Protokoll der Sitzung vom 09.07.2003

Ich habe den Eindruck, dass die Sorgen und Nöte Ostbayerns die Bundesregierung relativ wenig interessieren. Ich frage Sie: Ist das der Fall, weil wir in Bayern leben? Würde es in einem anderen Bundesland anders sein? Würde die Bundesregierung dann andere Akzente setzen?

In einem örtlichen Zeitungsartikel steht heute, dass ein Kandidat der SPD sagt: Wir müssen endlich benachteiligte Regionen besser fördern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Anspruch und Wirklichkeit klaffen da weit auseinander. 1996 hatten wir in der GA noch 21 Millionen e. Heute sind es, wie ich schon ausgeführt habe, nur noch rund 10 Millionen e. Das heißt, 1996 gab es noch mehr als das Doppelte an Mitteln. Darauf haben wir schon häufig verwiesen, aber es nützt bei Ihnen anscheinend nichts.

Im Dezember 2000 war der Bundeskanzler in Weiden. Herr Kollege Schieder und andere waren mit dabei. Damals hatte der Bundeskanzler bekannt gegeben – das ist in den Zeitungen nachzulesen –, dass man für das ostbayerische Gebiet ein Ertüchtigungsprogramm von der Bundesregierung aus auflegen wird. Aber bis zum heutigen Tag ist nicht ein einziger Euro von der Bundesregierung gekommen. Das sage ich zum Thema „versprochen und gebrochen“. Das ist eine entscheidende Feststellung in diesem Zusammenhang.

(Beifall bei der CSU)

Ich bin dankbar, dass wir – Herr Staatsekretär Spitzner wird darauf noch eingehen – von der Staatsregierung her aus den Hightech-Erlösen ein Ertüchtigungsprogramm in der Region von 100 Millionen e haben. Damit können wir entsprechende Förderungen durchführen. Insgesamt gibt es vom Freistaat Bayern rund 120 Millionen e Regionalförderung. Das sind entscheidende Akzente. Solche würde ich endlich auch von der Bundesregierung erwarten.

(Beifall bei der CSU)

Ich darf noch auf die Diskussion eingehen, zum Beispiel auf den Vorwurf von Herrn Stiegler im Zusammenhang mit Äußerungen von Frau Kollegin Deml und anderen, und zwar anlässlich der Föderalismusdebatte. Wer diese Dinge in einen Zusammenhang miteinander bringt, verkennt die Tatsachen. Es ist natürlich so, dass wir bei der Föderalismusdebatte gesagt haben: Die Gemeinschaftsaufgaben und die Mischfinanzierung sollen künftig abgebaut werden. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben auch festgestellt: Das darf nicht zulasten der Länder gehen, sondern wir wollen diese Kompetenzen betreffend unsere Regionen auf Landesebene untergebracht sehen. Vor allem wollen wir einen kompletten finanziellen Ausgleich in diesen Bereichen haben.

Deswegen darf ich für uns feststellen: Eine Streichung einer verfassungsrechtlich gesicherten Aufgabe – das ist die Gemeinschaftsaufgabe – auf dem kalten Weg, ohne dass in irgendeiner Weise ein Ausgleich erfolgt, ist der falsche Ansatz. Den werden wir nicht mitmachen. Deswegen unser Antrag.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wir werden seitens der CSU, wie ich schon erwähnt habe, den Antrag der GRÜNEN ablehnen, weil er nicht zielgerichtet und in vielen Dingen unbestimmt ist. Der Antrag richtet Vorwürfe an die Staatsregierung und geht in keiner Form darauf ein, was es an Verlusten und an Tatenlosigkeit der Bundesregierung gibt.

Dem SPD-Antrag würden wir dann zustimmen, wenn in Punkt 4 statt „großen Handlungsbedarf“ die Worte „weiteren Handlungsbedarf“ gewählt würden und die Worte „effizienter zu gestalten“ gestrichen werden. Für diesen Fall sind wir bereit, den Antrag zu unterstützen.

Die Staatsregierung und die SPD sitzen bezüglich der geplanten Streichung der Grenzlandförderung in einem Boot. Das findet man heute in einer Überschrift in einer meiner Heimatzeitungen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das genügt uns in Ostbayern aber nicht. Wir brauchen mehr. Wir brauchen Fakten und Taten. Zeigen Sie von den Rot-Grünen endlich, dass Ihnen die Probleme Ostbayerns nicht egal sind, dass sie Ihnen nicht wurscht sind. Wir brauchen keine Sprechblasen. Wir brauchen nicht den Abbau von Fördermitteln, sondern ein Grenzstreifenaufbauprogramm. Wir brauchen zusätzliche Mittel. Diejenigen, die aus der Region kommen, wissen das.

