Durch internationale Arbeitsteilung wird sich in Zukunft der Güterverkehr verstärken, und wir werden mehr Probleme haben, damit zurechtzukommen. Immer mehr Staus mit unzumutbaren volkswirtschaftlichen Kosten, die an die Hunderte Millionen Euro gehen, und hohe Umweltbelastungen werden die Folge sein. Dies bewirkt einen zusätzlichen Verbrauch von rund 14 Milliarden Litern Treibstoff pro Jahr, die allein durch Staus verursacht werden. Das kann so nicht weitergehen. Das wäre aber die Folge, wenn man dem Bundesverkehrswegeplan folgt. Die Bundesregierung schreibt den bestehenden Zustand in weiten Bereichen fest. Insbesondere Bayern wird erheblich benachteiligt. Die Quote von 13,7% für unser Land ist eine Zumutung, die wir so nicht hinnehmen werden.
Bei der Entwicklung wesentlicher Strukturdaten wie Bevölkerungsanteil, Bruttoinlandsprodukt, Wirtschaftskraft, Produktivität, Motorisierungsgrad, PKW-Dichte, Verkehrsleistung usw. weicht Bayern ganz erheblich von anderen Bundesländern ab.
Ich will versuchen, das deutlich zu machen, weil Bayern heute schon in der Bundesrepublik Deutschland das Transitland ist, dessen Verkehrsströme durch internationale Verkehre ganz erheblich beeinträchtigt werden. Im
Nord-Süd- und Ost-West-Verkehr erleben wir das tagtäglich. Das bayerische Fernstraßennetz ist daher erheblich stärker mit großräumigen europäischen Verkehrsströmen belastet als das Fernstraßennetz anderer Bundesländer. Durch die Osterweiterung wird dieses Problem noch weiter zunehmen. Die Prognosen sagen, dass wir unter bestimmten Annahmen mit einer Zunahme des Verkehrs um bis zu 200% rechnen müssen. Die derzeitige Quote von 14,1% für den Fernstraßenbau im Bundeshaushalt wird daher unter Bezugnahme auf die anderen Bundesländer der oben beschriebenen Situation nicht gerecht, die neue, auf exakt 13,66% reduzierte Quote noch weniger. Wir sind der Auffassung, die Länderquote Bayerns darf aufgrund der verkehrsrelevanten Strukturdaten nicht unter 17% liegen.
Dazu einige Anmerkungen: Bei der Fläche hat Bayern mit 70548 km2 einen Anteil von 19,8% am Bundesgebiet. Bei der Bevölkerung hat Bayern zwar nur einen Anteil von 14,9%, also knapp 15% an der gesamten Einwohnerzahl Deutschlands, aber die Wachstumsraten werden für Bayern wesentlich höher prognostiziert als für das übrige Bundesgebiet, so dass in Bayern mit einem deutlichen Anstieg zu rechnen ist. Das Bruttoinlandsprodukt in Bayern liegt bei einem Anteil von 17,3% am gesamten Bruttoinlandsprodukt Deutschlands. Am Bundesfernstraßennetz hat Bayern mit 53000 km einen Anteil von 17,1%, und am Kfz-Bestand haben wir einen Anteil von 16,6%, und zwar auch mit wachsender Tendenz.
Jetzt komme ich zu den Punkten, die gerade Herr Dr. Runge angesprochen hat: Auf bayerischen Straßen wurde eine Personenverkehrsleistung von 16,2% abgewickelt, die sich aufgrund der Zuwächse in den nächsten Jahren auf 17,1% erhöhen wird.
Sie erhöht sich in Bayern, was den bayerischen Ziel- und Quellverkehr betrifft, Herr Dr. Runge, bis 2015 aber nur auf 15,8%. Das heißt, der überregionale Verkehr, der Transitverkehr, belastet bayerische Straßen auch im Personenverkehr deutlich stärker.
Noch krasser sieht das beim Güterverkehr aus. Bayern hat heute einen Anteil an den Gesamttonnenkilometern Deutschlands von 20,6%. Nach der Prognose wird er bis 2015 auf knapp 23% anwachsen. Aber auch hier ist es so, dass der bayerische Güterverkehr, bayerischer Zielund Quellverkehr, 2015 nur bei 15,8% liegen wird. Das heißt, der Transitverkehr belastet massiv unsere Straßen. Vor diesem Hintergrund ist eine Quote von 13,66% eine Abstrafung. Das ist nicht gerecht; deswegen werden wir das auch nicht hinnehmen.
