Protokoll der Sitzung vom 13.04.2000

keine einzelne Schule selbstständiger, die Schulverwaltung nicht unbürokratischer und die Erziehungsressourcen nicht besser – im Gegenteil: Die Lage droht schlimmer zu werden, weil die Lehrer, auf die es bei der Schulreform doch ankommt, im Moment resignieren, da auf sie ständig eine Fülle von Erwartungen abgeladen wird, aber ihre eigenen Ressourcen, mit denen diese vor Ort in der Schule umgesetzt werden sollen, überhaupt nicht besser werden. Das ist die große Krisis vor Ort, wo Ihre Reformen keinen Boden bekommen.

Ihre Rhetorik will einfach vertuschen, dass durch Ihre so genannten Reformen keines der überfälligen, pädagogisch notwendigen, gesellschaftspolitisch drängenden Probleme gelöst wird. Darauf warten aber die Schulen, und das brauchen Unterricht und Erziehung als neue Grundlage.

Wir müssen Ihnen vorhalten, was wirklich notwendig ist, was aber durch das heute verabschiedete Gesetz überhaupt nicht gelöst wird. Wir müssen es Ihnen vorhalten. Dabei wird sich einiges wiederholen, aber diese Wiederholung unsererseits zeigt nur, dass wir Sie treiben müssen, um die Reformen endlich durchzubringen.

Erstens sind an vorderster Stelle die schlechten Rahmenbedingungen zu nennen, viel zu große Klassen in vielen Schulen unseres Landes. In großen Klassen kann Pädagogik, kann Erziehung einfach nicht so fruchtbar geschehen, wie das in kleineren Klassen möglich sein könnte. Dies hat auch unlängst eine amerikanische Studie wieder deutlich gemacht. In kleineren Klassen kön

nen insbesondere benachteiligte Kinder, Kinder, die sich ohnehin in der Schule schwer tun, besonders gefördert werden. In kleineren Klassen wird die Zahl der Sitzenbleiber und der Überweisungen an Sonderschulen geringer. Dies würde wiederum Geld sparen helfen, das dann für andere Dinge zur Verfügung stehen könnte. Wir müssen endlich zu pädagogisch sinnvollen Größen zurückkommen.

Zweitens: Der Unterrichtsausfall an unseren Schulen ist drastisch. Sie reden das zwar immer schön; Sie rechnen plötzlich ganz anders, aber wir erfahren aus allen Landesteilen und von allen Schulformen, dass viel Unterricht ausfällt. Besorgte Eltern schreiben und benachrichtigen uns. In Nürnberg war unlängst von 13% Unterrichtsausfall die Rede; an anderen Schulen wird uns vorgerechnet, dass in einem Monat 25% der Stunden ausfallen. Die Eltern rechnen jetzt Gott sei Dank nach und zeigen auf, was vertan wird, welcher Bildungsdiebstahl und Bildungsnachteil durch den ständigen Unterrichtsausfall geschieht.

Der Ministerpräsident sollte nicht nach Hessen fahren, wie er es im dortigen letzten Wahlkampf getan hat, um mit dem dortigen Kandidaten der CDU zu sagen: Ihr hessischen Eltern braucht Unterrichtsgarantien. Er soll endlich einmal in Bayern für Unterrichtsversorgungssicherheit und für Unterrichtsgarantien sorgen. Dies ist ein dringendes Problem.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Wenn Sie für die Schulen wirklich Gutes tun wollen, dann müssen Sie endlich die Stundenkürzungen zurücknehmen, die Sie in den letzten acht, neun, zehn Jahren getätigt haben. Allein in der so wichtigen Volksschule, der Grund- und Hauptschule, wird den Kindern über ein halbes Jahr Unterricht gestohlen. Dies ist eine echte Benachteiligung. Wir zweifeln auch, ob Ihre Ankündigungen zur Grundschule tatsächlich so kommen, ob die Stundenrückgaben nicht schon ohnehin an ein neues Schulfach weitergegeben sind. Wir werden sehen, ob Sie zum ursprünglichen Ausmaß zurückkommen.

