Protokoll der Sitzung vom 12.03.2003

Das Wort hat Herr Finanzminister Prof. Dr. Faltlhauser.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Schmitt-Bussinger hat gesagt, sie warte seit langer Zeit auf Vorschläge zur Änderung des kommunalen Finanzausgleichs in Bayern, da sei nichts geschehen. Ich darf Sie ganz nüchtern aufklären: Wir haben das, was ich Ihnen jetzt sagen werde, schon wiederholt im Landtag, im Haushaltsausschuss, dargelegt; ich verweise Sie insofern auf die entsprechenden Ausführungen, aber wiederhole sie im Wesentlichen. Es gab eine Kabinettskommission unter meiner Leitung, die bereits vor mehr als einem Jahr Teil I ihrer Arbeit abgeschlossen hat. Sie hat aus pragmatischen Gründen das gesamte Paket in zwei Teile geteilt, nämlich in ein sehr schnell realisierbares Paket für Punkte, die dringlich waren, und in ein Paket großer Reformansätze, die insbesondere auf die Vereinfachung des doch etwas komplizierten kommunalen Finanzausgleichssystems abzielten.

Als Sofortmaßnahmen haben wir folgende Punkte umgesetzt, die insbesondere die Kommunen bewegt haben:

Erstens. Wir haben den Sozialhilfeansatz bei den Schlüsselzuweisungen korrigiert. Wir haben korrigierend die „Hilfe zur Arbeit“ eingebaut. Dies ist bereits durchgeführt und Realität.

Zweitens. Wir haben die Förderung der Kultur auf dem Lande – etwa Investitionen in Theater – wieder in den kommunalen Finanzausgleich aufgenommen. Das geschah auf vielseitigen Wunsch auch aus diesem Haus.

Drittens. Wir haben die Förderwartezeiten in der Hochschulbauförderung reduziert und viertens festgelegt, dass die Lasten aus dem Asylbewerberleistungsgesetz vom Freistaat Bayern voll übernommen werden. Dies ist im laufenden Jahr 2003 bereits in vollem Umfang in einer Größenordnung von 73 Millionen e Realität geworden; die Kommunen werden entsprechend entlastet.

Fünftens. Wir haben die Erhöhung der Gastschulbeiträge beschlossen. Für ein solches Ausgleichsystem ist eine Gesetzesänderung notwendig. Dieser Punkt ist der einzige, der noch nicht realisiert ist.

Ich betone: Wir haben eine Reihe von pragmatischen Einzelpunkten vorgezogen, die bis auf einen bereits Realität sind. Der große Teil ist nicht nur Programm einer Kommission, sondern bereits Realität. Ich glaube, vor diesem Hintergrund können Sie nicht davon ausgehen, dass die Bayerische Staatsregierung im Hinblick auf die Reform und die Verbesserung der Kommunalfinanzen und des Finanzausgleichsgesetzes nichts getan hat.

(Frau Schmitt-Bussinger (SPD): Augenwischerei pur!)

Ich bitte Sie dringend, sich vorher zu informieren, bevor Sie solche Dinge im Plenum erzählen.

(Frau Schmitt-Bussinger (SPD): Ich habe mich informiert!)

Dann hätten Sie doch bitte schön die Erkenntnisse Ihrer Information im Plenum darlegen können.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mehrlich?

Herr Dr. Faltlhauser, Sie sprachen davon, dass die Kommission, die im Frühjahr 2000 per Kabinettsbeschluss eingesetzt worden ist, bereits vor einem Jahr ihre Arbeit abgeschlossen habe. Wie verträgt sich das mit den Aussagen einer Ministerialrätin Ihres Hauses, die vor einigen Monaten im Innenausschuss des Bayerischen Landtages gesagt hat, dass die Arbeiten noch nicht abgeschlossen seien und dass beabsichtigt sei, im Frühjahr dieses Jahres die Ergebnisse im Bayerischen Landtag vorzulegen? Wann endlich werden diese Ergebnisse dem Bayerischen Landtag vorgelegt?

(Beifall bei der SPD)

Ich bitte darum, die Ausführungen einer Ministerialrätin unseres Hauses in einem Ausschuss nicht gezielt

und bewusst zu verdrehen. Ich habe Ihnen klar dargelegt, dass die von mir genannten Punkte beschlossen und sofort auf den Weg gebracht worden sind und im laufenden Jahr 2003 – bis auf den einen von mir genannten Punkt – bereits Realität sind. Ich kann mir nur vorstellen, dass Frau Nath gemeint hat, Teil II der Reform, die wir in Zukunft vorhaben, sollte vor dem Hohen Haus dargestellt werden. Das Entscheidende ist: Wir sind entsprechend – wie wir angekündigt haben – tätig geworden und haben nicht nur Programme gemacht, Arbeitsgruppen gebildet, die sich an den Händen fassen und ein bisschen schwätzen, sondern wir haben etwas gemacht.

