Protokoll der Sitzung vom 14.04.2000

Nächster Redner ist Herr Kollege Hofmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Wir diskutieren heute über die Fortschreibung der RZWas. Ich habe auch heute wieder feststellen können, dass ganz offensichtlich sowohl an der SPD als auch an den GRÜNEN die Diskussion der zurückliegenden mindestens vier Jahre spurlos vorübergegangen ist.

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): An Ihnen!)

Wir haben im Februar 1996 15 CSU-Anträge beschlossen, die genau das berücksichtigen und beinhalten, Frau Kollegin Gote, was Sie zu Recht reklamieren.

Wenn wir draußen in unseren Wasserwirtschaftsämtern die Verhältnisse hätten, die vor 1990 oder 1995 gegolten haben, dann hätte ich noch einigermaßen Verständnis für Ihren Diskussionsbeitrag gehabt. Aber ich stelle fest, dass die Wasserwirtschaftsämter sich in vielen Bereichen darum bemühen, nicht nur den ökonomischen

Bereich, sondern auch die ökologische Situation zu berücksichtigen

(Kaul (CSU): Dank der Arbeitsgruppe Hofmann!)

Herr Kollege Kaul hat wie immer Recht – und unter Berücksichtigung dieser Maßgaben genau diese Forderungen zu erfüllen, die Sie, allerdings verspätet, aufgestellt haben.

Der Kollege – wo ist er denn? –

(Hartenstein (fraktionslos): Hier!)

nein, der mit dem Schnauzer, ach ja, der Kollege Wörner, der sich jetzt so weit zurückgezogen hat –,

(Wörner (SPD): Das ist mein angestammter Platz!)

hat erklärt, 50% der Gemeinden würden nach den Richtlinien der RZWas 2000 aus der Förderung fallen. Herr Wörner, dies ist in keiner Weise belegbar, aber ich sage Ihnen: Selbst wenn es belegbar wäre,

(Frau Radermacher (SPD): Wär’s uns Wurscht!)

wäre es für mich nicht der entscheidende Maßstab – Frau Kollegin Radermacher, die Sie sehr interessiert zuhören.

Wir müssen uns in diesem Bereich darüber Gedanken machen, in welcher Größenordnung die zumutbare Eigenleistung angesiedelt werden kann.

Frau Gote, Sie sprechen in Ihrem Antrag nur von Festbetragslösungen. Sie machen es sich insofern leicht, denn Sie gehen auf Einzelheiten überhaupt nicht ein und sagen uns gar nicht, wie der Festbetrag für die Abwasserreinigungsanlage in der jeweiligen Gemeinde aussieht. Der Teufel liegt hier aber im Detail. Wir haben mit der neuen RZWas Kostenwerte festgesetzt, und damit werden wir auch sicherstellen, dass in den Gemeinden auch unter den Planungsbüros der Wettbewerb stattfinden kann, denn schließlich muss er stattfinden. Deshalb haben wir in die Bezuschussungsrichtlinien die Regelung aufgenommen, dass eine Planung durch mindestens drei Planungsbüros, die unabhängig voneinander arbeiten, durchgeführt werden muss. Wenn immer nur ein Planungsbüro – das Planungsbüro, das jeweils das höchste Vertrauen genießt, wobei ich das gar nicht in Misskredit bringen will – in den Gemeinden oder Landkreisen zum Zuge kommt, wird innovativen Gedanken der Weg versperrt. Gerade im Abwasserbereich kann mit der Planung das meiste Geld verdient werden. Nachdem aber mit der Planung das meiste Geld verdient werden kann, sehen die Beschlüsse des Landtags eine Veränderung der RZWas in diesem Sinne vor.

Wenn Sie jetzt darüber jammern und uns deswegen angreifen, frage ich Sie, wer denn den Dialog mit der Staatsregierung geführt hat.

(Frau Biedefeld (SPD): Wir treten für die Kommunen ein!)

