Protokoll der Sitzung vom 13.02.2003

Vorsitzender Dr. Paul Wilhelm (CSU) hält fest, die Staatsregierung solle prüfen, unter welchen Bedingungen das Schwert 2004 in Würzburg ausgestellt werden könne.

„Unter welchen Bedingungen“, heißt es. Ich habe heute im Rahmen der mündlichen Anfragen nachgefragt, wie der Stand der Dinge ist. Ich muss etwas länger zitieren. Meine Frage lautete:

Fand die im Hochschulausschuss beschlossene Prüfung, unter welchen Bedingungen das Fränki

sche Herzogschwert anlässlich der 1300-Jahrfeier in Würzburg im Jahr 2004 ausgestellt werden kann, bereits statt, wenn nein, warum nicht, wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Dazu die Antwort der Staatsregierung:

Der Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur hat am 23. 10. 2002 eine Eingabe des Fränkischen Bundes hinsichtlich einer Ausleihe des Fränkischen Herzogschwertes – richtiger: Marschallschwert – zur 1300-Jahrfeier in Würzburg im Jahr 2004 der Staatsregierung zur Würdigung überwiesen. Im Übrigen wurde die Eingabe – Rückgabe des Bamberger Domschatzes nach Bamberg – aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt erklärt.

Die erbetene nochmalige Überprüfung hinsichtlich des Fränkischen Herzogschwertes hat inzwischen stattgefunden und wird dem Bayerischen Landtag in Kürze schriftlich übermittelt. Danach haben sich sowohl das Staatsministerium der Finanzen als auch der Vorstand der Wittelsbacher Landesstiftung (Haus Wittelsbach, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesamm- lungen und Leiter des Referats Museen und Sammlun- gen im Wissenschaftsministerium) der eindeutigen fachlichen Stellungnahme der Bayerischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen vom 06. 09. 2002 angeschlossen, wonach eine Ausleihe des Schwertes – und zwar sowohl Schwert als auch Scheide – aus konservatorischen Gründen nicht möglich ist. Das Objekt steht im Eigentum der Wittelsbacher Landesstiftung und befindet sich in der Obhut der Schlösserverwaltung in der Münchner Residenz. Nach der Verwaltungsordnung der Wittelsbacher Landesstiftung obliegt die museale Verwaltung der Sammlungsbestände den Vorständen der Staatssammlungen, mit denen die Bestände des Stiftungsvermögens vereint sind, hier also der Schlösserverwaltung. Die Verwaltung muss nach den gleichen Grundsätzen und mit der gleichen Sorgfalt erfolgen wie die des staatlichen Sammlungsbesitzes.

Also: Vorläufig ist es erst einmal nichts mit dem Fränkischen Herzogschwert in Würzburg. Dabei, Herr Vorsitzender, denke ich, hat sich die Staatsregierung nicht viel Mühe gegeben.

Die haben das alte Gutachten hergenommen, das schon vor unserer Ausschusssitzung vorlag, haben draufgeschaut und gesagt: Das geht nicht. Der Wille des Ausschusses war eindeutig zu prüfen, unter welchen Bedingungen das Schwert ausgestellt werden könnte. Offensichtlich ist nicht geprüft worden, ob es dafür Bedingungen gibt. Das sollten wir so nicht auf sich beruhen lassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Als ich den Antrag der CSU-Fraktion gelesen habe, war ich noch euphorisch.

(Prof. Dr. Stockinger (CSU): Wir sind es immer noch!)

Ich habe gedacht, es bewegt sich doch etwas, aber nach der Mündlichen Anfrage bin ich misstrauisch geworden. Wir müssen da noch sehr viel Arbeit reinstecken, damit wirklich das passiert, was offensichtlich der Wille des Hohen Hauses ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Staatsminister, wir haben noch drei Redner auf der Liste. – Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Odenbach.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Namens meiner Fraktion beantrage ich für unseren Antrag namentliche Abstimmung.

(Beifall bei der SPD)

Am 25. Februar dieses Jahres jährt sich der Reichsdeputationsabschluss zum 200. Mal. Politisch ist das kein Thema mehr; wir Franken sind ein integrierter Bestandteil Bayerns.

(Beifall bei der SPD)

Kulturell sind aber noch viele Wunden offen. Darum geht es heute.

Das Ministerium für Kunst umschreibt die Verschleppung von Kunstwerken in der Zeit der Säkularisation nach München vornehm als Verbringung. Die Liste der damals aus fränkischen Archiven, Klöstern, Residenzen, Rathäusern und Kirchen verschleppten Kunst- und Kulturgüter ist von enormer Länge. Allein aus dem Bamberger Domschatz waren es 15 Kisten und 12 Zentner Gold und Silber. Würzburg, Bamberg, Bayreuth, Weißenburg, Ebrach, Langheim, Eichstätt, Aschaffenburg, Hof, Nürnberg, Miltenberg – man könnte die Reihe fortsetzen.

Die Liste ist lang. Allein mit den Werken Dürers oder Grünewalds könnte man zwei eigene großartige fränkische Museen einrichten. Die Zahl der Gemälde wird auf 1500 beziffert. Alle Urkunden aus der Zeit von vor 1400 wurden nach München geschafft. Die Aufforderung an die Staatsregierung, ein Konzept vorzulegen, wertvolle Kulturgüter, ausgewählte Stücke von entscheidender Bedeutung für Franken, dorthin zurückzuführen, ist äußerst bescheiden.

