Protokoll der Sitzung vom 12.03.2003

Herr Minister.

Die ursprüngliche Beurteilung des Finanzbeamten zielte auf die Problematik ab, die ich Ihnen erläutert habe. Er kannte den entsprechenden Beschluss der Einkommensteuer-Referenten nicht und wurde dementsprechend vom Finanzministerium darauf hingewiesen.

Im Hinblick auf das, was ich in den Zeitungen gelesen habe, sage ich Ihnen vorsorglich zu, dass das auf dem ordentlichen Dienstweg über die OFD geschehen ist. Wie es üblich ist, wurde er telefonisch vorab informiert. Das heißt, er konnte dann auf der Basis dieser Kenntnis – dazu gibt es ja übergeordnete Behörden, um die rechtliche Situation und die rechtlichen Daten genau vorzugeben – informieren.

Ich sage Ihnen deshalb noch einmal den genauen Ablauf, um Sie voll aufzuklären. Ich hoffe, dass Sie darauf Wert legen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Investitionsrücklage sind in sachlicher und in zeitlicher Hinsicht zu beurteilen. Hinsichtlich des sachlichen Zusammenhangs wurde das Finanzamt seitens des Finanzministeriums auf einen Beschluss der Einkommensteuer-Referatsleiter des Bundes und der Länder aus dem Jahr 1989 hingewiesen. Das ist also keine aktuelle Sache, sondern es lag schon einige Zeit zurück. Danach bedarf es einer Identität zwischen geplanter und später tatsächlich durchgeführter Investition gerade ausdrücklich nicht. Das ist der Kernpunkt der ganzen Fragestellung. Die Interpretation des Finanzbeamten draußen war die, dass es eine Identität der geplanten und der tatsächlich durchgeführten Investition geben muss. Mit dieser Fragestellung beschäftigt sich auch der Beschluss der Einkommensteuer-Referatsleiter.

Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Rücklage und geplanter Investition besteht bei der Herstellung von Gebäuden, wenn die Investition bis zum Ende des auf die Bildung folgenden vierten Wirtschaftsjahres, hier also bis Ende 1996, abgeschlossen wird. Dies war bei der Altmann GmbH völlig unproblematisch gegeben, hatte sie doch ihre Investition bereits 1995 abgeschlossen.

Daneben ist es zwar grundsätzlich erforderlich, dass mit der Herstellung des Gebäudes bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Jahres begonnen wird – dies wäre also hier Ende 1994 gewesen. Allerdings war im Fall der Altmann GmbH zu berücksichtigen, dass die Bauausführung weitestgehend auf einer Bauplanung vom Dezember 1991 beruhte.

Lediglich das Baugenehmigungsverfahren hatte sich bis ins Jahr 1995 verzögert. Es entspricht einer generellen Praxis der Finanzverwaltung, dass Verzögerungen bei staatlichen Genehmigungsverfahren, die also der Staat selber zu verantworten hat, nicht zulasten investitionswilliger Grenzlandbetriebe gehen darf. Das steht im so genannten Zonenranderlass. Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht, da die begünstigte Investition trotzdem deutlich vor Ablauf der oben genannten Endfrist von der Altmann GmbH zum Abschluss gebracht werden konnte.

Ich hoffe, Ihnen auf diese Weise den etwas komplizierten Vorgang näher gebracht zu haben.

Danke schön, Herr Minister. Sie haben die an Sie gerichteten Fragen beantwortet. Die Zeit für die Fragestunde ist abgelaufen, die Fragestunde ist damit beendet.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Tagesordnungspunkt 7

Gesetzentwurf der Abgeordneten Maget, Irlinger, Goertz und anderer (SPD)

zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen und des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (Drucksache 14/8602)

Zweite Lesung –

Tagesordnungspunkt 8

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen, des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes und des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs (Drucksache 14/9152)

Zweite Lesung –

hierzu:

Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Gote und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen, des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes und des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs (Drucksache 14/10635)

sowie

Änderungsantrag der Abgeordneten Glück, Siegfried Schneider und anderer (CSU)

zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen, des Bayerischen

Schulfinanzierungsgesetzes und des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs (Drucksache 14/11579)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Redezeit beträgt 30 Minuten pro Fraktion. Um das Wort hat Frau Ministerin Hohlmeier gebeten.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir nun endlich dazu kommen, den Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen, des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes und des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs hier im Parlament behandeln zu können.

