Protokoll der Sitzung vom 09.07.2003

Es soll sogar bei jedem Katastropheneinsatz geprüft werden, wie viele Leute man von der Wasserwacht, vom Arbeitersamariterbund usw. braucht. Nur so viele Leute, wie man braucht, sollen angefordert werden. Ja, da braucht man doch nur mit einem Praktiker zu reden. Der wird Ihnen sagen, dass das nicht geht, weil man nie abschätzen kann, wie viele Kräfte letztlich benötigt werden.

Zwar nicht das stärkste Argument, aber doch eines ist, dass die Ablehnung des Gesetzentwurfs auch einen Verstoß gegen das ansonsten neuerdings hochgerühmte Konnexitätsprinzip bedeutet. Denn die freiwilligen Hilfsorganisationen von der Wasserwacht bis zum Arbeitersamariterbund und anderen sind gesetzlich zur Hilfeleistung verpflichtet. Die können es sich nicht aussuchen, ob sie teilnehmen oder nicht. Sie sind nach dem Katastrophenschutzgesetz zur Hilfeleistung verpflichtet. Was fehlt, ist eine Verpflichtung des Staates, ihnen die hierbei entstehenden Aufwendungen zu ersetzen.

Weil das so ist, möchte ich Sie, Kolleginnen und Kollegen, bitten, sich das noch einmal zu überlegen. Es fällt Ihnen kein Zacken aus der Krone, wenn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen. Ich glaube, die vielen tausend Helferinnen und Helfer, die wir im letzten Jahr

gebraucht haben und die auch ansonsten immer zur Verfügung und in Bereitschaft stehen, wären Ihnen dankbar, wenn Sie hier über Ihren politischen Schatten bringen würden.

Das Argument, dass es sich um einen SPD-Antrag handelt, reicht nicht, diejenigen zu überzeugen, die davon betroffen sind. Sie sollten diese Leute nicht noch weiter demotivieren. Es sollte unsere gemeinsame Aufgabe sein, dafür zu sorgen, dass weiterhin so viele Ehrenamtliche bereit sind, tätig zu werden, wenn es gilt, Katastrophen abzuwenden.

(Beifall bei der SPD)

Ich mache darauf aufmerksam, dass soeben von der SPD-Fraktion der Antrag gekommen ist, über diesen Gesetzentwurf namentlich abzustimmen.

Ich weise bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass hier die 15-Minuten-Frist, die wir sonst praktizieren, nicht gilt, weil es sich um einen Gesetzentwurf handelt.

Als Nächster hat Herr Kollege Ettengruber das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich brauche nicht eine viertel Stunde zu reden, aber ein paar Minuten doch. Wir haben uns heute schon sehr eingehend über finanzielle Dinge unterhalten. Aber Sie scheinen das immer noch nicht ganz ernst zu nehmen. Denn das, was Sie mit diesem Gesetzentwurf vorschlagen, kostet ja auch Geld. Es geht nicht darum, dass wir nicht alle Helfer gleichstellen wollten. Das Anliegen teilen wir, nur ist das Gesetz nicht dazu geeignet, weil es handwerkliche Fehler enthält. Sie haben sich während der Beratungen nicht bewegt. Das Gesetz ist in sich nicht stimmig.

(Zurufe von der SPD: Sie haben doch nichts vorge- schlagen!)

Vorschläge müssen Sie doch machen. Wir haben gesagt, dass es so nicht stimmt.

(Lachen bei der SPD)

Ich freue mich immer, dass ich für Heiterkeit bei Ihnen sorgen kann.

Meine Damen und Herren, machen Sie halt einen Gesetzentwurf, der in sich stimmt, dann können wir darüber reden. Denn die Regelungen, die Sie vorschlagen, sind systemwidrig. Sie wollen Gleichstellung mit den Feuerwehren, aber dazu dient dieser Gesetzentwurf eben gerade nicht.

Es kommt dazu, dass auch die finanziellen Auswirkungen nicht übersehbar sind und dass man das prüfen muss. Nach Ihrem Entwurf sollen die Regelungen des Bayerischen Feuerwehrgesetzes entsprechend gelten, und das geht eben gerade nicht, weil sich nach dem Feuerwehrgesetz der Erstattungsanspruch gegen den Träger der Feuerwehren, also gegen die Kommunen,

richtet. Wenn Sie es also analog machen wollten, müssten Sie den Anspruch gegen die Träger, also gegen das Rote Kreuz, selber richten. Sie wollen es aber gegen die Katastrophenschutzbehörden richten. Die sind aber nicht Träger. Deswegen stimmt das nicht.

