehrgesetz, während die freiwilligen Hilfsorganisationen und die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege eigenständige Statute haben, die zum Teil öffentlich-rechtlich und zum Teil privatrechtlich sind.
Zum Teil öffentlich-rechtlich und zum Teil privatrechtlich. Das Rote Kreuz und die Wasserwacht sind öffentlich-rechtlich, während die anderen privatrechtlich sind.
Es ist zweifellos wünschenswert, dass alle Einsatzkräfte möglichst gleich behandelt werden sollen, was vor allem die finanziellen Auswirkungen betrifft. Diesem Anliegen, das wir auch vertreten, wird der Gesetzentwurf der SPD nicht gerecht, weil die vorgesehenen Regelungen nicht in das System passen und weil die Verweisung auf das Feuerwehrgesetz nicht schlüssig ist.
Für die vorgesehene Neuregelung der Freistellungs- und Entgeltfortzahlungen sowie des Erstattungsanspruchs der Arbeitgeber soll das Bayerische Feuerwehrgesetz gelten. Das sieht der Gesetzentwurf aber nicht vor. Nach dem Feuerwehrgesetz richtet sich der Erstattungsanspruch der Arbeitgeber gegen die Träger der Feuerwehr, also gegen die Kommunen. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf soll sich der Anspruch aber gegen die Katastrophenschutzbehörden richten. Das sind andere Behörden, nicht die Kommunen. Würde man das so machen, wären die Kommunen benachteiligt, weil sie für die Feuerwehr zuständig sind. Diese Benachteiligung der Gemeinden würde sicherlich zu weiteren Folgerungen führen.
Der Entwurf sieht auch einen hundertprozentigen Erstattungsanspruch vor für die Personal- und Sachaufwendungen. Auch das ist bisher im Katastrophenschutzgesetz nicht vorgesehen.
Dann müssten Sie es anders machen, nicht so wie es in Ihrem Gesetzentwurf steht. Sie beziehen den Anspruch nur auf die Wohlfahrtsverbände und die freiwilligen Hilfsorganisationen.
Aber, meine Damen und Herren, vom Anliegen her sind wir durchaus konform, der Gesetzentwurf erfüllt es aber nicht.
Außerdem hat das Gesetz starke finanzielle Auswirkungen, über die zu diskutierten sein wird. Der Katastrophenschutzfonds soll nach dem Gesetzentwurf allein aus Mitteln des Staates aufgestockt werden. Bisher tragen der Staat zwei Drittel und die Kommunen ein Drittel. Für die Aufstockung des Katastrophenschutzfonds soll nur der Staat einspringen.
Auch darüber muss man diskutieren. In der jetzigen Form können wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Im Anliegen gehen wir konform. Über die Einzelheiten wird noch intensiv zu diskutieren sein.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist das so beschlossen.
Ich rufe auf:
Tagesordnungspunkt 4 c
Gesetzentwurf der Staatsregierung
zur Änderung des Bayerischen Eisenbahn- und Bergbahngesetzes sowie zur Änderung anderer Rechtsvorschriften (Drucksache 14/11732)
Erste Lesung –
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung nicht begründet. Wortmeldungen liegen nicht vor. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht auch hiermit Einverständnis? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist auch dies so beschlossen.
Ich rufe auf:
Tagesordnungspunkt 4 d
Gesetzentwurf der Staatsregierung
Erste Lesung –
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Das Wort hat Herr Staatsminister Sinner.
Um die gemeinsamen Ziele nicht aus dem Auge zu verlieren und für Behörden und Bürger transparent zu machen, hat die Staatsregierung den Entwurf eines Gesetzes über den öffentlichen Gesundheits- und Veterinärdienst, die Ernährung und den Verbraucherschutz sowie die Lebensmittelüberwachung beschlossen. Das Gesetz löst das Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst und das Lebensmittelüberwachungsgesetz ab und macht verschiedene fachrechtlich verstreute Bestimmungen entbehrlich. Insofern ist das Gesetz zunächst einmal ein Beitrag zur formellen Deregulierung.
