kommission stärken. Die Hochschulleitung soll künftig mitsprechen. Im Einvernehmen mit ihr soll die Berufungskommission vom Fachbereichsrat bestimmt werden, damit interdisziplinäre, fächerübergreifende Elemente zum Tragen kommen. Zum anderen wollen wir die Hochschulleitung beim Zustandekommen des DreierVorschlages stärken, aus dem der Minister dann einen Ruf an eine der drei Persönlichkeiten erteilt.
Außerdem wollen wir über eine Rechtsvorschrift erreichen, dass mehr Professorinnen berufen werden. Die Zahl ist gering – dieses Thema haben wir schon öfter behandelt. Es geht nicht nur um eine Rechtsvorschrift – wir wollen demnächst ein Bündel von Maßnahmen vorschlagen. Ein wichtiger Anreiz wird das Geld sein: Eine Hochschule erhält umso mehr Mittel für Lehre und Forschung, je mehr Professorinnen sie beruft. Das werden wir noch ausführlich diskutieren.
Der zweite Punkt ist die Habilitation. Hier wollen wir statt einzelner Veränderungen eine Neuordnung erreichen. Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass die Habilitation in vielen Fächern der einzige Weg ist, sich als Professorin oder Professor zu qualifizieren. Der Bund hat im vorigen Jahr in einem Gesetz die Juniorprofessur als einzigen Weg vorgesehen und wollte damit langfristig die Habilitation abschaffen. Dagegen klagt unter anderem das Land Bayern beim Bundesverfassungsgericht. Diese Klage ist noch anhängig.
Wir wollen die Habilitation nicht abschaffen, aber ihre Mängel beseitigen. Sie hat heute vor allem zwei Mängel: Die Leute werden heute im Durchschnitt 40 Jahre alt, bevor sie über eine Habilitation zum Professor ernannt werden. 38-, 39- und 40-jährige sind also „Nachwuchs“. Dies ist grotesk. Wir wollen diese Situation durch drei Maßnahmen deutlich verbessern:
Erstens. Die Professorinnen und Professoren sollen künftig bei ihrer Berufung deutlich jünger sein. Das Habilitationsverfahren soll grundsätzlich vier Jahre dauern. Außerdem werden zur Straffung des Verfahrens Fristen vorgesehen. Nach zwei der insgesamt vier Jahre wird ferner eine Zwischenbewertung erfolgen.
Die angehenden Professorinnen und Professoren sollen zweitens während der Habilitationszeit selbstständiger werden. Sie sollen zweitens zwingend selbstständig in Forschung und Lehre arbeiten können. Dies wäre ein großer Fortschritt. Schließlich gehen sehr viele junge Wissenschaftler in die USA, weil das bei uns bisher nicht der Fall ist.
Drittens. Die Habilitation soll künftig nicht mehr vom Wohlwollen eines Habilitationsvaters oder einer Habilitationsmutter abhängen. Die Lebenserfahrung zeigt nämlich, dass dieses Wohlwollen sehr oft schwankt. Künftig sollen von der Fakultät drei Professoren-Mentoren eingesetzt werden, die unterstützen, beraten, begleiten und mithelfen.
Dies sind die Verbesserungen, die wir bei der Habilitation anstreben. Ich denke, dies ist eine gute Neuordnung. Frau Kollegin Dr. Baumann, Sie werden sich
Der Entwurf enthält noch eine Reihe von kleineren Punkten, über die ich jetzt nichts sagen möchte. Dies wird bei der Beratung im Ausschuss geschehen. Bei der abschließenden Beratung des Gesetzes wird außerdem noch eine längere Debatte durchgeführt. Ich bitte Sie, diesen Vorschlägen wohlwollend zu begegnen. Dies dürfte ihnen schon deshalb leicht fallen, weil die Bayerische Rektorenkonferenz und die Konferenz der Mittelbauwissenschaftler grundsätzlich hinter diesen Vorschlägen stehen. Herr Kollege Kränzle, leider fällt mir auf Anhieb kein lateinisches Schlusszitat ein. Vielleicht fällt Ihnen etwas ein.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die erste Lesung eines Gesetzentwurfs ist normalerweise ein erstes Abtasten, bei dem die Fraktionen feststellen, wie sie zu einen Gesetzentwurf stehen. Als ich den ersten Satz dieses Gesetzentwurfs gelesen habe, den Herr Dr. Wilhelm soeben zitiert hat, habe ich geschmunzelt. Diese permanente Hochschulreform, die so erfolgreich verläuft, hat mich an den Namen einer Partei in Mexiko erinnert, nämlich die „Institutionalisierte sozialistische Revolution“. Diese Partei hat 40 Jahre lang in Mexiko regiert. Tatsache ist, dass durchaus ernst zu nehmende Gremien in der Bundesrepublik die bayerische Hochschulreform in den letzten Jahren nicht gerade als reformfreudig bezeichnet haben. Bayern wurde vor vier Jahren von vielen Gremien, zum Beispiel der CHE, als fortschrittlich angesehen. Inzwischen liegt Bayern in der Beurteilung dieser Gremien wieder hinten.
