Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Präsident hat zwar gesagt, man solle nicht so sehr auf die Kollegen eingehen, aber ich denke, am Anfang sollte man es trotzdem tun. Es ist richtig, dass das Stromeinspeisungsgesetz revolutionär war. Es ist so revolutionär, dass es jetzt von ganz Europa übernommen wird.
Und Herr Kollege Kaul, im Gegensatz zu Ihnen haben wir auch im Jahre 1991 diesem Stromeinspeisungsgesetz zugestimmt.
(Beifall bei der SPD – Kaul (CSU): Sie haben aber für die Novelle im Bundestag keinen Konsens gesucht!)
Und nun komme ich zum entscheidenden Punkt: Wo wären wir heute, wenn das alte Stromeinspeisungsgesetz noch gelten würde mit der Deckelung auf 5% beim Wind in Schleswig-Holstein?
Wo wären wir bei den immer weiter fallenden Strompreisen, die bis unter die Gestehungskosten fallen?
Die Landwirte sagen mir landauf landab, sie müssten ihre Biogasanlage wegen der alten Stromeinspeisungsregelungen abschalten. Deswegen haben wir das Gesetz doch neu geregelt. Es ist vernünftig und besser geregelt und es ist investitionssicher geregelt.
Der heutige Betreiber, der Geld investiert, hat Planungssicherheit, er weiß, worauf er sich einlässt und er erwirtschaftet damit Gewinne, wie wir das alle wollen. Auch kann er selbst entscheiden, ob er investiert.
Nachdem die Erstinvestition sehr groß ist, gibt es über das Programm, das seit 1. September gilt, ein zusätzliches Förderprogramm, das mit 200 Millionen DM ausgestattet ist. Dieses Programm setzt pro Jahr Investitionen in Höhe von 1 Milliarde DM frei. Über die mittelfristige Finanzplanung ist es mit 1,1 Milliarden DM sicher ausgestattet. Das ist Industriepolitik.
Jeder Investor in Deutschland weiß, worauf er sich einlässt. Es macht Sinn, in die erneuerbaren Energien einzusteigen. Die Rahmenbedingungen sind wasserdicht, sauber und klar. Und das Programm wird zum Erfolgsmodell in ganz Europa, nachdem aus dem Weißbuch für Europa nichts geworden ist und auch die entsprechenden Richtlinien untragbar waren, was natürlich ganz klar war, denn sie kamen wieder einmal von einer konservativen Kommissarin. Von ihr kann man eben nichts anderes erwarten. Das Parlament ist aber aufgrund der Erfahrungen in Dänemark, in Schweden, in Finnland, in Deutschland und sogar in Österreich stark genug, die Probleme zu erkennen.
Ich verstehe Sie wirklich nicht. Erneuerbare Energiequellen sind doch die Chance für Bayern. Die erneuerbaren Energien sind an ganz natürliche Vorkommen gebunden, ich kann sie dort gewinnen, wo es Wasser, Grünland oder Wald gibt oder wo der Wind weht, wie z. B. in den Mittelgebirgslagen. Wie wollen Sie denn im Allgäu oder in der Rhön Kernbrennstäbe herstellen?
(Hofmann (CSU): So ein Quatsch! Wenn ich jetzt nicht im Parlament wäre, würde ich mir an die Stirn tippen!)
Natürlich geht das nicht, Herr Hofmann. Das wissen Sie doch auch. Mit dem Verzicht auf erneuerbare Energien vertun sie Chancen für unsere Landwirtschaft. Die Landwirtschaft muss sich von der reinen Nahrungsmittelproduktion lösen. Sie wissen doch, wie hoch die Überschüsse und der Preisverfall sind. Sie kennen schließlich die Stimmung in der Landwirtschaft.
Die Chance, in die Nutzung von Wasserkraft und Biomasse sowohl im Flachland als auch in Mittelgebirgslagen einzusteigen, ist einmalig. Ich nenne Ihnen Hochrechnungen. Die Bundesregierung sagt, dass sich die erneuerbaren Energien in den nächsten zehn Jahren verdoppeln werden. Das bedeutet Investitionen in Höhe von 1 Milliarde DM pro Jahr allein in Bayern. In zehn Jahren sind das 10 Milliarden DM. Das bedeutet eine Wertschöpfung von 1,7 Milliarden DM pro Jahr für die Investoren.
Machen Sie doch mit uns mit, Sie können wirklich sehr viel erreichen. Die Landwirtschaftsämter und die Forstämter müssen hier auch mitziehen.
Wir haben aber auch Defizite auf anderen Gebieten. Wir haben Defizite beim Rapsöl und beim Schmieröl. Wir brauchen eine Zertifizierung für nicht verestertes Rapsöl. Wir brauchen Tankstellen für verestertes und unverestertes Rapsöl. Hier kann sich Bayern engagieren.
Vor allem brauchen wir langfristig dezentrale Konzepte für eine Stromerzeugung mit Nahwärme. Wir müssen für die Stromversorgung Inseln aufbauen. Hier könnte sich Bayern engagieren. Dazu brauchen wir vier bis fünf Pilotprojekte. Bayern hat hierfür immer noch 30 Millionen DM pro Jahr zur Verfügung gestellt, die zur Zeit gar nicht ausgegeben werden müssen, weil der Bund alles sogar noch besser abdeckt. Deshalb halte ich es auch für richtig, dass Bayern in dieser Situation sein Geld zurückhält. Diese Vorgehensweise ist vernünftig und unter Haushaltsgesichtspunkten absolut richtig. Dafür habe ich Verständnis. Wir sollten aber jetzt schon darüber nachdenken, wie wir das bayerische Geld sinnvoll einsetzen.