Viertens. Wir weisen an dieser Stelle immer darauf hin, dass die Kürzungen im Schulsport besonders drastisch sind. Die Lage beim Schulsport ist schlecht; sie wird noch schlechter werden. Dies zeigen die Zahlen des laufenden Schuljahres. Wir sind in Bayern an vorletzter Stelle und werden das nächste Mal an letzter Stelle sein. Das Saarland liegt noch hinter uns, hat aber inzwischen wohl ein paar Beschlüsse gefasst, um die Lage zu verbessern. Im Schuljahr fallen in Bayern 2 Millionen Sportstunden aus. Meine Damen und Herren, dass Sie dies zulassen, ist skandalös und unverantwortlich, weil Sie wissen, dass Schulsport wichtiger ist als ein normales Unterrichtsfach, weil er ein Ausgleich ist, weil er Bewegung schafft, gesundheitlich notwendig ist und vor allen Dingen auch soziale Werte vermittelt und auch für das kognitive Lernen bessere Bedingungen schafft. Sie hätten Grund genug, endlich zum Aktionsbündnis Sport in Bayern Ja zu sagen, das zumindest die dritte Wochenstunde Sport einfordert. Gehen Sie den ersten Schritt auf

drei Stunden, und schaffen Sie dann wieder die vier Wochenstunden Schulsport, so wie sie im Stundenplan stehen.

(Beifall auf der Zuhörertribüne)

Meine Damen und Herren auf der Tribüne, Beifall von der Tribüne gibt es nicht; das hat man Ihnen sicher vorher erklärt.

Ich habe schon gemeint, die CSU ist jetzt nach oben gewandert – dahin, wo sie immer sein möchte, nämlich im Himmel,

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

aber es war tatsächlich das Publikum.

Fünftens. Unterricht und Schule stehen und fallen mit der Unterrichtsqualität. Frau Hohlmeier schaut wohl jetzt auch auf die Unterrichtsqualität, aber sie macht dies viel zu spät, und ich zweifle auch, ob sie die rechten Maßnahmen ergreift; denn das, was insbesondere an weiterführenden Schulen passiert, ist so etwas wie die FrissVogel-oder-Stirb-Schule: große Klassen, kein entrümpelter Stoff. Wann kommt eigentlich Ihr Entrümpelungskonzept für den Lehrplan? Bei gleich bleibender Stofffülle, bei großen Klassen, bei immer weniger Zeit für jedes einzelne Kind geht man davon aus: Die Kinder machen es zu Hause oder gehen zur Nachhilfe. Ich finde die Situation an unseren Schulen, bei denen es nach dem Friss-Vogel-oder-Stirb-Prinzip geht; schändlich: entweder du schaffst es daheim mit den Eltern oder mit Nachhilfe oder du schaffst es nicht. Dies ist ein Armutszeugnis für die bayerische Schule.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sechstens. Wir haben mehrmals nachgewiesen – ich brauche das nur stichwortartig zu nennen –,dass Sie bei der vierten Kulturtechnik, dem Lernen mit dem Computer, eine Menge Nachholbedarf haben. Frau Hohlmeier selbst hat ihre Zahlen vorgerechnet und ist jetzt mit bescheidenen 20 Millionen DM jährlich eingestiegen. Dies wird nicht reichen, um dem Aufholbedarf gerecht zu werden, und es wird vor allen Dingen nicht reichen, um die Kommunen zu entlasten, die den größten Teil des Sachaufwandes tragen müssen. Wir müssen endlich Unterstützung zeigen. Auch dies wäre ein Reformkonzept gewesen. Damit könnte jede einzelne Schule vor Ort per Computer im Multimediabereich aufholen.

Siebtens. Eine Aussage fehlt völlig; in Ihrem Konzept habe ich nichts davon gehört: Wir brauchen eine Stärkung der Erziehungskraft unserer Schulen. Ein wichtiges Modell ist der Ausbau von Ganztagesangeboten, also von Ganztagesschulen. Wir durften vor einiger Zeit lesen, dass es Familie Stoiber ganz gut tut, dass ihr Sohn jetzt auf eine Ganztagsschule geht. Nachdem aber schon die alte Bundesregierung festgestellt hat, dass ein großer Bedarf vorhanden ist, fordern wir, dass jedes Kind, das will, in eine Ganztagsschule gehen kann.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit bringen wir nämlich Kinder von der Straße weg und geben ihnen Ausbildung und Persönlichkeitsentwicklung.