Wir stehen nach wie vor hinter der Forderung, den Hochschulen mehr Autonomie zu geben. Beim oberflächlichen Lesen dieses Gesetzentwurfs könnte man der Meinung sein, dass die Hochschulen mehr Autonomie bekämen. Wir sind für eine Verbesserung im Berufungsverfahren. Diese Meinung wird im Ausschuss einmütig vertreten. Nötig wäre allerdings mehr Transparenz im Berufungsverfahren. Ich habe mich mit einigen Habilitanten unterhalten, die in diesem Verfahren sind. Sie schicken ihre Unterlagen in der Bundesrepublik herum und bekommen nicht einmal eine Eingangsbestätigung. Sie erhalten auch keine Meldung wie weit das Verfahren ist. Es ist reiner Zufall, wenn diese Personen zu einer Vorlesung eingeladen werden. Kein Mensch, der in diesem Berufungsverfahren steht, weiß, was an der Uni abläuft, es sei denn, er verfügt nicht über irgendwelche „Strickleitersysteme“.
Wir werden versuchen, zum Thema „Transparenz“ Formulierungsvorschläge zu machen. Wir haben diesen Gesetzentwurf später als die Hochschulen bekommen. Das regt mich inzwischen nicht mehr so auf, wie es mich vor acht Jahren aufgeregt hätte. Ich möchte aber eine nette Anekdote erzählen: Ich wurde telefonisch gefragt,
ob die Formulierung unter Punkt 3 „Problem“ ein großer Fortschritt sei. Dort steht nämlich im letzten Absatz etwas über die Berücksichtigung des Sondervotums durch den Minister. Ich wurde gefragt, ob dieser Satz zusammen mit dem Absatz 4 eine Stärkung der Frauen bedeuten würde. Das ist leider nicht der Fall. Wenn man den Gesetzentwurf genau liest, handelt es sich dabei um die „Lex Oberreuter“, die eingeführt wurde, damit der Minister künftig nicht mehr auf den Bauch fällt, wenn er ein Sondervotum berücksichtigt.
Zum Habilitationsverfahren: Wir werden im Ausschuss darauf noch einmal genauer eingehen. Ich finde es aber merkwürdig, wenn der Freistaat Bayern vor dem Verfassungsgericht gegen einen Teil des Hochschulgesetzes und des Hochschulrahmenrechts, nämlich die Einführung der Juniorprofessur und die Zug-um-Zug-Abschaffung der Habilitation klagt, und noch während diese Klage anhängig ist, Vorschläge zu einem neuen Habilitationsverfahren macht. Ich bezweifle, dass ein Mentorat, das aus drei Professoren statt bisher einem Professor besteht, das Verfahren beschleunigt.
Das Habilitationsverfahren soll doch verkürzt und objektiviert werden. Gutachten mussten bereits bisher beigebracht werden. Wir hatten schon Petitionen, wo es darum ging, dass Gutachten angezweifelt wurden. Ich bezweifle, dass dies der richtige Weg ist. Jedenfalls ist es der Weg, den die Bayerische Rektorenkonferenz will. Nur die will ihn. Dass der Mittelbau hinter dieser Forderung stünde, ist mir neu. Ich habe andere Äußerungen aus dem Mittelbau gehört. Dort werden diese Vorschläge eher kritisch gesehen. Vor allem sieht der Mittelbau nicht die Möglichkeit einer Beschleunigung, wenn sich die angehenden Professoren mit drei Mentorinnen oder Mentoren auseinander setzen müssen.