Ich darf kurz die Eckpunkte des Gesetzentwurfes vorstellen. Sieben Jahre, meine Damen und Herren, sind seit der Eingliederung der Gesundheits- und Veterinärbehörden in die Landratsämter vergangen. Dennoch ist die Zusammenarbeit dieser Behörden mit dem Landratsamt noch verbesserungsbedürftig. Als Dach über diese vielfältigen Aufgaben und als Vernetzung werden die Behörden für Gesundheits- und Veterinärwesen, Ernährungsberatung und Verbraucherschutz gebildet. Wir verankern im Artikel 8ff. die Aufgabenbeschreibung, die einerseits das Handeln dieser Behörden erleichtern soll, andererseits aber auch die Grenzen darstellt und die Beschränkungen der Beratung aufzeigt. Wir sind in der Lage, ein praxisnahes Gesetz anzubieten, das zugleich Entstaatlichung und Subsidiarität deutlich macht. Wir lassen die klassischen Handlungsfelder der niedergelassenen Ärzte, der Krankenkassen und der Verbände unberührt.
Meine Damen und Herren, moderne Verwaltung braucht auch moderne Methoden. Wir setzen auf eine risikoorientierte Kontrolle statt einer Vielzahl von unkoordinierten Routinekontrollen. Bei der Aufgabenwahrnehmung kann auf die Sachkunde von privaten Stellen vertraut werden. Deshalb werden im Gesetz Risikoanalyse, Risikomanagement und Risikokommunikation als Instrumente der Verwaltungssteuerung verankert. Wir veran
kern die Befugnis zur Beleihung privater Unternehmer und können von diesen Unternehmen Maßnahmen der Qualitätssicherung verlangen.
Meine Damen und Herren, im Gesundheitsbereich fallen Ursache und Wirkung oft weit auseinander. Akute Problemstellungen sind oft die Folge von Ereignissen, die Jahrzehnte zurückliegen. Das Gesetz sieht deshalb im Artikel 12 als Gedächtnis des Geschäftsbereiches die so genannte Gesundheitsberichterstattung vor. Dies hat mit bürokratischem Berichtswesen nichts zu tun, sondern es ist die Auswertung und Vernetzung von Daten, die ohnehin erhoben werden. Wir wollen keine „Datenfriedhöfe“ entstehen lassen, sondern diese Daten als Mittel der Risikoanalyse und Risikobewertung ausnützen.
Wir wollen auch versuchen, durch Zusammenarbeit Synergien zu schaffen. Dies wird in Artikel 6 ausgeführt: Austausch von Informationen und Zusammenarbeit sind wichtig, um mit sparsamem Mitteleinsatz bessere Ergebnisse zu erzielen. Wir bieten auch den Gemeinden und Landratsämtern die Möglichkeit an, über Zweckvereinbarungen eine gemeinsame Wahrnehmung von Aufgaben zu ermöglichen.
Ein wichtiger Punkt ist die Einrichtung des mobilen Veterinärdienstes. Hier arbeiten Spezialisten für Generalisten, da an den Landratsämtern nicht für jeden beliebigen Spezialfall Spezialisten vorgehalten werden können. Artikel 21 soll deshalb die Errichtung eines mobilen Veterinärdienstes ermöglichen, der sehr schnell im Wege der Beratung und des Vollzuges tätig werden kann, wenn landkreisübergreifende oder regierungsbezirksübergreifende Ereignisse dies erforderlich machen. Als Beispiel erwähne ich einen Ausbruch von Maul- und Klauenseuche.
Letzten Endes wollen wir mit diesem Gesetzentwurf auch die Möglichkeit verankern, schnell und effektiv vor gefährlichen Lebensmitteln zu schützen. Das heißt, wir erklären Anordnungen im Bereich des Lebensmittelrechts für sofort vollziehbar, um schnell handeln zu können. Wichtig ist für uns die Verbraucherinformation. Wir wollen mit diesem Gesetz die Möglichkeit schaffen, die Öffentlichkeit informieren zu können; das ist in den Artikeln 25 und 26 enthalten. Wir bauen dabei auf die EUBasisverordnung 178 aus dem Jahr 2002 auf und werten auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 2002 zum sogenannten Glykolfall aus.
