Protokoll der Sitzung vom 13.02.2003

Zur Steuerpolitik: Es gibt einerseits wahrlich gute Gründe, um über unser Steuersystem zu lamentieren. Es gibt zu viele Steuerarten, zu viele Schlupflöcher, es gibt viel zu wenig Transparenz. Auf der anderen Seite sollte man auch die Fakten zur Kenntnis nehmen. Die Steuerquote in Deutschland ist mit die niedrigste aller Dienstleistungs- und Industriegesellschaften. Fakt ist auch, dass die deutschen Unternehmen – ganz egal, ob es Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften sind – schon weitaus höhere Steuern zahlen mussten, als sie es heute tun.

Zum Subventionsabbau: Es ist kein Geheimnis, dass wir gerade dieses hier in Bayern immer wieder anmahnen. Es gibt zahlreiche Subventionen, die in unseren Augen nicht notwendig sind; ich mache jetzt nicht für Sie die Hausaufgaben und bringe jetzt selbst den Katalog, obwohl ich einen ganzen Packen Beispiele dabei habe. Ich erinnere nur an die 128 Mark, die früher für jeden Fluggast auf der Strecke von Hof nach Frankfurt/Main aufgrund des Verkehrsdurchführungsvertrags gezahlt wurden. Mittlerweile ist der Betrag noch aufgestockt worden mit der schönen Begründung im Haushaltsplan, dass der Deckungsbeitrag höher geworden sei. Das passt noch nicht einmal von der Logik zusammen. Auf jeden Fall sind noch mehr Subventionen dafür eingestellt worden. Ich erinnere an die milliardenschwere Subventionierung der Flughafengesellschaft München über Gesellschafterdarlehen, welche weder getilgt noch verzinst werden. So gibt es zahlreiche andere Beispiele.

Wir freuen uns über den Antrag der CSU-Fraktion; ich habe ihn mir angeschaut. Es gibt in meinen Augen tatsächlich keinen Grund, ihn abzulehnen. Wir werden ihm zustimmen, auch wenn darin auf den Bund verwiesen wird. Selbstverständlich gibt es auch beim Bund Handlungsbedarf. Dass wir uns darüber freuen, hat einen Hintergrund. Gerade ist von der Bürokratie die Rede – Kollege Rotter weiß schon zum Teil, was jetzt kommt –, wir haben reihenweise Paradebeispiele für unsinnige Bürokratie in Bayern. Kollegin Münzel sitzt hier, dann muss ich dieses Beispiel bringen. Das bayerische Weinabsatzförderungsgesetz bedeutet eine zweite Zwangsabgabe für die bayerischen Winzer und sorgt für ein Mehr an Bürokratie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Wirtschaftsausschuss werden immer wieder Anträge der CSU beraten, die eigentlich nach noch mehr Bürokratie schreien, zum Beispiel „Anforderungen an Versicherungskaufleute“. In der letzten Sitzung haben wir diesen schönen Antrag – ich hole ihn schnell hervor –, „Tourismus in Bayern fortentwickeln – Qualitätssicherung durch Sachkundenachweis“ beraten. In den folgenden Bereichen soll ein Sachkundenachweis gefordert werden: Hygiene, Infektionsschutz, Jugendschutz, Betriebswirtschaft, Marketing. Dieser Nachweis ist jeweils nicht

durch irgendeine Teilnahmebestätigung zu bekommen, sondern da müssen Prüfungen abgelegt werden.

Das passt nicht zusammen: auf der einen Seite plakativ nach Bürokratieabbau zu schreien und gleichzeitig reihenweise Anträge zu stellen, die für mehr Bürokratie sorgen.