Das Jahr 2003 ist das Jahr der Menschen mit Behinderung. Damit wird ein wirklich wichtiges Thema in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Ich hatte allerdings sowohl bei der Diskussion der vergangenen Monate als auch beim Lesen der SPD-Pressemeldung von gestern nicht den Eindruck, dass es um eine sachliche Diskussion über die Integration geht, sondern vielmehr um eine öffentliche Verbreitung von Klischees, was angeblich die CSU und die Bayerische Staatsregierung auf der einen Seite denken und wie behindertenfreundlich angeblich die SPD auf der anderen Seite ist. Wir sind angeblich für Auslese, Aussortierung und Benachteiligung der Behinderten, während die SPD mit ihrem Vorschlag die eigentliche Integration der Behinderten in die Gesellschaft betreibt.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Der Gesetzentwurf der Staatsregierung geht mit der Thematik der Integration behinderter Kinder in unsere Gesellschaft und einer gleichberechtigten Teilhabe Behinderter an unserer Gesellschaft deutlich anders um, als die SPD dies tut.

Ich glaube, dass unser Gesetzentwurf wesentlich stärker auf die Realität im Leben Behinderter Bezug nimmt, als dies der Entwurf der SPD tut. Wenn die SPD von Integration spricht, argumentiert sie ständig, dass Förderschulen Ausleseschulen seien. Sie sagt, Förderschulen seien Institutionen, in denen die Kinder von der Gesellschaft getrennt und ausgesondert würden.

Wenn man die Argumente der SPD, die sie in der Öffentlichkeit vorbringt, hört, könnte man meinen, dass man die Förderschulen überhaupt nicht mehr braucht, weil die Integration allein schon dadurch erfolgt, dass jedes behinderte Kind in die Regelschule kommt, wo es den besten Ort der Förderung findet. Das ist der zentrale Auffassungsunterschied zur Meinung der CSU. Ich glaube, dass wir die Förderschulen dringend brauchen; denn Kinder, die Behinderungen bzw. spezifische Bedürfnisse oder Defizite haben, die besondere Probleme in ihrem Leben haben, sind auf ein differenziertes Programm von Förderschulen, von Kooperation mit der Regelschule bzw. von Förderung in Regelschulen und -klassen angewiesen.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb muss sich die gesamte Diskussion um die Frage drehen, welche konkrete Förderung das Kind braucht, und wir dürfen keine gesellschaftliche Klischeediskussion führen.

(Beifall bei der CSU)

In unserem Gesetzentwurf versuchen wir, den Bedürfnissen der behinderten Kinder Rechnung zu tragen, und zwar vor dem Hintergrund dessen, was reell möglich ist. Utopische Forderungen können nicht erfüllt werden, auch wenn ich das noch so gerne tun würde. Ich denke da zum Beispiel an die Forderung, generell 12 bis 15 Kinder in einer Klasse durch zwei Lehrer zu betreuen. Wenn der Staatshaushalt so wäre, dies alles zu ermöglichen, wäre eine solche Diskussion sicherlich überflüssig. Vermutlich hätten wir dann auch keine sonstigen Finanzdiskussionen mehr zu führen. Vermutlich müssten wir dann auch keine Diskussion führen, wie sie diese Woche im Deutschen Bundestag kommen wird über Einschnitte im sozialen Netz, über dringend notwendige wirtschaftliche Maßnahmen oder den Einbruch der Steuern im Bundeshaushalt und in der Konsequenz daraus auch in den Landes- und Kommunalhaushalten. Da gibt es ja zum Teil gerade auch in den anderen Ländern große Probleme, überhaupt noch dem eigentlichen Gesetzesauftrag gerecht zu werden.

Wir haben in den vergangenen Jahren ein besonderes Aktionsprogramm eigens für die Förderschulen gefahren. Ich möchte die Diskussion zum Gesetzentwurf der Staatsregierung nutzen, den Lehrkräften in den Förderschulen und den Lehrern, die aus den Förderschulen in die Regelschulen kommen, um dort zu arbeiten, recht herzlich für ihre Arbeit zum Nutzen der behinderten Kinder in Bayern zu danken.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben mittlerweile eine ganze Menge so genannter Kooperationsklassen und Außenklassen zwischen den Förderschulen und den Regelschulen, die inzwischen einen sehr hohen Grad an Kooperation und Intensität der Zusammenarbeit erreicht haben. Die Zusammenarbeit beschränkt sich nicht darauf, was die SPD immer beschreibt, dass man sich nämlich alle drei Monate trifft und ein gemeinsames Sommerfest feiert. Es geht vielmehr um einen gemeinsamen Unterricht dort, wo es sinnvoll und möglich ist bis hin zu gemeinsamen Freizeitmaßnahmen und gemeinsamen schulischen Aktivitäten im Rahmen des Lebensraumes Schule.

Die Kooperation, die der Gesetzentwurf meint, ist einerseits eine Kooperation, die auf die Bedürfnisse der behinderten Kinder abgestimmt ist, und andererseits eine Kooperation, die sich gleichzeitig auf die Kinder einstellt, die die Regelklassen besuchen und die in ihrer Förderung ebenso ernst genommen und berücksichtigt werden wollen.