Nicht nur der Verbraucher muss durch Informationen geschützt werden, sondern auch beteiligte Dritte müssen geschützt werden. Nachdem das Thema Glykol im österreichischen Wein aufgetreten ist, hat dies gravierende Einflüsse auf den Absatz österreichischen Weins gehabt. Da macht es natürlich Sinn, genau den Wein zu nennen, der betroffen ist, und nicht eine globale Verdächtigung eines gesamten Produktbereiches in der Öffentlichkeit auszusprechen. Diese Information des Verbrauchers dient also sowohl dem Schutz des Produzenten als auch dem Schutz des Verbrauchers. Wir haben in vielen Fällen gesehen, welche Folgen schwindendes Verbrauchervertrauen auf den Märkten haben kann.
Der Freistaat Bayern steht mit diesem Gesetzentwurf im bundesweiten Vergleich sehr gut da. Wir haben auf EUEbene eine Gesetzgebung, wir haben eine Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz, wir haben ein Weißbuch Lebensmittelsicherheit und wir haben ein Aktionsprogramm Verbraucherschutz. Aus diesen Bereichen werden sehr viele Impulse kommen, die wir im Verwaltungsvollzug auf Landesebene umsetzen müssen. Die spiegelbildliche Organisation zu dem, was wir auf EU-Ebene haben, bietet natürlich ein hohes Maß an Effektivität und Synergie. Ich verweise auf Beispiele in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten, wo die Aufgabe Public Health zu einer zentralen Kernaufgabe des Staates geworden ist. Gerade im Zeitalter der Globalisierung wird diese Aufgabe – ich denke an die EUOsterweiterung mit den Risiken, die sich für Lebensmittel und Gesundheit der Verbraucher durch wegfallende Grenzen ergeben – immer wichtiger. In diesem Sinne denke ich, dass wir eine gute Grundlage für die Beratung des Landtags vorgelegt haben und bitte den Landtag um eine wohlwollende Beratung in den Ausschüssen und im Plenum.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Geiger.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn von den GRÜNEN hier plötzlich das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen entdeckt wird, freue ich mich darüber.
Wir sind nämlich leidenschaftliche Befürworter des kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Das aber jetzt an diesem Gesetzentwurf aufzuhängen, ist sicherlich der falsche Weg. Herr Kollege Boutter, natürlich sind die Kommunalfinanzen ein Thema, aber es ist in erster Linie ein Bundesthema. Denn die Misere wird in Berlin verschuldet.
Fragen Sie doch Ihre Kämmerer, was die mit der Grundsicherung tun und was es mit der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage auf sich hat. Da liegt doch der Teufel im Detail.
Seit dem 21. September hören wir aus Berlin nichts anderes mehr als Überlegungen, wie man den Bürgern mehr Geld aus der Tasche zieht.
Und wenn man nun den Herrn Müntefering hört, wie er sagt, man soll dem Staat mehr geben und der Bürger solle weniger ausgeben, dann ist das der Gipfel. Der Bürger fühlt sich abgezockt; diese rot-grüne Steuerkrake nimmt ihm die Luft zum Atmen.
Als die Arbeitnehmer jetzt im Januar ihre Gehalts- und Lohnzettel erhalten haben, sind alle erschrocken. In der AZ ist ganz hervorragend dargelegt worden, wie die Bürger abgezockt werden. Und jetzt kommen Sie daher und wollen, dass die Kommunen auch noch weitere Steuern eintreiben. Das ist in einer Situation, in der die Wirtschaft stagniert und in der die Wachstumsprognosen wiederum zurückgeführt werden müssen auf 1% die falsche Lösung.