Im Übrigen kommt auch dazu, dass bisher niemand einen 100-prozentigen Erstattungsanspruch hat. Den wollen Sie aber einführen. Wenn die Wohlfahrtsorganisationen einen 100-prozentigen Erstattungsanspruch hätten, wären sie besser gestellt als die Feuerwehren, die nach der bisherigen Regelung keinen solchen Anspruch hätten. Deswegen ist Ihr Gesetzentwurf nicht stimmig, und deswegen können wir ihm auch nicht zustimmen. Wie Sie wissen, haben wir vom Landtag bereits einen Prüfantrag verabschiedet bekommen. Das Thema wird in der nächsten Legislaturperiode wieder auf die Tagesordnung kommen.

(Beifall bei der CSU)

Ich weise darauf hin, dass die Frau Kollegin Tausendfreund, die für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprechen sollte, ihre Rede in Abstimmung mit den Kollegen Schindler und Ettengruber zu Protokoll gibt.

(siehe Anlage 10)

Jetzt hat das Wort der Herr Staatssekretär Regensburger. Geburtstagskinder müssen das Recht haben, auch einmal Stellung zu nehmen.

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium) : Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Ich räume durchaus ein, dass das Innenministerium ein beträchtliches Maß an Sympathie für das Anliegen hat, das hinter dem Gesetzentwurf steht, auch deswegen, weil wir bereits beim Gesetz zur Änderung des Katastrophenschutzgesetzes versucht haben, eine vergleichbare Regelung zu finden. Ich habe selbst in der Endphase der Gesetzesberatung noch ein Gespräch mit den Vorsitzenden der einschlägigen Hilfsorganisationen geführt.

Die Frage war natürlich, wer bezahlt. Wir hätten gern eine Bestimmung hineingeschrieben, dass den Mitgliedern der Hilfsorganisationen außerhalb der Feuerwehren ein ähnlicher Rechtsanspruch zusteht. Die Hilfsorganisationen haben erklärt, sie könnten das nicht leisten, und der Finanzminister hat damals schon erklärt, er könne es auch nicht leisten. Daran ist eine entsprechende Regelung gescheitert.

Es ist eine Schieflage, das ist durchaus einzuräumen. Aber wie Kollege Ettengruber gesagt hat, kommt der Vorschlag im Moment aus finanziellen Gründen einfach zur Unzeit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine Möglichkeit gibt, hier erhebliche Beträge – es geht in Millionenbeträge hinein – aufzuwenden, wenn wir andererseits die größte Mühe haben, bereits geltende gesetzliche Leistungen überhaupt noch abzudecken, und vielmehr darüber nachdenken müssen, wo wir Einsparungen vertreten können. Deshalb ist es unmöglich, abgesehen von den handwerklichen Fehlern, die Kollege

Ettengruber schon aufgezeigt hat und die ich jetzt nicht wiederholen möchte, dass wir im Augenblick eine Regelung finden.

Ich möchte die Argumente des Kollegen Ettengruber nicht wiederholen, sondern nur noch einige Anmerkungen zum Prüfungsantrag machen, der noch im Raum steht.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schindler?

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium) : Aber gern.

Herr Staatssekretär, Sie haben auf die finanziellen Schwierigkeiten hingewiesen. Können Sie mir erklären, wie es dann möglich war, dass im Jahre 2002 die Zuweisungen des Freistaates an den Katastrophenschutzfonds geradezu verdreifacht wurden?

Die Zuweisungen an den Katastrophenschutzfonds werden jeweils einvernehmlich mit den Kommunen festgelegt, nachdem diese auch ihren Anteil dazu leisten müssen. Sie wissen, für welche Zwecke die Mittel für den Katastrophenschutz gedacht sind. Sie werden in vollem Umfang ausgegeben. Da stehen keine zusätzlichen freien Mittel zur Verfügung, um unserem im Prinzip gemeinsamen Anliegen Rechnung zu tragen.