Das Perikopenbuch von Kaiser Heinrich II., das er der Domkirche von Bamberg auf ewige Zeiten vermacht hat – das jetzt in München ist –, die Bamberger Heinrichsund Kunigundenkrone, das Würzburger Herzogschwert, Dürers Vier Apostel, – das sind nur einige bedeutende Kunstwerke. Sie könnten wenigstens ein bisschen dazu beitragen, die Unterschiede in Bayern auszugleichen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Herrmann, es ist sehr gnädig, dass Sie inzwischen für die Rückkehr der fränkischen Kunstwerke sind, dass Sie Ihr Herz entdeckt haben, nachdem ich noch vor kurzem im Ausschuss für Hochschule, For

schung und Kultur als Dünnbrettbohrer beschimpft und aufgefordert wurde, mich für diese Forderung zu schämen. Es ist schon erstaunlich, welchen Sinneswandel Sie vollziehen.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Biedefeld (SPD))

Herr Kollege Herrmann, es ist aber erfreulich, dass sich etwas tut. Sie erlauben so großherzig, dass die Kunigundenkrone wieder nach Bamberg am Main zurückkehrt: Bamberg und Erlangen liegen beide im Regnitztal. Dort möchten wir eigentlich auch bleiben. Laut Pressemeldungen haben Sie von „Bamberg am Main“ gesprochen. Das ist offenbar eine Spätfolge früher Pisa-Schädigung, die bei Ihnen vorliegt, zumindest was das Geografische betrifft.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU)

Das haben alle Zeitungen so berichtet; dann ist das auch so gesagt worden.

Der vorliegende Antrag der CSU ist wahrlich ein Großraumantrag, der vieles verspricht, nichts halten will, ein riesiger Fesselballon, den Sie steigen lassen und der wie alle Fesselballone mit heißer Luft gefüllt ist.

München hat alles in kultureller Überfülle; das Meiste verstaubt ungesehen. Zwei Drittel aller Kunstschätze im Land Bayern sind in Kisten verpackt und befinden sich in Kellern. Wir Franken wollen nichts anderes, als das, was uns kulturell gehört. Es geht nicht um Eigentumsveränderungen – es wurden rechtliche Probleme angesprochen –, es geht um Ortsveränderungen. Die Landesausstellungen sind der Beweis dafür, dass das möglich ist. Wir wollen, dass diese identitätsstiftenden Kunstwerke auf Dauer nach Franken kommen. Ich bewundere in diesem Zusammenhang diejenigen, die 1803 – vor 200 Jahren – so intelligent waren, diese Originale nach München zu bringen, in der weisen Voraussicht, dass man im Jahr 2003 nur in München konservatorisch und auch sonst richtig mit ihnen umgehen könnte.

In München gibt es genug, wir brauchen mehr in der angestammten fränkischen Umgebung. Der nicht mehr überschaubare kulturelle Dukatenberg des bayerischen „Dagobert Duck“ ist so groß, dass man in München nicht mehr mit dem Zählen der Kulturstücke nachkommt.

Da jemand mit der Formulierung dahergekommen ist, was sich in der Münchner Schatzkammer befinde, sei kulturell zusammengewachsen, das sei das Zeugnis der Sammlungstätigkeit des Hauses Wittelsbach, möchte ich nur ein Zitat bringen:

Durch die übereilten Säkularisationen, die Kurbayern entsprechend der Befugnisse des Reichsdeputationsabschlusses sowohl in den Stammlanden

Schwaben zum Beispiel –

wie in den neuen Provinzen vornahm, wurde unter der Bevölkerung sehr viel böses Blut und äußerste, noch lange andauernde Empörung gegen München hervorgerufen.

So steht es in Spindlers „Handbuch der Bayerischen Geschichte“ – so viel zur Sammlungstätigkeit des Hauses Wittelsbach. Wir wollen nichts anderes als das, was uns kulturell gehört. Was ich hier fordere, ist ausschließlich kultureller Natur. Ich sage das ausdrücklich.

Zum Abschluss noch eines: Ich möchte Ministerpräsident Stoiber nicht hören, wenn man in gleichem Umfang bayerisches Kulturgut nach Berlin verschleppt hätte.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Herrmann. –

(Abgeordneter Herrmann (CSU) verneint die Wortmeldung)

Dann hat als Nächster Kollege Dr. Scholz das Wort. Herr Kollege, Sie haben exakt drei Minuten.

– Dann muss ich schnell anfangen und kann leider nicht weiter ausholen. Eines muss ich schon sagen:

(Unruhe)

Jetzt hören Sie zu.

Ich finde, es steht dem Parlament gut an, dass ein bisschen landsmannschaftliche Farbe hier reinkommt –

(Beifall bei der SPD)

das gilt für alle – und dass ein bisschen klarer wird, dass das ein Parlament mit vielen landsmannschaftlichen Färbungen ist. Darum trage ich auch mit Stolz meinen fränkischen Rechen, der auch im Wappen dort oben deutlich sichtbar ist und mit dem Rot und Weiß besonders schön im bayerischen Wappen hervorstrahlt.

Es ist gut, wenn diese verschiedenen regionalen und landsmannschaftlichen und geschichtlichen Entwicklungen hier diskutiert werden, weil das zeigt, wie groß der Reichtum in Bayern ist. München ist nicht alles. Sowohl geschichtlich als auch kulturell sind wir ein sehr reiches Land; das wollen wir mit unserem Antrag auch zum Ausdruck bringen.

Wir sind stolz darauf, dass sich die CSU zumindest bewegt hat und einsieht, dass es notwendig ist, die Pflöcke woanders einzuschlagen und nicht alles abzuwimmeln, wie Sie es in der Vergangenheit getan hat.