Es geht um die Existenz der Kommunen. Heute schon ist doch in den Zeitungen zu lesen, dass manche Gemeinden daran denken, sich aufzulösen und mit anderen Gemeinden zusammenzuschließen, weil sie nicht mehr in der Lage sind, ihre Aufgaben zu erfüllen.
Und da kommen Sie daher und meinen, mit der Vergnügungssteuer die Kommunen retten zu können. Das ist blanker Unsinn.
Das birgt einen neuen Verwaltungsaufwand, es sind neue Steuern, aber es ist keine Lösung der Finanzmisere bei den Kommunen. Sie werden doch wirklich nicht glauben wollen, dass Sie mit der Speiseeissteuer die Situation retten können.
Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Gemeindefinanzreform. Das ist unser Thema.
Wir brauchen eine umfassende Gemeindefinanzreform, die die Kommunen in die Lage versetzt zu planen und ihre Aufgaben langfristig zu erledigen. Das ist das Thema. Wir sind durchaus dafür, über Möglichkeiten des kommunalen Steuerfindungsrechtes zu reden. Aber das kann doch nicht so kurz gedacht geschehen, sondern es muss im Zusammenhang mit einer Gemeindefinanzreform stattfinden. Und in diesem Zusammenhang kann man dann auch über solche Dinge reden. Darüber werden wir sicherlich in den Ausschüssen zu diskutieren haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einige wenige Ausführungen zum kommunalen Finanzausgleich machen, der auch in diesem Jahr vor dem düsteren Hintergrund einer katastrophalen Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik stattfindet. Die politische Verantwortung für diese Rahmenbedingungen liegt natürlich in Berlin, wie Sie selbst wissen.
Dies macht den kommunalen Finanzausgleich so schwierig. Ich stelle fest: Rot-Grün in Berlin hat es innerhalb von vier Jahren geschafft, die finanziellen Grundlagen der Kommunen zu zerstören.
Fragen Sie Ihren Oberbürgermeister Ude, der schreibt das heute in der Zeitung – wörtlich: Schlimmer kann es nicht mehr werden.
Meine Damen und Herren, natürlich können wir das über den kommunalen Finanzausgleich nicht auffangen.
Ja, das ist Ihre Politik, alles auf den Bürger abzuwälzen. Sie sollten sich etwas Besseres überlegen.
Meine Damen und Herren, während die Rahmenbedingungen aus Berlin immer schlechter werden, bemühen wir uns, den Kommunen beizustehen, ihre verfassungsmäßigen Aufgaben erfüllen zu können. Landauf, landab sind die Kommunen jetzt dabei, ihre Haushalte abzugleichen, und sie stellen unisono fest, dass die Einnahmen mit den Ausgaben nicht mehr in Einklang zu bringen sind, weil nicht investiert wird, weil die Wirtschaft stagniert, weil die Einzelhandelsumsätze dramatisch zurückgehen, weil die Wirtschaft nicht mehr wächst.
Meine Damen und Herren, Sie auferlegen in dieser Situation den Kommunen zusätzliche Belastungen: Grundsicherung, Erhöhung der Gewerbesteuerumlage. In meiner Heimatstadt macht allein die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage 1,5 Millionen e aus – das ist eine Menge Geld –, und die Grundsicherung schlägt mit über 700000 e zu Buche. Ohne diese Dinge wäre der Haushaltsausgleich weitaus leichter möglich.
Meine Damen und Herren, wir brauchen dringend eine Gemeindefinanzreform, aber von dieser Bundesregierung wird diesbezüglich wohl wenig zu erwarten sein; denn das Maß aller Dinge bei Rot-Grün ist der kleinste gemeinsame Nenner.
Meine Damen und Herren, der kommunale Finanzausgleich hat jedenfalls bewirkt, dass die Schlüsselzuweisungen auf dem Niveau des Vorjahres gehalten werden können, dass die Erstattungsquote für die Schülerbeförderung bei 60% gehalten werden kann und dass den Landkreisen im Jahr 2003 die Benutzungsgebühren der staatlichen Gesundheits- und Veterinärämter in Höhe von 2,8 Millionen e überlassen bleiben.
