Wir kommen daher sofort zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf der Drucksache 14/11732 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Wirtschaft, Verkehr und Technologie auf der Drucksache 14/12463 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie empfiehlt die unveränderte Annahme. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung ebenfalls zu. Als Datum des In-Kraft-Tretens schlägt er vor, in § 9 den „1. Juni 2003“ einzufügen.
Wer dem Gesetzentwurf mit dem vom endberatenen Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen vorgeschlagene In-Kraft-Tretens-Zeitpunkt zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Dann ist auch dieses Gesetz so beschlossen.
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch dagegen erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Dann ist das Gesetz damit so angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Bayerischen Eisenbahn- und Bergbahnengesetzes sowie zur Änderung anderer Rechtsvorschriften“.
zur Änderung des Gesetzes über die Wahl der Gemeinderäte, der Bürgermeister, der Kreistage und der Landräte (Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz) (Drucksache 14/11564)
Gesetzentwurf der Abgeordneten Christine Stahl, Elisabeth Köhler, Tausendfreund und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
zur Änderung des Gesetzes über die Wahl der Gemeinderäte, der Bürgermeister, der Kreistage und der Landräte (Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit der angekündigten Ablehnung unseres Gesetzentwurfs durch die CSU wird eine der schwersten Wahlfälschungen in Deutschland seit Kriegsende auf eine Art und Weise beerdigt, die einer Demokratie wirklich nicht angemessen ist. Das, was in Dachau passiert ist, und zwar ausschließlich durch CSUAngehörige zur Erhaltung der Macht, erinnert an Bananenrepubliken und undemokratische Zustände, wie wir sie ehemals in den alten Ostblockstaaten gehabt haben.
Sie hätten deswegen jeden Anlass gehabt, über diese Missstände nicht nur zu diskutieren, sondern sie auch zu heilen. Ein Versuch dazu war der von uns eingebrachte Gesetzentwurf, der verhindern sollte, dass sich solche Vorkommnisse zukünftig wieder ereignen.
Es waren im Grunde genommen gar nicht so viel großartige Änderungen, die wir wollten. Wir wollten verhindern, dass ein Bürgermeister, wie zum Beispiel in Dachau geschehen, durch eine Wahlanfechtung, die ihm selbstverständlich zusteht, Manipulationen betreiben kann. Es ging ihm nicht darum, seinen Rechtsstandpunkt durchzusetzen, sondern es ging ihm darum, möglichst lange, so lange, wie es das Gesetz gerade noch zuließ, im Amt zu bleiben. Mit anderen Worten: Er war gewählt worden und hätte gleich, nachdem die Wahlfälschung bekannt geworden ist, erklären können, er trete zurück und mache den Weg für Neuwahlen frei. Das hat er nicht gemacht, sondern er hat den Bescheid angefochten.
Damit hatte er die Möglichkeit, fast ein Jahr im Amt zu bleiben, hat den Bescheid dann doch anerkannt und dann den Rücktritt erklärt. Mit anderen Worten: Er hat sich ein ganzes Jahr lang als Bürgermeister profiliert und konnte Wahlkampf machen; die andere Seite konnte das nicht. Er hat diese gesetzlichen Unklarheiten auf eine sehr üble Art und Weise ausgenutzt.
Diese wollten wir beseitigen und haben gesagt, das kann immer wieder passieren, das ist immer wieder möglich, das ein kein Einzelfall. Wir hatten mehrere Fälle, in denen das ähnlich abgelaufen ist.
müssen – das kann durch einen Rücktritt passieren, das kann durch eine Amtsenthebung passieren, durch den Tod eines Bürgermeisters –, ist jetzt schon Handlungsbedarf gegeben gewesen. Sie haben den Handlungsbedarf nicht gesehen, haben ihn nicht sehen wollen; Ihnen ging es eindeutig nur um den Machterhalt.
