Paul Wilhelm
Sitzungen
Letzte Beiträge
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor fünf Jahren hat der Freistaat Bayern sein Hochschulrecht reformiert. Bayern hat als erstes Land in Deutschland ein Konzept aus einem Guss, eine in sich geschlossene Konzeption vorgelegt, die anhand weniger Leitlinien die Materie ordnet. Aus Anlass der heutigen Beratung möchte ich Ihnen diese Leitlinien in Erinnerung rufen und sagen, was wir alles geändert haben.
Es gibt sieben Leitlinien. Die erste lautet „Verbesserung der Studienbedingungen“. Das Gesetz hat den Hochschulen in mehreren Stufen eine Reihe von Instrumenten gegeben, um insbesondere drei Ziele zu erreichen: die Zahl der Studienabbrecher zu vermindern, die Examensergebnisse zu verbessern und die Abschlüsse in kürzerer Zeit erreichbar zu machen.
Ich nenne nur Stichworte: Eingeführt wurden Studiendekane und Lehrberichte an jeder Fakultät, eine Bewertung des Lehrangebots durch die Studierenden, ferner eine Reihe von Vorschriften – besonders wichtig für den Alltag der Studenten –, um die Studierbarkeit eines Faches innerhalb der Regelstudienzeit sicherzustellen, ein Weisungsrecht für den Dekan, eine Begrenzung des Lehr
stoffs, eine Verpflichtung zu Doppelangeboten und eine vorübergehende Erhöhung der Lehrverpflichtung von Professoren bei großem Andrang, eine obligatorische Zwischenprüfung nach dem vierten Semester – damit kann man etwas früher als bisher sehen, ob das gewählte Studium wirklich das geeignete ist –, eine Ausdehnung der studienbegleitenden Prüfungen anstelle der Blockprüfung, die am Ende oft zu einem schlimmen Erwachen geführt hat, und die international üblichen Abschlüsse Bachelor und Master.
Der Bachelor ist, wie Sie wissen, ein nach drei Jahren erreichbarer, berufsqualifizierender Abschluss. Zwei Ziele sollten damit insbesondere erreicht werden: Der Wechsel an ausländische Universitäten und von ausländischen Studierenden an deutsche Hochschulen soll leichter möglich sein, und es soll in kürzerer Zeit erreichbare Abschlüsse geben.
Die zweite Leitlinie lautet „Mehr Eigenverantwortung der Hochschule“. Viele Instrumente der Detailsteuerung in akademischen und finanziellen Angelegenheiten und in Personalangelegenheiten durch das Wissenschafts- und das Finanzministerium sind seitdem abgeschafft worden. Insbesondere ist die Finanzautonomie der Hochschulen stark verbessert worden.
Eine Reihe von den Punkten, die ich Ihnen jetzt ebenfalls stichwortartig nennen möchte, bringt den Hochschulen mehr Geld. Man kann sagen, es ist ein gewisser Ausgleich dafür, dass viel gekürzt worden ist. Wenn Stellen vorübergehend nicht besetzt sind – das ist der erste Punkt –, können die auf diese Weise freien Mittel für Gehälter von den Hochschulen für andere Zwecke frei verwendet werden. Selbst erwirtschaftete Einnahmen verbleiben zu 90% den Hochschulen, manche sogar zu 100%. Für Drittmittel, die die Hochschule eingeworben hat, erhält sie Zwischenzinsen; im vorigen Jahr waren es immerhin 4,2 Millionen e. Haushaltsreste werden bei den Hochschulen nicht eingezogen: Sie können übertragen werden, was für die Hochschulen ganz besonders wichtig ist. Schließlich nenne ich noch das, was wir als erstes Land in Deutschland gemacht haben, Herr Staatsminister. Wir haben eine Experimentierklausel eingeführt, die in organisatorischen Fragen und seit vorigem Jahr auch in Sachen der Eignungsfeststellung den Hochschulen mehr Eigenverantwortung gibt.
Der dritte Grundsatz, den ich nennen will, ist die Stärkung des Leistungsprinzips. Dazu zwei Punkte: Die Mittel werden auch nach Leistungskriterien und nicht nur nach Kopfzahlen vergeben. Wenn zum Beispiel die Zahl derer, die ein Examen ablegen, im Vergleich zur Zahl der eingeschriebenen Studierenden in der Regelstudienzeit besonders hoch ist, gibt es mehr Geld. Die Arbeitsausstattung eines Professors wird nur mehr befristet zugesagt – auch für die Vergangenheit ist das so gemacht worden –, um die Leistungen in regelmäßigen Abständen hinterfragen zu können.
Der vierte von sieben Grundsätzen ist die Stärkung der Leitung der Hochschule. Der entscheidende Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Stärkung der Hochschulleitung in Finanzfragen. Früher hat der Senat über Stellen und Mittel entschieden. Seit 1998 macht das die
Hochschulleitung. Inhaltlich richtigere Entscheidungen, eine merkbare persönliche Verantwortung und kürzere Entscheidungswege waren die Gründe dafür. Zum anderen wesentlichen Punkt in diesem Zusammenhang, zur Stärkung der Berufungsverfahren, wird mein Kollege Prof. Stockinger das Nötige sagen. Das ist Teil der Novelle, über die wir heute beraten.
Ein fünfter Grundsatz: Über den Hochschulrat soll Sachverstand von außen hereingeholt werden. Der Hochschulrat wurde von uns als erstes Land eingeführt. Mit Erstaunen habe ich vor kurzem gelesen, dass Hamburg dies erst im Mai 2003 beschlossen hat. Rheinland Pfalz – ein sonst sich als fortschrittlich rühmendes Land – hat es erst im September vorigen Jahres beschlossen. Bei uns gibt es den Hochschulrat bereits seit 1998. Sachverstand von außen und mehr Verbindung mit dem Arbeitsleben waren die Motive dafür. Diese Leute von außerhalb haben umfangreiche Beratungsrechte. Es sind externe Wissenschaftler, aber auch Leute aus der Wirtschaft. Sie haben in wichtigen Punkten auch Mitentscheidungsrechte. In den Hochschulräten sind externe Wissenschaftler von hohem Rang vertreten, darunter auch mehrere Nobelpreisträger. Ich nenne einige weitere Namen, die sehr bekannt sind. Hubert Burda – jeder von Ihnen kennt ihn – ist Vorsitzender des Hochschulrates der Uni München.
Roman Herzog – –
Das habe ich nicht gesagt, lieber Herr Kollege Dürr. Sie müssen noch perfekter zuhören.
Roman Herzog, der frühere Bundespräsident, ist im Hochschulrat der Technischen Universität vertreten. Hans Tietmeyer, der frühere Bundesbankpräsident, ist im Hochschulrat der Katholischen Universität Eichstätt vertreten. Alle Gegner des Hochschulrates – einschließlich der SPD-Fraktion – sehen dieses Gremium heute anders. Die SPD-Fraktion wollte damals sogar gegen die Einführung des Hochschulrates klagen. Sie hat es nicht getan, und sie hat gut daran getan.
Der sechste Grundsatz heißt: mehr Chancen für junge Wissenschaftler. Auch dazu wird Herr Kollege Prof. Stockinger sprechen; denn die Habilitation als Gegenmodell zur Juniorprofessur, über die wir heute sprechen, ist auch ein wichtiger Punkt. Ich erwähne nur einen Aspekt: Seit 1998 können auch Mitglieder des Mittelbaus, also des wissenschaftlichen Nachwuchses, Mitglieder der Hochschulleitung werden. Die Universität München und die Technische Universität München haben von diesem Recht Gebrauch gemacht. Es ist aber ein eher kleines Recht im Vergleich zu dem, was wir Ihnen jetzt zur Neuordnung der Habilitation vorschlagen wollen.