Meine Damen und Herren, niemand ist glücklich darüber, dass wir durch Umschichtungen kommunale Vorhaben strecken und die Finanzierung auf mehrere Jahre verteilen müssen. Niemand ist darüber glücklich. Dieser kommunale Finanzausgleich ist aber ein Kraftakt, der im Benehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden erreicht worden ist. Er ist das Beste, was wir in der derzeitigen Situation machen können. Meine Damen und Herren, tun Sie das Beste, was Sie hier heute tun können: Stimmen Sie zu.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann es ganz kurz machen. Rot-Grün in Berlin hat es innerhalb von vier Jahren geschafft, die finanzielle Basis der Kommunen in Bayern und in Deutschland zu zerstören.
Ursachen dafür sind eine miserable Wirtschaftspolitik, eine verfehlte Steuerpolitik und viele neue Belastungen, die ohne vernünftige Gegenfinanzierung auf die Kommunen zugekommen sind. Die Kommunen stehen dank der Politik von Rot-Grün mit dem Rücken an der Wand. Sie stehen vor einem Scherbenhaufen und können ihre verfassungsmäßigen Aufgaben nicht mehr erfüllen.
In dieser Situation hilft nur eine umfassende Gemeindefinanzreform, die uns hoffentlich bald vorgelegt werden wird. Die Kommission, die hierzu eingesetzt ist, tagt offensichtlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Man hört und sieht nichts von ihr.
Die Kommunen brauchen eine Finanzplanungssicherheit, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können. Ihre Einnahmen dürfen nicht vom Zufall abhängen, sondern sie müssen vorhersehbar und planbar sein.
Aus dieser Situation heraus ist eine breite Diskussion darüber entstanden, wie man den Kommunen helfen kann. Ich will zu den Themen Konnexitätsprinzip und Konsultationsmechanismen nichts weiter ausführen, weil wir dazu eine gemeinsame Anhörung durchführen werden. Wir werden uns dann mit Sicherheit intensiv über diese Themen unterhalten. Festzuhalten bleibt aber, dass in Bayern immer noch einer der besten kommunalen Finanzausgleiche aller Länder stattfindet. Wir befinden uns in einem ständigen Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden. Bisher ist es immer gelungen, durch einen guten Finanzausgleich die Interessen des Landes und der Kommunen miteinander zu vereinbaren. Aufgrund der dilettantischen Politik der rot-grünen Regierung ist dieser Interessenausgleich inzwischen aber fast unmöglich geworden. Deswegen müssen wir in Bayern versuchen, den Kommunen zu helfen, weil auch die Bürger in unserem Lande die Zeche für Rot-Grün zahlen müssen.
Der Vorschlag, der mit diesem Gesetzentwurf vorgelegt wird, ist zu kurz gedacht. Es nützt überhaupt nichts, nur die Zweitwohnungssteuer wieder einzuführen. Wir müssen eine breite Diskussion darüber führen, wie wir den Kommunen helfen können. Darüber wird bei den Ausschussberatungen zu reden sein. Ich bin gespannt darauf, ob Sie bereit sind, mit uns gemeinsam die rotgrünen Zumutungen aus Berlin den Kommunen gegenüber zu bekämpfen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will den weiteren Sitzungsverlauf nur unwesentlich verzögern. Daher verweise ich auf die Diskussion im federführenden sozialpolitischen Ausschuss. Frau Köhler, es freut mich, dass Sie sich über unsere politische Zukunft sorgen. Aber diese Sorgen machen wir uns selber. Dazu brauchen wir Ihre Anregungen nicht.
Ich möchte eines feststellen: Das gesamte Angebot der Gesundheitsversorgung in unserem Land steht allen Migranten zur Verfügung. Alle Angebote können von den Migranten genauso wie von den einheimischen Mitbürgern angenommen werden. Die von Ihnen hier aufgezeigten Probleme entstehen in den meisten Fällen dadurch, dass die Migranten nicht bereit sind, die deutsche Sprache zu lernen und dass sie sich damit im Rahmen des Gesundheitssystems nicht verständlich ausdrücken können.
