Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Frau Präsidentin, Herr Kollege Möstl! Laboreinrichtungen, die sich im Rahmen der Ausschreibung für die Durchführung von BSE-Pflichttests in Bayern um ein Los beworben haben, mussten ihre Zuverlässigkeit unter Zugrundelegung einheitlicher und hoher Qualitätsstandards nachweisen. Unabhängig vom zwingenden Erfordernis einer rechtsgültigen Erlaubnis nach der Tierseuchenerregerverordnung mussten die Bewerber insbesondere ihre verpflichtende Bereitschaft zu einer Akkreditierung erklären und im Rahmen der verschärften Kontrollstandards ihre Teilnahme an der Durchführung von Ringversuchen bereits vor Testbeginn zusagen.
Mittlerweile sind die Ringversuche mit dem in Deutschland seit August 2002 zugelassenen Enfer-Testverfahren erfolgreich abgeschlossen; dies trifft auch auf die Laboratorien zu, die bisher nicht mit diesem Testverfahren gearbeitet haben. Der Enfer-Test ist ein von der Europäischen Union seit 2001 zugelassener Test und wird in verschiedenen Mitgliedstaaten schon seit längerem durchgeführt. Die Laboratorien wurden durch die Herstellerfirma grundlegend eingearbeitet und führen inzwischen sowohl freiwillige BSE-Tests als auch BSEPflichttests durch.
Die im Rahmen der Ausschreibung und Vergabe beauftragten Laboratorien haben sich außerdem über den bundesgesetzlich vorgeschriebenen Standard verpflichtet, bei einem zugelassenen Akkreditierungsinstitut eine Akkreditierung zu beantragen und sich über den Abschuss eines Akkreditierungsvertrages dauerhaft den Akkreditierungsvoraussetzungen zu unterwerfen. Die einschlägige Akkreditierungsnorm ist die DIN EN ISO/ IEC 17025 über „Allgemeine Anforderungen an die Kompetenz von Prüf– und Kalibrierlaboratorien“, die sich nicht auf bestimmte Testverfahren bezieht.
Das Akkreditierungsverfahren erstreckt sich über einen längeren Zeitraum und ist mit einer finanziellen Belastung verbunden, die insbesondere kleine und mittelständische Betriebe mit einem unsicheren Probenaufkommen nicht leisten können. Durch die Beauftragung der Laboratorien ist das Probenaufkommen und die Planungssicherheit für die Laboratorien gegeben. Daher kann die Akkreditierung für alle Laboratorien, die künftig in Bayern BSE-Pflichttests durchführen, gefordert werden.
Die Anforderungen an die Laboratorien zur Durchführung von BSE-Tests werden ferner durch den Bundesmaßnahmenkatalog BSE festgelegt, der in diesem Bereich mit maßgeblicher Beteiligung des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit erstellt wurde. Darüber hinaus müssen die Laboratorien die Bedingungen erfüllen, die in den Nebenbestimmungen der Regierungen zum Erlaubnisbescheid niedergelegt sind und über den Bundesmaßnahmenkatalog hinausgehen. Insoweit ist die Qualität der BSE-Tests auch in derzeit noch nicht akkreditierten Laboratorien gesichert.
Ich möchte hinzufügen, dass es eine bundesweite Vorschrift nach der Tierseuchenerregerverordnung, akkreditiert zu sein, nicht gibt. Deswegen mussten wir die materiellen Inhalte eines Akkreditierungsverfahrens in den Ausschreibungstext übernehmen, um im Vorfeld des Akkreditierungsverfahrens, das wir als gesetzliche Vorschrift verankert haben wollen, diesen Qualitätsstandard einführen zu können. Leider bewegt sich der Bund in dieser Frage noch zu wenig.
Herr Staatsminister, habe ich das richtig verstanden, dass bei Beginn des Auftrages die Akkreditierung dieser Firmen abgeschlossen ist? Trifft es zu, dass mindestens einer der Auftragnehmer bei den Beanstandungen in der Vergangenheit aufgefallen ist und jetzt unter einem anderen Firmennamen den Auftrag bekommen hat?
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Die Akkreditierung kann bei Erteilung des Auftrags noch gar nicht abgeschlossen sein. Von den Laboren, die derzeit vorhanden sind, sind nur sehr wenige akkreditiert, weil dies bisher nicht gesetzlich vorgeschrieben war. Um Ihnen ein Beispiel zu nennen: Unsere Labore am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sind in allen Bereichen, in denen sie arbeiten, akkreditiert, sofern diese Akkreditierung vorgeschrieben ist. Nachdem wir gemeinsam die Standards entwickelt haben, werden diese Labore auch für BSE akkreditiert. Dies wird bei der nächsten Rezertifizierung erfolgen. Das ist das normale Verfahren. Labore, bei denen im Rahmen unserer Sonderprüfung Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden, sind hier auch dabei. Auch andere Anbieter waren dabei. Diese Labore haben die Mängel
jedoch abgestellt. Sie wurden nicht nur umbenannt; teilweise wurde auch das Personal ausgetauscht. Die Voraussetzungen für fehlerfreie Tests in der Zukunft wurden geschaffen.
