Wir setzen Finanzmittel im Bereich der Wirtschaft, der Verbände und Bildungseinrichtungen im Rahmen der Hightech-Offensive ein. Wir haben Gelder für überbetriebliche Einrichtungen der Wirtschaft, die Industrie- und Handelskammern und für Call-Center bereitgestellt. Wir haben eine Initiative der Wirtschaft mit dem Titel „Mut, Mensch und Technik“ unterstützt, mit der der immer noch vorhandenen Technikfeindlichkeit entgegengewirkt werden soll. Damit sollten die jungen Menschen, die vor der Wahl ihres Studienganges stehen, informiert und motiviert werden, technische und naturwissenschaftliche Studienrichtungen einzuschlagen. Ich halte das für richtig.
Als wir das aber vor fünf Jahren für den Sektor der Informations- und Kommunikationstechnik gemacht haben, sind wir bei der Opposition nicht auf Begeisterung gestoßen. Es gab damals dagegen eine Gegnerschaft wie heute bei der grünen Bio- und Gentechnologie. In Bezug auf die grüne Biotechnologie sind die GRÜNEN heute auf dem Stand, auf dem sie vor zehn Jahren bezüglich der roten Biotechnologie waren. Sie protestieren gegen das, was wir in Weihenstephan machen. In drei Jahren werden uns die Biotechniker fehlen. Deshalb ist es höchste Zeit zu erkennen, sich in Bezug auf die technologische Entwicklung anders zu verhalten, als Sie von der Opposition das 15 oder 20 Jahre lang propagiert haben.
Wir sind als Technikfanatiker beschimpft worden und uns wurde vorgeworfen, völlig falschen Entwicklungen hinterherzulaufen. Jetzt ist die Entwicklung eingetreten.
Deshalb bin ich froh, dass der Bundeskanzler, der vorher Ministerpräsident in Niedersachsen war, die Fehler, die er in Niedersachsen gemacht hat, heute ausräumen muss. Er müsste sie heute nicht ausräumen, wenn er nicht vorher zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen von der SPD diese Fehler gemacht hätte.
Es ist falsch, der Staatsregierung Versäumnisse vorzuwerfen. Es gibt kein Land, das in die neuen Technologien mehr als Bayern investiert hätte. Darum sind wir in Deutschland die Nummer eins und in Europa nach Großbritannien die Nummer zwei in diesen Technologien. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir Großbritannien überholt haben.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist deutlich geworden, dass die Informations- und Kommunikationstechnologie eine wichtige Wachstumsbranche ist. Viele, die heute so tun, als ob man die Entwicklung der vergangenen Jahre schon damals hätte ahnen können, haben sich mit der Realität wenig beschäftigt, denn sonst wüssten sie, dass die 80000 Stellen, die heute in Deutschland fehlen, erst im Wesentlichen seit den letzten zwei bis drei Jahren fehlen. Heute erkennt man das. Wir werden in einigen Jahren noch einmal darüber reden, welche Länder die Realitäten zur Kenntnis genommen und dann die geeignetsten Maßnahmen getroffen haben.
Es ist davon auszugehen, dass wir in Zukunft jedes Jahr zusätzlich 60000 IT-Arbeitskräfte in Deutschland brauchen. In Bayern brauchen wir zirka ein Viertel bis ein Drittel dieser Arbeitskräfte, weil wir in diesem Bereich mehr unternommen haben. Die CSU-Fraktion hat sich für die „Offensive Zukunft Bayern“ eingesetzt und die Hightech-Offensive massiv unterstützt. Wir haben uns im letzten Jahr dafür eingesetzt, dass im Haushalt 2000 Mittel für eine Informationskampagne des Mittelstandes bereitgestellt werden, die das Thema Informations- und Kommunikationstechnologie zum Inhalt hat.
Wir haben erst vor kurzem eine Anhörung zum E-Commerce durchgeführt, um zu wissen, was die Unternehmen, die auf diesem Sektor tätig sind, denken.
Deshalb wissen wir schon lange, dass dieser dynamisch wachsende Markt auch auf der Ausbildungsseite eine entsprechend dynamische Entwicklung braucht. Unser vorrangiges Ziel muss es aber sein, dass wir die Arbeitsplätze mit Deutschen besetzen. Wir brauchen nicht nur, wie heute schon ein paar Mal gesagt worden ist, überwiegend hoch qualifizierte Ingenieure, sondern wir brau
chen auf diesem Gebiet in hohem Maße auch hoch qualifizierte Facharbeitskräfte. Wenn sie mit der Wirtschaft reden, werden sie erfahren, dass uns gerade diese Kräfte in ganz besonderer Weise fehlen.