Glauben Sie denn wirklich, dass, wenn Sie heute in der Türkei leben wollen, der türkische Arzt Deutsch lernt, damit Sie ihm sagen können, wo es Ihnen wehtut? Wer bei uns leben will, muss auf uns zugehen und die deutsche Sprache lernen.
Damit sind die meisten der Probleme, die Sie anschneiden, gelöst.
Darin liegt der grundlegende Unterschied der Auffassungen. Wir sind der Meinung: Wer in unser Land kommt, muss auf uns zugehen, muss den Willen haben, sich zu integrieren. Dazu gehört in erster Linie, so viel Deutsch zu lernen, um sich im Alltag verständlich machen zu kön
nen, sodass ein Migrant auch dem Arzt sagen kann, was ihm wehtut.
Wir lehnen es ab, Sonderregelungen einzuführen, die nur deswegen notwendig sind, weil Migranten nicht bereit sind, sich bei uns zu integrieren und die deutsche Sprache zu lernen. Die Anträge sind abzulehnen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik empfiehlt, die Anträge abzulehnen. Ich schlage vor, über die vier Anträge eine Gesamtabstimmung durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann lasse ich so abstimmen.
Wer entgegen dem Votum des jeweils federführenden Ausschusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik den Anträgen auf den Drucksachen 14/9364, 14/9365, 14/9366 und 14/9367 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit sind die Anträge abgelehnt.
Ich rufe auf:
Tagesordnungspunkt 19
Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Dr. Runge, Kellner und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich eröffne die Aussprache. Redezeit: 15 Minuten pro Fraktion. Das Wort hat Herr Dr. Runge.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In den Dringlichkeitsanträgen der SPDFraktion und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN geht es um nichts anderes als um den Erhalt der muttersprachlichen Beratungsstellen bei den Wohlfahrtsverbänden. In der Diskussion wird dies immer vermischt. Ich möchte mich auf diesen Gegenstand beschränken.
Es geht wiederum um Anträge, die gestellt werden, weil sich der Bund aus seiner bisherigen Förderung zurückzieht, was er gerne macht.
Kommen Sie mir nicht mit dem Bundesrechnungshof. Wenn der Bund eine Aufgabe erfüllen will, dann findet er Mittel und Wege, sie zu erfüllen.
Ich wünsche mir, dass Sie einmal bayerisch denken und bayerisch handeln.
Warum sollen wir immer dann, wenn sich der Bund zurückzieht, aus Landesmitteln ausgleichen? – Sie fordern sogar, die Kommunen sollen einspringen. Der Bund will mehr Zuwanderung, wir wollen sie nicht. Wenn vor dem Hintergrund dieser Diskussion der Bund seine Mittel für solche Beratungsstellen kürzt – –
Ich komme noch darauf zu sprechen.
Diese Beratungsstellen wurden in den 50er und 60erJahren geschaffen. Damals haben wir die Leute als Gastarbeiter ins Land geholt. Diese Leute müssen wir heute nicht mehr beraten. Dafür brauchen wir keine Beratungsstellen.
Wenn diese Leute nach 20 Jahren immer noch nicht in unser System integriert sind und jetzt noch Beratung brauchen, dann frage ich mich, was diese die ganze Zeit getan haben und was diese Beratung gebracht hat.
Das ist doch nicht das Thema, Herr Kollege.
Frau Kollegin, ich habe im Gegensatz zu Ihnen viele Jahre in der Praxis gearbeitet.
Die Frage ist doch, ob die Beratungsstellen in der Form, wie sie seit den fünfziger und sechziger Jahren bestehen, überhaupt sinnvoll sind.
Wenn die Mittel knapper werden, muss man den Mut haben zu überlegen, ob es sinnvoll ist, die Beratungen in der bisherigen Form weiterzuführen.