Der siebte und letzte Grundsatz lautet schließlich: so viel Auswahl der Studierenden durch die Hochschule und so viel Suchen ihrer Hochschule durch die Studierenden
wie rechtlich möglich. Hier greife ich nur einen Punkt heraus. Einzig und allein Bayern hat 2001 die Möglichkeit geschaffen, in den Fächern, die nicht zulassungsbeschränkt sind, eine Eignungsfeststellung einzuführen. Wenn eine Hochschule dies in einem gewissen Fach will, kann sie es beim Wissenschaftsministerium im Wege der Experimentierklausel beantragen. Bereits vor einem Jahr haben wir darüber lang und breit diskutiert. In summa haben sich diese Eignungsfeststellungen außerordentlich bewährt, wie uns vor vier Wochen in einer Anhörung über den Stellenwert der akademischen Lehre eine ganze Reihe von Verantwortlichen, insbesondere viele Studiendekane, dargelegt haben. Die Klausuren werden wesentlich intensiver von den ausgesuchten Leuten wahrgenommen. Alle Angebote werden angenommen, und es werden auch bessere Ergebnisse erzielt.
Meine Damen und Herren, das waren sieben Grundsätze der Hochschulreform. Die Aufzählung war nicht abschließend, aber es waren solche Grundsätze, die ich für besonders wichtig halte. Die Instrumente, die den Hochschulen an die Hand gegeben worden sind, haben auch gegriffen. Ich nenne nur wenige Beispiele, aber sie zeigen, dass die bayerischen Hochschulen ziemlich weit oben und ziemlich weit vorne in Deutschland stehen:
Der Leibnizpreis ist der höchste deutsche Forschungspreis, er wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft vergeben. Davon sind in den letzten Jahren an bayerische Forscher überdurchschnittlich viele Preise gegangen. Im Jahr 2003 waren es gleich drei von sechs dieser höchsten deutschen Forschungsauszeichnungen, die an Wissenschaftler gegangen sind, die an bayerischen Universitäten tätig waren.
Die Sonderforschungsbereiche sind ein weiteres Beispiel. Ich möchte es hier nicht näher ausführen.
Ein besonders wichtiger Punkt kann jeden von Ihnen, meine Damen und Herren, betreffen, soweit Sie Kinder oder Enkelkinder haben: An den bayerischen Universitäten kommt man in der kürzesten Zeit zu einem Studienabschluss. Der Wissenschaftsrat untersucht immer wieder in gewissen Abständen 36 Fächer in Deutschland daraufhin, wie kurz studiert wird. Zuletzt hat er am 15. Februar 2001 wörtlich ausgeführt:
Aus dem Rahmen fällt Bayern mit einer relativ großen Zahl von Studiengängen, deren Medianwerte unter dem Bundesdurchschnitt liegen.
Eine andere Zahl: In 14 dieser 36 untersuchten Studiengänge ist die mittlere Fachstudiendauer in Bayern am kürzesten.
Ich möchte nur noch einen Punkt erwähnen: Die für die Wissenschaft aufgewendeten Mittel sind in Bayern besonders hoch. Im Freistaat Bayern werden 2,8% des Bruttoinlandprodukts in Forschung und Technologie investiert. Im Bundesdurchschnitt sind es 2,46%. Die privaten Forschungsausgaben sind hier immer miteinbezogen. Und: Bayern gibt pro Studierendem zusammen mit Baden-Württemberg am meisten aus. 8590 e werden pro Studierendem ausgegeben. Im Vergleich dazu gab
Nordrhein-Westfalen – das dauernd von der SPD regierte Land – im Jahr 2000 nur 5640 e aus. Diese Zahlen sind den monetären Kennzahlen zur Hochschulstatistik des Bundesamtes für Statistik zu entnehmen.
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir einen kurzen Blick in die Zukunft. Ich wünsche mir, uns allen und den bayerischen Hochschulen in folgenden fünf Punkten Fortschritte:
Erstens. Die Forderung nach mehr Eigenverantwortung der Hochschulen ist schon ziemlich weit erfüllt. Ich würde sie zum Inhalt einer gesetzlich auszuweitenden Experimentierklausel machen.
Es soll also nicht generell, sondern im Modellversuch erprobt werden – wenn eine einzelne Hochschule das will –, zum Beispiel welche weitergehenden finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten vernünftig sein könnten.
Zweitens. Die Fachhochschulen müssen stärker wachsen als die Universitäten. Sie haben eine kürzere Studiendauer, sie sind kostengünstiger, mehr praxisbezogen, sie sind besser auf den Arbeitsmarkt abgestimmt, und sie werden nach Ansicht aller Fachleute ganz besonders gefragt werden. Ein weiterer Punkt, der immer wieder diskutiert wird und den ich für richtig halte, ist: Die Universitäten sollten mit den Fachhochschulen in vielen Einzelpunkten besser kooperieren. Da ist Musik drin; da wird aber wenig gemacht.
Drittens. Ein wichtiger Punkt, der aber nicht durch gesetzliche Vorschriften geregelt werden kann, ist der Stellenwert der akademischen Lehre im Verhältnis zur akademischen Forschung. Heute ist die Lehre schon manchmal ein Stiefkind der Alma Mater. Denn, wie wird man Professorin oder Professor? – Man wird es, wenn man hervorragende Forschungsergebnisse vorgelegt, Forschungspreise errungen und für die Forschung Drittmittel eingeworben hat. Eher weniger wird man Professor, wenn man hervorragende Veranstaltungen abhalten hat, die den Studierenden sehr gefallen und die sie hervorragend bewerten. Auch das Ansehen im Kollegenkreis ist eher durch Höchstleistungen in der Forschung größer als durch gute Leistungen in der Lehre.
Für die Studenten spielt das, was der Professor gerade erforscht, aber keine so große Rolle. Meistens wissen sie es auch gar nicht. Für sie ist die Lehre wichtig. Aber – das ist der Punkt – Veränderungen kann man nicht dekretieren. Wir können nicht per Gesetz beschließen: Die Lehre ist ab sofort wesentlich wichtiger. Es muss sich ganz allmählich ein Bewusstsein bilden. Ein gutes Mittel sind die vom Ministerium verliehenen Preise für gute Lehre – zwanzig an der Zahl. Jedes Jahr – diesmal am 21. Juli – werden sie im Rahmen einer größeren Feier verteilt. Das müsste noch größere Aufmerksamkeit in den Hochschulen, aber auch in der Öffentlichkeit und bei allen Verantwortlichen finden. Die eine oder andere Geistesgröße sollte halt auch immer wieder sagen, wie wichtig ihrer Einschätzung nach die Lehre im Vergleich zur Forschung sei.
Ein vierter Punkt: In der Wissenschaft hervorragende Frauen müssen dieselbe faire Chance auf eine Professur erhalten wie ihre männlichen Kollegen. Den Ergebnissen zufolge sieht es in ganz Deutschland nicht gut aus, in Bayern – zugegebenermaßen – noch ein wenig schlechter. Besondere Machos sind offenbar die Mediziner. Ich war sprachlos, als ich die Zahl gelesen habe. Obwohl viele Frauen Medizin studiert haben, gibt es in ganz Deutschland nur 2,3% Frauen als Lehrstuhlinhaber in der Medizin. Dieser Zustand – von der Medizin abgesehen auch weitergreifend – ist nach übereinstimmender Meinung des Hauses nicht hinnehmbar,
weil es nicht gerecht ist und weil es gerade der für Deutschland, das ein rohstoffarmes Land ist, so wichtigen Forderung widerspricht, die Begabungsreserven voll auszuschöpfen.