Achtens. Wer Schulen verändern will, muss an neue Lehrerinnen und Lehrer denken. Das heißt, wir brauchen eine Reform der Lehrerausbildung; auch dies predigen wir, da Sie unsere Konzepte vermitteln. Wir können Ihnen stapelweise Aussagen darüber vorlegen und belegen, seit wann wir in der Lehrerbildung mehr Praxis, mehr Pädagogik, mehr Verbindung zwischen den einzelnen Phasen, mehr sozialpädagogische und schulpsychologische Ausbildung fordern. Dies liegt seit langem vor, aber Sie haben sich nicht darum gekümmert, sondern sagen jetzt draußen, wir brauchen eine neue Lehrerbildung. Wer ist die Fraktion, die hier Gestaltungsmehrheit besitzt und drastische Versäumnisse zu verzeichnen hat?

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Neuntens. Ein weiterer, gar nicht so unwichtiger Bereich ist die Schulverwaltung. Wir kritisieren seit vielen Jahren, im bayerischen Schulsystem und in der bayerischen Verwaltung gebe es zu viele Hierarchien, sie seien viel zu bürokratisch, dort werde zu viel verwaltet und zu wenig gestaltet. Ministerpräsident Dr. Stoiber hat dies 1994 wohl begriffen, als er gesagt hat, Aufgaben und Strukturen der Schulverwaltungsbehörden gehörten auf den Prüfstand, weil vieles an Evolution und Bewertung wohl nicht passiere. Immerhin liegt ein Berger-Gutachten vor, das Ihnen genau das ins Stammbuch schreibt, was auch wir Ihnen gesagt haben: Die bayerische Schulverwaltung und deren Bürokratie seien unmodern, sie könne die Aufgaben der Zukunft so nicht bewältigen und beinhalte zu viel Verwaltung. Es ist deutlich geworden, dass in der Verwaltung zu viele Hierarchien seien und dass die Pädagogen zu viele Verwaltungsaufgaben erledigten, die eigentlich wichtigere Dinge tun müssten.

Sie haben dies bisher nicht in Ordnung bringen können, und ich sehe nicht, worauf Sie bei den Konsequenzen hinauswollen. Ich bin sehr skeptisch, dass Sie daraus das Richtige machen. Berger hat vorgerechnet, dass in den Schulen ein Volumen von immerhin 500 Planstellen drinstecke, das heißt, die bayerischen Schulverwaltungen könnten mit 500 Planstellen weniger genauso optimal wie bisher ausgestattet werden. Nur: Sie haben es bisher nicht einmal in 15 Jahren zu Wege gebracht, die EDV-Stellen zwischen den Regierungen und den einzelnen Schulen in Ordnung zu bringen. Hier gibt es eine große Lamentiererei von Schulräten, Lehrern und Schulleitern, weil Sie nicht in der Lage sind, Verbindungspunkte zu schaffen. Ich bezweifle, dass Sie auch die anderen Aufgaben richtig lösen werden.

Zehntens. Es ist wichtig, die Schulentwicklung zu Stande zu bringen; ferner mehr Selbstständigkeit der eigenen Schulen in pädagogischer und in finanzieller Hinsicht, so dass von unten her endlich eine notwendige Reform in Gang kommen kann.

Wir aber sehen insofern – ich habe Ihnen ein paar Punkte geschildert – kein schlüssiges Gesamtkonzept. Wir haben als eigene Maßstäbe an die Veränderung der gesetzlichen Bedingungen, um nur einige unserer Leitideen kurz zu nennen: mehr Vorsorge statt Nachsorge, langfristig eine längere gemeinsame Schulzeit für unsere Kinder, Flexibilität bei den Übergängen und mehr Durchlässigkeit, keine Mammutschulen, keine Klassen zunächst über 30, später über 25 Kinder, Selbstständigkeit und Gestaltungsfreiheit. Mit diesen Leitideen prüfen wir das, was uns vorgelegt wird; es ist natürlich klar, dass das, was Sie vorgelegt haben, keine dieser Leitideen erfüllt. Wir werden aber dem Entwurf der GRÜNEN zustimmen, weil dieser unserem Vorhaben sehr nahe kommt.