Herr Staatsminister, da Sie vorhin im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe von der Zuverlässigkeit des Auftragnehmers gesprochen haben, frage ich Sie: Sind Sie der Auffassung, dass aufgrund der Auffälligkeiten, die das Ernährungsministerium in Baden-Württemberg in dem Stuttgarter Labor festgestellt hat, dieser Auftrag unverzüglich widerrufen werden müsste?
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Strasser, wir sind von Stuttgart davon informiert worden, dass bei einer Prüfung in dem Labor, das einen Auftrag erhalten hat, Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden. Dieses Labor wurde heuer schon mehrfach geprüft, ohne dass Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden. Dieses Labor hat bisher auch schon in Bayern gearbeitet, beispielsweise am Schlachthof in Kempten.
Überall dort – ich bitte, dieses Grundverständnis hier zu akzeptieren –, wo kontrolliert wird, kann etwas festgestellt werden. Wenn wir etwas feststellen, werden Konsequenzen gezogen. Wir stehen in engem Kontakt mit Stuttgart. Zurzeit findet noch eine Abstimmung mit der Bundesanstalt für Viruserkrankungen der Tiere statt, um endgültig festzustellen, ob diese Unregelmäßigkeiten verbraucherrelevant sind oder mehr formaler Natur.
Wir werden auf jeden Fall – das kann ich Ihnen zusichern –, um diese Vergabe nicht zu belasten, von Anfang an wegen des Verdachtes, dass hier etwas Unregelmäßiges laufen könnte, akribisch darauf achten – das werden Sie bei der ganzen Vorgeschichte sicher verstehen –, dass nur Labore zum Zuge kommen, die Gewähr für Zuverlässigkeit bieten.
Gerade weil wir diese Probleme haben, haben wir ein Testverfahren entwickelt – das können Sie im Internet nachsehen –, damit wir uns nicht auf Kontrollen in einem bestimmten Rhythmus verlassen müssen. Bei jedem Kontrollrhythmus, wie eng er auch sein mag, liegt ein Zwischenraum zwischen den Kontrollen, sodass Unregelmäßigkeiten auftreten können, die man nicht gleich erkennen kann. Wenn Sie zu einem Check-up zum Arzt gehen und nach vier Wochen zum nächsten Check-up, wird der Arzt möglicherweise einen anderen Befund haben als noch vor vier Wochen. Deswegen haben wir ein Labordatenscreening entwickelt, das eine tägliche Übermittlung der Labordaten ermöglicht. Das wird ab 01.01.03 bei den Laboren etabliert sein, die dann zum Zuge kommen. Wenn Auffälligkeiten auftreten würden, würden wir sie also nicht, wie die Württemberger erst bei einer Routineprüfung, sondern an dem Tag erkennen, an dem sie auftreten.
Wir sind bereit, dieses Verfahren, wenn es etabliert ist, einmal dem zuständigen Ausschuss des Bayerischen Landtags vorzuführen. Ich denke, dass wir mit diesem Verfahren, den festgelegten Standards und den OnlineKontrollmöglichkeiten eine höchstmögliche Garantie dafür haben, dass die Testverfahren störungsfrei ablaufen. Ich bin davon überzeugt, dass uns die Vertragsbedingungen die Möglichkeit geben, uns von den Laboren dann, wenn in Zukunft Unregelmäßigkeiten vorkommen, was man niemals ausschließen kann, sehr schnell zu trennen und ein anderes Labor zu beauftragen. Die Kontrolle hat den Sinn, Risiken zu minimieren und eingreifen zu können, wenn ein Risiko entsteht.
Herr Staatsminister, sind Sie denn nicht auch der Meinung, dass mit dem von Ihnen soeben beschriebenen Ausschreibungs- und Vergabeverfahren die Labore, die bisher dabei waren, vor allem jene, die akkreditiert sind, benachteiligt werden? Wenn ich Sie richtig verstanden habe, hat der Auftragnehmer bis zum Abschluss des Auftrags die Möglichkeit, die Akkreditierung durchzuziehen. Während dieser Zeit ist er aber nicht akkreditiert und kann sicher von anderen Kalkulationsgrundlagen als ein Akkreditierter ausgehen. Im Übrigen hat man im vorigen Jahr sehr gerne auf ein Labor zurückgegriffen, das dann die Akkreditierung betrieben hat. Ihre Äußerungen in den Medien, insbesondere in der „Süddeutschen Zeitung“ vom vorigen Jahr gingen eindeutig in diese Richtung. Jetzt schwenken Sie plötzlich in eine andere Richtung und sagen, es könne auch nachträglich akkreditiert werden.