Nun schließe ich wieder an das an, was ich zum Stellenwert der Lehre gesagt habe. Auch hier lässt sich die Veränderung nicht kommandieren. Wir können nicht per Gesetz beschließen, künftig werde es einen soundso hohen Prozentsatz an Professorinnen geben. Das wäre rechtswidrig. Das wäre aber auch lebensfremd. Man muss Maßnahmen ergreifen – gewiss. Wir haben auch vor kurzem einen umfangreichen Antrag auf den Weg gebracht, dass diejenigen Hochschulen, die mehr Professorinnen haben, belohnt und ihnen Anreize gegeben werden sollen. Geld, Kinderbetreuung, Teilzeitprofessuren, Stipendien sind die Stichworte. Aber auch hier ist die Psychologie, das Bewusstsein, die Seelenmassage das Wichtigere. Es muss so oft über das Thema geredet werden, dass sich eine Hochschule geniert, wenn sie in einigen Jahren eine immer noch so geringe Anzahl von Professorinnen hat.
Den inhaltlich nach meiner Einschätzung wichtigsten Punkt habe ich mir für den Schluss aufgehoben. Er heißt: Die Betreuung in den Massenfächern muss stark verbessert werden. Das ist keine Spezialität von Bayern, sondern das ist in ganz Deutschland so. Bei uns ist es ein bisschen besser, aber nicht gut. Professor Hubert Markl, der langjährige Präsident der Max-Planck-Gesellschaft – den vielen von Ihnen kennen – hat einmal auf die Frage, wie die deutschen Hochschulen von den ausländischen Hochschulen beurteilt werden, so formuliert: „Forschung gut bis sehr gut, Lehre ordentlich, Betreuung miserabel.“
Das ist der Fehler, den wir bei den überlaufenen Fächern, den Massenfächern machen. Das ist zum Teil dem Bundesverfassungsgericht geschuldet, das im Jahr 1972 dekretiert hat, dass alles, was in den zulassungsbeschränkten Fächern mehr an Ressourcen hineingesteckt werde, nicht zur Verbesserung der Bedingungen für die vorhandenen Studierenden, sondern für neue, die warten, aufgewendet werden müsse. Mittlerweile wurde diese Rechtssprechung weitgehend als falsch erkannt. Man müsste ausloten, ob das Bundesverfassungsgericht diese Meinung immer noch hat. Das ist eine Frage der Rechtsstrukturen – aber nicht nur.
Es gibt ohnehin Möglichkeiten in den nicht zulassungsbeschränkten Fächern. Hier sind wir nicht durch Kapazitätsprobleme gehindert, mit Geld Besserungen zu schaffen. Aber auch in den zulassungsbeschränkten Fächern müsste das geschehen. Alle Verantwortlichen müssen nach meiner Einschätzung mehr Geld in die Hand nehmen, wenn wir ernsthaft in den nächsten Jahren wenigstens in einer Reihe von Studiengängen mit den Spitzenuniversitäten der Welt konkurrieren wollen – was wir von der Forschung her durchaus können. Es ist mehr Geld für Dozenten, Tutoren, Sachmittel, Literatur, Lehrbeauftragte und Studienberatung zur Verbesserung der Betreuung – also des Kardinalfehlers der deutschen Hochschulen – nötig.
Der neue Landtag, die neue Staatsregierung, meine Damen und Herren, werden in diesem Punkt – der mangelnden Betreuung und der Unterfinanzierung der Hochschulen in Deutschland – heute schon, aber auch, wenn die Studierendenzahlen stark zugenommen haben werden – was alle prognostizieren – mutig sein müssen im Umschichten zugunsten der Hochschulen und im Erschließen neuer Finanzquellen. Meine Hoffnung – damit möchte ich schließen – für die Hochschulen ist, dass die Mutigen in Staatsregierung und Parlament klug überlegen, und dass die Klugen mutig werden. Dann werden die Hochschulen Bayerns auch in den nächsten fünf Jahren noch mehr als heute hervorragend und ganz vorne und ganz oben sein.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Vogel. Bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrter Herr Kollege Vogel! Sie haben eine ganze Reihe von Problemen, die es an den Hochschulen gibt, angesprochen und häufig moniert, dass sie nicht gelöst seien und vor allem, dass sie durch das heute in Rede stehende Vorhaben nicht gelöst würden. Ich stimme Ihnen zu. Das ist aber heute auch nicht das Thema. Hauptursache dessen, dass wir heute in Deutschland diese Probleme mit der Überfülle von Studierenden haben, ist
das Bundesverfassungsgericht. 1972 hat es entschieden, dass jeder, der ein Abiturzeugnis hat, sei es auch noch so windig, das studieren darf, was er studieren will. Die Hochschulen müssten deshalb in erster Linie die notwendigen Kapazitäten zur Verfügung stellen. Das ist das Hauptproblem.
Es war eine ganze Reihe von Problemen, die Sie im Einzelnen angesprochen haben. Sie gelten für alle Bundesländer, aber wenn man die Szene in Deutschland kennt, stellt man fest: Nirgendwo sind die Probleme so gering wie in Bayern. Sie brauchen nur nach Berlin zu schauen um zu sehen, welch ein Aufruhr an den drei Universitäten und an den sechs oder sieben Fachhochschulen herrscht. Sie brauchen nur nach Nordrhein-Westfalen zu sehen, wo zur allgemeinen Überraschung zunächst die Absicht bestand, Studiengebühren einzuführen und sie dann aber nicht den Hochschulen zugute kommen zu lassen, sondern in den allgemeinen Staatshaushalt zu tun. Das hat die Akzeptanz des Vorhabens gegen null gebracht und es wurde deshalb aufgegeben.
Das, worum es heute geht, ist rundherum hervorragend. Ich freue mich sehr, gerade als Hochschulpolitiker, dass es dem Herrn Staatsminister mit starker Unterstützung des Herrn Ministerpräsidenten gelungen ist, gegen den kräftigen Herrn Finanzminister die hohe Zahl von Stellen und Ressourcen für diesen hochschulpolitisch ganz besonders wichtigen Zweck durchzusetzen: Die Besten aus der anonymen Masse sollen herausgefischt und besonders gefördert werden. Ihnen werden nahezu ideale Studienbedingungen gegeben und auch ermöglicht, durch Teilnahme an der Forschung zu lernen. Das war das Ideal von Wilhelm von Humboldt. Damit gilt in diesem Punkt, was sonst an den Hochschulen nur sehr selten gilt: Klasse statt Masse für die Besten. Bayern
schreitet hier als erstes Land zur Tat, und das kann man gar nicht hoch genug einschätzen.
Im Besonderen finde ich hervorragend, dass es eine Reform aus einem Guss zu werden verspricht. Das ist insbesondere bei den zwei letzten Punkten zu sehen. Herr Minister, Sie wollen das Verhältnis zwischen den Schulen und den Hochschulen verändern und neu ordnen. Und das Begabtenförderungsgesetz soll dem, was hier angedacht ist, Rechnung tragen und angepasst werden.