Wir haben auch den Dialog mit den Kommunen geführt. Wir hatten auch Gespräche mit dem Rechnungshof geführt. Ich kann aber nichts dafür, dass Sie sich vier Jahre lang aus der aktuellen Diskussion ausgeklinkt haben.

Wer behauptet, dass die Erhöhung des zumutbaren Eigenanteils im Abwasserbereich von 2000 DM nach der RZWas 91 auf jetzt 2500 DM unzumutbar sei, der berücksichtigt nicht, dass gerade in den Bereichen, die Frau Gote zurecht angesprochen hat, in kleinen Ortsteilen und Weilern mit geringer Einwohnerzahl, weiten Wegen und geringer Anschlussdichte, hohe Kosten entstehen. Die Bürger sind dort bereit, zusammen mit verschiedenen Gruppen, wie z. B. dem Bund Naturschutz, Eigenleistungen zu erbringen, und zwar von der naturnahen Reinigung in Schilfkläranlagen bis hin zu den technisch guten Einrichtungen der Kompaktanlagen.

(Wortmeldung des Abg. Hartenstein (fraktionslos))

Sofort, Herr Kollege Hartenstein, ich will nur diesen Gedanken zu Ende führen.

Diese Bürger erklären dann gegenüber der Gemeinde, die die Planungshoheit hat und gegenüber dem Wasserwirtschaftsamt, das für die fachliche Beratung zuständig ist, dass sie bereit sind, eigene Anlagen zu erstellen und dafür Beträge von 2000 bis 3000 DM aufzubringen, wenn sie damit die große zentrale Lösung vermeiden können. Genau das war der Maßstab für meine Überlegungen. Fragen Sie doch die Kollegen aus der CSUFraktion.

Gerade deswegen war ich der Meinung, dass 2500 DM als Eigenanteil zumutbar sind. Denn gerade in den Weilern und kleinen Ortsteilen, die alle zusammen rund 400000 Einwohner haben, können so genannte kleine dezentrale und wohnortnahe Lösungen verwirklicht werden, die pro Einwohner wirklich nicht mehr als 2500 oder 2800 DM kosten. Wenn ich solche Anlagen genehmige, muss ich auch eine Eigenleistung von 2500 DM zumuten können, ansonsten führe ich eine Entsolidarisierung der Gemeindebürger herbei. Ich kann nicht Bürger in kleineren Ortsteilen Anlagen bauen lassen, die nur 2500 DM kosten, während ich ihnen in anderen Bereichen, wo die Gemeinde die Planungshoheit hat, 9000 DM Eigenanteil zumute.

Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage des Kollegen Hartenstein? – Bitte schön, Herr Kollege Hartenstein.

Herr Kollege Hofmann, gehe ich Recht in der Annahme, dass Sie mit der Umsetzung Ihrer Anträge aus dem Jahr 1996 – die vor kurzem von der Staatsregierung aufgrund eines Antrags der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN bzw. von mir in einem Bericht dargestellt worden ist – nicht zufrieden sind?

Herr Kollege Hofmann!

Herr Kollege Hartenstein, keine Frage und kein Zweifel, ich bin mit der Antwort nicht zufrieden. Wir werden über diese Antwort selbstverständlich miteinander diskutieren und wir werden miteinander auch sehr intensiv darüber diskutieren, wie wir in Zukunft weiter verfahren werden. Wir müssen uns Gedanken machen über die Leistungsfähigkeit der Vorfluter, über die Leistungsfähigkeit der kleinen Anlagen und über die Verwendung so genannter Bürgermeisterkanäle, die für ungereinigtes Abwasser nicht mehr geeignet sind, die aber für Abwasser, das am Haus selbst zur 95 bis 98% gereinigt wird, durchaus geeignet sind. Ein so stark gereinigtes Abwasser ist genau das Wasser mit der Gewässergüte, das ich auch in einen leistungsfähigen Vorfluter einleiten kann. Darüber werden wir uns unterhalten. Es ist auch Ziel der CSU-Fraktion, in diesem Bereich einen Durchbruch zu erreichen. Nicht umsonst bin ich Vorsitzender des Arbeitskreises in der CSU,

(Kaul (CSU): Des mit Erfolg arbeitenden Arbeitskreises!)

der sich landesweit mit diesen Themen auseinander setzt und dabei auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Ministerialbürokratie nicht scheuen wird.

