Herr Minister, eine Frage zur Klarstellung. Heißt das, dass im Bereich einer Polizeidirektion mit zum Beispiel neun Inspektionen, die bis dahin mit einem Verhältnis von 1/2 besetzt waren, die Eins wegfällt und in die Direktion kommt und dass die zwei Personen immer nur Streife fahren?
Nein, Herr Kollege Gantzer, das heißt es nicht. Dies sind im Moment Pilotversuche, die nicht von uns zentral geplant werden, sondern es den örtlichen polizeilichen Verantwortlichen ermöglichen, den Einsatz effizienter zu steuern. Das würde also beispielsweise bedeuten, dass in einer Polizeidirektion die Alarmierung der Streifen durch
die Direktion erfolgt und dass der örtliche Inspektionsleiter sagt, man setze nachts bestimmte Stunden nur zwei Beamte, andere Stunden vier Beamte ein. Es liegt durchaus nahe zu sagen, in der Zeit von 4 bis 7 Uhr würden eine Streife, in der Zeit zwischen 11 und 2 Uhr zwei Streifen eingesetzt. Dies wäre personalneutral ohne Veränderung der Anzahl der Dienststunden machbar. Sie stimmen mir aber zu, dass damit die Sicherheit verbessert werde, weil in den Zeiten, in denen die Einsatznotwendigkeiten höher sind, mehr Personal zur Verfügung steht, und in Zeiten, in denen sich normalerweise wenig tut, wenig Personal vorhanden ist.
Wir haben auch andere Versuche laufen und arbeiten mit flexiblen Schichtgrößen. Wir bekommen neue Personalsteuerungsmodelle, aber das wird nur im Einvernehmen mit den Beamten dargestellt. Beispielsweise werden in der Nacht von Freitag auf Samstag höhere Schichtstärken vorhanden sein als etwa Sonntag Früh, wo wir die geringsten Einsatzzeiten haben. Aber das soll vor Ort entsprechend mitentwickelt werden. Ich ermuntere alle Dienststellen sehr, solche Dinge vor Ort anzugehen, weil man vor Ort am allerbesten weiß, wann die höchsten Einsatzstärken notwendig sind.
Herr Staatsminister, wie viele Tschetschenen leben zur Zeit mit welchen Aufenthaltstiteln in Bayern und wie viele Abschiebungen wurden im Laufe dieses Jahres durchgeführt?
Frau Präsidentin, Frau Kollegin Köhler! Ausländer werden in der Bundesrepublik Deutschland zentral im Ausländerzentralregister in Köln unter anderem nach Staatsangehörigkeiten erfasst. Damit lässt sich nicht feststellen, wie viele Staatsangehörige der Russischen Föderation mit tschetschenischer Volkszugehörigkeit in Bayern mit welchen Aufenthaltstiteln leben. Bayern fordert seit längerem, unter anderem die ethnische Volkszugehörigkeit im Ausländerzentralregister zu speichern. Dies wird vom Bund – übrigens in besonderer Weise von den GRÜNEN – abgelehnt, sodass ich Ihre Frage nicht beantworten kann, weil ich keine Daten habe.
Aber Herr Staatsminister, wie viele Asylbewerber bzw. geduldete Tschetschenen gibt es denn in Bayern? Das müssten Sie doch zumindest ansatzweise wissen. Sie müssten doch zumindest sagen können, wie viele Abschiebungen es nach Tschetschenien gegeben hat. Hat es im Verlauf dieses Jahres Abschiebungen nach Tschetschenien gegeben?
Es gibt nur Abschiebungen nach Russland. Wir haben einige Abschiebungen nach Moskau durchgeführt. Ob es sich dabei um Tschetschenen gehandelt hat oder nicht, kann ich nur feststellen, wenn ich die einzelne Akte nachlese.
Herr Staatsminister, bei den türkischen Staatsangehörigen ist schließlich auch bekannt, ob sie kurdische Volkzugehörige sind. Deshalb müsste es doch auch bei den Angehörigen der russischen Föderation klar sein, ob es sich um tschetschenische Volksangehörige handelt. Ich kann nicht nachvollziehen, weshalb Sie mir keine Antwort geben wollen.