Was ist Elite, so fragten Sie, Herr Kollege Vogel. Sie haben ausgeführt, Elite sei durch Werte und Verantwortungsbewusstsein gekennzeichnet, durch die Befähigung zur Lösung gesellschaftlicher Probleme. Elite, so sagten Sie, sei außerdem gekennzeichnet durch Chancengleichheit und sie dürfe nicht mit der Demokratie in Widerspruch stehen. Ich finde, all dies ist nicht gefährdet und hervorragend gewährleistet. Man muss aber auch sagen: Wertebewusstsein allein reicht nicht. Das muss hinzukommen. Entscheidend ist vielmehr: Elite bedeutet das Erbringen von Bestleistungen durch Anstrengungen, gute Begabung in den jeweiligen Fächern wird vorausgesetzt. Als Gesellschaft sind wir auf Elite angewiesen, denn nur wenn wir die Elite fördern, werden wir unseren guten Stand – nicht nur unseren Wohlstand, sondern auch unseren guten Stand im Umweltschutz oder in sozialen Fragen – einigermaßen halten können. Eigentlich ist das ein Allgemeinplatz, doch man muss immer wieder darauf hinweisen: Nur dann werden wir mit unseren Dienstleistungen und Produkten auf dem Weltmarkt trotz des Handicaps der hohen Preise bestehen können.
Ich möchte noch eine Anmerkung zur Elite machen. Heute darf man dieses Wort wieder aussprechen, ohne gleich anzuecken. Lange Jahre ist man insbesondere im linken Spektrum auf Kritik gestoßen, wenn man von Elite sprach oder gar sie fördern wollte. Gleichheit war die Parole.
Man hat Gleichheit gesät und häufig Mittelmäßigkeit geerntet.
Ich bin froh, dass wir uns jetzt in diesem besseren Klima bewegen, und dass auch Leute aus dem linken Spektrum immer mehr einsehen, dass die Elite gefördert werden muss, weil unsere Gesellschaft ohne sie nicht existieren kann. Und ich bin froh, dass wir hier als erstes Land zur Tat schreiten.
Herr Staatsminister, ich möchte eine Anmerkung zum Kernpunkt machen, zu den 2000 Studierenden in den 20 Elitestudiengängen. Wie Sie sagten, ist das ungefähr 1% der Studierenden von heute. Das ist nicht wenig, aber auch nicht viel, denn es gibt nach den Aussagen der Bildungsforscher drei bis fünf Prozent Hochbegabte. Wenn sich dieses Verfahren bewährt, ist sehr zu wünschen, dass möglichst bald auch die finanziellen Ressourcen geschaffen werden können, um es auszuweiten.
Eine zweite Anmerkung, zum Internationalen Doktorandenprogramm. Zehn Doktorandenkollegs mit 120 geförderten jungen Wissenschaftlern. Hier möchte ich eine Anmerkung zu dem machen, was Sie, Herr Staatsminister, mit Recht herausgestellt haben. Man muss den jungen Wissenschaftlern früh die Selbständigkeit geben. Man muss ihnen früh Vertrauen schenken. Sie dürfen nicht immer gegängelt, beobachtet und mit Weisungen versehen werden. Ich finde das hervorragend, denn es ist Tatsache, dass der Mangel an Selbständigkeit bei uns häufig ein Grund für das Abwandern junger Wissenschaftler ist. Der Minister sagte selbst, ein Drittel derer, die bei uns promoviert haben, geht weg, und viele kommen nicht wieder. Sie finden in den USA nicht unbedingt ein höheres Gehalt, aber sie finden bessere Arbeitsbedingungen, manchmal auch bessere berufliche Perspektiven. Häufig aber bekommen sie mehr Freiraum und dürfen selber mehr forschen und lehren. Das ist eine wichtige Voraussetzung für junge Wissenschaftler. Frau Kollegin Baumann und Herr Kollege Vogel, das versuchen wir auch bei der Neuordnung der Habilitation. Die frühe Selbständigkeit junger Wissenschaftler ist ein tragendes Element dieser Neuordnung.
An diesem Element fehlt es in zwei Punkten. Seit 1998 gibt es die Möglichkeit – ich sage das nur, weil man es nicht oft genug sagen kann –, dass eine Fakultät jungen, besonders tüchtigen wissenschaftlichen Assistenten die Selbständigkeit überträgt. Das geschieht sehr selten. Und speziell in der Medizin ist in Deutschland die hierarchische Ordnung so ausgeprägt wie in keiner anderen Fakultät.
Die jüngeren, nachgeordneten Professoren können nur frei und selbständig arbeiten, wenn sie Glück haben – allerdings haben sie sehr oft Glück, das muss man auch sagen.
Nach der heutigen Rechtslage und nach den heutigen Strukturen kann der Ordinarius die jungen Professoren aber in allzu vielen Bereichen gängeln und ihnen dreinreden. Herr Staatsminister, Sie kennen meine Meinung dazu und haben für meine Meinung grundsätzlich auch Sympathie.
Die frühe Selbständigkeit ist ein ganz wichtiges Mittel der Eliteförderung. Sie kostet nichts, man muss sie einfach nur wollen und zu den jungen Leuten Vertrauen haben.
Ich sage abschließend, dass ich mich sehr darüber freue, dass es nun zu gelingen scheint, ein so wichtiges Werk als erstes Land in Deutschland anzupacken. Man kann nur sagen, um lateinisch zu schließen: Vivant sequentes. Die anderen Länder mögen möglichst bald nachfolgen, damit Deutschland bei der Eliteförderung besser dasteht.
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Universitas semper reformanda – die Hochschulreform ist ein immerwährender, dauernder Prozess.
Nicht immer, wenn jemand lateinisch spricht, ist er gleich Stadtpfarrer, Herr Kollege Hofmann.
Meine Damen und Herren, bitte beruhigen Sie sich nach dieser unschuldigen Auflockerung wieder. Die Hochschulreform ist ein andauernder Prozess. Sie erfolgt in Schritten. Wir haben 1998 und 2001 große Schritte gemacht, und jetzt folgen weitere Verbesserungen der rechtlichen Rahmenbedingungen.
Die zwei Hauptpunkte – nur zu diesen möchte ich kurz etwas sagen – sind die Berufung und die Habilitation.
Die Berufung, also der Weg, wie man Professor wird, die Ernennung zum Professor, zur Professorin, ist der wichtigste Prozess in einer Hochschule, weil sich Qualität, wissenschaftliches Niveau über Köpfe definiert. Je höher die Qualität, umso besser der Ruf der Hochschule. Wir wollen an zwei Punkten Änderungen durchführen: Zum einen wollen wir das Verfahren straffen, damit die Vakanzen kürzer werden, zum anderen wollen wir die Hochschulleitung bei den Berufungen stärken. Warum? – Die Hochschulleitung ist nach dem Gesetz zuständig für das Profil, die Gesamtausrichtung einer Hochschule, damit nicht nur auf ein Fach, sondern auf alles geblickt wird, auf die Performance der Hochschule. Das ist ihre Aufgabe. Das Gesetz gibt ihr bislang aber keine Befugnis, diese Aufgabe zu erfüllen. Deswegen wollen wir die Hochschulleitung in zwei Punkten stärken. Wir wollen sie zum einen bei der Zusammensetzung der Berufungs
kommission stärken. Die Hochschulleitung soll künftig mitsprechen. Im Einvernehmen mit ihr soll die Berufungskommission vom Fachbereichsrat bestimmt werden, damit interdisziplinäre, fächerübergreifende Elemente zum Tragen kommen. Zum anderen wollen wir die Hochschulleitung beim Zustandekommen des DreierVorschlages stärken, aus dem der Minister dann einen Ruf an eine der drei Persönlichkeiten erteilt.