Setzen Sie sich endlich auch in Berlin durch, und zeigen Sie, dass die SPD in diesem Bereich in Bayern wirklich Einfluss hat, und zwar zum Segen unserer ostbayerischen Region! Darum bitte ich Sie ganz herzlich. Ich bitte Sie von der Opposition, dafür zu sorgen, dass unsere ostbayerische Heimat bei Ihnen in Berlin nicht vergessen wird.

(Beifall bei der CSU)

Ich gebe Ergebnisse von namentlichen Abstimmungen bekannt. Einmal geht es um den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN betreffend „Vorziehen der Steuerreform durch Subventionsabbau und Reduzierung des Verwaltungsapparats solide gegenfinanzieren“, Drucksache 14/13056. Es gab 64 Ja-Stimmen, 94 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen. Der Antrag ist damit abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 8)

Dann das Ergebnis der Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion betreffend „Für ein Vorziehen der Steuerreform – aber kein Strohfeuer auf Pump“, Drucksache 14/13069. Es gab 93 Ja-Stimmen, 65 NeinStimmen und 1 Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 9)

Das Wort hat jetzt Herr Hoderlein.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Letzte Woche wurden wir mehr oder weniger alle, so denke ich, von der bekannt gewordenen Absicht der Bundesregierung überrascht, die Gemeinschaftsaufgabe „Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ab dem Jahr 2004 für die alten Länder, also auch für Bayern, zu streichen. Das Erste, was ich dazu vernommen habe, waren die Pressemitteilungen der CSU, soweit sie über den Ticker kamen oder im Internet zu lesen waren.

Während Sie Ihre Zeit darauf verwendet haben, Ihren Protest zu formulieren, haben wir versucht, die Dinge etwas genauer zu ergründen und deutlich zu machen – damit ist im Grunde genommen schon alles gesagt –, dass wir vonseiten der bayerischen SPD – dazu gehören nicht nur die Kolleginnen und Kollegen aus der Landtagsfraktion, sondern, wie ich inzwischen wohl sagen kann, auch die Kollegen aus der Bundestagsfraktion – diese Absicht der Bundesregierung missbilligen und alles tun werden, dass das nicht eintreten wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CSU)

Wir werden sehen, Herr Kollege Sackmann, was am Ende dabei herauskommen wird. In einem haben Sie Recht: Wenn es nicht stattfindet, dann waren es tatsächlich wir, die das verursacht haben. Aber unsere Heimat ist es auch wert, sich einzusetzen.

Trotzdem sollte das Thema etwas ruhiger und umfassender angegangen werden. Das Thema lautet nämlich nur am Rande „GA“. Im Grunde lautet es: Wohin gehen wir mit der Regionalförderung und der Wirtschaftsförderung insgesamt, und was ist zu tun, um das wachsende Gefälle innerhalb Bayerns durch geeignete Fördermaßnahmen abbauen zu helfen?

Lassen Sie mich dazu ein bisschen in die Historie zurückgehen. Der Planungsausschuss – das ist der

Bund-Länder-Ausschuss, der die Gemeinschaftsaufgabe betreut – hält ja laufend Sitzungen ab. Mein Hauptargument gegenüber der Bundesregierung war: Der Ausschuss hat in diesem Jahr am 24. April in seiner 56. Sitzung darüber debattiert, ob im Zuge der namentlich von Herrn Stoiber und Herrn Clement – was den Letzteren betrifft, so geht es um die Zeit, als er noch Ministerpräsident war – angezettelten Diskussion über die Verringerung von Bund-Länder-Aufgaben insgesamt und damit der Verringerung oder gänzlichen Abschaffung der Mischfinanzierung angesichts der Meinungsäußerungen der beiden Ministerpräsidenten der zwei wichtigsten Länder in Deutschland nicht auch im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Konsequenzen gezogen werden müssten.

Das Ergebnis war, wie ich dem Protokoll entnehme, einstimmig, das heißt es ging über alle Länder hinweg. Dazu gehörten also auch alle westlichen Länder, egal, ob es A- oder B-Länder waren.