Ein letztes kleines Beispiel: Ich erinnere mich, dass letztes Jahr im Plenum an dieser Stelle ein Kollege der CSU ganz heftig über die Bauabzugssteuer lamentiert hat. Der Bund hätte wieder für unnütze Bürokratie gesorgt. Ich habe mich sehr darüber gewundert und habe gefragt, ob der Kollege die Grundlagen und die Geschichte der Bauabzugssteuer kennt. Die Bauabzugssteuer ist letztlich auf Initiative des Freistaates Bayern über den Bundesrat eingeführt worden. Es ist immer das gleiche Spiel: Man führt erst etwas ein, um es hinterher madig zu machen.

Fazit: Wir meinen, dass wir sowohl versuchen sollten, unnötige bürokratische Hemmnisse einzugrenzen, als auch an die Diskussion herangehen sollten, Finanzierungshilfen abzubauen. Dies sollte man auf allen Ebenen tun – Bund, Länder und Gemeinden. Der Antrag richtet sich vor allem an die Bayerische Staatsregierung. Reformen sind in Deutschland dringend notwendig. Es darf aber nicht so sein, was wir immer wieder erleben, dass man immer nur zur anderen Seite zeigt und versucht, seine eigene Klientel vor Einbußen und Einschnitten zu schützen. Letztlich muss hier alles offen gestellt werden.

Deswegen werden wir selbstverständlich unserem Antrag zustimmen, aber heute auch dem der CSU-Fraktion.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Sackmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Verwaltungsreform und Entbürokratisierung – das darf ich für die CSU-Fraktion feststellen – ist eine zentrale politische Daueraufgabe, die wir als solche auch gestalten. In diesem Zusammenhang verweise ich auf zahlreiche Initiativen der CSU-Fraktion und auf den jüngsten Beschluss des Landtags auf der Drucksache 14/10894 zur Entbürokratisierung, in dem wir unsere Leitlinien dargestellt haben. Ich verweise vor allem darauf, dass Kollege Franz Meyer als Leiter der Arbeitsgruppe „Verwaltungsreform“ und auch sein Vorgänger im Amt, Engelbert Kupka, und viele Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion in den letzten Jahren vieles angestoßen und Neues auf den Weg gebracht haben.

Zu dem Thema, das wir im Dringlichkeitsantrag aufgenommen haben, gehört auch, dass wir die Staatsquote senken wollen. Wir haben den Haushalt so aufgestellt, dass er unter dem geplanten Wirtschaftswachstum steht. Damit senken wir die Staatsquote. Wir haben auch den Abbau von Subventionen nicht nur im Antrag aufgegriffen sondern auch schon umgesetzt.

Ich verweise vor allem auf die zurückliegenden Haushaltsberatungen, wo wir schon Verschiedenes konzentriert, Schwerpunkte gesetzt und Programme zusammengefasst haben und vieles andere mehr. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg und auch gut vorwärts gekommen.

Ich bitte deswegen das Hohe Haus um Zustimmung zu unserem Antrag. Gleichzeitig möchte ich Herrn Kollegen Dr. Runge sagen, dass wir die Idee Ihres Antrags zwar für richtig halten, den Weg aber zum Teil nicht akzeptieren können.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Schieder?

Nein, ich möchte meine Ausführungen fortsetzen. Er kann sich nachher zu Wort melden.

(Werner Schieder (SPD): Feigling!)

Wir lehnen den Antrag der GRÜNEN aus dem ganz einfachen Grund ab, weil die Forderung, einen Subventionskatalog aufzustellen, wieder neue Bürokratie bedeutet.

(Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Forderung ist berechtigt!)

Diese Forderung schafft neue Bürokratie und weitere zentrale Wahrnehmung von Aufgaben. Die CSU-Fraktion ist der Meinung, dass wir streichen und konzentrieren sollten. Wir glauben auch, dass es richtig wäre, nicht nur den Freistaat Bayern aufzufordern, sondern mit unserem Antrag, den wir als zielgerichtet erachten, auch auf die Bundesebene einzuwirken.