Noch einige wenige Anmerkungen zu dem, was wir im Augenblick zu diesem Prüfauftrag des Landtags sagen können. Es war der Prüfauftrag vom 06. 05. 2003, mit dem die Staatsregierung aufgefordert wurde, eine Regelung zu prüfen, wonach die Helfer der freiwilligen Hilfsorganisationen einen Freistellungs- und Entgeltzahlungsanspruch bei Katastropheneinsätzen, also nicht bei Übungen und Ausbildungsveranstaltungen, und gleichzeitig die Arbeitgeber einen Erstattungsanspruch gegenüber den Hilfsorganisationen als Träger der Einrichtungen analog, so wie Sie sagen, den Einsatzkräften der Feuerwehren haben sollen. Die Zahl der Einsatzkräfte beim Katastrophenschutz soll dabei durch ausdrückliche Anforderung der Katastrophenschutzbehörde festgelegt werden. Ich halte dies durchaus für prüfenswert, damit noch eine gewisse Steuerungsmöglichkeit gegeben ist. Das wird immer in enger Abstimmung mit den Hilfsorganisationen erfolgen.

Den freiwilligen Hilfsorganisationen und Gemeinden wird dem Grunde nach ein Anspruch auf angemessene Erstattung aus dem Katastrophenschutzfonds gewährt. Der Umfang wird aber gesetzlich nicht festgelegt, sondern richtet sich nach den jeweils vorhandenen Mitteln und nach den Aufwendungen, siehe Hochwasser. Das kann man eben nicht vorherplanen, das muss jeweils ad hoc entschieden werden.

Bei der Behandlung dieses Prüfauftrags könnte nach meiner Auffassung auch an eine Änderung der Richtlinien für Zuwendungen des Freistaates Bayern zum Aus

gleich von Einsatzkosten im Katastrophenschutz gedacht werden, nämlich in der Richtung, dass die Förderung von Einsatzkosten der freiwilligen Hilfsorganisationen an den Fördersatz für Kommunen angepasst wird und diese Einsatzkosten dann mit einem erhöhten Fördersatz bedient werden könnten.

Aber ich muss diese Einschränkung machen: Alle diese Lösungsideen gehen davon aus, dass zusätzliche Finanzmittel bereitgestellt werden können. Eine Erhöhung der staatlichen Zuführungen zum Katastrophenschutzfonds wird aber wohl nur dann möglich sein, wenn an einer anderen Stelle des Haushalts Einsparungen vorgenommen werden können. Ich sage Ihnen zu, dass wir dies sehr sorgfältig prüfen werden. Das Anliegen ist also nicht vergessen, sondern es bleibt auf der Tagesordnung. Ich meine, wir sollten durchaus auch mit den Landkreisen und kreisfreien Städten darüber verhandeln, ob sie bereit sind, einen zusätzlichen Beitrag über die Finanzierung des Katastrophenschutzfonds zu leisten. Wir kommen damit allerdings in die Diskussion über die Konnexität hinein.

Sie erkennen schon aus diesen wenigen Ausführungen, dass dies eine sehr, sehr schwierige Kiste ist. Also: berechtigte Forderung im Prinzip anerkannt, aber Umsetzungsmöglichkeiten derzeit noch nicht in Sicht. Ich lege dies in die Hände des künftigen Landtags. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 14/11574 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Die Abstimmung soll in namentlicher Form stattfinden.

Die Ja-Stimmen können auf der Oppositionsseite abgegeben werden, die Nein-Stimmen aufseiten der CSU, Enthaltungen am Stenografentisch. Wir haben für die Abstimmung fünf Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 19.19 bis 19.24 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Abstimmung ist abgeschlossen. Das Ergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und von mir später bekannt gegeben. Wir fahren jetzt in der Tagesordnung fort. Darf ich Sie alle bitten, wieder Platz zu nehmen.

(Glocke des Präsidenten)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, jetzt Platz zu nehmen und sich zu konzentrieren. Wir haben jetzt einen Block Zweite Lesungen, also Angelegenheiten zu behandeln, die wir bei entsprechender Konzentration rasch erledigen können. Wer heute die Sitzung noch vor 22 Uhr beenden will, hat eigentlich schon die Verpflichtung, ein bisschen mitzuarbeiten. Darf ich jetzt die hinten stehenden Kollegen bitten, ent

weder hinauszugehen oder die Gespräche einzustellen. Frau Kultusministerin, Frau Abgeordnete Hohlmeier, wäre es vielleicht möglich, die Gespräche einzustellen?

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 16

Gesetzentwurf des Abgeordneten Prof. Dr. Gantzer und anderer (SPD)

zur Änderung der Bayerischen Bauordnung (Druck- sache 14/12161)

Zweite Lesung –

Eine Aussprache findet nicht statt. Wir kommen sofort zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 14/12161 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie empfiehlt auf Drucksache 14/12979 die Ablehnung des Gesetzentwurfs.