Herr Dr. Dürr macht sich dabei Sorgen, dass wir in Bayern auf diesem Sektor zu viele Betriebe angesiedelt hätten, weswegen wir einen besonderen Arbeitskräftemangel hätten. Sind wir doch froh darüber, dass in Bayern auf diesem Gebiet die Dynamik zugenommen hat.
Wenn Sie mit Unternehmen – auch solchen, die bundesweit tätig sind – reden, werden Sie feststellen, dass für diese IuK-Unternehmen in Bayern ein wesentlich besseres Klima herrscht als anderswo. Die Unternehmen merken, dass in Bayern moderne Technologie unterstützt wird und dass die Politik in Bayern hinter dieser Entwicklung und nicht, wie in anderen Ländern, bremsend vor ihr steht.
Herr Dr. Dürr, Sie sagten, unsere gesellschaftspolitischen Vorstellungen wären möglicherweise hinderlich. Ihre politischen Vorstellungen, die Sie in Berlin entwikkeln, sind hinderlich. Ich erwähne nur die Stichworte Scheinselbstständigkeit oder zunehmende Regulierung im Kündigungsschutz. Wenn Herr Schröder wirklich schnell wirkende Maßnahmen ergreifen will, soll er doch im Bündnis für Arbeit dafür eintreten, dass die Tarifverträge für die IuK-Kräfte geöffnet werden. Wenn die Arbeitskräfte wie auch in den USA oder in Indien zwischendurch drei, vier oder fünf Stunden länger arbeiten dürften, würde für eine Übergangszeit, in der wir keine anderen Arbeitskräfte bekommen, zusätzliche Dynamik entstehen.
Die tüchtigen Leute, die bei uns arbeiten, beklagen auch unsere Steuerpolitik, denn hier bleibt ihnen zu wenig übrig, während ihnen in Amerika mehr auf der Hand bleibt. Deshalb müssen Sie zusehen, dass Sie auch für diese Arbeitskräfte und nicht nur für die großen Konzerne die Steuern entsprechend gestalten.
Meine Damen und Herren, wenn wir Kräfte aus dem Ausland holen wollen – das haben wir bisher schon getan –, hilft uns die „Green Card“ nicht weiter. Die „Green Card“ würde einen Daueraufenthalt erlauben. Nachdem es Schröder aber auch die Gewerkschaften nicht erlaubt haben, dass er die „Green Card“ anbietet, musste der Bundeskanzler sehr schnell zurückrudern. Jetzt versucht er es mit zeitlich befristeten Beschäftigungsverhältnissen.
Sie in der Opposition sprachen davon, dass wir aus Indien und weiß Gott sonst wo her Leute holen sollen. Denken sie einmal daran, dass wir wegen des Arbeitskräftebedarfs in den USA und in europäischen Ländern in Indien nicht alle hochqualifizierten Arbeitskräfte absaugen dürfen, denn dort muss auch Entwicklung stattfinden. Wenn wir diesen Ländern die besten Leute wegnehmen, wird dort Entwicklung behindert.
Nun aber noch konkret zu einigen Vorstellungen. Wir haben uns im Arbeitskreis Wirtschaft, Verkehr und Tech
nologie unabhängig von dem, was Herr Schröder gesagt hat, mit diesem Thema beschäftigt. Wir sind der Meinung, dass wir in der Hochschulbildung noch einiges verbessern müssen, auch wenn schon viel getan worden ist. Wir müssen über die Bachelor-Ausbildung im Fach Informatik mehr Fachkräfte heranbilden, die schon nach drei Jahren fertig sind. Wir wollen auch die Master-Ausbildung forcieren, um die Ingenieure, die zwar schon ausgebildet sind, aber die digitale Technik noch nicht kennen, auf diesem Gebiet weiterzubilden. Darüber hinaus wollen wir an der beruflichen Ausbildung einiges verbessern, und dazu haben wir eine Reihe von Vorschlägen gemacht, die ich heute aus zeitlichen Gründen nicht mehr darlegen kann. Auch die Arbeitsverwaltung muss stärker und gezielter auf diese Aus- und Fortbildung achten. Sie muss sich dabei aber mehr mit der Wirtschaft abstimmen und darf die Aus- und Fortbildung nicht allein von Theoretikern planen lassen.