Wir wollen grundsätzlich, dass überflüssige Normen und bürokratische Hemmnisse abgebaut werden. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf einige Dinge eingehen. Es gibt viele Statistiken, die in dieser Form nicht gebraucht werden. Dabei appelliere ich an uns selbst. Vor kurzem habe ich eine Anfrage eines Abgeordneten – ich sage nicht welcher „Fakultät“ – in die Hand bekommen, in der ganz dezidiert nachgefragt wurde, wie viele Schüler in welchen Klassen, Regionen oder Landkreisen es gibt. Ich hätte dazu gerne die Anfrage gestellt, wie viele Mann- oder Frau-Stunden in der Verwaltung notwendig waren, um diese Frage überhaupt zu beantworten. Auch wir sollten uns bei manchen Dingen zurücknehmen und uns Gedanken machen, ob diese oder jene Anfrage oder dieser oder jener Antrag nötig ist. Es nützt nichts, die einzelnen Parteien zu benennen. Wir müssen uns alle an die eigene Nase fassen.

Eine Problematik, die der Gemeindetag aufgegriffen hat, muss schnell gelöst werden, nämlich dass die Kommunen umfangreiche Fragen beantworten müssen, um gegenüber dem Finanzamt klarzumachen, dass zum Beispiel ihre Kindergärten kommunale Kindergärten sind. Es müssen berechtigte Forderungen zum Bürokratieabbau weitergegeben werden. An diese Dinge müssen wir herangehen und sie verändern.

Richtungweisend war die Änderung der Bauordnung. Hier haben wir in den Kommunen viel erreicht. Ministerpräsident Dr. Stoiber hat in seiner letzten Regierungserklärung angekündigt, dass er betreffend die Bauordnung weitere Schritte unternehmen möchte. Das ist echte Umsetzung von Entbürokratisierung zugunsten der Bürger und zur Verbilligung vieler Baumaßnahmen.

Mit unserem Dringlichkeitsantrag vom Winter letzten Jahres haben wir vor allem gefordert, dass Generalklauseln Vorrang vor Detailregelungen haben sollen. Das ist ein entscheidender Ansatz. Wir wollen insgesamt, dass Normen nur dann erlassen werden, wenn sie zwingend notwendig sind. Inzwischen sagt die Staatsregierung klar, dass vor Einführung einer Norm bewiesen werden muss, dass sie dringend notwendig ist. Das ist ein richtiger Weg. Wir werden diese zentrale Aufgabe weiter wahrnehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen eine rasche und tiefgreifende Entbürokratisierung, um ökonomische Potenziale zu nutzen und Fesseln lösen zu können. Wir haben das Leitbild der neuen Sozial- und Bürgerkultur. Wir wollen der Eigenverantwortung den Vorrang einräumen. Wir wollen die Eigenverantwortung für die persönliche Lebensgestaltung. Das heißt, dass den Bürgern insgesamt eine größere Verantwortung für sich, die Mitmenschen und das Gemeinwesen auferlegt wird. In diese Richtung geht unser Dringlichkeitsantrag. Ich bitte Sie um Unterstützung dieses Antrags.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Schieder.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nachdem Kollege Sackmann bedauerlicherweise mir nicht genehmigt hat, eine Zwischenfrage zu stellen, möchte ich anlässlich meiner Wortmeldung die Gelegenheit nutzen, um ein Problem, das mich durchaus bewegt, aufklären zu helfen.

Das Sprichwort sagt, man solle keine Katze im Sack kaufen. In dem „schönen“ CSU-Antrag ist davon die Rede, dass die „Subventionen konsequent abgebaut“ werden sollen. Ich möchte von Ihnen, Herr Kollege Sackmann – oder von wem aus der CSU-Fraktion auch immer – gerne wissen, was Sie damit meinen. Es sagt sich leicht, dass man Subventionen abgebaut haben wolle. Als jemandem, der beispielsweise jahrelang den Agrarhaushalt im Haushaltsausschuss betreut hat und jetzt auch einige Jahre lang den Etat des Wirtschaftsministeriums, sind mir durchaus große Summen bekannt, die in den beiden Etats als Subventionen stecken. Das wird auch jährlich im Bericht der Staatsregierung dargestellt.