Außerdem wollen wir über eine Rechtsvorschrift erreichen, dass mehr Professorinnen berufen werden. Die Zahl ist gering – dieses Thema haben wir schon öfter behandelt. Es geht nicht nur um eine Rechtsvorschrift – wir wollen demnächst ein Bündel von Maßnahmen vorschlagen. Ein wichtiger Anreiz wird das Geld sein: Eine Hochschule erhält umso mehr Mittel für Lehre und Forschung, je mehr Professorinnen sie beruft. Das werden wir noch ausführlich diskutieren.
Der zweite Punkt ist die Habilitation. Hier wollen wir statt einzelner Veränderungen eine Neuordnung erreichen. Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass die Habilitation in vielen Fächern der einzige Weg ist, sich als Professorin oder Professor zu qualifizieren. Der Bund hat im vorigen Jahr in einem Gesetz die Juniorprofessur als einzigen Weg vorgesehen und wollte damit langfristig die Habilitation abschaffen. Dagegen klagt unter anderem das Land Bayern beim Bundesverfassungsgericht. Diese Klage ist noch anhängig.
Wir wollen die Habilitation nicht abschaffen, aber ihre Mängel beseitigen. Sie hat heute vor allem zwei Mängel: Die Leute werden heute im Durchschnitt 40 Jahre alt, bevor sie über eine Habilitation zum Professor ernannt werden. 38-, 39- und 40-jährige sind also „Nachwuchs“. Dies ist grotesk. Wir wollen diese Situation durch drei Maßnahmen deutlich verbessern:
Erstens. Die Professorinnen und Professoren sollen künftig bei ihrer Berufung deutlich jünger sein. Das Habilitationsverfahren soll grundsätzlich vier Jahre dauern. Außerdem werden zur Straffung des Verfahrens Fristen vorgesehen. Nach zwei der insgesamt vier Jahre wird ferner eine Zwischenbewertung erfolgen.
Die angehenden Professorinnen und Professoren sollen zweitens während der Habilitationszeit selbstständiger werden. Sie sollen zweitens zwingend selbstständig in Forschung und Lehre arbeiten können. Dies wäre ein großer Fortschritt. Schließlich gehen sehr viele junge Wissenschaftler in die USA, weil das bei uns bisher nicht der Fall ist.
Drittens. Die Habilitation soll künftig nicht mehr vom Wohlwollen eines Habilitationsvaters oder einer Habilitationsmutter abhängen. Die Lebenserfahrung zeigt nämlich, dass dieses Wohlwollen sehr oft schwankt. Künftig sollen von der Fakultät drei Professoren-Mentoren eingesetzt werden, die unterstützen, beraten, begleiten und mithelfen.
Dies sind die Verbesserungen, die wir bei der Habilitation anstreben. Ich denke, dies ist eine gute Neuordnung. Frau Kollegin Dr. Baumann, Sie werden sich
sicherlich bemühen, Gegenargumente zu finden. Ich bin auf diese Argumente schon sehr gespannt.
Der Entwurf enthält noch eine Reihe von kleineren Punkten, über die ich jetzt nichts sagen möchte. Dies wird bei der Beratung im Ausschuss geschehen. Bei der abschließenden Beratung des Gesetzes wird außerdem noch eine längere Debatte durchgeführt. Ich bitte Sie, diesen Vorschlägen wohlwollend zu begegnen. Dies dürfte ihnen schon deshalb leicht fallen, weil die Bayerische Rektorenkonferenz und die Konferenz der Mittelbauwissenschaftler grundsätzlich hinter diesen Vorschlägen stehen. Herr Kollege Kränzle, leider fällt mir auf Anhieb kein lateinisches Schlusszitat ein. Vielleicht fällt Ihnen etwas ein.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Kollegin Dr. Baumann.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was der Minister ausgeführt hat und was als Summe der Arbeit dieser zwei Jahre im Haushalt vorliegt, rechtfertigt den schönen Satz: Bayern leuchtet durch seine Kunst und seine Wissenschaft. Bayern leuchtet mehr als fast alle anderen, die ihr Licht ebenfalls auf den Scheffel gestellt haben.
Meine Damen und Herren, das ist keine bloße Behauptung. Ich sage Ihnen einige Fakten.
In Bayern ist die Studienzeit im Durchschnitt am kürzesten. Der Wissenschaftsrat hat in seiner letzten Untersuchung festgestellt: Im Vergleich der alten Länder liegt die durchschnittliche Studiendauer in 14 von 36 Fächern, die vom Wissenschaftsrat untersucht wurden, in Bayern am niedrigsten.
Frau Kollegin, ich kenne die Studie. Ich wundere mich, dass gerade Sie das fragen, weil der Deutsche Stifterverband die noch nicht ganz perfekte Globalisierung als Hauptpunkt zugrunde gelegt hat.
In diesem Punkt, meine liebe Frau Kollegin Dr. Baumann, sind Sie ebenso skeptisch wie wir. Wir vertreten die Meinung – das habe ich Ihren Ausführungen entnommen und ich und die große Mehrheit der Kollegen teilen diese Auffassung –, dass nicht die Hochschule am besten ist, die am leichtesten über das Geld – wenig oder viel – verfügen kann, sondern dass es auf eine Reihe von Kriterien ankommt. Dieses war das Erste. Ich nenne Ihnen in Kürze fünf weitere Argumente und bitte Sie, gut zuzuhören.
Ein zweiter Punkt. Wenn ein Land besonders viele von der Deutschen Forschungsgemeinschaft vergebene Sonderforschungsbereiche hat, ist es besonders gut. Das ist die allgemeine Meinung. Obwohl wir vielleicht nur 10% der Bevölkerung haben, sind 20% der Sonderforschungsbereiche an bayerischen Universitäten. Wir haben im Jahr 2001 drei von elf Leibniz-Preisen nach Bayern holen können. Der Leibniz-Preis ist der höchste erzielbare Preis, der knapp unter dem Nobelpreis liegt.
Bei der Einwerbung von Drittmitteln ist die TU München die Nummer eins, die Technische Hochschule in Aachen die Nummer zwei und die Universität München die Nummer drei. Nur in Bayern gibt es Forschungsverbünde und eine Forschungsstiftung, die in der Zeit ihres Bestehens bislang rund 300 Millionen DM ausgereicht haben.
Ein ganz wichtiger Indikator – der Herr Minister hat es schon gesagt – sind die Stipendiaten und die Gastwissenschaftler aus dem Ausland. Sie gehen am liebsten an zwei bayerische Universitäten, nämlich an die beiden Münchner Hochschulen.
Ich möchte auf ein Thema eingehen, das der Frau Kollegin Münzel ganz wichtig ist, aber nicht nur ihr. Ich meine die Frauen an den Hochschulen. Bei der Zahl der Professorinnen an bayerischen Hochschulen sind wir übereinstimmend der Meinung, dass manches im Argen liegt. Wir teilen aber auch übereinstimmend – so hoffe ich – die Meinung der Frauenbeauftragten an den Hochschulen. Sie erkennen ganz ausdrücklich an, dass der Freistaat Bayern – Staatsregierung und Parlament – eine Fülle von Programmen, Projekten, Optionen und Möglichkeiten für Wissenschaftlerinnen auf die Beine gestellt hat. Ich denke nur an den Habilitationsförderpreis für Frauen als eines von vielen Beispielen.
Dennoch besteht Handlungsbedarf. Die Maßnahmen von uns genauso wie von den Frauenbeauftragten sind zu loben, das mäßige Ergebnis ist aber zu tadeln. Das ist wahr. Offenkundig liegt dieses Missverhältnis nicht oder nur ganz wenig an der Politik, sondern mehr am Bewusstsein vieler Machos in den Berufungskommissionen an den Universitäten und Fachhochschulen.