Ich bin schon dabei, den Schluss zu formulieren. Bayern ist ein attraktiver Standort. Wir wollen uns weiter anstrengen, damit wir die Nachfrage nach Fachkräften befriedigen können und damit wir in Europa auf diesem Technikfeld weiterhin Spitze bleiben.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schon etwas enttäuscht. Die CSU gibt immer vor, fortschrittlich zu sein. Jetzt aber hat sie eine nur rückwärts gewandte Debatte geführt. Sie hat nur gesehen, was andere in der Vergangenheit anscheinend falsch oder richtig gemacht haben. Von den Vorstellungen, die sie über den Informations- und Kommunikationsbereich haben, haben wir bisher wenig gehört.
Herr Minister Wiesheu hat angefangen mit den Worten: „Wenn man die Debatte verfolgt“. Ich sage auch, wenn man die öffentliche Debatte verfolgt, die die Staatsregierung über die „Green Card“ geführt hat, waren Äußerungen von „absoluter Quatsch“ bis zu „kann man durchaus darüber reden“ zu hören. Wenn wir zurückverfolgen, was im Freistaat Bayern insgesamt gemacht wurde, stellen wir fest, dass es gute Entwicklungen gab, dass es aber auch absolute Flops gegeben hat. Ich erinnere nur an das Multimedia-Pilotprojekt in Nürnberg. Dort gab es einmal einen Herrn Mc Loughlin. Mittlerweile ist dieses Projekt unter der Decke verschwunden. Ursprünglich aber war die Rede davon, dass es sich dabei um ein Zukunftsprojekt handle. Mittlerweile ist es gescheitert, denn kein Mensch hat sich darum gekümmert.
Es gibt auch im Freistaat Bayern viele Möglichkeiten, um die Situation für die Informations- und Kommunikationsbranche zu verbessern.
Herr Minister Wiesheu sagte, die Nachfrage sei gedeckt. Das stimmt nicht. Wir haben uns am Freitag bei Lucent Technologies informiert. Diese Firma ist auf dem Sektor Information und Kommunikation der größte Anbieter auf der Welt. Sie bietet 150000 Arbeitsplätze und unterhält in Nürnberg ein Kompetenzcenter, die Bell Laboratories; dieses Unternehmen sucht händeringend nach Arbeitskräften. Es sucht nicht nur nach Arbeitskräften, die von den Universitäten kommen – hier könnte man mit der Bachelor-Ausbildung noch helfen –, es sucht auch Leute, die auf den Fachschulen für Informatik ausgebildet werden. Gerade die Fachschulen für Informatik haben in Bayern wesentlich mehr Bewerber, als sie ausbilden können.
Herr Staatssekretär Freller, warum werden die Fachschulen für Informatik nicht ausgeweitet? Warum bieten wir statt einer Klasse nicht zwei oder drei Klassen an? Warum sind wir nicht in der Lage, in Bayern eine differenzierte Ausbildung anzubieten, die aus einem Jahr Blockausbildung an der Schule und aus einer betrieblichen Ausbildung auf der Basis von Kooperationsverträgen besteht. Lucent Technologies nimmt mit Kusshand alle Absolventen der Fachschule in Roth. Auf diesen Gebieten besteht seit ewiger Zeit Handlungsbedarf, der aber von den zuständigen Staatsministern und Staatssekretären nicht erkannt wird. Jetzt gilt es, diesen Handlungsbedarf zu erfüllen; und wenn wir keine rückwärtsgewandten Debatten führen, könnten wir sehr schnell Ergebnisse erzielen.
Die Debatte, die von der Staatsregierung über die „Green Card“ geführt wird, zeigt nur, dass Sie sich furchtbar darüber ärgern, dass Sie nicht selbst auf die Idee der „Green Card“ gekommen sind. Sie ärgern sich furchtbar darüber, dass jetzt Schröder die Nase vorne hat.
Herr Kollege Hufe, Sie haben die Überminuten des Kollegen Dinglreiter wieder ausgeglichen. Jetzt hat Herr Kollege Söder das Wort.