Im Zuge der Europäischen Union, der Freizügigkeit und der Gleichberechtigung brauche ich keine Beratungsstellen für die Mitglieder dieser Union. In der Europäischen Union ist jeder für sein Sprachproblem selbst verantwortlich. Wenn jemand von Verona nach München zieht, dann ist er kein Migrant im klassischen Sinn. Er
braucht also auch keine Beratung. Wenn ein Grieche heute nach München will, dann überlegt er sich, warum er das will. Er hat dann alle Möglichkeiten, sich zu informieren, was ihn hier erwartet. Er hat die Konsulate, die Botschaften, die deutsch-griechische Handelskammer. Es gibt alle möglichen Vereinigungen. Das heißt, er wartet nicht auf Ihre Beratungsstellen.
Der Grieche informiert sich vorher, was ihn hier erwartet. Er kommt nicht blauäugig hierher und sagt: Jetzt lasse ich mich hier beraten. Das ist doch eine völlig praxisfremde Vorstellung, die Sie hier verbreiten.
Das hätte ich bei Ihnen schon lange gebraucht. Aber allmählich bin ich abgestumpft.
Ach, Frau Kollegin, das habe ich doch jahrelang gemacht, und zwar in Straubing, falls Sie das interessiert.
Meine Damen und Herren, es gibt sicherlich Fälle, in denen die Beratung auch für EU-Bürger sinnvoll ist.
Ich sehe die Notwendigkeit auch bei den Türken als nicht besonders dringlich an. Wenn ein Türke heute nach Deutschland kommt, dann hat er hier Hunderttausende von Landsleuten, die genau wissen, wie alles läuft. Er braucht keine eigene Beratungsstelle. Wenn Sie heute als EU-Bürger nach Spanien gehen, dann werden Sie dort keine deutschsprachige Beratungsstelle finden, die Ihnen sagt, wo Sie Ihre Sozialanträge stellen sollen. Das ist doch überholt. Sie sind in den letzten Jahren in der Entwicklung stehen geblieben.
Ich biete an, dieses Thema im zuständigen Ausschuss ausführlich zu diskutieren. Hier und heute sind die Anträge aber abzulehnen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Güller, lassen Sie mich eine Vorbemerkung machen. Ich habe mit Freude festgestellt, dass Sie die Eigenständigkeit Bayerns in Ihren Ausführungen über die Europapolitik betont haben. Ich freue mich darüber sehr. Ich würde mich darüber noch mehr freuen, wenn wir dazu im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten zu mehr gemeinsamen Lösungen kommen würden und Sie diese Eigenständigkeit auch gegenüber der Bundesregierung stärker betonen würden.
In der täglichen Praxis aber nicht.
Die Enquete-Kommission hat sich zu einem wesentlichen Teil auch mit Föderalismus und kommunaler Selbstverwaltung befasst und hat das kommunale Selbstverwaltungsrecht betont. Sie hat erklärt, dass dieses Recht gestärkt werden muss und dabei die Prinzipien zum Ausdruck kommen müssen, die auch in den anderen Beziehungen zwischen Bund und Land eine Rolle spielen: Subsidiarität, Solidarität und Transparenz. Insbesondere muss die Finanzkraft und die Finanzautonomie der Kommunen gestärkt werden. Diese Thematik war ein wesentlicher Schwerpunkt der Beratungen. Dabei spielt die Frage des Konnexitätsprinzips eine wesentliche Rolle. Über das Konnexitätsprinzip wird zurzeit intensiv diskutiert. Es wird von den kommunalen Spitzenverbänden gefordert. Es gibt ein solches Prinzip in der Bayerischen Verfassung bisher nicht. Der Artikel 83 der Verfassung sieht zwar vor, dass den Gemeinden die notwendigen Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu erschließen sind; die Rechtsprechung verbindet damit aber kein striktes Konnexitätsprinzip. Die Forderung nach der Einführung des Konnexitätsprinzips wird insbesondere damit begründet, dass dadurch der Tendenz entgegenwirkt werde, dass der Landesgesetzgeber den Kommunen Aufgaben überträgt und ihnen nicht gleichzeitig die Mittel dafür zur Verfügung stellt. Es gibt allerdings wichtige Gründe, die gegen ein striktes Konnexitätsprinzip sprechen. Die Enquete-Kommission hat sich letztlich dieser Bewertung angeschlossen.