Wir haben mit der RZWas den Versuch gemacht, die nicht willkürlich vermehrbaren Finanzmittel und die zumutbaren Eigenleistungen in einen vernünftigen Einklang zu bringen. Ich möchte allerdings auch darauf hinweisen, dass das, was Herr Kollege Wörner angesprochen hat, von uns längst erledigt wird. Es trifft nicht zu, dass sich der Freistaat Bayern zulasten seiner Kommunen saniert. Tatsache ist, dass im Finanzausgleichsgesetz Finanzmittel in einer Größenordnung von 11 Milliarden DM vorgesehen sind. Die Steigerung im Nachtragshaushalt 2000 beträgt 190 Millionen DM. Bei den Schlüsselzuweisungen haben wir eine Steigerung um 5% oder 176 Millionen DM. Wir geben den Gemeinden 3,7 Milliarden DM an Schlüsselzuweisungen. Diese Finanzmasse können die verantwortlichen Frauen und Männer in der Gemeindepolitik dort einsetzen, wo sie eigenständig Prioritäten setzen können. Wir haben damit sichergestellt, dass jede vierte Mark aus dem Staatshaushalt des Freistaates Bayern den Kommunen direkt und indirekt zur Verfügung gestellt werden kann.

Es trifft auch nicht zu, dass wir mit der Änderung der RZWas die Bezuschussung durch den Freistaat Bayern reduzieren und uns damit zulasten der Gemeinden sanieren. Im Gegenteil, wir haben die Finanzmittel auf 750 Millionen DM erhöht. Frau Kollegin Biedefeld, Sie haben den Obersten Rechnungshof angesprochen. Ich empfehle Ihnen einmal nachzulesen, was der Oberste Rechnungshof zur Förderpolitik im Freistaat Bayern erklärt. Er erklärt dazu folgendes – und das ist nicht in Ihrem Sinne:

Die Förderung ist außerdem auf jene Fälle zu begrenzen, bei denen ansonsten die Gebühren und Beitragsbelastungen unzumutbar über dem Landesdurchschnitt lägen. Nur noch Ersterschließungen und gegebenenfalls die Erneuerung von Altanlagen kleiner Kommunen aus der Zeit von 1961 – –

(Zuruf von Frau Abgeordneter Biedefeld (SPD))

Ich lese Ihnen alles vor, aber Sie können damit nicht Ihre Argumente begründen. Ich weiß, wovon ich rede. Gleichzeitig erklärt der Oberste Rechnungshof:

Eine derartige Vorgehensweise gibt es bereits in anderen Ländern. Beispielsweise werden in BadenWürttemberg Zuwendungen nur dann gewährt, wenn durch eine Interventionsmaßnahme das nach einem einfacheren Rechnungsschema zu ermittelnde fiktive Wasser- und Abwasserentgelt die Schwelle von 8,50 DM je Kubikmeter übersteigt.

Und dann sagt der Rechnungshof, außerdem sollte die Förderung möglichst als Festbetrag gewährt werden. Das haben wir in den Kostenrichtwerten berücksichtigt.

Herr Kollege Hofmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Biedefeld? –

Herr Kollege Hofmann, sind Sie bereit, auch die Aussage des Obersten Rechnungshofs darüber zu zitieren, wie lange es dauert, bis die Kommunen ihr Geld für Abwassermaßnahmen erhalten?

Frau Kollegin, ich lese auch diese Passage gerne vor. Der Oberste Rechnungshof weist darauf hin, dass die Umsetzung mittelfristig neben einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung eine Einsparung staatlicher Fördermittel in der Größenordnung von 500 Millionen DM brächte. Auch die Verwaltungsvereinfachung, die der Oberste Rechnungshof moniert, wurde in der RZWas 2000 berücksichtigt.