Es war ein Anliegen der Grünen, beim Sicherheitspaket III dafür zu sorgen, dass eine Speicherung der Volkszugehörigkeit unzulässig ist. Das heißt, wir haben die Volkszugehörigkeit in keiner Datei. Ich habe immer wieder eingewendet, dass es völlig verrückt ist, dies unter Sicherheitsaspekten abzulehnen, wenn man gleichzeitig in Asylfragen die Volkszugehörigkeit darstellt. Bei den Bosniern war es für uns beispielsweise immer von Bedeutung, ob es sich um serbische oder kroatische Volkszugehörige gehandelt hat. Eine Speicherung durfte aber nicht erfolgen. Wir müssen das deshalb einzeln beim Bundesamt erfragen oder in der jeweiligen Akte nachlesen. Das bedeutet aber, dass ich alle russischen Akten hätte überprüfen müssen. Das habe ich aber nicht angeordnet, und ich bin auch nicht bereit, das anzuordnen. So ist das eben, nachdem die Grünen sich dagegen gewehrt haben, dass die Volkszugehörigkeit gespeichert wird. Deshalb kann ich auch keine Auskunft dazu geben.
Herr Staatsminister, nachdem die Gewerkschaft der Polizei aufgezeigt hat, dass in Bayern 3000 Polizeibeamte fehlen und deswegen unter anderem Polizeidienststellen nachts geschlossen werden müssen, frage ich Sie, wie sich der Personalnotstand in Niederbayern darstellt, und wie viele Versetzungsgesuche von Polizeibeamten aus dem Großraum München nach Niederbayern zur Zeit vorliegen.
Frau Präsidentin, Herr Kollege Brandl! Auch wenn die Gewerkschaft der Polizei 3000 zusätzliche Stellen für die bayerische Polizei fordert, bedeutet dies keinen Personalnotstand. Zwar hätte auch ich gerne mehr Personal für die Polizei, doch Sie alle wissen, wie beschränkt die finanzielle Situation ist. Wir haben keine Stellenkürzungen bei der Polizei, sondern wir haben mehr Stellen als vor zwei, fünf oder zehn Jahren.
Zum Stichtag 01.10.2002 ergibt sich für die Polizeidirektion in Niederbayern folgende Soll- und Ist-Stärke: Die Polizeidirektion Landshut hat ein Soll von 543 Beamten zu verzeichnen und ein Ist von 547. Damit sind dort vier Beamten im Übersoll. Passau hat ein Soll von 682 Beamten und ein Ist von 731. Dort sind fünf im regulären Übersoll und 44 sind bei der Polizeiinspektion Fahndung. Sie wissen, das steht im Zusammenhang mit der Grenzpolizei. Lediglich die Polizeidirektion Straubing hat bei einem Soll von 498 ein Ist von 488 aufzuweisen und damit zehn Fehlstellen.
Nachdem fast alle Stellen in den Schutzbereichen Niederbayerns besetzt sind, wir sogar mehr als die vorhandenen Stellen besetzt haben, kann keinesfalls von einem Personalnotstand gesprochen werden.
Das Polizeipräsidium München hat für Niederbayern 56 mittlere Beamte und 13 gehobene Beamte, die ihre Mindestdienstzeitverpflichtung beim Polizeipräsidium München erfüllt haben, für eine Versetzung angeboten. Eine Versetzung ist allerdings nur möglich, wenn in Niederbayern auch freie Stellen zur Verfügung stehen. Das muss in den nächsten Monaten geklärt werden.
Herr Staatsminister, ist es richtig, dass wegen zahlreicher Sonderaufgaben Polizeibeamte vor Ort fehlen? Wird deshalb daran gedacht, ähnlich wie bei den Lehrern, endlich eine mobile Reserve einzuführen?