Bevor ich einem solchen Antrag zustimme, möchte ich wissen, was Sie meinen. Nur so kann man es den Leuten erklären; denn auch die Bürgerinnen und Bürger sagen gerne, dass Subventionen abgebaut werden müssten. Wenn man aber darauf hinweist, dass sie auch betroffen seien, dann sehen die Dinge anders aus. Um

es konkret zu machen, Herr Kollege Sackmann: Sagen Sie uns doch bitte, ob Sie meinen, dass die nicht geringen Summen für die regionale Wirtschaftsförderung für Unternehmen in Bayern davon betroffen sind.

(Zuruf des Abgeordneten Sackmann (CSU))

Nun gut, ich will es nur wissen. Ich will Ihnen weder etwas einreden noch Ihnen einen Ratschlag erteilen. Ich möchte es nur gerne wissen.

(Zuruf des Abgeordneten Sackmann (CSU))

Mindestens so sehr würde mich interessieren, ob Sie mit dem Abbau von Subventionen auch die Subventionen für die Landwirtschaft meinen.

(Sackmann (CSU): Das ist keine große Subvention!)

Das ist einer der größten Bereiche. Mit meiner Fragestellung möchte ich darauf, ob die Subventionen berechtigt sind, gar nicht eingehen. Das wäre eine eigene Debatte.

(Sackmann (CSU): Ihre Meinung wäre aber interessant!)

Ich erkläre sie Ihnen gerne, wenn Sie sie wissen wollen.

Jetzt möchte ich aber erst, dass der Antragsteller, der locker sagt, er wolle den konsequenten Abbau der Subventionen betreiben, Ross und Reiter nennt.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Dazu müsste ein Gedanke dafür verschwendet worden sein, was gemeint ist!)

Die Frage muss legitim sein. Ansonsten können Sie nicht verlangen, dass wir dem Antrag zustimmen. Eine Antwort ist Ihnen anheim gestellt. Sie können sich auch feige aus der Affäre ziehen und nichts sagen. Das ist Ihnen unbenommen.

Ich möchte von Ihnen wissen – ansonsten gibt es meinerseits keine Zustimmung zu dem Antrag –, ob Sie einen Bereich, der in Rede steht – zum Beispiel den Agrarbereich – damit meinen. Ich muss Ihnen die Zahlen im bayerischen Haushalt nicht schildern. Sagen Sie bitte, ob Sie auch diese Subventionen meinen oder ob Sie diese ausdrücklich ausschließen wollen.

Also soviel Ehrlichkeit und Klarheit muss ich schon noch, denke ich, von einem Haushaltspolitiker verlangen dürfen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Sackmann (CSU))

Herr Kollege Dr. Runge hat sich noch einmal gemeldet.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte doch noch

einmal bei Herrn Kollegen Sackmann dafür werben, unserem Antrag zuzustimmen. Herr Kollege Sackmann und Kolleginnen und Kollegen von der CSU: Wir haben bewusst Formulierungen, die man oft vorfindet, wie „die Bemühungen der Bundesregierung sollen unterstützt werden“ vermieden. Solche Dinge werden Sie in unserem Antrag nicht finden. Wir haben uns ausschließlich auf die Finanzierungshilfen des Freistaates Bayern konzentriert. Sie müssen jetzt mitnichten einen großartigen neuen Katalog erarbeiten. Es gibt den Subventionsbericht vom Finanzminister, wenn auch die meisten Kolleginnen und Kollegen das erstaunlicherweise nicht wissen. Erstaunlicherweise war er auch nicht in der Bibliothek, aber dem wird jetzt abgeholfen. Es geht uns nur darum – Herr Schieder hat es schon erwähnt –, dass wir konkrete Vorschläge wollen, wo der Subventionsabbau in Bayern stattfinden soll.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Gartzke (SPD): Und welche Auswirkungen das hat!)