Nun kann man fragen: Wie soll eine höhere Quote finanziert werden? Ich weiß, das ist angesichts der Haushaltslage schwierig, obwohl der Straßenverkehr mittlerweile bereits über 50 Milliarden e zum Bundeshaushalt beiträgt. Als Verkehrspolitiker wünscht man sich die 50-prozentige Zweckbindung, die es bis 1971 gab und die damals von der sozialliberalen Koalition abgeschafft wurde, wieder zurück.
In Zukunft gibt es dennoch finanziellen Spielraum. Nach langer und zögerlicher Vorbereitung führt die Bundesregierung ab 31. August endlich die streckenbezogene Maut für schwere Lastkraftwagen ein. Das bringt pro Jahr zusätzlich 3,4 Milliarden e in die Kasse. Mit diesem Geld kann man etwas tun. Nach den Vorstellungen der Bundesregierung gehen davon aber künftig nur 634 Millionen e oder 18,6% gesichert in den Straßenverkehr. Dazu kommen noch 380 Millionen e pro Jahr für das bereits beschlossene Anti-Stau-Programm. Rechnet man das noch hinzu, dann werden knapp 30% der zusätzlichen Einnahmen aus dem Straßenverkehr wieder in die Straßeninfrastruktur investiert. Ich frage: Wo bleibt das übrige Geld? – 621 Millionen e werden als Ausgaben für die Systemkosten veranschlagt. Das ist viel zu teuer – das sagen alle. Mit 798, also knapp 800 Millionen e bedient sich der Bundesfinanzminister. Das ist ein Skandal.
Zu den 50 Milliarden e, die er jetzt schon einnimmt, kommen noch diese 800 Millionen e hinzu. 659 Millionen Euro hält er für so genannte weitere Infrastrukturmaßnahmen zurück. Welche sind das? – Das hätten wir gerne gewusst, bevor das Ganze in Kraft gesetzt wird. In Wirklichkeit ist es wohl eine weitere Reserve zum Stopfen von Haushaltslöchern.
So geht es nicht. Ich sage klar und deutlich: Die Bundesrat wird dabei nicht mitmachen. Andere Länder bauen mit ihren Mauteinnahmen moderne Verkehrsinfrastruktur und schaffen sich damit Wettbewerbsvorteile gegenüber Deutschland.
Schauen Sie nach Österreich, nach Frankreich oder Italien. Sie werden es sehen. Bei uns dagegen werden über die Tankrechnungen für Personenkraftwagen und Lastkraftwagen schon heute Rentenbeiträge finanziert. Soll die Maut morgen auch noch die Krankenversicherung sanieren? – So kann es nicht gehen. Wir wollen, dass dieses Geld wieder zweckgebunden an den Straßenverkehr zurückfließt.
Die geografische Lage Bayerns in der Mitte Europas, als Brücke zu Osteuropa, kann unter diesen Voraussetzungen nicht in angemessenem Umfang als Chance genutzt werden. Aus diesem Grund halten wir Veränderungen für dringend notwendig, um die Verkehrsinfrastruktur als wertvolles Anlagevermögen zu erhalten und darüber hinaus mit dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur notwendige Voraussetzungen zur Teilhabe unseres Landes an einer gedeihlichen wirtschaftlichen Entwicklung zu schaffen. Der Verkehrswegeplan in der jetzigen Form ist eine Zumutung; wir können ihn so nicht akzeptieren.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Mobilität ist die Grundlage für Wachstum und Beschäftigung. Mobil sein bedeutet für die meisten Menschen Freiheit und Lebensqualität. Die dauerhafte Sicherung von Mobilität ist das oberste verkehrspolitische Ziel der Bundesregierung mit diesem Verkehrswegeplan. Politik für eine leistungsfähige Infrastruktur –, das ist aktive Wirtschaftspolitik. Sie stärkt den Wirtschaftsstandort Bayern und sichert die Zukunft unseres Landes.