Über die Frage der GA sollte man das Thema „Verminderung oder gänzliche Abschaffung von Gemeinschaftsaufgaben bzw. von Mischfinanzierungen“ nicht glauben bewältigen zu können. Ich halte das für eine wichtige Feststellung.

Ich sage Ihnen das in Richtung Stoiber, und ich sage es uns in Richtung Clement eindeutig. Ihre Grundsatzdebatte ist eine Debatte im Rahmen eventuell oder tatsächlich notwendiger Verfassungsstrukturveränderungen in Deutschland angesichts dramatisch veränderter Sachlagen. Das ist eine Debatte, die Jahre in Anspruch nehmen wird. Sie muss man von aktuellen Dingen völlig abkoppeln. Man muss die Debatte über sehr konkrete und sehr aktuelle und unmittelbar wirksam werdende Teilprobleme führen. Dabei muss es um die Frage gehen, ob man regionale Wirtschaftsförderung auch als Bund-Länder-Aufgabe noch machen kann, und man muss antworten: ja oder nein.

Dazu hat der Ausschuss noch in seiner 56. Sitzung im April dieses Jahres ein klares Ja gesagt. Daran habe ich die Bundesregierung erinnert und werde sie in den nächsten Tagen noch einmal daran erinnern.

Damit Sie, meine Damen und Herren von der Union, sehen, dass wir von der SPD uns um dieses Thema nicht nur dann kümmern, wenn der Kittel brennt und die Schlagzeilen sicher sind, erinnere ich daran, dass die Kollegin Dr. Kronawitter mit dem Antrag vom 11. Oktober 2002 – das ist jetzt neun Monate her –, Drucksache 14/10316, gefordert hat, dass vonseiten der Staatsregierung endlich ein Bericht über die GA gegeben wird.

Das hatte damals den Hintergrund, dass man in der vorletzten Sitzung im Mai 2002 im Rahmen des Planungsausschusses schon einmal über dieses Thema geredet hat. Das Protokoll weist aus, dass es dabei bereits einige Leute gab, die das Thema GA mit der Struktur- und Grundsatzdebatte, mit der Verfassungsdebatte verknüpfen wollten, die bereits damals über die Herren Clement und Stoiber angezettelt worden ist. Bezug nehmend darauf haben wir diesen Berichtsantrag gestellt. Ich mahne dringend an, dass dieser Bericht endlich vorge

legt wird. Ich glaube, neun Monate müssten genügen, Zahlen, die jedermann zugänglich sind, aufzubereiten und einer allgemeinen Debatte zuzuführen. Wenn Sie das Thema wirklich ernst nehmen, sind Sie von der CSU im Oktober mit uns im Boot, um endlich anzumahnen, dass dieser Bericht kommt. Meine Damen und Herren, zwölf Monate müssten dazu eigentlich reichen.

Ich sage das deshalb, um Ihnen deutlich zu machen, dass uns von der bayerischen SPD dies wirklich ein wichtiges Anliegen ist. Wenn Sie die Frage GA in Zusammenhang mit der Frage bringen, wie es unserem grenznahen Raum, unserem nord- und ostbayerischen Raum geht, haben Sie in uns die wärmsten Befürworter. Nur kann man dies nicht allein an der GA festmachen, wirklich nicht, von der Größenordnung schon gar nicht. Wir reden von 10 Millionen e. Wenn ich nur die EU-Mittel nehme, so ist es für die Ziel 2- und Ziel 3-Gebiete etwa das Dreifache. Es werden etwa 30 Millionen e sein, um die es dabei geht. Das ist schon einmal ein deutlicher Unterschied.