Herr Präsident, Hohes Haus! Wenn wir über die Vergangenheit diskutieren, tun wir dies nicht, weil wir nicht in der Lage wären, in die Zukunft zu blicken, sondern weil wir Ihre Glaubwürdigkeit bei diesem Thema messen wollen. Sie haben doch in der Vergangenheit bei den wichtigen Zukunftsfragen für unser Land und für unsere jungen Menschen jedes Mal kläglich versagt.
Bloß weil Guru Gerhard auf der Cebit das Wort „Creen Card“ in den Mund nimmt und Sie dabei leuchtende Augen bekommen, werden Sie noch zu keiner Technologiekraft in Bayern. Deswegen müssen wir immer wieder auf Ihre Versäumnisse hinweisen, die Sie in unserem Land begangen haben.
Herr Schuhmann es wäre besser gewesen, wenn wir heute darüber diskutiert hätten, wie wir es schaffen, die deutschen Spitzenkräfte aus den USA und anderswoher zurückzuholen, statt darüber, wie wir ausländische Fachkräfte ins Land holen können. Die deutschen Spitzenkräfte sind doch von uns weggegangen.
Sie allein würden uns im Wirtschaftsstandort Deutschland entscheidend helfen. Weggegangen sind sie, weil außerhalb von Bayern in den letzten Jahren eine Forschungswüste entstanden ist. Nirgendwo sonst haben sich große Strukturen der IuK-Technologie, der Biotechnologie und der Mechatronik entwickelt. München und Nürnberg sind im Internetvergleich führend in Deutschland und Europa. Von Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt ist dagegen nichts zu lesen. Die Schwerpunkte liegen eindeutig in Bayern, und darauf kann man stolz sein.
(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hufe (SPD): In München regiert Rot-Grün!)
Die „Green Card“ ist nur eine oberflächliche Diskussion. Im Grunde genommen geht es um sehr viel mehr, nämlich um die Globalisierung und die Entwicklung hin zu einer digitalen Marktwirtschaft, die unsere Wirtschaftsund Sozialstrukturen grundlegender verändern wird, als wir es uns heute vorstellen. Ich weiß nicht, ob Sie wirklich glauben, mit der „Green Card“ sei das Thema erledigt und der Wandel von einer technologiefeindlichen zu einer technologiefreundlichen Partei abgeschlossen. Das wäre zu kurz gesprungen. Wir brauchen grundlegendes Umdenken in vielen Fragen der Politik.
Bei den Veränderungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik stehen wir alle erst am Anfang, meine Damen und Herren. Das Internet ist nicht nur Sache von einigen Start-up-Firmen oder von Internet-Millionären, im Gegenteil: Das Netz geht schon heute weit hinein in den gesamten Mittelstand. Die Marktwirtschaft wird von einer bislang angebotsorientierten zu einer nachfrageorientierten umgestaltet werden, was uns alle noch vor ganz gigantische Herausforderungen stellen wird. Deshalb sollten Sie nicht glauben, dass mit einem Schlagwort die gesamte Debatte erledigt und alles geschafft sei.
Wir sind für einen Know-how-Mix und sagen, dass es jetzt, wo sich die Märkte etablieren, Sinn macht, Spitzenkräfte in begrenzter Zahl zu uns hereinzuholen. Um massive Investitionen im Hightech-Bereich kommt man aber trotzdem nicht herum. Bei einer Demonstration in Nürnberg im Zusammenhang mit den Vorgängen bei ADtranz sagten Sie, Frau Schmidt, es mache keinen Sinn, in den IuK-Bereich Geld zu stecken, weil er ohnehin ein Selbstläufer sei. Heute sehen Sie, wie falsch diese Aussage war.
(Frau Renate Schmidt (SPD): Es geht um die Menschen, die Betriebe muss man nicht fördern, die boomen von selbst!)
Dafür brauchen wir aber auch Technologieansiedlungen und Ausbildungsplätze. Wenn Sie tatsächlich den Anspruch einer sozialen Partei hätten, sollten Sie versuchen, nicht nur einige Spitzenkräfte ins Land zu holen,
sondern Qualifizierung für breite Schichten der Bevölkerung zu erreichen, wie wir es im Rahmen der HightechOffensive tun.
Sie waren doch immer dagegen, wenn wir das im Landtag diskutiert haben. Mit einem Antrag lässt sich das nicht wegwischen. So leicht können Sie sich nicht aus der Verantwortung stehlen.