Das ist wirklich so, ich kenne das gut, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Es ist eine schwierige Aufgabe, das Bewusstsein zu verbessern. Deshalb müssen wir uns ein System von Anreizen überlegen. Möglicherweise müssen wir uns auch über Änderungen am Hochschulgesetz Gedanken machen, welche diese Anreize garantieren. Über alle Fraktionen hinweg waren wir uns vor 14 Tagen im Ausschuss darin einig, dass wir an diesem Problem intensiv arbeiten müssen.
Lieber Herr Kollege, ich freue mich, dass Sie als mein Gegenkandidat mit Bedauern feststellen, dass ich nicht mehr kandidieren werde. Das ist nett von Ihnen. Allerdings habe ich gerade nicht die Personen – Männer oder Frauen – im Parlament kritisiert, sondern die Damen und Herren an den Universitäten und Fachhochschulen. Hierin sind wir möglicherweise einer Meinung.
Zum Haushalt möchte ich generell sagen, dass er in summa gut ist. In vielen Teilen ist es aber ein karger, manchmal in hoch problematischer Weise eingeschränkter Haushalt. Ich meine, es ist beispielsweise problematisch, bei der Denkmalpflege 4 Millionen e zu kürzen. Hier handelt es sich um einen wichtigen Bereich, bei dem zehnmal so viele Investitionen von anderen Stellen kommen, wenn der Staat nur einen Euro ausgibt. Eine Kürzung ist also durchaus problematisch. Ich danke den Kollegen im Haushaltsausschuss jedenfalls dafür, dass sie diese Kürzung wenigstens zur Hälfte wieder rückgängig machen konnten. Das ist schon etwas, das zeigt, dass sie zwar das richtige Bewusstsein haben, dass die Finanzlage aber leider schlecht ist.
Ich bin auch nicht erfreut darüber, dass unsere von allen Kollegen getragenen Beschlüsse zu den Bibliotheken, die auch mit den Kollegen im Haushaltsausschuss abgestimmt waren, nicht umgesetzt werden. Hier handelt es sich in erster Linie nicht um Bücher, sondern um moderne Medien. Wenn wir auf diesem Gebiet zu wenig tun, können wir nicht den Rang in der Mediengesellschaft einnehmen, den wir einzunehmen haben. Dieser Bereich ist sehr karg ausgestattet, und ich hoffe darauf, dass dafür beim nächsten Haushalt mehr getan werden kann.
Ich möchte noch eine Anmerkung zum Haushalt im allgemeinen machen. Bildung ist das Megathema. Für Bildung muss auch nach Meinung der Staatsregierung und natürlich nach Meinung des ganzen Hohen Hauses deutlich mehr getan werden. Was ist etwa bei den Betriebsmitteln oder den Planstellen getan worden? Hier
gratuliere ich der Schule. In einem Jahr sind 1300 neue Stellen ausgewiesen worden, im nächsten Jahr kommen noch einmal 1300 Stellen hinzu, und im dritten Jahr kommen noch einmal 1650 Stellen hinzu. Diese Stellen sind von uns schon genehmigt worden. Mittelfristig müssen wir uns aber überlegen, ob es richtig ist, dass diese Stellen alle in der Schule bleiben, auch wenn die Kinder weniger werden. Die Grundschüler werden schon weniger. Es ist gut, wenn die Stellen dafür verwendet werden, die Qualität der Schule zu verbessern, aber nur dann, wenn wir es uns leisten können und wenn wir so viel Geld haben, dass wir noch zulegen können, obwohl der Schülerberg allmählich zum Studentenberg wird. Wenn wir uns das nicht mehr leisten können, dann muss mittelfristig auch an Umschichtungen gedacht werden. Bei allem Respekt für das, was für die Hochschulen getan worden ist, besteht bei den Betriebsmitteln, insbesondere aber auch beim Personal, Handlungsbedarf für die nächsten Jahre. Hier müssen wir auch etwas unkonventioneller denken.
Ich hoffe, dass die Nachfolger von mir und vieler anderer, die den nächsten Haushalt zu beraten haben, solche Entscheidungen treffen. In summa halte ich den Haushalt für einen sehr guten Haushalt. Man kann mit ihm gut arbeiten. Er unterstreicht den Rang, den Wissenschaft und Kunst bei uns in Bayern haben.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Dürr, heute haben Sie mit enttäuscht.
Es war möglich, denn Sie enttäuschen mich ansonsten selten, Herr Kollege. Ich sage Ihnen Folgendes: Wir waren in einer großen Anhörung am 4. April im Parlament – nicht vor der Presse –, an der hochkarätige Experten teilgenommen haben, im Ergebnis entsprechend den übereinstimmenden Aussagen der Experten der Ansicht, dass die Attraktivität des Hochschulstandortes Bayern in vielen konkreten Punkten durchaus gesteigert werden kann, völlig in Übereinstimmung mit dem Hochschulstandort Deutschland. In Bayern ist die Situation genauso wie in Deutschland, weil wesentliche Regelungen vom Bund zu erlassen sind, insbesondere die des Arbeitserlaubnisrechts und des Aufenthaltsrechts.
Jetzt sagen Sie – das war die Ankündigung Ihres Antrags –, es gebe ein Klima der Verdächtigungen, das
die Staatsregierung eifrig schüre. Sie sagen, die Staatsregierung stelle alle Ausländer unter Generalverdacht. Sie sprechen von Bespitzelung. Bei intellektueller Redlichkeit, die nach meiner subjektiven Beobachtung oft bei Ihnen anzutreffen ist, hätten Sie darauf kommen können, dass das so nicht richtig ist. Heute im Plenum sprechen Sie tatsächlich vom angeblichen Sicherheitswahn des Innenministers Dr. Beckstein. Sie fordern, die Staatsregierung solle wenigstens einmal sagen, dass ausländische Wissenschaftler und Studierende in Bayern willkommen seien.
Sie haben eine gewisse Orientierungslosigkeit gezeigt, was den Sitzplatz von Staatsminister Zehetmair anbelangt. Anscheinend haben Sie auch einen gewissen Gedächtnismangel aufzuweisen; denn Staatsminister Zehetmair hat nicht nur einmal, sondern häufig – auch in einer Initiative nach unserer Anhörung – genau das erklärt, was Sie vermisst haben. Ich kann Ihnen sagen: Unsere Anträge – die SPD hat zwei Anträge gestellt, Sie haben einen Antrag gestellt, und wir haben fünf Anträge in Vorbereitung – sind in allen Arbeitskreisen der Fraktion mit kleinen Änderungen gebilligt worden. Dann ist der 11. September gekommen. Der entsetzliche Massenmord ist mitverursacht worden von Leuten, die sich als Studierende in Deutschland eingeschrieben haben.
Im Bund sind sich fast alle einig, dass man überlegen muß, was getan werden kann, um solche Extremisten und Terroristen zu erfassen, auch wenn sie an Universitäten und Fachhochschulen studieren. Das versteht sich von selbst, sodass ich mich wundere, dass Sie den Konsens derer, die vernünftig denken, verlassen und dass Sie das, was eigentlich erfreulich war an diesem unendlich unerfreulichen Vorfall, nämlich dass die westlichen Gesellschaften mit all ihren politischen Kräften zusammenstehen, aufgeben.