Ich kann deswegen nur betrübt zur Kenntnis nehmen, dass Sie zwar immer vom Rechtsstaat und von Demokratie reden, aber wenn es darum geht, das Recht in so schwerwiegenden Fällen durchzusetzen, dann verweigern Sie sich, weil Sie keinen Vorteil für sich sehen, sondern die Nachteile bei uns liegen, und Sie alles tun, damit das so erhalten bleibt.
Ich kann nur sagen: Damit haben Sie gezeigt, wie Sie tatsächlich zur Demokratie stehen. Ich bedauere das sehr, auch dass Kollege Dr. Kempfler als Vorsitzender des innenpolitischen Ausschusses, der die Demokratie immer so hochhält, zum Schluss seiner Amtszeit es nicht zu Stande gebracht hat, entsprechende Gesetzesänderungen in seiner eigenen Fraktion durchzusetzen.
Ich bedauere das, muss aber auch zur Kenntnis nehmen, dass die CSU das mit Ihrer Mehrheit machen kann. Es bleibt ein schaler Geschmack. Gerade zum Ende der Legislaturperiode ist das sehr bedauerlich.
Frau Tausendfreund (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Durch die Nachwahlen und die strafrechtlichen Verfahren ist zwar der Dachauer Wahlskandal erledigt, aber er ist keinesfalls aufgearbeitet worden. Es ist sehr bedauerlich, dass die Justiz nicht nachgeforscht hat, wie die Zusammenhänge tatsächlich gewesen sind. Das Gericht, die Verteidigung und der Staatsanwalt haben sich auf Deals in den Strafverfahren eingelassen anstatt weitere Zeugen anzuhören und der Sache auf den Grund zu gehen. Es wurde nicht überprüft, ob hier eventuell weitere Wahlfälscher tätig waren. Zwei Einzeltäter wurden gefunden. Damit kann wirklich nicht von einer Aufarbeitung dieses Wahlskandals gesprochen werden. Es ist der Schlimmste – zumindest der Schlimmste, der an die Öffentlich gelangt ist – in der Geschichte der Kommunalwahl seit dem Zweiten Weltkrieg.
Es bleibt offen, wie viele Wahlskandale nicht ans Licht gekommen sind. Unser Gesetzentwurf sieht eine Veränderung der Briefwahlmodalitäten vor, um Manipulationen zu verhindern. Es ist ein offenes Geheimnis, dass gerade in Altenpflegeheimen etc. immer wieder ungebetene Wahlhelfer auftauchen, sich die Bestätigungskarten unterschreiben lassen und die Briefwahlunterlagen abholen; wer weiß, wer dann für die Wähler die Briefwahlunterlagen tatsächlich ausfüllt und dann bei der Gemeinde abgibt?
Deswegen machen wir den Vorschlag, die Briefwahl so zu verändern, dass die Unterlagen bei der Gemeinde
entweder nur persönlich abgeholt werden können oder zumindest durch die Post an die Wähler geschickt werden und nicht durch Boten übergeben werden können. Damit wird zumindest sichergestellt, dass ein Wähler oder eine Wählerin die Wahlunterlagen selbst in die Hände bekommt und nicht selbst ernannte Wahlhelferinnen und Wahlhelfer für andere Personen Wahlunterlagen ausfüllen.
Bei dem Fall in Dachau war es sehr ärgerlich, dass Zeit verloren ging. Es gab ein großes Hin und Her; der Wahlausschuss hat das Wahlergebnis nicht feststellen wollen, weil er davon überzeugt war, dass das Wahlergebnis nicht stimmig ist, den Verdacht aber nicht beweisen konnte. Die Rechtsaufsicht hat dann gesagt, sie müssen ein Wahlergebnis feststellen.
Diese Entscheidung soll, wenn der Wahlausschuss nach seinem Gewissen kein Wahlergebnis feststellen kann, von der Rechtsaufsichtsbehörde getroffen werden. Dadurch würde viel Zeit gewonnen, dadurch könnte es schneller zu Nachwahlen bzw. zu Neuwahlen kommen.