Bezüglich der Frauenförderung bin ich enttäuscht. In dem Gesetzentwurf steht ein einziger „Hinwirkungssatz“: „Die Hochschulen wirken auf die Förderung von Frauen hin.“ Diesen Satz haben wir bei der Gesetzesberatung vor fünf Jahren vorgeschlagen. Das wurde abgelehnt. Wir hängen nach wie vor der Idee des Stellenpools an und sagen: Frauen müssen endlich auf Stellen gefördert und nicht hingewürgt werden.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir begrüßen es ausdrücklich, dass Sie mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfs endlich das tun wollen, was wir seit Jahren fordern. Durch die Änderungen im Bayerischen Hochschulgesetz und im Bayerischen Hochschullehrergesetz soll die Frauenförderung verbessert werden. Sie wollen die Internationalisierung vorantreiben und haben erkannt, dass das Habilitationsverfahren reformbedürftig ist. Ich beglückwünsche Sie zu diesem Vorhaben.
In den letzten vier Jahren haben wir zahlreiche Anträge zu allen diesen Themen eingebracht. Wenn überhaupt,
sind Sie uns dabei nur zögerlich und zumeist im Schneckentempo gefolgt. Mit diesem Gesetzentwurf bleiben Sie sich treu; denn wie so oft verlässt Sie offenbar auf halber Strecke der Mut. Der Gesetzentwurf enthält gute Ansätze, aber in vielen Punkten gehen Sie nicht weit genug.
Betroffen ist dabei vor allem die Frauenförderung. Die Umsetzung bleibt vage. Wir haben gerade das Zitat von Frau Dr. Baumann gehört. Zumeist handelt es sich um Absichtserklärungen. Soeben wurde uns versprochen, dass ein Bündel von Vorschlägen nachgereicht würde. Ich bin sehr gespannt, ob wir mit diesen Vorschlägen ein Stück weiterkommen werden.
Auch unsere Initiativen zur Internationalisierung der Hochschulen gingen sehr viel weiter als das, was heute mit diesem Gesetzentwurf vorgelegt wird.
Viel Energie – das hat man auch Ihrem Redebeitrag angemerkt – wurde offensichtlich darauf verwendet, am Habilitationsverfahren herumzudoktern. Sie versuchen, ein Auslaufmodell zu reformieren, schaffen aber nicht mehr als eine schlechte Kopie der Juniorprofessur, die gerade auf dem Weg ist, ein Erfolgsmodell zu werden. Sie sehen, wir haben in einigen wesentlichen Punkten durchaus Diskussionsbedarf.
Allerdings kann ich Ihnen jetzt schon sagen, dass wir es nicht durchgehen lassen, dass Sie die richtigen und guten Ziele dieses Entwurfs für ganz andere Zwecke missbrauchen. Sie wollen nach Ihren Aussagen das Berufungsverfahren auch deshalb reformieren, weil Sie die Zahl der Professorinnen an den Hochschulen steigern wollen. Ich erwähne nur das Stichwort Sondervotum. Die Erfahrung hat uns gelehrt: Sobald einmal drei Frauen auf einer Berufungsliste stehen, will der Minister per Sondervotum einen Mann berufen. Eine Lex Oberreuter wird es mit uns nicht geben.
Die Vorschläge für eine stärkere Öffnung der Unis via Hochschulrat in die Gesellschaft hinein mögen gut gemeint sein. Dass Sie damit Erfolg haben, wage ich aber zu bezweifeln. Die Erfahrungen mit den Hochschulräten sind für mich nicht so eindeutig. Die Umsetzung dieser Bestimmung ist jedenfalls wieder einmal typisch bayerisch. Auf Vorschlag der Hochschulleitung wird der Hochschulrat benannt, und die Hochschulleitung kann in Zukunft auf Vorschlag des Hochschulrates ernannt werden. Das ist sozusagen eine selbstreflexive Demokratie. Das kann doch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Zu einem demokratischen Verfahren kommen wir jedenfalls so nicht. Über diesen Vorschlag kann man eigentlich nur lachen.
(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Stoiber’sche Verwaltungsreform! – Dr. Wilhelm (CSU): Haben Sie es genau gelesen, Frau Gote?)