Lasst uns vor allen Dingen von den Kindern sprechen; denn wenn Wissenschaftler sagen, dass die Idee der Kindheit vor allem durch das Erleben der Medien verschwinde, müssen wir antworten: Die einzige Institution, die sich dem fatalen Niedergang der Kindheit widersetzen kann, ist die Schule; jedoch nicht die Schule des permanenten Wettbewerbs und der ständigen Auslese, wie Sie sie installieren, sondern eine Schule, in der die Kinder Zuwendung und Förderung, Wärme und Integration statt Selektion erfahren.

Ich war dieser Tage erstaunt und fand es hochinteressant, dass Frau Staatsministerin Hohlmeier den regen Austausch mit Dänemark pflegen will, weil Dänemark ein pädagogisch interessantes Schulsystem hat. Ich hoffe nur, dass sie den Austausch nicht insofern pflegt, als sie sagt, Dänemark solle unsere bayerischen Verhältnisse übernehmen, sondern dass Bayern von Dänemark lernt: entspannte Atmosphäre, leistungsbezogener Unterricht, kleine Klassen, Verzicht auf frühe Auslese, Lernen ohne Ziffern, Noten und Punktesystem, die Schüler haben Zeit und Ruhe usw. Ich bin gespannt, ob Sie von dieser dänischen Schulpolitik einiges übernehmen wollen.

Wir müssen uns den Aufgaben stellen und den Kindern eine Schule bieten, die ihnen für ihre Zukunft der nächsten 50 Jahre die besten Qualifikationen mitgibt. Diese Probleme haben Sie bisher weder angesprochen noch gelöst. Daher lehnen wir diesen Gesetzentwurf zur Schulreform, der in die falsche Richtung geht, ab.

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Münzel das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns überlegen, wie die Schule der Zukunft aussehen soll, müssen wir uns zunächst die Frage stellen: Was sollen das für junge Menschen sein, die mit 15 oder mit 19 Jahren die Schule verlassen? Wir – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – wollen weltoffene, vorurteilsfreie, selbstbewusste, teamfähige und lebensfrohe junge Menschen, die die Verantwortung für sich selbst, aber auch die Verantwortung für andere übernehmen können. Wenn wir dies wollen, müssen wir uns fragen: Schaffen wir das mit dem jetzi

gen Schulsystem, in dem eine demokratische Mitbestimmung weder für Lehrkräfte noch für Eltern und Schüler vorgesehen ist? Schaffen wir das mit dem jetzigen Schulsystem, das zentral vom Ministerium aus verwaltet wird, in dem die Lehrpläne ein starres Korsett für das Lernen bilden, in dem die kleinen Schulen so gut wie keine Möglichkeit haben, sich auf die Situation ihrer Schülerinnen und Schüler einzustellen, die von Schule zu Schule, von Ort zu Ort, von Stadtteil zu Stadtteil unterschiedlich sein kann? Ich meine, mit dem jetzigen Schulsystem schaffen wir dies nicht. Die Schule muss sich grundlegend ändern – Kosmetik allein genügt bei weitem nicht. Stichworte für eine echte Reform sind: innere Schulreform, Selbstverwaltung und Demokratie.

Auch Sie, Frau Staatsministerin, haben während Ihrer Kampagne gegen das Volksbegehren „Die bessere Schulreform“ stets darauf hingewiesen, dass zu einer äußeren Schulreform immer auch eine innere Schulreform gehört; davon haben Sie auch während Ihres Kongresses geredet. Allerdings ist davon in Ihrem Gesetzentwurf, über den wir heute abstimmen, gar nichts zu finden. Ihre Aussagen zu diesem Thema sind reine Rhetorik. Frau Staatsministerin, Sie sind – gestatten Sie mir diesen Vergleich – eine Wölfin im Schafspelz; denn Sie reden fortschrittlich, aber handeln rückwärts gewandt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wider- spruch bei der CSU)

Ihre Ausführungen, die ich der Pressemitteilung habe entnehmen können, haben mich sehr amüsiert:

Damit die innere Schulentwicklung auf breiter Front Antrieb erhält, brauchen wir eine ausführliche öffentliche Diskussion und ein öffentliches Bewusstsein für die Wichtigkeit einer innovativen und nachhaltigen Bildung. Von dem heutigen Kongress erhoffe ich hierfür eine Initialzündung.