Eine der schwierigsten Fragen, die wir insgesamt durch die erfolgreiche Zusammenarbeit im Rahmen der Kooperationsklassen sehr gut beantworten können, ist

die Zusammenarbeit mit den Eltern. Der SPD muss ich deutlich sagen, dass viele Eltern bewusst den Weg in die Förderschulen wählen. Es handelt sich da nicht unbedingt um einen Wunsch von unserer Seite. Ich erinnere mich an eine Diskussion im vergangen Jahr in München, wo wir die Eltern erst überreden mussten, ihre Kinder in die Regelklassen mit mobiler sonderpädagogischer Hilfe für ihre Kinder zu geben, weil diese Eltern glaubten, dass ihre Kinder in den Förderschulen eine bessere Förderung bzw. mehr Schutz und Unterstützung bekommen würden. Wir haben gemeinsam gute Lösungen gefunden.

Es gibt allerdings auch Elterninitiativen, die sich aufgrund der gesellschaftlichen Diskussion vor den Förderschulen zum Teil regelrecht fürchten und erst dann, wenn sie erlebt haben, was innerhalb der Förderschulen an Arbeit und Förderung geschieht, merken, welche Förderung ihr Kind dort erhalten kann.

Im Rahmen der Zusammenarbeit in Kooperations- bzw. Außenklassen haben wir exzellente Erfahrungen gemacht. Es gibt in der Tat eine intensive Zusammenarbeit gerade bei der Diskussion über die Frage, ob ein Kind in eine Förderschule gehen soll oder in eine Außenklasse bzw. eine Kooperationsklasse oder in die Regelschule mit Unterstützung mobiler sonderpädagogischer Hilfe. Diese Diskussion wird außerordentlich individuell, fast möchte ich sagen, à la carte für jedes Kind geführt, denn es ist notwendig, sich die jeweilige Situation des Kindes und der Familie anzusehen, bevor man die Entscheidung über den besten Förderort trifft. Der beste Förderort kann nicht allein und ausschließlich durch die Eltern bestimmt werden, sondern das muss nach meinem Dafürhalten in der Zusammenarbeit zwischen Eltern, Schule und den jeweiligen regionalen Notwendigkeiten bzw. vor dem Hintergrund der persönlichen Situation des Kindes geschehen.

In diesem Gesetzentwurf schlagen wir eine sehr flexible Form des Umgangs gerade und insbesondere mit dieser Diagnosestellung vor. Sie ist sehr auf das Kind bezogen. Ich glaube, dass wir damit deutschlandweit einen sehr weitreichenden Weg gehen. Im Gegensatz zu dem, was die SPD dazu formuliert, stellen wir fest, dass in anderen, auch rot-grün regierten Ländern das Interesse an diesem bayerischen Weg mit seinen Kooperationsklassen und den Außenklassen sehr groß ist. Es ist dies ein systematischer, diagnoseorientierter Weg, beginnend mit einer Frühförderung über eine gute Diagnose und eine exakte Integrationsarbeit für das Kind im Rahmen der Förderschule bzw. der Regelschule bis hin zu einer beruflichen Integration behinderter junger Menschen.

Am Ende meiner kurzen Rede zur Einbringung des BayEUG darf ich Folgendes sagen: Erst am vergangenen Samstag habe ich wieder eine Förderschule besucht, die sich den Auftrag gegeben hat, jungen Menschen am Ende ihrer Schullaufbahn als Institution Arbeitsplätze anzubieten. Unsere Zeit wird immer schneller; die Rationalisierung wächst, und die Globalisierung bedeutet manchmal gerade auch für die behinderten jungen Menschen, dass es im Zuge der Einsparungen, die die Unternehmen in der heutigen Zeit vornehmen müssen, nicht immer ganz einfach ist, eine berufliche Chance zu fin

den. Ich kann feststellen, dass diese Förderschule in Zusammenarbeit mit dem Träger hierbei gute Arbeit leistet und mittlerweile einer der größten Arbeitgeber für behinderte Menschen in Deutschland geworden ist. Die jungen Menschen haben dort Arbeitsplätze gefunden, die auch auf dem Markt interessant sind, die aber dennoch spezifisch an die Bedürfnisse behinderter junger Menschen angepasst sind. Den Trägern, die sich dieser Aufgabe gestellt haben, möchte ich an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für ihren phänomenalen Einsatz sagen, den sie in Bayern erbringen.

(Beifall bei der CSU)

Von den weiteren Änderungen, die im Gesetzentwurf vorgeschlagen werden, sollten noch zwei kurze Erwähnung finden: Im Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen werden die Ausbildungsrichtungen am Gymnasium gestrafft, und im Schulfinanzierungsgesetz ist eine Vereinfachung und gleichzeitig leichte Erhöhung der staatlichen Zuschüsse für die nichtstaatlichen Realschulen, Gymnasien und Schulen des zweiten Bildungswegs vorgesehen. Dies bedeutet staatliche Mehrausgaben von rund 5,5 Millionen e.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt hat Frau Kollegin Goertz das Wort.