Bei dem Fall in Dachau wurden ein Stadtratsgremium und ein Bürgermeister ins Amt gehievt, die aufgrund einer gefälschten Wahl zu ihren Ämtern gekommen sind.
Wir wollen, dass diese zwei Änderungen im Gemeindeund Landkreiswahlgesetz vorgenommen werden. Im Ausschuss wurde immer wieder betont, auch seitens der Vertreter der Staatsregierung, dass hier gewartet werden soll, bis alle möglichen Vorschläge zusammenkommen sind, um eine Änderung insgesamt durchzuführen.
Das verkennt aber die Situation, dass auch außerhalb des Turnus Bürgermeisternachwahlen bzw. außerordentliche Wahlen stattfinden. Der Sechs-Jahres-Takt wird in diesen Fällen aufgrund verschiedener Umstände nicht eingehalten. Weiterhin würde das jetzige Wahlrecht gelten. Somit wird aktuell für andere Gemeinden keine Abhilfe von den Problemen geschaffen, wie es sie in Dachau gegeben hat.
Ich appelliere an Sie, dass Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen. Ich habe aber aus den Redebeiträgen herausgehört, auch wenn Sie das nicht tun, dass zumindest die Briefwahlmodalitäten geändert werden sollen. Zumindest habe ich hier etwas anschieben können. Eine Umsetzung, wie sie meine Fraktion beantragt hat, wäre mir am Liebsten, und zwar möglichst schnell.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! Zunächst, Frau Kollegin Tausendfreund, zu Ihren Ausführungen: Ob Sie hier etwas angestoßen haben, das werden wir noch sehen, aber ich bin zumindest dankbar, dass Sie auf die sachliche Diskussion zurückgeführt haben. Das habe ich bei meinem Kollegen Prof. Dr. Gantzer wieder einmal, wie immer, wenn es um
Sowohl die GRÜNEN als auch die SPD hatten die Möglichkeit, uns in der Ersten Lesung und natürlich auch in den Ausschüssen klarzumachen, warum Sie genau diese Vorschläge hier eingebracht haben. Sie haben es immer noch nicht geschafft, den Nachweis zu bringen, dass die Notwendigkeit für die vorgeschlagenen Veränderungen besteht. Die Vorschläge, die Sie uns übermittelt haben, sind – ich muss das so deutlich sagen – Schnellschüsse. Die Vorschläge sind weder zielführend, noch sind sie verfassungsrechtlich akzeptabel – leider ist Kollege Dr. Hahnzog nicht da, den hätte ich gerne als Zeugen hier angerufen.
Fangen wir mit der sachlichen Durchforstung Ihrer Vorschläge an: Dass nach sechs Monaten bereits völlig neue Wahlvorschläge eingebracht werden müssen, um damit eine völlig neue Wahl mit völlig neuem Vorlauf zu ermöglichen, kann wohl nicht Sinn der Sache sein. Innerhalb dieser Sechsmonatsfrist zwischen angefochtener Wahl und der Durchführung der Neuwahl – das müssen Sie sich einmal vorstellen – sollen die Einreichung neuer Vorschläge, die Bekanntmachung dieser Vorschläge, die Beschlussfassung des Wahlausschusses, die Behandlung möglicher Einsprüche von Wahlbewerbern, die abgelehnt worden sind, das Beschwerdeverfahren und die Bekanntmachung der zugelassenen Vorschläge, der Druck der Stimmzettel und nicht zuletzt die Versendung von Briefwahlunterlagen mit der Möglichkeit, sich für die Briefwahl zu entscheiden, stattfinden. Meine Damen und Herren Kollegen, Sie glauben nicht im Ernst, dass so etwas überhaupt machbar ist.