Aber jetzt kommt ein Punkt, bei dem wir leider nicht mehr zusammen sind. Diesen nenne ich Ihnen seit Jahr und Tag. Dazu haben wir auch entsprechende Anfragen gemacht und die Aufschlüsselung verlangt. Wenn ich mir nämlich anschaue, dass wir in Bayern angesichts der Lage, die Herr Faltlhauser vorhin geschildert hat in der einmaligen, geradezu paradiesischen Situation sind, dass wir neben dem normalen Haushalt über die Privatisierungserlöse gigantische Gelder zur Verfügung haben, ca. 4,5 Milliarden e und wenn ich mir anschaue, wie wir diese 4500 Millionen e – was ist das für ein Wahnsinnsbetrag im Verhältnis zu 10 Millionen e GA oder 30 Millionen e EU-Mitteln – eigentlich eingesetzt haben, wo es keinerlei Auflage, keine Beihilfekontrolle gibt, kein Bundesgesetz, kein Bundesrat, kein Gremium kontrolliert, wo wir als Bayern machen könnten, was wir wollten, wo Sie mit Ihrer Mehrheit machen könnten, was Sie wollten. Was haben Sie eigentlich getan, um diese 4500 Millionen e einzusetzen, um das Strukturgefälle in Bayern abzufedern, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Sackmann, Sie sprechen jetzt von den 100 Millionen e des Ertüchtigungsprogramms. Ja, wunderbar, wir haben oft genug darauf gedrängt. Aber was sind 100 Millionen e von 4500 Millionen e! Wenn Sie wirklich nach dem 21. September bereit wären – ich bin nicht so naiv zu glauben, dass Sie das vorher sind –, Ihr Herz und Ihr Hirn für das wirklich objektiv belegbare Problem zu öffnen, dass die einzelnen bayerischen Regionen ökonomisch, arbeitsmarktmäßig und in jeder sonstigen Beziehung auseinander wachsen und dass wir dringend etwas tun müssen, um die Folgen, die das bedeutet – Abwanderung, Überalterung, Transferzahlungen an die Regionen, denen es nicht so gut geht –, abzuwenden, müssen wir die GA unbedingt erhalten und müssen wir die EU-Förderung unbedingt erhalten. Bis 2006 ist sie erhalten. Wir müssen schauen, dass sie über 2006 hinaus erhalten bleibt. Dann müssen wir aber auch die mit Abstand größte Geldsumme, die wir zur Verfügung haben, um diesem Problem beizukommen – das sind die Privatisierungserlöse, immer noch und auch in der

nächsten Legislaturperiode –, endlich massiv und nicht nur punktuell einsetzen, um dieses Generalproblem Bayerns endlich zu lösen, meine Damen und Herren, und dazu fordere ich Sie auf.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben Ihnen immer wieder deutlich gemacht, dass das Problem wächst. Wir haben in der Frage Forschung und Entwicklung, in der Frage Technologieförderung, in der Frage Technologietransfer, in der Frage Ausbildung, Fortbildung, Ausbildungsplätze immer und immer wieder deutlich gemacht, dass dieses Gefälle wächst und dass die bisherige Politik der Staatsregierung ausschließlich in Richtung Verfolgung modischer Ökonomietendenzen à la Clusterbildung, Kompetenzzentren usw. geht. Da gibt es alle zwei bis drei Jahre eine neue Welle, es war einmal Just in time, dann lean production, dann dies und jenes. Alle zwei bis drei Jahre kommt etwas Neues, das wird dann auf der PR-Geige gut gespielt, aber es hilft in der Sache nicht. Wir brauchen eine nachhaltige Politik auf den Feldern, in all den Parametern, die dieses Gefälle herbeiführen. Dazu brauchen wir viel, viel Geld, und zwar möglichst Geld, in dessen Verwendung uns niemand hineinredet. Dieses Geld haben wir in Bayern. Wir haben es über die Privatisierungserlöse. Aber Sie setzen es leider nicht ein. Da liegt die Hauptverantwortung. Wir bitten Sie, dieser Hauptverantwortung endlich gerecht zu werden. Wenn es heute nicht ist, dann bitte nach dem 21. September.

Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, eines zum Bundeskanzler. Herr Kollege Sackmann, vergessen Sie bitte zwei Dinge nicht. Sie sprechen das Thema Fördergefälle zwischen Bayern und Tschechien an, in der Tat ein Problem. Wenn Sie etwas nördlicher wohnen würden so wie ich, zum Beispiel in Oberfranken, dann wüssten Sie noch besser, dass dieses Fördergefälle ein Problem ist. Dass dieses Thema ein Problem ist, haben wir in Oberfranken schon drastisch erlebt. Es gab ein paar Leute, die schon 1991/92 gesagt haben, dass das schiefgehen wird, dass das Fördergefälle alte Länder/neue Länder zu Verlagerungen mit reinen Mitnahmeeffekten, aber nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung führen wird und dass unter Umständen die grenznahen westlichen Räume am Ende die Betrogenen sein werden. Und genau so war es. Die Firmen haben 50 Zentimeter über den ehemaligen Grenzzaun hinaus eine Bruchbude hingestellt, haben ihr Firmenschild daran gehängt – das ist mir erst am Samstag bei einer Familienfeier wieder deutlich geworden – und haben die Zuschüsse kassiert. Die Arbeitnehmer sind drei Kilometer weiter über die Grenze gefahren. Aber geschehen ist im Grunde genommen volkswirtschaftlich nichts. Das Einzige, was wirklich eingetreten ist, war, dass die Staatsausgaben größer geworden und die Staatseinnahmen minimiert worden sind.