Wir haben in den vergangenen Jahren eine massive Aufgabenmehrung bei der Polizei. Das ist auch der Hintergrund, weshalb ich immer wieder neue Stellen gefordert habe. Die letzte, für jedermann ersichtliche Notwendigkeit einer Stellenmehrung ergab sich nach dem 11. September 2001 für den Bereich islamischer Extremisten. Ich möchte aber hervorheben, dass sich das nicht schwerpunktmäßig auf die ländlichen Gebiete Bayerns bezieht, sondern auch bestimmte zentrale Bereiche. Doch auch in der Fläche hat der Staatsschutz seine Notwendigkeit.
Daneben haben wir durch den verstärkten Einsatz von Frauen bei der Polizei erhebliche Ausfälle durch Schwangerschaften und Geburten. Dafür haben wir Stellen zur Verfügung gestellt. Anders als an den Schulen,
wo man die mobile Reserve hat, um jede Klasse mit einem Lehrer zu versorgen, und man, wenn in der darauffolgenden Woche woanders ein Lehrer fehlt, die Lehrkraft versetzt, wäre das bei der Polizei nicht sinnvoll. So wird beispielsweise im Polizeipräsidium Mittelfranken keine mobile Reserve vorgehalten, damit, wenn beispielsweise eine Polizistin in Lauf erkrankt ist, dorthin eine Vertretung entsandt werden kann, die man in der nächsten Woche dann im 70 km entfernten Rothenburg einsetzen könnte. Das wäre bei der Polizei nicht sinnvoll. Wir haben entsprechende Stellenmehrungen, um einem längerfristigen Ausfall begegnen zu können, wie er beispielsweise bei Schwangerschaften oder für den Erziehungsurlaub vorkommt. Dafür haben wir Stellen im Haushalt und wir wollen noch weitere bekommen.
Herr Staatsminister, diese von Ihnen angesprochenen ehemaligen Grenzpolizisten leisten im Rahmen der Schleierfahndung eine sehr erfolgreiche Arbeit. Wie prognostizieren Sie die weitere Entwicklung? Wie lange kann diese Konstruktion in Anbetracht des EU-Beitritts der Tschechischen Republik erhalten bleiben? Kann das Instrument der Schleierfahndung bestehen bleiben oder muss man künftig darauf verzichten?
Staatsminister Dr. Beckstein (Innenminister) : Die Schleierfahndung ist eine bayerische Erfindung. Sie ist ein Erfolgsmodell. Viele andere europäische Länder haben mit Berufung auf den bayerischen Erfolg die Schleierfahndung eingeführt. Wir werden sie deshalb unter allen Umständen beibehalten. Die 44 Stellen sind ein Übersoll bei der Grenzpolizei Bayern-Österreich. Sie werden im Moment in der Schleierfahndung eingesetzt. Bei der Schleierfahndung wird es vielleicht eine gewisse Reduzierung geben, insgesamt aber wird sie beibehalten.
Was den Beitritt Tschechiens zur EU anbelangt, so hebe ich immer hervor, dass der EU-Beitritt nicht den Wegfall der Grenzkontrollen bedeutet. Trotz ihres EU-Beitritts wird es noch über viele Jahre Grenzkontrollen zur Tschechischen Republik geben. Es ist jedenfalls feste Absicht der Bayerischen Staatsregierung zu verlangen, was im Vertrag von Schengen auch zwingend vorgeschrieben ist: Erst dann, wenn ein Beitritt zum Schengener-Informations-System möglich ist, können die Grenzkontrollen entfallen. Das Schengener-Informations-System ist heute aber an seiner absoluten Kapazitätsgrenze angelangt und kann keine neuen Länder anschließen. Herr Kommissar Vitorino, mit dem ich das Problem vor kurzem erörtert habe, hat gesagt, zunächst muss ein Schengener-Informations-System II entwickelt werden, wenn die Beitrittsländer kommen. Erst dann kann man an den Wegfall der Grenzkontrollen denken. Das wird aber noch mehrere Jahre dauern, nachdem die Ausschreibung für das Schengener-Informations-System II noch nicht erfolgt ist.
Herr Staatsminister, sind Maßnahmen vorgesehen, dass Polizeibeamte im Großraum München schneller als bisher heimatnah verwendet werden können und nicht zehn oder mehr Jahre auf die Versetzung in die Heimat warten müssen?