Erstens würde eine zwingende Kostenerstattung nicht dazu führen, dass sich die Mittel, die die Länder den Kommunen zur Verfügung stellen können, dadurch vermehren. Es würde sich lediglich eine Umverteilung ergeben, weil der Kuchen nur einmal verteilt werden kann.
Zum Zweiten – das halte ich für ein wichtiges Gegenargument – würde ein striktes Konnexitätsprinzip die Selbstverwaltung der Kommunen nicht stärken sondern eher schwächen, weil der Staat dann feststellt, was die Erfüllung einer Aufgabe kosten darf. Er würde den Kommunen dann vorschreiben, welche Mittel sie für welche Kosten aufwenden dürfen. Damit würde mit Sicherheit in die Eigenständigkeit der Kommunen hineinregiert.
Zum Dritten ist ein landesrechtliches Konnexitätsprinzip nur die halbe Miete. Sehr viel wichtiger wäre ein Konnexitätsprinzip gegenüber dem Bund. Gerade in der letzten Zeit haben wir erlebt, dass der Bund auf die Kommunen überhaupt keine Rücksicht nimmt: seien es die UMTSLizenzen, die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage, seien es die Bereiche der Sozialhilfe und der Jugendhilfe, wofür die Ausgaben der Kommunen in den letzten Jahren um mehrere hundert Prozent gestiegen sind. Die Kommunen erhalten dafür keinen Ausgleich vom Bund. Ein landesrechtliches Konnexitätsprinzip ist nur ein Teil dessen, was die Kommunen betrifft.
Ein weiterer Schwerpunkt der Beratungen war der kommunale Finanzausgleich. Die Diskussion darüber ist gerade aktuell. Es wird eingewendet, dass Bayern derzeit mit 11,54% den niedrigsten Verbundsatz bei den Gemeinschaftssteuern hätte und dass die Schlüsselzuweisungen mit 34,6% deutlich unter dem Bundesdurch
schnitt liegen würden. Das ist eine ganz einseitige Betrachtung der Dinge. Der kommunale Finanzausgleich in Bayern ist ein sehr komplexes System. Wenn man einzelne Bereiche dieses Finanzausgleichs isoliert betrachtet, dann kommt man zu falschen Schlussfolgerungen. Die Schlüsselzuweisungen sind nur ein Teil der allgemeinen Deckungsmittel, die der Freistaat Bayern den Kommunen gewährt. Zu den allgemeinen Deckungsmitteln kommen auch die Teilüberlassung des staatlichen Aufkommens an der Grunderwerbsteuer, die Zuweisung im Familienlastenausgleich, die Finanzzuweisungen Investitionspauschale, der Sozialhilfeausgleich an die Bezirke und die Bedarfszuweisungen. All diese Dinge muss man im Zusammenhang sehen. Man darf nicht einzelne Elemente herausgreifen und sie als Beweis dafür nehmen, dass der Freistaat Bayern die Kommunen benachteiligt.
Einen aussagekräftigen Vergleich erlauben die ProKopf-Zahlen an Zuweisungen, die der Freistaat Bayern an die Kommunen zahlt. Bayern liegt unter den westlichen Bundesländern an dritter Stelle. Ich meine, das ist kein schlechter Wert.
Wir haben uns auch mit der Frage befasst, ob der kommunale Finanzausgleich in der Bayerischen Verfassung verankert werden soll. Die Beratungen haben zum Ergebnis geführt, eine solche Bestimmung abzulehnen. Sowohl die Bayerische Verfassung als auch das Grundgesetz enthalten ausreichende Bestimmungen.