Dann wurde vorgeschlagen, dass der Rücktritt von Wahlfälschern erzwungen werden kann. Kollege Gantzer, ich gebe Ihnen Recht, solche Leute gehören nicht in ein solches Gremium.
Ein erzwungener Rücktritt von Wahlfälschern hört sich zwar wunderbar an, hat aber nur zur Folge, dass eine Wahl verzögert werden muss, denn derjenige, der bezichtigt wird, muss überführt werden, und derjenige der überführt ist, hat trotzdem Rechtsmittel. Die wird er ausschöpfen. Das haben sie vorhin gerade im Falle des Dachauer Bürgermeisters kritisiert, der sich im Übrigen rechtlich einwandfrei verhalten hat, Herr Kollege. Bei Wahlfälschern aber wollen Sie das zulassen? – Das wäre doch wirklich die Verkehrung von allem, was wir wollen. Letztendlich könnte dies auch zu einer Gefahr für das passive Wahlrecht werden, und davor warne ich nachdrücklich.
Die Kosten für Nachwahlen: Wenn festgestellt wird, dass irgendjemand oder eine Gruppe – ich will hier nicht von einer Partei reden – solche Verstöße begangen hat, soll nach ihren Vorschlägen Kolleginnen und Kollegen der SPD, von der Gruppe bzw. von denjenigen, die für diese Gruppe stehen, die Kosten aufgebracht werden. Das ist eine völlige neue Sache, das ist eine Art von Organhaftung, die wir nicht kennen, und die wir so doch auch alle
nicht wollen. Meines Erachtens ist dieser Vorschlag nicht durchdacht worden. Was geschieht dann mit Wählergruppen, haben Sie das schon einmal bedacht? Wer haftet? Alle miteinander? Auch diejenigen, die sich anständig verhalten haben? – Erwarten Sie, dass irgendjemand noch für eine Gruppe kandidiert, wenn er nicht mehr danach behandelt wird, was er getan hat, sondern danach, was ein anderer, mit dem er gar nichts zu tun haben muss, gemacht hat? Wer stellt sich dann noch als Wahlhelfer zur Verfügung? Wer ist noch bereit, auf einer Liste zu kandidieren und sorgt dafür, dass wir unsere Basisdemokratie, auf die wir alle so stolz sind, weiterhin durchführen können? Wer ist rechtlich ein Mitglied und damit haftbar? – Wir alle, nicht nur unsere Partei, sondern auch Sie, haben auf unserer Liste Personen, die nicht Mitglieder unserer Partei sind, sondern die sich bereit erklären, auf der Liste mitzukandidieren. Darauf sind wir stolz.. Will man diese Kandidaten dann auch zur Kasse bitten? Schafft man dadurch nicht viel mehr, dass niemand mehr bereit ist, in der Demokratie mitzumachen? Was Sie, meine Damen und Herren von der SPD, hier versuchen, ist sicherlich gut gemeint, jedoch nicht durchdacht worden.
Bei den GRÜNEN handelt es sich um die Frage der Briefwahlunterlagen. Frau Kollegin Tausendfreund, Sie haben das Beispiel des Altenheims gebracht. Dieses Beispiel können wir auch auf andere übertragen, denn so etwas gibt es auch in Familien, das kommt in der Verwandtschaft vor. Wissen Sie aber eigentlich, was Sie fordern? – Sie fordern, dass nur noch postalisch oder persönlich die Wahlunterlagen ausgehändigt werden können. Wie soll das möglich sein? Die Versendung von Unterlagen durch die Post an dem Tag, an dem die Wahl stattfindet – weil der Betroffene zufällig krank geworden ist – geht nicht. Damit beschneiden Sie das aktive Wahlrecht für diejenigen, die am Tag der Wahl erkrankt sind. Das kann doch nicht der Fall sein! Das ist außerdem verfassungswidrig. Das werden wir auch ganz deutlich sagen. So etwas geht für uns nicht. Sie entmündigen Kranke, das ist nicht zulässig.