Unser Ziel muss es sein, die bayerischen Fördergelder sinnvoll unter Ausnutzung der bayerischen Stärken einzusetzen. Schaffen wir doch sowohl im ländlichen als auch im verdichteten Raum dezentrale Projekte mit Nahwärmenutzung, mit Kraft-Wärme-Koppelung oder mit Stromeinspeisung. Das Öko-Steuergesetz enthält Sonderregelungen für eigene Netze.
Ich sagen Ihnen aber auch, was passieren wird, wenn Sie diese Projekte fördern. Sie dürfen sie nämlich nicht fördern, weil Sie immer nur das tun dürfen, was Ihnen das Bayernwerk vorgibt. Allerdings ist das Bayernwerk mit seiner Energieversorgung um mindestens fünf Jahre im Rückstand.
Hartenstein (fraktionslos) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ohne Umschweife – eines ist sicher: bislang hat es keine Bundesregierung gegeben, die in gleicher Weise bereit gewesen ist, über entsprechende Förderprogramme möglichst optimale Voraussetzungen für eine breite Markteinführung erneuerbarer Energien zu schaffen, wie die jetzige. Insofern ist Rot-Grün zunächst einmal volle Anerkennung zu zollen.
Zweifelsohne gilt auch der Grundsatz: Nur wer heute die Zeichen der Zeit erkennt und die Weichen in die richtige Richtung stellt, darf gegen Mitte des Jahrhunderts mit
einem hohen Beitrag an erneuerbaren Energien zur Deckung des Strombedarfs, aber auch des Primärenergiebedarfs rechnen.
Die Zukunftsszenarien verschiedener Institute und Unternehmen gehen gegenwärtig davon aus, dass sich der Weltenergieverbrauch aufgrund des globalen Bevölkerungswachstums, aber auch aufgrund des Nachholbedarfs der Entwicklungs- und Schwellenländer bis zum Jahr 2050 verdoppeln wird.
Eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wird daher die Lösung folgender Frage sein: Wie kann es gelingen, einerseits allen Menschen dieser Erde genügend Energie für die wirtschaftliche Weiterentwicklung bereitzustellen und andererseits die damit verbundenen CO2- und Schadstoff-Emissionen drastisch einzuschränken?
Vor diesem Hintergrund liegen die Chancen für erneuerbare Energien, insbesondere für die Solarenergie, auf der Hand. Das gilt um so mehr für den Fall, dass eine breite Förderung einsetzt, wie es jetzt geschehen ist.
Bei aller Freude über die hohen Einspeisevergütungen und ergänzenden Investitionshilfen, die bei uns seit kurzem gewährt werden, ist dennoch Realismus angezeigt. Mit Milliardensubventionen soll bis zum Jahr 2004 eine Fotovoltaikleistung von bestenfalls 340 Megawatt installiert werden. Wer ehrlich ist, muss eingestehen, dass auf diese Weise innerhalb von rund fünf Jahren weder ein wesentlicher Beitrag zur Strombedarfsdeckung noch zum Klimaschutz geleistet werden kann. Ja mehr noch, zweifelsohne ließen sich mit dem selben Geldbetrag in anderen Bereichen schneller wesentlich größere Erfolge erzielen.
Um in diesem Zusammenhang keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, ich halte das 100000-DächerProgramm dennoch für notwendig und sinnvoll. Im Gegensatz zu machen Schönrednern ist mir aber bewusst, dass wesentliche Auswirkungen der Förderung erst in mehreren Jahren feststellbar sein werden.
Im übrigen wage ich die Behauptung, dass es trotz der hohen Einspeisevergütung fraglich ist, ob die Bürgerinnen und Bürger das Programm auf Dauer auch in der gewünschten Weise annehmen werden. Alle Anzeichen deuten bereits jetzt darauf hin, dass die Bundesregierung die bis zum 31. März gewährten Vergünstigungen in Form von zinslosen Darlehen und Erlass der beiden letzten Raten erheblich kürzen will. Nachdem aber die Menschen nach einem Hausbau in der Regel keine allzu großen Finanzreserven mehr haben, könnte eine solche Kürzung selbst in Bayern schnell wieder dazu führen, dass die Inanspruchnahme der Programme auf Werte des letzten Jahres absackt.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Markteinführung erneuerbarer Energien unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nur durch Bereitstellung öffentlicher Fördergelder und durch die Schaffung spezieller Anreize, wie z.B. kostendeckender Vergütung des in das öffentliche Netz eingespeisten Stromes, möglich ist. Insofern ist die Bundesregierung
auf dem richtigen Weg. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie in der Lage ist, flexibel auf die Entwicklung des Marktes zu reagieren. Sie muss den Markt weiter stützen, so lange der Durchbruch nicht gelungen ist, aber auch staatliche Förderung rasch zurücknehmen, sobald ein sich dynamisch entwickelndes System entstanden ist.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Paulig war am Schluss ihrer Rede der Meinung – ich darf sie zitieren –, dass Bayern ein schönes ökologisches Land werden soll.