Schwerpunkte im neuen Bundesverkehrswegeplan sind die Beseitigung von Verkehrsengpässen sowie die Verkehrsentlastung und die Steigerung der Lebensqualität in Städten und Gemeinden durch den verstärkten Ausbau von Ortsumgehungen. Gleichzeitig sollen die Investitionen in das Bestandsnetz erhöht und moderne Verkehrstechnologien gefördert werden. Bis zum Jahr 2015 ist ein Finanzrahmen für die Bereiche Schiene, Bundesfernstraße und Wasserstraße von zirka 150 Milliarden e vorgesehen. Damit ist der Bundesverkehrswegeplan erstmalig solide finanziert.
In diesem Zusammenhang darf ich daran erinnern: Der Bundesverkehrswegeplan 1992, der eine lange Liste umfasste – das war wie ein Wunschzettel an das Christkind – war total unterfinanziert. So kann man es natürlich auch machen: Man kann etwas in die erste Dringlichkeitsstufe geben trotz der Gewissheit, dass die Maßnahme in 15 Jahren nicht realisiert wird. So haben Sie es in Ihrer Regierungszeit gemacht. Wir machen das solide und ehrlich.
Zahlreiche Untersuchungen und die Realität auf Schienen und Straßen zeigen, dass in der Vergangenheit der Schwerpunkt auf Neubauten lag, während das Bestandsnetz sträflich vernachlässigt wurde, besonders in der Regierungszeit Kohls. Wir haben die Parallele in Bayern. Laut ORH-Bericht wurde das Netz der Staatsstraßen sträflich vernachlässigt. Um das künftig zu vermeiden, sieht der neue Bundesverkehrswegeplan insgesamt 82,8 Milliarden e für die Erhaltung der vorhandenen Schienen und Straßen vor. Damit steigt der Anteil für Erhaltung am Investitionsvolumen von früher, zu Ihrer Zeit, 46% jetzt auf 56%. Der neue Bundesverkehrswegeplan sieht jährlich Investitionen von 10 Milliarden e vor. Damit werden Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft gesichert.
Bei der Einschätzung der Marktpotenziale geht der Plan davon aus, dass bis 2015 der Personenverkehr bei den Eisenbahnen um 32% zunimmt, im Individualverkehr um 16%, im Luftverkehr um 103% und beim öffentlichen
Straßenverkehr um 4%. Beim Güterverkehr sieht es folgendermaßen aus: Man geht davon aus, dass er sich bei der Eisenbahn um 100% steigert, beim Straßengüterfernverkehr um 58% und bei der Binnenschifffahrt um 39%.
Um dem gerecht zu werden, braucht man ohne Zweifel viel Geld. Wenn wir jetzt uns die Kritik der CSU anhören, dann muss man sachlich feststellen: Im Wahljahr 1998 wurden unter der Kohl-Regierung 9,5 Milliarden e eingesetzt. Im letzten Jahr waren es bereits 2 Milliarden e mehr, nämlich 11,5 Milliarden e. Das Geschrei der CSU ist also nicht gerechtfertigt.
Wenn Sie so laut schreien, dann müssen Sie sich die Feststellung gefallen lassen: Sie haben von 1992 bis 1996 die Mittel für den bayerischen Staatsstraßenbau halbiert. Wenn man das auf Bundesebene machen würde – hier streiten wir uns um 0,3% –, dann sähe es ganz anders aus. Wegen der katastrophalen Folgen wurde Herr Beckstein der Herr der 100000 Schlaglöcher genannt. In der Zwischenzeit kann man diese Zahl noch höher ansetzen.
Interessant ist für mich auch: Nach der Regierungsübernahme durch Sozialdemokraten und GRÜNE in Berlin haben Sie hier im Landtag eine riesige Liste aufgestellt, welche Verkehrsmaßnahmen dringend notwendig wären und was der Bund zu zahlen hätte.
Meine Damen und Herren, wer nach 16 Jahren Regierungszeit eine solche Bedarfsliste vorlegt, dokumentiert damit doch sein eigenes Versagen.
Was bringt uns jetzt dieser neue Bundesverkehrswegeplan? – Bayern steht hinsichtlich der Schiene vor allen anderen Bundesländern auf Platz 1. Zu der beim Straßenbau nun vorhandenen leichten Reduktion um 0,3% muss man feststellen, dass es sich in absoluten Zahlen trotzdem um eine Erhöhung handelt, weil die Mittel insgesamt angestiegen sind. In Bayern werden 210 Kilometer neue Autobahnen gebaut. Hinzu kommt die Erweiterung vorhandener Autobahnen auf einer Länge von 430 Kilometern. Außerdem wird der Bau von 90 dringenden Ortsumgehungen ermöglicht. Mit anderen Worten: Der Freistaat Bayern wird – das stellen wir heute fest, auch wenn es Ihnen nicht gefällt – in diesem neuen Bundesverkehrswegeplan hervorragend bedient.