Hier hat sich also nicht viel getan. Das einzig Sinnvolle wäre gewesen, eine Art Förderband, wie Verheugen und ich das damals genannt haben, einzurichten und zu sagen: Nehmen wir auf der westlichen Seite den alten Grenzlandstreifen, den 40-Kilometer-Zonenrandstreifen von einstens, und auf der östlichen Seite etwa denselben Streifen, dann haben wir 80 Kilometer, und lassen

innerhalb dieses 40/40-Streifens diesseits und jenseits der Grenze vergleichbare Förderbedingungen gelten. Dann sind die Mitnahmeeffekte weg, dann kann man das mit reinem Pendlerbetrieb nicht mehr machen, und dann überlegt sich jeder, wo sinnvoll eine Förderung stattfinden könnte. Das ist nicht geschehen. Das Geld ist weg, aber die Wirtschaftsprobleme sind dort geblieben. Soweit das Thema Fördergefälle.

Wir werden eine ähnliche Situation in einigen Branchen ohne Zweifel in der Anfangszeit der Osterweiterung erleben. Das ist weiß Gott kein Argument gegen die Osterweiterung. Klar ist auch: Die GA-Förderung allein ist nicht annähernd geeignet, dieses Problem zu beseitigen, sondern das wäre es nur, wenn der Raum nach allen Maßstäben der Vergleichbarkeit in seinen Eigenkräften gestärkt wird. Das beginnt bei der Infrastruktur und hört mit der Mobilität und Qualifizierung der Arbeitnehmer auf, es geht über den Marketingbereich der Unternehmen usw. Für all das brauchte es eine verstärkte Beratung und auch entsprechende Förderprogramme, um diejenigen stark zu machen und nicht nur im Sinne von Zuschussförderung zu fördern, die sich dann einem neuen Wettbewerb öffnen müssen.

Um in die Gegenwart zurückzukommen und diesen Ausflug zu beenden: Viel entscheidender als die GA sind zwei Dinge, die Sie vergessen haben, die aber geschehen sind:

Erstens. Es war Position der Europäischen Kommission, dass zum Jahr 2003 die EU-Förderung für unsere Regionen ausläuft. Dieses Konzept hat im Rat bereits vorgelegen. Ich weiß, wie das gelaufen ist: Wir haben ganz massiv interveniert und erreicht, dass über die Position der Bundesregierung mit der ganzen Kraft, die Deutschland hat, die EU-Regionalförderung bis einschließlich 2006 sichergestellt worden ist. Kein EU-Land wollte das. Nur durch das Gewicht Deutschlands – mit irgendwelchen Kompensationsgeschäften, die ich hier nicht erwähnen will, wie es halt im europäischen Geschäft so läuft – ist das gelungen.

Lieber Herr Kollege Sackmann, meine Damen und Herren von der CSU, hätten wir das nicht, hätten wir ein echtes, x-fach größeres Problem als die Frage, ob wir eine GA haben oder nicht, ob wir sie mit 10 Millionen oder 100 Millionen haben, das wissen Sie ganz genau. Das war allein die Bundesregierung, und ich glaube sagen zu können, mit Unterstützung der bayerischen SPD. Darauf sind wir heute noch stolz. Das sollten Sie, wenn Sie der Wahrheit die Ehre geben wollen, nicht unterschlagen.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Die Position der EU-Kommission, auch des Rates in den Vorverhandlungen in vielen Notizen, war, dass es bei der Wahrnehmung der Freizügigkeitsrechte – anders als bei der Süderweiterung – keine Karenz- und Übergangszeit gibt. Das heißt, eigentlich hätte es, wenn es bei dieser Ursprungsposition aller Gremien der EU geblieben wäre, gelautet: ab 01. 04. 2004 kommt sofort, absolut und ohne Abstrich die Arbeitsnehmerfreizügigkeit. Was wir heute erreicht haben, nämlich dass wir mindestens fünf Jahre – mit Revision sieben Jahre – diese