(Beifall bei der CSU)

Frau Staatsministerin, was dies anbelangt, sind Sie eine klassische Spätzünderin; denn die Bildung eines eigenen Profils, mehr Eigenverantwortung, Spielräume für die Stundentafeln usw. hat bereits mein Vorgänger, Oskar Brückner, im Bayerischen Landtag gefordert, und der ist 1990 in den Landtag gekommen.

Nach zehn Jahren spricht die CSU immerhin davon. Wann sie sich aber zum Handeln aufrafft, das ist eine andere Frage.

Was die Umsetzung Ihrer Worte anbelangt, bin ich wenig optimistisch, denn Sie treten schon von vornherein auf die Bremse. Sie sprechen von einer schrittweisen Entwicklung, es komme nicht darauf an, alles auf einmal anzupacken, und es würden Pilotprojekte gestartet. Das hört sich alles sehr zögerlich und unbestimmt an. Man könnte in Bayern viel rascher vorangehen und vieles sofort anpacken, zumal es aus anderen Bundesländern bereits gute Erfahrungen mit der inneren Schulentwicklung gibt.

Wenige Tage nach Ihrem sogenannten Innovationskongress legen Sie uns heute einen Gesetzentwurf vor, der noch nicht einmal den Hauch von Innovation ausströmt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie führen die sechsstufige Realschule ein und nehmen hier und da einige Korrekturen vor. Das Erziehungs- und Unterrichtsgesetz wird geflickt, aber damit hat es schon sein Bewenden. Ein solches Flickwerk, welches als Reform ausgegeben wird, ist uns zu wenig. Wir haben höhere Ansprüche.

Eine moderne Schule in einer demokratischen Gesellschaft, die in weltweiten Kategorien denkt, braucht mehr als ein erschrockenes Reagieren auf TIMSS, dass Starren auf die Ergebnisse von PISA, der nächsten großen Bildungsstudie, und einigen Korrekturen. Schule muss anders gedacht werden. Sie muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Wir müssen weg von der zentralistischen Leitung und hin zu einer demokratischen Führung, weg von zentralen Vorgaben, die zentral überprüft werden, und hin zu Entscheidungen, die vor Ort getroffen und dort überprüft werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Staatsministerin, wir zeigen Ihnen mit unserem Gesetzentwurf auf, wie es gehen könnte. Eine demokratische Gesellschaft braucht eine demokratische Schule. Deshalb fordern wir in unserem Gesetzentwurf ein Schulforum, in dem die Schulleitung, die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer, aber auch die Eltern weitreichende Entscheidungskompetenzen erhalten. Die einzelne Schule muss die Keimzelle der Reform sein. Ich glaube, dass wir uns in diesem Punkt einig sind. Das zeigen internationale Beispiele, aber es gibt auch Beispiele von Schulen bei uns, die sich trotz großer Widerstände der Kultusbürokratie mit viel Mut und Beharrlichkeit auf den Weg gemacht haben. Dieser Weg kann nur dann erfolgreich beschritten werden, wenn alle, die an der Schule beteiligt sind, ein großes Engagement zeigen und Entscheidungsbefugnisse erhalten.

Ich frage mich, mit wem Sie die innere Schulentwicklung durchführen wollen, Frau Staatsministerin. Wollen Sie das mit den Eltern tun? In Ihren Sonntagsreden betonen Sie zwar die Verantwortung der Eltern und wollen die Eltern verstärkt in Entscheidungen über die Schule einbeziehen. Echte Mitbestimmungsrechte erhalten die Eltern allerdings nicht. Sie behandeln die Eltern als Statistinnen und Statisten, die in dem Stück, das Sie ausgesucht haben und in dem Sie Regie führen, zwar eine Rolle spielen, jedoch nur eine unbedeutende. Dass jetzt das Schulforum zu einem Drittel mit Eltern, zu einem Drittel mit Lehrerinnen und Lehrern und zu einem Drittel mit Schülerinnen und Schülern besetzt wird, ist reine Augenwischerei, wenn nicht gleichzeitig die Rechte aller Beteiligten gestärkt werden. Dazu sind Sie aber nicht bereit.

Mit den Eltern wollen Sie die Schulreform also nicht durchführen. Vielleicht wollen Sie aber das mit den Schülerinnen und Schülern? In dieser Beziehung besteht jedoch auch Fehlanzeige. Auch deren Rechte