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Möstl, entweder Sie interpretieren mich nicht richtig, oder Sie irren. Erstens. Wir haben im letzten Jahr nicht auf ein Labor zurückgegriffen. Wir waren nicht Auftraggeber eines Labors. Zweitens. Ich habe versucht, Ihnen zu erklären, dass wir über den Kunstgriff der Ausschreibung und der Bedingungen de facto die materiellen Inhalte einer Akkreditierung durchsetzen. Zur Überwachung der Akkreditierung setzen wir ein Online-Testverfahren durch, das in keinem anderen Bundesland vorhanden ist. Das geschieht, um Abweichungen noch am gleichen Tag aus den online übermittelten Labordaten erkennen und Sanktionen durchsetzen zu können. Ein besseres Verfahren gibt es in der ganzen Bundesrepublik nicht. Deshalb gilt für alle Labore der gleiche Standard.
Ich möchte noch hinzufügen, dass die Akkreditierung von BSE-Laboren bundesrechtlich nicht vorgeschrieben ist. Darüber wird noch diskutiert. Wir haben den Bund wiederholt darauf hingewiesen – es gibt den BSE-Maßnahmenkatalog –, das in Form einer Akkreditierung zu tun. Weil das noch nicht geregelt ist, haben wir den Weg der Ausschreibung und der Festlegung sehr strenger Qualitätskriterien über die Ausschreibung gewählt. Der
Vertrag gestattet uns, dass wir uns bei Unregelmäßigkeiten von den Laboren trennen und Konsequenzen ziehen können. Ich kann Ihnen versichern, dass das auf Punkt und Komma genau vollzogen wird.
Die Zeit für die Fragestunde ist abgelaufen. Herr Minister, ich bedanke mich bei Ihnen für die Beantwortung der Fragen, und bei den Kollegen, die in der Fragestunde mitgewirkt haben.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und anderer Gesetze sowie zur Änderung weiterer landesrechtlicher Vorschriften (Druck- sache 14/9958)
Wenn sich eine Aussprache nicht als unbedingt erforderlich erweist, können wir darauf verzichten. – Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/9958 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen auf Drucksache 14/11159 zugrunde. Der federführende und endberatende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe von Änderungen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 14/11159.
Wer dem Gesetzentwurf mit den vorgeschlagenen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Dem Gesetzentwurf ist damit zugestimmt worden.
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.
Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des federführenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, Gegenstimmen auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine.
Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des
Bürgerlichen Gesetzbuchs und anderer Gesetze sowie zur Änderung weiterer landesrechtlicher Vorschriften“.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes (Drucksache 14/10189)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der aufgerufene Gesetzesvorschlag wurde bereits bei der Einbringung von der Opposition im Prinzip für gut gehalten. Es ist allgemeine Auffassung, dass mit diesem Gesetz eine Lücke geschlossen wird, die im letzten Jahr beim Fall Milan-Labor deutlich wurde. Ich schließe mich dem an, wobei gesagt werden muss, dass auch bei den BSE-Proben der Grundsatz gilt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Der Fall Milan hat gezeigt, das wir den sensiblen Bereich des Verbraucherschutzes nicht den freien Kräften des Marktes überlassen dürfen. Die Staatsregierung hat mit dem Gesetzesvorschlag die Weichen für die – mehr oder minder – Verstaatlichung der BSE-Pflichttests gestellt, und zwar dahin gehend, dass künftig der Staat die Labore auswählt. Das ist im Rahmen der letzten mündlichen Anfrage bereits angesprochen worden. Das heißt, es muss eine Rechtsgrundlage geschaffen werden. Der Staat schließt einen Vertrag mit den Laboren und legt darin einheitliche und besonders strenge Qualitätsstandards fest. Vorgegeben wird durch dieses Gesetz auch, welches Labor für welchen Schlachthof zuständig sein wird, um Verflechtungen zwischen den einzelnen Einrichtungen zu verhindern.
Die Situation erfordert die Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes. Das Verbraucherschutzministerium wird ermächtigt, die Zuständigkeit und die Durchführung von Laboruntersuchungen durch eine Verordnung zu regeln. Damit werden die Labore eng an den Staat gebunden. Es wird ziemlich ausgeschlossen, dass so genannte – Herr Minister Sinner hat in seiner Haushaltsrede gestern von den schwarzen Schafen gesprochen; ich darf mich heute noch einmal dieses Ausdrucks bedienen – schwarze Schafe die Behörden hinters Licht führen.
Wir wollen aus der Vergangenheit Konsequenzen ziehen. Wir nehmen BSE ernst, auch nach der Hysterie, die im letzten Jahr aufgekommen ist. Das gesamte Hohe Haus hat sich in den letzten zwei Jahren wiederholt mit der Frage beschäftigt, wie die Qualität verbessert und die Sicherheit bei Grundnahrungsmitteln erhöht werden kann. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass der richtige Weg die Verlagerung der Verantwortung im Rahmen der Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes ist. Wir wissen, wenn Kontrollen funktionieren sollen, muss es bestimmte Spielregeln
Der wesentliche Inhalt des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes ist, dass für die Aufgabe der Fleischuntersuchung im Rahmen des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes, die bislang der amtliche Tierarzt vornahm, künftig das Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung Regelungen erlässt. Die vorberatenden Ausschüsse haben die Thematik behandelt. Sogar der Bayerische Bauernverband hat dem zugestimmt. Ich bitte ebenfalls um ein positives Votum.