Herr Kollege Brandl, wir werden in überschaubarer Zeit eine deutliche Verbesserung bekommen, weil wir mit den München-Programmen ganz gezielt Beamte und Beamtinnen eingestellt haben, die freiwillig im Großraum München eingesetzt werden. Dafür haben wir in den vergangenen Jahren so viele Leute eingestellt, dass wir im Moment sogar Probleme haben, sie in München zu verwenden. So viele freie Stellen hat München nämlich nicht.
Wir werden auf Sicht gesehen also dazu kommen, dass das Polizeipräsidium München die Leute nach Ablauf der Mindestverweildauer abgibt. Die Frage ist, ob Niederbayern sie aufnehmen kann. Das ist etwas problematischer. Die Situation in diesen Bereichen wird sich aber verbessern.
Herr Minister, welche Kommunen in Bayern haben bisher von dem Instrument „Cross-Border-Lease“ Gebrauch gemacht, was wurde dabei jeweils „verleast“ und hält die Staatsregierung Cross-Border-Lease für ein geeignetes und legales Mittel, um kommunale Haushalte zu entlasten?
Frau Präsidentin, Frau Kollegin Gote, in Bayern wurden bislang in zwei Fällen Cross-Border-Leasing-Transaktionen als kreditähnliche Rechtsgeschäfte nach Artikel 72 GO genehmigt, und zwar 1999 für die städtische Entwässerungsanlage – Klärwerk I und II sowie zwei in Verbindung mit den Klärwerken stehende Regenüberlaufbecken – und 2001 für das städtische Kanalnetz sowie Sonderbauwerke jeweils der Stadt Nürnberg. Die Überlegungen der Stadt Kulmbach hinsichtlich einer CrossBorder-Leasing-Transaktion für ihre Abwasserbeseitigungsanlage haben sich erledigt, nachdem der Bürgerentscheid am 10. November 2002 dies abgelehnt hat.
Ob darüber hinaus etwa auch kommunale Unternehmen in den Rechtsformen des privaten Rechts solche dann genehmigungsfreie Cross-Border-Leasing-Geschäfte getätigt haben, ist uns nicht bekannt. Die Privatisierung reduzierte ja die Kommunalaufsicht.
Dass Cross-Border-Leasing-Transaktionen kein schlechthin illegales Finanzierungsinstrument sind, zeigt die Genehmigung der Geschäfte in Nürnberg.
Die Staatsregierung beurteilt zwischenzeitlich derartige Transaktionen negativ und wird jedenfalls bei der Prüfung im Genehmigungsverfahren die jeweilige Konstruktion auch im Hinblick auf die vielfältigen Risiken genauestens unter die Lupe nehmen. Genehmigungen werden regelmäßig nicht infrage kommen, weil angesichts der Kompliziertheit und Langfristigkeit schwer abschätzbare Risiken bestehen bleiben.
Herr Minister, ich frage Sie: Wie soll gewährleistet werden, dass ab sofort verstärkte Polizeipräsenz, mehr motorisierte Streifen und eine effizientere Arbeit aufgrund eines Modellversuches in der Polizeistation Uffenheim erreicht werden, obwohl die Station Uffenheim nur noch tagsüber bis 17.00 Uhr besetzt ist und vier der bisher dort stationierten sechs Beamten in die Polizeiinspektion Bad Windsheim abgeordnet wurden?
Frau Präsidentin bzw. Herr Präsident, Frau Kollegin Simon, zur Erhöhung der Streifenpräsenz im Dienstbereich der Polizeiinspektion Bad Windsheim und der Polizeistation Uffenheim wurden vier uneingeschränkt dienstfähige Beamte der Polizeistation Uffenheim in die Dienstgruppen der PI Bad Windsheim eingegliedert und verstärken dort den Streifendienst. Dadurch wird die Streifenpräsenz, insbesondere zur Nachtzeit, von bislang oftmals nur einer zur Verfügung stehenden Streife der PI Bad Windsheim auf zwei Streifenbesatzungen erhöht und damit eine optimierte Betreuung beider Zuständigkeitsbereiche ermöglicht, denn diese Streifen erstrecken sich auch auf den Bereich der Polizeistation Uffenheim.