Ich lese vor, was das Kabinett mit Beschluß vom 16.10.2001 will: Bei Angehörigen bestimmter Staaten müssen die Visaanträge mit den Datenbeständen der Sicherheitsbehörden abgeglichen werden. Was kann man dagegen sagen? – Mir fällt nichts ein. Für Personen, bei denen konkrete Anhaltspunkte für eine extremistische Betätigung vorliegen, muß ein zwingendes Einreise- und Aufenthaltsverbot bestehen. Der Aufenthalt von Ausländern, die Sicherheitsgefahren darstellen, muß beendet werden. Der Abschiebeschutz für ausländische Extremisten muß eingeschränkt werden. Was man an diesen Maßnahmen kritisieren kann und wie man zu der völlig verstiegenen Formulierung „Sicherheitswahn“ kommen kann, das müßten Sie mir schon sehr lang erklären, und ich würde es vermutlich immer noch nicht verstehen.
Geschenkt.
Die Maßnahmen, die notwendig sind, um ein wissenschaftsfreundliches Profil des Arbeitserlaubnisrechts und des Aufenthaltsrechts zu schaffen, werden auch vom Innenminister und der Staatsregierung gebilligt. Dass nach dem 11. September einiges zusätzlich zu
überlegen ist, versteht sich wohl von selbst. Wir werden mit dem Innenminister und den Innenpolitikern der Fraktion abgestimmte Anträge, mit denen auch Sie vernünftigerweise ganz gut leben werden können, vorlegen und hoffentlich den Konsens der Fraktionen in dieser wichtigen Frage wiederherstellen, wenn Sie davon Abstand nehmen, ein Übersoll an Oppositionspolitik zu erfüllen.
Herr Präsident, Hohes Haus! Mit diesem Gesetzentwurf, den wir heute in Erster Lesung beraten, wollen wir Ihnen zwei wichtige Neuerungen des Hochschulrechts vorschlagen. Zum einen – das ist die wichtigere Neuerung – soll das Auswahlrecht der Hochschulen, welche Studenten zu ihnen kommen sollen, verstärkt werden. Das können wir in einem Punkt nicht selber tun, sondern da soll eine Initiative an den Bund gerichtet werden. Dies steht jetzt nicht zur Debatte. Sie betrifft die zehn harten Fächer des Numerus clausus, die in Dortmund von der ZVS vergeben werden.
Wohl aber kann ein Land, also auch der Freistaat Bayern, in zwei Punkten selber etwas regeln und das wollen wir Ihnen vorschlagen. Es betrifft alle Fächer und Fälle des örtlichen Numerus clausus, wenn also bei einer genügenden Anzahl von Studienplätzen im ganzen Land an einer Hochschule zu wenig Studienplätze vorhanden sind, verglichen mit der Zahl der Bewerber. Da wollen wir den Anteil von 30%, den die Hochschule heute selber auswählen kann, auf 50% erhöhen. Das ist der eine wichtige Punkt.
Zum anderen sollen in allen Fächern, wenn eine Hochschule dies will, im Wege des Experiments Eignungsfeststellungen gemacht werden können. Dabei geht es um die Frage: Wie vermeide ich Studienabbrüche? Meine Damen und Herren, wir in Deutschland sind einsame Klasse in einem schlechten Punkt, nämlich hinsichtlich der Zahl der Studienabbrecher. Das sind im Durchschnitt zwischen 30 und 40%, in manchen Fächern sehr viel mehr, in manchen weniger. Das liegt zu einem beachtlichen Teil daran, dass sich die Studienbewerber nicht genau überlegen, ob ihre Eignungen, ihre Fähigkeiten und ihre Motivation mit den Anforderungen des Fachs übereinstimmen. Das liegt wiederum daran, dass niemand danach fragt, und in solchen Eignungsfeststellungen soll danach gefragt werden.
Es hat in dieser Frage einen gewissen Streitpunkt mit den Schulpolitikern gegeben, die den Wert des Abiturs in Frage gestellt gesehen haben. Unser Vorschlag ist nun entsprechend den Ergebnissen einer Anhörung mit einer Reihe von hochkarätigen Bildungsforschern, dass sich die Eignung überwiegend nach der Abiturdurchschnittsnote bemisst und ergänzend, also zu weniger als 50%, nach Tests, Auswahlgesprächen und eben allen möglichen Verfahren, die im speziellen Fach die Eignung und das Interesse prüfen. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt. Hier ist Bayern als erstes Land mit dieser breiteren Eignungsfeststellung auf der Matte – um es einmal so salopp zu formulieren.
Der zweite Punkt betrifft die Weiterbildung für Hochschulabsolventen. Sie steht schon seit 1998 im Hochschulgesetz, aber es geschieht nicht besonders viel. Das liegt daran, dass beamtenrechtliche Fesseln vorhanden sind und dass es nicht genügend Anreiz gibt. Den Anreiz wollen wir verstärken und letztlich die Fesseln dadurch lockern, dass die Weiterbildung die Hochschulen in die
Lage versetzt, Geld zu verdienen, was zum Beispiel in den USA und in Großbritannien an vielen Universitäten in beachtlichem Maße der Fall ist.
Der Weg dahin ist: Erstens soll es als Nebenamt für Professoren dann vergeben werden können, wenn das Pflichtdeputat, also was ein jeder Professor und eine jede Professorin leisten müssen, ausgeschöpft ist, das heißt wenn man darüber hinaus zusätzlich etwas tun will. Zweitens sollen die Einnahmen voll der Hochschule verbleiben und sie soll auch die Vergütungen festsetzen können.
Dies, Herr Präsident und liebe Kolleginnen und Kollegen, ist in Kürze das, was wir Ihnen zu diesen zwei hochschulpolitischen Innovationen als Erläuterung vortragen und Ihnen vorschlagen können. Danke schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gegen das Gesetz gestimmt, weil ich bei der Regelung über die Münchner Stimmkreise erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken habe, und zwar in zwei Punkten.
Erstens. Die Regelung verstößt nach meiner Einschätzung gegen den Gleichheitsgrundsatz in der Ausprägung der Wahlgleichheit. Das bedeutet: Jede Wählerstimme soll grundsätzlich den gleichen Erfolgswert haben,
das heißt, die Stimmkreise etwa in Oberbayern sollen möglichst gleich groß sein.
Dies geht natürlich in der Praxis nicht lupenrein. Aber der Gesetzgeber kann, wenn er nur die 15-Prozent-Grenze beachtet, durchaus nicht machen, was er will, sondern
muss grundsätzlich nach Möglichkeit annähernd gleiche Stimmkreise schaffen. Dieser Grundsatz ist in München deshalb nicht eingehalten, weil die Summe der Abweichungen vom oberbayerischen Durchschnitt in dem beschlossenen Gesetz fast doppelt so hoch ist, wie sie sein könnte und wie es beispielsweise der Entwurf des Münchener Kreisverwaltungsreferats zeigt.
Der zweite Grund meiner Bedenken ist der Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes in der Form des Verbots einer willkürlichen Regelung. Eine solche könnte darin liegen, dass das beschlossene Gesetz in sechs von acht Münchener Stimmkreisen Stadtbezirke durchschneidet. Dieses Vorgehen entspricht nicht der ständigen Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach die in einem Stimmkreis repräsentierte Bevölkerung nach örtlichen, historischen, wirtschaftlichen, kulturellen und ähnlichen Gesichtspunkten eine zusammengehörige Einheit sein soll. Das Verfassungsgericht will auf diese Weise eine Bindung und ein Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Wählern und dem Abgeordneten erreichen. Es kommt auf gewachsene Strukturen an. Das können die heutigen Münchener Stadtbezirke sein. Das können aber auch frühere Stadtviertel sein, die heute in einem größeren Stadtbezirk aufgegangen sind, wie etwa Forstenried oder Thalkirchen.