Lassen Sie mich zu der Solidarumlage etwas sagen: Dieses Thema ist mir ein wichtiges, sehr ernstes Anliegen. Dazu werden in den Kommunen eine Vielzahl von Thesen vertreten, die ich als unhaltbar empfinde. Unhaltbar ist im Übrigen auch das, was Sie, Frau Schmitt-Bussinger, hier vorgetragen haben.

Wir haben im Jahre 2001 einen Diskussionsprozess beendet, der – wenn ich es richtig beurteilen kann – der komplizierteste und komlexeste Diskussionsprozess zwischen Bund und Ländern der letzten 20 Jahre war, nämlich das Problem des Länderfinanzausgleiches. Wir – die Ministerpräsidenten, ich war als Finanzminister mit dabei – sind nach ewig langen Diskussionen und Rechnungen in der Hamburger Vertretung in Berlin mit Ihrem Bundeskanzler Gerhard Schröder im Kanzleramt zu dem Ergebnis gekommen, dieses Finanzausgleichssystem so, wie wir es beschlossen haben, durchzuziehen, um Frieden im Ausgleichssystem der Bundesrepublik Deutschland herzustellen. Wir haben dabei gemeinsam – alle Ministerpräsidenten, auch die Ministerpräsidenten der sogenannten A-Länder, auch der Bundeskanzler und auch die Bundesregierung – beschlossen, gleichzeitig den Solidarpakt II bis zum Ende des Jahres 2019 laufen zu lassen, damit die neuen Bundesländer auf lange Sicht Investitionssicherheit und Planungssicherheit haben.

Gerade dieser Teil war, wie ich meine, Solidarität über Parteigrenzen hinweg. Alle waren sich einig, dass eine degressive Anlage dieser Solidarbeiträge in nicht unerheblicher Höhe ein wichtiges Reformwerk war.

Bei einer derartigen Solidaraktion müssen logischerweise alle Ebenen ihren Beitrag leisten – Bund, Länder und Kommunen. Es war übereinstimmende Auffassung, dass die Kommunen entsprechend ihres Anteils an den Steuereinnahmen einen Beitrag leisten, und so ist es. Wenn jetzt auf der Suche nach Geld der Vorschlag gemacht wird, dass die Kommune A, die Kommune B oder ganze Landstriche beim Solidarbeitrag entlastet werden, dann halte ich das für einen dramatischen Vorgang mangelnder Solidarität über die Grenzen hinaus, die unser Land geteilt haben.

(Beifall bei der CSU)

Ich bitte dringend darum – gleichgültig, wer es sagt –, einen derartigen Humbug zu beenden. Das bedeutet nämlich die Auflösung des Solidarpaktes II. Fragen Sie Ihre Kollegen in Berlin, was das bedeutet.

(Beifall bei der CSU – Lebhafter Widerspruch bei der SPD – Odenbach (SPD): Sagen Sie das Schnappauf!)

Schnappauf hat das ganz anders gemeint.

(Lachen bei der SPD – Odenbach (SPD): Schnappauf ist der... !)

Meine Damen und Herren von der SPD, Ihre Kollegin hat in der Aussprache einen Vorschlag gemacht und ausführlich begründet. Den habe ich hiermit in aller Deutlichkeit – und verbunden mit einer dringenden Bitte an die SPD-Fraktion – zurückgewiesen. So können wir mit lang angelegten, großen Reformkonzepten, die partei- und länderübergreifend und zwischen Bund, Ländern und Kommunen vereinbart worden sind, nicht verfahren. So kann man nicht vorgehen.

Lassen Sie mich etwas zu dem Antrag der CSU-Fraktion sagen, den ich außerordentlich begrüße.

(Unruhe)

Warum sind Sie denn so erregt? – Ich wäre dankbar gewesen, wenn Sie sich über die Aussage und die Vorschläge Ihrer Kollegin Schmitt-Bussinger so erregt hätten.