Meine Damen und Herren von der CSU, Sie sind immer so für das Subsidiaritätsprinzip. Wo bleibt es aber hier? Warum machen Sie keine Vorschläge? Warum setzen Sie gegenüber Berlin keine Prioritäten? – Normalerweise kennt man sich doch in München mit seinen Straßen besser aus als die Berliner. Das überlassen Sie aber den Berlinern und schreien dann. Deshalb fordere ich die Staatsregierung auf, im Rahmen der Diskussion Prioritäten zu setzen und zu sagen, in welcher Reihenfolge was gemacht wird.
Nun ein Wort zur Osterweiterung. Tatsache ist, dass der Verkehr durch die EU-Osterweiterung exorbitant ansteigen wird, was uns in Bayern belasten wird. Das ist ganz klar. Deswegen ist es auch richtig, dass wir gemeinsam die Forderung aufstellen, Projekte der EU-Osterweiterung verstärkt zu bedienen. Ich sage Ihnen: Wir fordern, dass die Projekte zwischen Passau und Hof hin zur tschechischen Republik in die erste Dringlichkeitsstufe kommen, sofern sie es noch nicht sind.
Meine Damen und Herren, noch ein Wort zur Finanzierung. Alle In- und Ausländer bezahlen künftig für jeden Kilometer, den sie mit dem Lkw auf dem deutschen Autobahnnetz fahren. Damit wird auch für eine angemessene Beteiligung ausländischer Lkws an der Finanzierung unserer Verkehrsinfrastruktur gesorgt. Ich meine, 15 Cent pro Kilometer sind vernünftig. Wir haben auch privatwirtschaftliche Betreibermodelle vorgesehen, die eine gute Alternative sind, um schneller zum Ausbau verschiedener Projekte zu kommen.
Erfreulich ist – ich sage es noch einmal –, dass die Schieneninvestitionen, zugegeben unter Einbeziehung der Finanzhilfen nach dem GVFG und der Regionalisierungsmittel des Bundes, das Niveau der Straßeninvestitionen erreichen. Das ambitionierte Ziel einer Verkehrsverlagerung zugunsten der Schiene fordert eben Investitionen in die Schieneninfrastruktur in dieser Größenordnung. An dieser Stelle möchte ich aber auch einmal ganz kritisch in Richtung DB AG sagen, dass sie das Schienenpotenzial, das der Bund baut und bietet, dann auch optimal nutzen muss. Dies dürfen keine Fehlinvestitionen sein. Ich erinnere an das, was wir in jüngster Zeit beklagen, nämlich die Vorgänge bei DB Cargo oder die neuen Tarife. Man könnte die Liste noch weiter führen. Das muss beachtet werden; sonst wären die Gelder woanders besser angelegt.
Lassen Sie mich das Resümee aus dem vorhandenen Entwurf des Bundesverkehrswegeplans folgendermaßen ziehen: Mit einigen Verbesserungen, an denen wir gemeinsam arbeiten sollten, stellt er eine gute Grundlage für einen weiteren Aufbau Ost, aber vor allem eben, was für uns in Bayern wichtig ist, für einen guten Ausbau West dar.
Abschließend noch einen Satz zu den Anträgen. Der CSU-Antrag wäre in einigen Spiegelstrichen durchaus zustimmungsfähig. Er ist aber ein solches Riesenkonglomerat,
dass man ihn ablehnen muss. In einzelnen Punkten könnten wir ihm aber zustimmen. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 20. März dieses Jahres hat der Bund den Entwurf des neuen Bundesverkehrswegeplans und damit auch den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen an die Länder übersandt. Ich stelle zunächst fest, dass dieser bereits vorher über die Parteischiene der SPD mitgeteilt und von ihr veröffentlicht worden war. Wären wir so verfahren, hätte es in der Öffentlichkeit einen Aufschrei gegeben.
Ich verspreche Ihnen, Herr Kollege Gantzer, dass wir von der Staatsregierung uns in der Zukunft auch sehr viel freier verhalten werden und vorab Informationen an die eigenen Reihen geben werden.