Sowohl die GRÜNEN als auch die Roten sollten sich mit ihren Bundespolitikern auseinander setzen. Denn am „Tag des Wassers“ musste ich mit Erschrecken feststellen, dass die verantwortlichen Politiker von GRÜN im Gegensatz zu dem, was wir im Bayerischen Landtag wollen, für zentrale Lösungen sind und dafür eintreten, dass dezentrale Lösungen zu zentralen Lösungen zusammengefasst werden. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Heil plädierte für einen Verbund von dezentralen Kleinstbetrieben und -anlagen zu größeren Unternehmensstrukturen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Und der GRÜNEN-Abgeordnete Winfried Hermann sprach sich für einen Zusammenschluss benachbarter Wasser- und Abwasserbetriebe sowie für ein modernes Management aus. Das ist das Gegenteil dessen, was wir in Bayern mit über 3000 Einzelanlagen praktizieren. Damit verfügt Bayern über die dezentralste Abwasserentsorgung der Bundesrepublik Deutschland.

(Gartzke (SPD): Und die teuerste!)

Die Förderpraxis des Freistaats hat zur Folge, dass Bayern bei den Wasser- und Abwassergebühren zwischen 40 und 60% günstiger als Nordrhein-Westfalen oder das Saarland liegt. Bei der Neufassung der RZWas ging es

neben einem weit gehenden Vertrauensschutz vor allem darum, dass künftig wohnortnahe und kostengünstige Lösungen ermöglicht werden. Auf die Umsetzung werden wir sehr genau achten. Was dezentral gelöst werden kann, soll auch wohnortnah verwirklicht werden. Dabei müssen Wirtschaftlichkeit sowie Grundwasser- und Gewässerschutz, Reinigungsleistung der Anlagen und Einhaltung der Hygienevorschriften gewährleistet sein.

Zwar werden mit der RZWas 2000 einerseits die Zuwendungen verringert, andererseits aber die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Finanzierungszeiträume mit den derzeit vorhandenen Mitteln verkürzt werden können. Die Behauptung des Kollegen Wörner, der Freistaat Bayern stehe bei den Gemeinden mit 6 Milliarden DM in der Kreide, trifft nur teilweise zu. Hintergrund ist, dass von Kommunalpolitikern seit Jahren der Wunsch an uns herangetragen wird, für vorzeitigen Baubeginn zu sorgen, ohne den Anspruch auf Zuwendungen zu verlieren. Dafür setzt man sich als Abgeordneter dann ein, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass mit der Bezuschussung einige Jahre gewartet werden müsse.

Wenn alles erledigt ist, schaukelt sich die Angelegenheit aber hoch, d. h. von einem Gesamtinvestitionsvolumen von 4 bis 5 Milliarden DM zahlen die Gemeinden bisher zwischen 200 und 250 Millionen DM Zinsen. Das wird mit der Fortschreibung der RZWas 2000 geändert. Sie ist ein vernünftiger Kompromiss zwischen zumutbarer Eigenbeteiligung der Bürger und darstellbarer finanzieller Zuwendung des Freistaats Bayern und berücksichtigt gleichzeitig die Forderung nach wohnortnahen, dezentralen Lösungen, um naturnahen Abwasserreinigungsanlagen im ländlichen Bereich eine Chance zu geben. Die unbrauchbaren Anträge von SPD und GRÜNEN lehnen wir selbstverständlich ab.

(Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Zu beiden Dringlichkeitsanträgen wurde namentliche Abstimmung beantragt. Ich lasse zunächst in namentlicher Form über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 14/2517 abstimmen. Der federführende Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen empfiehlt die Ablehnung. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereit gestellt: die Ja-Urne auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion jeweils im Bereich der Eingangstüren. Die Enthaltung-Urne steht auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden.

(Namentliche Abstimmung von 11.36 bis 11.41 Uhr)