(Widerspruch des Abgeordneten Odenbach (SPD))

Die Finanzierung der Flutopferhilfe durch das Verschieben der Steuerreform um ein Jahr durch die rot-grüne Mehrheit im Bundestag haben wir zur Kenntnis nehmen müssen. Diese hat ein Volumen von 7,1 Milliarden e. Der Bund bezahlt genau 3,507 Milliarden e und die Länder und Kommunen 3,593 Milliarden e. Auf Bayern entfällt dabei ein Betrag von insgesamt 553 Millionen e, einschließlich des Kommunalanteils. Der Kommunalanteil ist in Höhe von 148 Millionen Euro anzusetzen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. – Jetzt geht es darum, wie man mit möglichen Resten verfährt. Die Diskussion über Reste ist nicht von uns angestoßen worden. Sie wurde von dieser Bundesregierung angestoßen. Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben den Vorschlag gemacht, mögliche Reste für ein Investitionsprogramm zu verwenden. Ich habe nachgefragt, wie hoch die Reste sind. Man hat mir gesagt, das sei noch nicht abgerechnet. Das ist richtig, aber jedermann in Berlin weiß, dass es ungefähr 1 Milliarde e sind. Diese 1 Milliarde kann möglicherweise am Freitag in der Früh Ihr Bundeskanzler im Rahmen seines Investitionsprogramms verteilen. Ich sage: verteilen nach Gutsherrenart im Rahmen eines Investitionsprogramms, auf das die Kommunen überhaupt keinen Einfluss mehr haben. Schauen Sie sich die Realität draußen im Land an. Die Kommunen können ihre Verwaltungshaushalte nicht mehr finanzieren.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfrum (SPD))

Wie sollen sie eine Komplementärfinanzierung für irgendwelche Investitionen vornehmen?

(Beifall bei der CSU)

Da wird Ihnen eine Investition aufgedrückt, die Sie nicht finanzieren können, gleich gar nicht die Komplementärfinanzierung; die müssen Ihren Haushalt finanzieren. Das ist die Realität. Wo sind Herr Clement, Herr Eichel und Herr Schröder? Das ist die Realität der Kommunen. Deshalb ist das der falsche Weg.

Wenn man schnell etwas tun will, dann sollte man diese Reste für die Kommunen zur Verfügung stellen, und zwar in der Weise, dass auch der Landesanteil und der Bundesanteil mit eingebracht werden. Dies wäre eine zusätzliche Hilfe und kein Tropfen auf den heißen Stein. Es ist zwar nicht ausreichend, aber es ist eine spürbare Hilfe.

Die ganze Finanzierung der Flutopferhilfe umzudrehen, so wie Sie meinten, dass der Anteil, den die Länder oder das Land Bayern geleistet haben, den Kommunen zu geben ist, ist erneut eine Vorgehensweise nach dem Motto: Berlin will etwas nicht, aber ihr im Land könnt das ja machen. Das ist genau wie mit der Gewerbesteuerumlage: Wenn ich die Gewerbesteuerumlage entgegen dem politischen Willen in Berlin – drei Mal abgestimmt – den Kommunen hier in Bayern zahle, dann handle ich rechtswidrig.

(Kaul (CSU): Das ist altbekannt!)

Im Übrigen ist es der Gipfel der Scheinheiligkeit, wenn man so etwas fordert. Oben will man es nicht, aber unten soll man es ohne Rechtsgrundlage machen. So kann man keine Politik betreiben.

(Hoderlein (SPD): Die Gewerbesteuerumlage ist Geld. Das Geld, das Sie einnehmen, können Sie verwenden, wie Sie wollen. Die 175 Millionen e, die Sie einnehmen, können Sie über Schlüsselzuweisungen direkt an Einzelne zurückgeben. Sie brauchen gar nicht zu benennen, woher Sie das haben!)

Herr Generalsekretär, hier saß gestern in der Mittelloge der Präsident des Rechnungshofs. Wissen Sie, was der Präsident des Rechnungshofs und seine Mitarbeiter sagen, wenn ich auf dem von Ihnen genannten Weg oder auf einem direkten, offenen Weg vorgehe? – Er wird massiv rügen, und ich wette, dass ich eine Strafanzeige wegen Untreue als Finanzminister bekomme. Das ist die Realität.

(Hoderlein (SPD): Das glaube ich nicht! Das ist lächerlich!)

Sie werden verstehen, dass ich mich einer derartigen Gefahr nicht aussetzen will.

Bemühen Sie sich, Herr Hoderlein – als Generalsekretär haben Sie den Zugang, –

(Frau Radermacher (SPD): Er ist nicht mehr Generalsekretär!)

gehen Sie bitte schön nach oben, sagen Sie Ihren Parteifreunden: Wir machen das gemeinsam, wir verteilen gemeinsam die Reste der Flutopferhilfe auf die Kommunen, wir in Bayern sind bereit, unseren Beitrag zu leisten, bitte schön, Bund, wirf deinen Anteil auch mit in den Topf und zahle gleichzeitig Solidarumlage in dem Ausmaß, in dem eine Erhöhung stattgefunden hat, wieder an die Kommunen zurück.

Dann haben wir sofort eine Stärkung der Kommunen. Das ist Ihre Möglichkeit. Sie und Ihre Mehrheit in Berlin haben die Verantwortung. Tun Sie etwas für die Kommunen; die Möglichkeiten sind vorhanden. Dieser Antrag ist in dieser Richtung hilfreich.