Wie Kollege Dr. Bernhard treffend ausgeführt hat, dürfen zwar Stadtbezirksgrenzen – anders als Gemeindegrenzen – grundsätzlich durchschnitten werden, wenn es sachlich nötig ist. Aber, und dies ist der springende Punkt, das Willkürverbot greift hier sehr schnell: Wenn man das Naheliegende, nämlich die gewachsene Struktur zugrunde zu legen, nicht tut, und wenn man für das Fernerliegende, das man tut, keine durchschlagenden Gründe hat. Solche Gründe sind hier kaum erkennbar. Bei zwei von drei Stadtbezirken meines Stimmkreises, nämlich Laim und Neuhausen-Nymphenburg, wird auf gewachsene Strukturen keine Rücksicht genommen. Deshalb haben die Bezirksausschüsse dieser zwei Stadtbezirke die nun von uns beschlossene Regelung einstimmig abgelehnt.
Gegen diese Pläne bestehen deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil München auch ohne jede Zerschlagung von Stadtbezirken, noch dazu mit einem höheren Erfolgswert der einzelnen Wählerstimme, wie oben dargelegt, zu einer vernünftigen Regelung kommen könnte. Dies wird durch drei in der politischen Diskussion vorgelegte Modelle bewiesen: durch den Entwurf des Münchener Kreisverwaltungsreferats, durch ein Modell der SPD, das öffentlich diskutiert wurde, und durch einen Alternativentwurf des Innenministerium selbst. Alle drei Modelle kommen ohne die Zerschlagung eines Stadtbezirks aus. Aus diesen von mir vorgetragenen verfassungsrechtlichen Gründen habe ich es nicht über das Herz gebracht, hier meiner Fraktion zu folgen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Freiherr von Redwitz möchte eine weitere Erklärung abgeben.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die CSU-Fraktion ist für die Erhaltung des Theaters Würzburg.
Die Schließung dieses Theaters wäre eine Schande nicht nur für die Stadt Würzburg, sondern auch für den Kulturstaat Bayern.
Ich muss allerdings eine kritische Anmerkung zur Stadt Würzburg und zu ihrer Politik machen. Es kann durchaus sein, dass sich die Stadt im Gegensatz zu vergleichbaren Kommunen, die auch über ein Theater verfügen, in einer besonders schwierigen Situation befindet. Doch dass die Stadt Würzburg zuallererst ausgerechnet zwei Kultureinrichtungen schließen will, um sich zu sanieren, ist schwer verständlich. Ich denke in dem Zusammenhang nicht nur an das genannte Theater, sondern auch an das Hermann-Zilcher-Konservatorium. So hat der Würzburger Stadtrat ultimativ erklärt, diese Einrichtung werde geschlossen werden, sollte der Freistaat Bayern sie nicht übernehmen. Diese kulturfeindliche Haltung –
so möchte ich es nennen – der Führung der Stadt Würzburg wird dem Kulturstaat Bayern nicht gerecht.
Zum bisherigen Zuschuss. Es ist schon erstaunlich, dass jetzt wie ein Blitz aus heiterem Himmel die Drohung kommt, das Theater zu schließen. Denn – Herr Minister Zehetmair hat schon darauf hingewiesen – die Stadt Würzburg hat die Höhe des Zuschusses, den sie erhalten hat, nicht kritisiert. Sie hat im Gespräch mit dem Ministerium nie erklärt, sie brauche einen wesentlich höheren Zuschuss; ansonsten müssten Einrichtungen geschlossen werden. Im Übrigen erhält sie einen Zuschuss in überdurchschnittlicher Höhe. So werden in Bayern durchschnittlich 30% der entsprechenden Defizite durch Zuschüsse abgedeckt. Bei der Stadt Würzburg sind es 34%.
Was kann nun getan werden? Das Kabinett hat zuallererst eine zusätzliche Bedarfszuweisung beschlossen. Das ist auch der richtige Weg. Herr Kollege Hartmann, Sie schreiben ja selbst in Ihrem Antrag, das bestehende Defizit sei nicht auf den Theaterbetrieb und ein ungünstiges finanzielles Gebaren der Theaterführung zurückzuführen, sondern darauf, dass Würzburg eine Schulstadt sei und deswegen besondere Probleme habe. Dagegen muss im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs etwas unternommen werden. Das ist geschehen. Ich habe gelesen: Die höchste Bedarfszuweisung, die eine bayerische Kommune je erhalten hat, nämlich die Zuweisung von sechs Millionen DM, ist im laufenden Jahr erfolgt. Der Freistaat Bayern hat also schon gesehen, was zu tun ist, und hat, wie ich meine, der besonderen Situation Würzburgs Rechnung getragen.
Darüber hinaus ist sehr zu begrüßen, wenn die Staatsregierung einen Kabinettsausschuss „Kommunaler Finanzausgleich“ auch mit der Problematik der nicht staatlichen Theater befasst. Der Kulturausschuss des Landtags beklagt seit Jahren folgendes Phänomen, das dort hoffentlich aufgegriffen werden wird: Es gibt tariflich vereinbarte Gehaltssteigerungen bei den staatlichen wie bei den nicht staatlichen Theatern. Die Tariferhöhungen bei den staatlichen Theatern werden bei der Haushaltsaufstellung selbstverständlich berücksichtigt, weil man ihnen auch nicht ausweichen kann. Doch wenn es um die nicht staatlichen Theater geht, deren Bezuschussung eine freiwillige Leistung darstellt – es liegt im Ermessen des Gesetzgebers, mehr zu geben oder weniger –, wird besagte Tarifsteigerung bei der Aufstellung des Haushalts nicht immer voll berücksichtigt. Wenn dies künftig getan werden könnte – das wäre eine Strukturverbesserung –, würden sich alle nicht staatlichen Theater leichter tun, nicht nur das Würzburger Haus. Für diese Veränderung sprechen wir uns mit Nachdruck aus. In diesem Sinne werden wir bei den Kollegen vom Haushaltsausschuss vorstellig werden.
Im übrigen ist der Doppelhaushalt für die nächsten zwei Jahre beachtlich. Dort sind zusätzliche 3 Millionen DM für die nicht staatlichen Theater ausgewiesen.
Eine allerletzte Bemerkung. Ich halte es für richtig, bei der Finanzierung von Stadttheatern den Gesichtspunkt der kommunalen Solidarität zu berücksichtigen. Es wird nicht jedem Landrat eines Umlandkreises gefallen und auch nicht vielen Nachbargemeinden; doch gibt es in Schwaben und Niederbayern immerhin Beispiele: Zweckverbandstheater. Dort greift die kommunale Solidarität. Ich finde das gut. Derlei sollte durchaus für ganz Bayern erwogen werden. Insbesondere Würzburg könnte hiervon profitieren. Ich halte es – das möchte ich abschließend noch hinzufügen – nicht für richtig, wenn der Landrat von Würzburg erklärt: „Wir zahlen keinen Pfennig. Die Stadt soll sehen, wo sie bleibt.“ – Er sollte bedenken: Nur ein Drittel der Menschen, die das Würzburger Theater besuchen, kommt direkt aus der Stadt Würzburg. Hier ist mehr Solidarität notwendig. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie alle darum, dort, wo Sie etwas zu sagen haben, entsprechend bewusstseinsbildend tätig zu werden.
Den Antrag der SPD-Fraktion kann man nicht billigen, auch weil er den falschen Ansatzpunkt hat. Doch sind wir uns hier im Hohen Hause darin einig, dass etwas getan werden muss und auch etwas getan werden wird.