Protokoll der Sitzung vom 11.12.2002

Sie haben gelobt, dass Einiges für die Fortbildung getan wird. Ich weise darauf hin, dass auch in den letzten Haushalten die Lehrerfortbildung ein besonderer Schwerpunkt war. Dieses Mal sind zusätzlich 1,2 Millionen e aufgenommen worden, um die informationstechnische Fortbildung auszubauen.

Inzwischen gibt es an über 80% der Schulen Mittagsbetreuung. Es ist allgemein zu begrüßen, dass in diesem Haushalt rund 1 Million e für zusätzliche Maßnahmen vorgesehen werden. Das bedeutet ein Plus von 5000 betreuten Kindern. Damit können wir Bayern uns wahrlich sehen lassen.

Ich verweise auf das Modellprojekt „8-jähriges Gymnasium“. Auch dafür sind rund 2 Millionen e in diesem Haushalt vorgesehen. Damit ist der Bedarf des zusätzlichen Unterrichtsangebots und vor allen Dingen des zusätzlichen Betreuungsangebots abgedeckt.

(Egleder (SPD): Warten wir es ab!)

Aufgrund besonderer Rechtsverhältnisse hat der Freistaat Bayern Bauverpflichtungen an einzelnen kirchlichen Gebäuden. Hier ist im Haushalt ein Plus von 3,5 Millionen e vorgesehen.

Für das Ganztagsangebot sind im Haushalt 2003 11,4 Millionen e und im Haushalt 2004 fast 19 Millionen e – exakt 18,7 Millionen e – eingestellt. Damit können wir uns wahrlich sehen lassen.

Ein weiterer Schwerpunkt sind neben den Sachkosten die Personalkosten. 93% des Haushalts sind für die Schulen, und davon wiederum der größte Teil für Personalkosten. In finanzpolitisch schwierigen Zeiten ist ein Verweis auf das interessant, was alles angepackt wird. Zum einen ist auf 331 neue Beförderungsmöglichkeiten durch Hebungen und Zulagen zu verweisen. Für Verwaltungsangestellte gibt es insgesamt 50 neue Stellen; einmal beim Haushalt 05 und zum anderen beim Haushalt 13, den Kollege Franz Meyer morgen darstellen wird. Es werden Personalmittel in Planstellen umgewandelt. Damit werden noch einmal 500 Planstellen möglich gemacht.

Ein besonderes Anliegen der CSU-Fraktion war es, die Systembetreuer und die qualifizierten Beratungslehrkräfte an den Volks- und Realschulen zu stärken und die Beförderungsmöglichkeiten auszuweiten. Ich verweise auf zwei Anträge der CSU-Fraktion, das Gesetz zu ändern bzw. für die Systembetreuer 68 Möglichkeiten und für die Beratungslehrkräfte 32 Möglichkeiten, jeweils in beiden Schularten, zu schaffen. Damit wollen wir der zunehmenden Bedeutung dieser Lehrer Rechnung tragen.

Mittel für zusätzliche Lehrkräfte: Im Rahmen der Übernahme der Zwei-Drittel-Kräfte schaffen wir 668 zusätzliche Stellen. Aus den E.on-Erlösen werden weitere 480 Planstellen geschaffen, und um die schulischen Verbesserungen weiterzuführen und den Schüleranstieg bewältigen zu können, werden 20031050 und 2004380, zusammen 1430 zusätzliche Planstellen geschaffen.

Die sind auch nötig!)

Frau Kollegin Schieder, ich verweise darauf, dass in anderen Bundesländer, zum Beispiel in Niedersachsen,

(Frau Marianne Schieder (SPD): Das Saarland fehlt noch!)

hören Sie doch einfach einmal zu –,

angekündigt wurde, man werde im kommenden Jahr zusätzliche Planstellen schaffen. Man hat diese im Haushalt eingestellt und den Bürgerinnen und Bürgern erzählt, es würde etwas Neues geschaffen. Im Rahmen der Steuerausfälle, die auch dieses Land betreffen, zieht man die Planstellen Zug um Zug wieder ein. Im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern in Deutschland gelingt es uns, in den Jahren 2003 und 2004 insgesamt 2598 zusätzliche Lehrerplanstellen einzuführen. Das sollten Sie einmal anerkennen und nicht dauernd dazwi

schenschreien. Bayern ist das einzige Land, dem das gelingt, dies ohne neue Schulden zu finanzieren.

(Frau Marianne Schieder (SPD): Die sind auch dringend nötig!)

Frau Kollegin Schieder, es wäre vieles wünschenswert, was Sie angesprochen haben. Ich würde auch gerne bekannt geben, dass wir dieses und jenes machen werden. In Zeiten, in denen wir trotz Steuerausfällen keine neuen Schulden machen, weil wir die junge Generation nicht belasten wollen, sind wir die Einzigen, die zuverlässig für Eltern und Schüler sagen können, dass wir für sie Zukunft gestalten, nämlich mit 2598 zusätzlichen Planstellen. Das ist der entscheidende Unterschied zu Ihrer Politik.