Wir werden diesen Gesetzentwurf konstruktiv, mit Kritik und mit eigenen Änderungsanträgen begleiten. Ich setze
hier auf Ihre Einsicht, dass wir in einigen Punkten noch weiterkommen. Vielleicht haben wir bei der Endberatung tatsächlich ein Hochschulgesetz auf dem Tisch, das unseren Hochschulen einen Gestaltungsspielraum gibt, damit sie sich zu weltoffenen Institutionen wandeln können, und welcher demokratischere Strukturen in den Hochschulen ermöglicht. Vor allem wollen wir ein Gesetz erreichen, das den Herrenclub Hochschule endlich zur Öffnung für die Frauen zwingt.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist auch das so beschlossen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Schopper, Gote und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu später Stunde noch ein sehr wichtiges Thema ansprechen. Es freut mich, dass doch noch sehr viele Kolleginnen und Kollegen da sind. Die Bildung in der frühen Kindheit hat in letzter Zeit erfreulicherweise mehr Aufmerksamkeit bekommen, und Gott sei Dank – vielleicht dank Pisa – wird mehr darüber geredet. Die ideologische Verblendung, die man bei diesem Thema manchmal verspürt hat, hat es nicht ermöglicht, ideologiefrei über die Kleinkinderziehung zu diskutieren. Sie haben uns doch immer unterstellt, wir wollen den Kindern die Eltern oder umgekehrt den Eltern die Kinder wegnehmen. Ich bin gespannt darauf, wie lange die Schamfrist anhält, bis sich auch die CSU unserer Meinung anschließt und sich dann, wie wir es schon oft erlebt haben, als Erfinderin der Idee feiern lässt. Heute haben wir schon mehrmals von solchen Entwicklungen gehört. Nach Bekanntgabe des Pisa-Ergebnisses hat sich auch Frau Hohlmeier für ein verpflichtendes Kindergartenjahr ausgesprochen, sie
wurde aber – sei es aus finanziellen oder aus anderen Gründen, darauf werden wir vielleicht noch kommen – zurückgepfiffen.
Mir ist es wichtig, festzustellen, dass wir über die Vorschulzeit schon sehr viel wissen. Wir wissen, dass zwar die meisten Kinder in den Kindergarten gehen. Gerade McKinsey hat aber in einer vor kurzem veröffentlichten Studie festgestellt, dass 45% der Kinder von Eltern, die beide arbeitslos sind, nicht im Kindergarten sind. Das ist eine ganz wichtige Gruppe, die wir nicht erreichen. Wir wissen außerdem, dass sozial schwache Familien ganz gering an der Bildung teilhaben, und gerade diese Familien schicken ihre Kinder nicht in den Kindergarten. Diese Tatsachen haben uns dazu veranlasst, diesen Antrag zu stellen. Wir wissen, dass im Alter von null bis sechs Jahren bei den Kindern die Grundlagen für die Bildung gelegt werden. Wir wissen aus der Pisa-Studie, dass gerade die Länder, die in der Studie sehr gut abgeschnitten haben, die Bildung in der frühen Kindheit sehr ernst nehmen. Wir wissen auch, dass es in der Vorschulzeit Bildungsfenster gibt, die manchmal für immer verschlossen bleiben, wenn diese Zeit nicht genutzt wird.
Wir wissen auch, dass die Kinder in der Schule ganz unterschiedliche Lernvoraussetzungen mitbringen und dass man viel zu tun hat, um die Lernvoraussetzungen einigermaßen gleichmäßig für die Kinder zu nutzen. Unser Ansatz besteht darin, nicht schon vor der Schule zu sortieren, sondern möglichst gar nicht zu sortieren und die Kinder alle gleich zu fördern.
Wir wissen auch, dass Kinder lernen wollen und lernen können, weshalb wir diesen Schatz, den wir in der frühen Kindheit haben, heben wollen. Dazu kann das kostenfreie verpflichtende Kindergartenjahr beitragen. Wir folgern daraus, dass wir diesem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken müssen. Wir müssen die Kindergärten zu Bildungseinrichtungen machen. Die Kindergärten sind nicht dafür geeignet, sie einem Streit zwischen zwei Ministerinnen darüber auszusetzen, wo sie denn am besten untergebracht sind. Unserer Meinung nach gehört der Kindergarten, wenn er eine Bildungseinrichtung ist, ins Bildungs- und Schulministerium, weil dann auch die Verknüpfung mit der Schule besser hergestellt werden kann.
Ich will natürlich auch etwas zur Qualität der Kindergärten sagen, weil sich der Antrag der Grünen ganz dezidiert mit der Qualität auseinandersetzt. Wir sind auch für Mindeststandards und Rahmenbedingungen, die aber momentan mit den Finanzierungsrichtlinien für Kindergärten ad absurdum geführt werden. Diese Richtlinien sind nicht der richtige Ansatz, sie wirken sich hinsichtlich der Qualität der Einrichtungen eher kontraproduktiv aus. Wenn Sie sich damit auseinandersetzen, werden Sie das feststellen. Sie müssen sich einmal diese Mühe machen, liebe Kollegen.