(Beifall bei der CSU – Egleder (SPD): Wie viele Stunden haben Sie zuerst gestrichen?)

Wir unterscheiden uns in einem weiteren Punkt. Ich habe mir die Mühe gemacht, die Anträge der SPD zusammenzurechnen, um die gesamte Mehrbelastung herauszufinden. Allein die Anträge, die wir im Haushaltsausschuss behandelt haben, umfassen ein Kostenvolumen von rund 300 Millionen e. Sie haben kein einziges Mal dazugesagt, wie das finanziert werden könnte. Nehme ich Ihre Rede, Frau Kollegin Schieder, hinzu, sind wir wahrscheinlich bei rund einer halben Milliarde e, die notwendig wäre, um das zu verwirklichen, was Sie fordern. Meine Damen und Herren, das ist zurzeit nicht möglich. Ich halte deshalb Ihre Forderungen für eine Märchenstunde. Ich halte es für unverantwortlich, in heutiger Zeit so mit der Zukunft der Menschen umzugehen. Damit betrügt man sie, und das ist unredlich. Das ist die Politik der Opposition in diesem Hause.

Bildung ist unser wertvollstes Gut. Wir stärken die Spitzenstellung Bayerns. Die Spitzenstellung Bayerns bei Pisa ist national bewiesen. Wir wollen auch an die internationale Spitze kommen. Deshalb hat im Doppelhaushalt der Einzelplan 05 oberste Priorität, trotz der Schwierigkeiten, die derzeit zu bewältigen sind. Ich bitte Sie um Zustimmung, und ich bitte Sie, nicht nur irgendwelche Wolkenkuckucksheime aufzubauen, sondern sich im Hinblick auf die künftigen Generationen an den Realitäten zu orientieren.

(Beifall bei der CSU – Frau Marianne Schieder (SPD): Tun Sie das auf Bundesebene, das wäre gescheiter!)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Münzel. Bitte schön.

(Nöth (CSU): Schauen Sie sich die Lücke in der SPD an!)

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Pisa hat das Land – auch Bayern – bildungspolitisch aufgeweckt; denn trotz der im Vergleich zu anderen Bundesländern besseren Ergebnisse wurde nämlich eines deutlich: Die Chancengerechtigkeit ist das große Problem in Bayern. Für

das Akademikerkind ist es der Normalfall, ein Gymnasium zu besuchen, für das Arbeiterkind die Ausnahme. Es ist nicht so, Frau Ministerin – schade, sie ist nicht da –, wie Sie bei der Delegiertenversammlung des BRLV gesagt haben, dass wir das Haar in der Suppe der bayerischen Bildungspolitik suchen würden, nach langem Suchen endlich auf die mangelnde Bildungsgerechtigkeit gestoßen seien und dass wir auch noch froh wären, endlich etwas Negatives gefunden zu haben.

Nein, froh sind wir schon gar nicht, wenn wir feststellen, dass es ungerecht zugeht und dass viele Kinder nicht die Chancen haben, die ihnen eigentlich zustehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Oppositionsthema allein ist das auch nicht. Ich zitiere Ihren Fraktionsvorsitzenden, Herrn Glück. In einer Pressemitteilung vom 29. November 2002 heißt es – Zitat:

Als die „kritischste Botschaft der Pisa-Studie“ bezeichnete Glück die mangelnde Durchlässigkeit des Schulsystems für Kinder aus schwierigerem sozialen Milieu. Die unterschiedliche Chancengerechtigkeit abzubauen, sei die größte Herausforderung, an der sich die Politik messen lassen müsse. Glück: „Das ist ein Akt der Gerechtigkeit.“

Die soziale Herkunft der Kinder und Jugendlichen darf bei der Schullaufbahn in der Tat keine Rolle spielen. Ich freue mich genauso wie Frau Schieder darüber, dass die CSU das endlich anerkennt und sieht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Ziel der Chancengerechtigkeit kann genauso erreicht werden, wie erreicht wurde, dass das Geschlecht bei der Frage der schulischen Laufbahn keine Rolle mehr spielt.

Zur Chancengerechtigkeit gehört für uns aber auch, dass wir keine junge Frau und keinen jungen Mann aus der Schule entlassen dürfen, ohne dass sie nicht wenigstens den Hauptschulabschluss in der Tasche haben. 9% eines Jahrgangs – darunter 7,8% der deutschen Schülerinnen und Schüler und 25% der nicht deutschen Schülerinnen und Schüler – erreichen nicht einmal den niedrigsten Schulabschluss. Angesichts der Tatsache, dass ein Schulabschluss für den weiteren beruflichen Weg von essenzieller Bedeutung ist, halte ich das für besorgniserregend. Mir ist klar, dass es auch für die Jugendlichen, die lediglich über den Hauptschulabschluss verfügen, schwer sein wird, einen Ausbildungsplatz zu finden. Ohne einen Hauptschulabschluss ist es aber nahezu aussichtslos.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nun gibt es für solche Jugendliche die Möglichkeit, nach der Schule in Maßnahmen des Arbeitsamtes den Hauptschulabschluss nachzuholen. Der Volkshochschulverband geht davon aus, dass von ungefähr 10000 Jugendlichen im Jahr, die über keinen Hauptschulabschluss verfügen, 1 000 von nachträglichen Maßnahmen erfasst

werden. Hier klafft schon eine große Lücke. Es sind viel zu wenige, die von nachträglichen Maßnahmen erfasst werden.

Grundsätzlich aber möchte ich daran festhalten, dass wir es schaffen müssen, in der Schule allen einen Hauptschulabschluss mit auf den Weg zu geben, damit nicht mehr versucht werden muss, den Schulabschluss in Weiterbildungseinrichtungen nachzuholen, die vom Arbeitsamt finanziert werden. Es ist nicht die Aufgabe des Arbeitsamtes dafür zu sorgen, dass die Jugendlichen den Hauptschulabschluss erlangen. Das ist die ureigenste Aufgabe der Schule und damit eine Aufgabe des Freistaates. Es ist schön, wenn das Arbeitsamt das anbietet, aber es ist nicht seine Aufgabe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Hier findet eine Kostenverschiebung statt zulasten derjenigen, die Sozialabgaben zahlen. Wenn wir schon immer über hohe Lohnnebenkosten reden, müssen wir auch sehen, was damit alles finanziert wird und was gar nicht aus solchen Töpfen finanziert werden müsste. Ich bin der Meinung, dass jede Ebene die Aufgaben finanzieren muss, die sie auch erfüllen muss. Den Jugendlichen einen Schulabschluss mit auf den Weg zu geben, ist Aufgabe der Schule.

Sehr gut lernen kann man von den Trägern der Weiterbildung allerdings, wie man es erreicht, dass die Jugendlichen einen Schulabschluss erlangen. Man braucht zum einen kleine Klassen mit nicht mehr als fünfzehn Schülern, und man braucht zum anderen dringend eine intensive sozialpädagogische Unterstützung, da viele Jugendliche so problembeladen sind, dass erst einmal ihre Probleme aufgearbeitet werden müssen, bevor überhaupt ans Lernen gedacht werden kann. Was bedeutet das für die Hauptschule? P-Klassen und die wenigen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die auch noch von der finanziellen Lage der Kommunen abhängig sind, genügen alleine nicht. Wir brauchen dringend mehr Schulsozialarbeit, und wir brauchen in der Hauptschule mehr Flexibilität in der Klassenbildung, im schulischen Angebot und im Einsatz von Personal.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wegen des Personals möchte ich Ihnen noch einmal unseren Antrag ans Herz legen, wonach ein Haushaltstitel geschaffen werden sollte, welcher die Möglichkeit bietet, dass Schulen flexibel, kurzfristig und zeitlich beschränkt Mittel abrufen können, um für besondere Probleme und Projekte Handwerker, Künstler oder Psychologen einzustellen. Herr Kollege Sackmann, die fünf Millionen für diesen Haushaltstitel wären sicher noch möglich gewesen.

(Sackmann (CSU): Deckungsvorschlag!)

Den hat die Kollegin Kellner ja gemacht.

(Sackmann (CSU): Das ist doch unredlich!)

Herr Sackmann, das sind zwar keine großen Beträge, sie würden aber die Arbeit an den Schulen enorm erleichtern.

(Sackmann (CSU): Es ist doch unredlich, wenn Sie nicht sagen, wo das Geld weggenommen werden soll!)

Der Haushaltstitel zur Förderung innovativer Projekte war ursprünglich auch unsere Idee, die Sie später aufgegriffen haben. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich auch für die Idee des flexiblen Personaleinsatzes erwärmen könnten.

Individuelle Förderung, die Bildung kleiner Gruppen oder Klassen, finanzielle Mittel, um Personal einzustellen, welches gerade für die speziellen Anforderungen der jeweiligen Schülerinnen und Schüler gebraucht wird – und das müssen nicht immer Lehrkräfte sein –, alles das sind Forderungen, die für alle Schularten wichtig sind. Für die Hauptschule erscheinen sie mir allerdings vorrangig.

Ich möchte unsere Vorsitzende im Bildungsausschuss, Frau Schieder, ausdrücklich darin unterstützen, was sie zur Situation der Hauptschulen gesagt hat. Das möchte ich Ihnen, Frau Ministerin, von hier aus dringend ans Herz legen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)