Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

(Willi Müller (CSU): Es wäre ja schlimm, wenn wir rot würden!)

Normalerweise müsste Ihnen doch ein Licht aufgehen oder Sie überlegen, was Sie sagen.

Noch einmal zu den zwei Konzepten: Bitte erklären Sie doch ganz offen, wie Ihres aussieht. Zwei Konzepte liegen vor: ein solides, sauber durchfinanziertes Konzept von Bundesfinanzminister Hans Eichel, von der Bundesregierung, ein zweites von Ihnen, Herr Dr. Faltlhauser, und Sie müssen zugestehen, dass dieses Konzept in einem Zeitraum von fünf Jahren 4,2 Milliarden DM mehr Schulden beinhaltet. Ihr Konzept bedeutet für den Frei

staat Bayern mehr Schulden von 4,2 Milliarden DM. Sie versuchen, die Sozialdemokraten zu belehren, wir sollten keine Schulden machen. Dabei sind es doch genau Sie, die in der Vergangenheit Schulden gemacht haben und mit Ihrem jetzigen Konzept wieder Schulden machen wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie sich die Eckdaten des Bundeshaushaltes anschauen, können Sie doch im Kopf ausrechnen, wie sich diese Politik auf den Freistaat Bayern auswirkt. Die Steuereinnahmen steigen z. B. von 376 Milliarden DM im Jahr 1999 innerhalb der nächsten fünf Jahre auf 446 Milliarden DM, das sind etwa 70 Milliarden DM mehr. Ich sage ganz bewusst: aufgrund einer erfolgreichen Bundespolitik in Berlin, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Minister, rechnen Sie, ganz grob über den Daumen, herunter, was diese 70 Milliarden DM Steuermehreinnahmen auf Bundesebene für den Haushalt des Freistaats Bayern bedeuten. Wenn Sie von der Siebtel-Regelung ausgehen, kommen Sie auf nahezu 10 Milliarden DM. Da müssen Sie doch zugestehen, dass der Haushalt des Freistaats Bayern Milliardenmehreinnahmen aufgrund der erfolgreichen Politik der Bundesregierung hat.

Wir fordern Sie auf, an diesem erfolgreichen Weg, der sich auf das ganze Land auswirkt, endlich einmal mitzuarbeiten und Ihre Oppositionspolitik endlich aufzugeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vorher haben Sie sich sehr erregt und erklärt: Ihr Sozialdemokraten, in diesem Fall Heinz Mehrlich, sagt immer etwas Falsches. Woher habt ihr denn diese Angaben? Die Sozialdemokraten, diese bösen Menschen, sagen, der Freistaat Bayern schulde den Kommunen 6 Milliarden DM. Wie kommt ihr dazu, solche Zahlen zu nennen? Diese 6 Milliarden DM greift ihr einfach irgendwo heraus. 6 Milliarden DM, das ist eine Riesensumme.

Lieber Herr Finanzminister, da müssen Sie nicht zu uns kommen. Sie müssen sich in Ihr Dienstfahrzeug setzen, müssen den Städtetag anpeilen, müssen zu Ihrem Parteifreund Deimer gehen. Es war der Präsident des Städtetages, der gesagt hat: Der Freistaat Bayern schuldet den Kommunen 6 Milliarden DM. Das sagt ein CSUMann. Sie müssen nicht zu uns kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das sind nicht wir, sondern das sind Ihre Parteifreunde.

Damit komme ich zu den 6 Milliarden DM. Sie können herumreden wie Sie wollen. Tatsache ist: Ich habe vor kurzem einen Brief vom Bayerischen Gemeindetag erhalten, in dem steht: Allein für Abwasserbeseitigungsund Wasserversorgungsanlagen ist ein Zuwendungsbedarf von 4,2 Milliarden DM gegeben. 700000 Millionen DM werden zur Verfügung gestellt. Wer zahlt den Rest

betrag? Der Bayerische Gemeindetag, und an dessen Spitze steht, wenn ich richtig informiert bin, auch kein roter Präsident, sondern ein schwarzer, der sagt: Allein bei den Maßnahmen der Abwasserbeseitigung und Wasserversorgung schuldet der Freistaat Bayern den Gemeinden 4,2 Milliarden DM. Sie sollten also nicht uns die Vorwürfe machen, sondern dies in den eigenen Reihen erledigen.

Noch eines zu diesen Abwasser- und Wasserversorgungsanlagen. Wer zahlt das überhaupt? Sie haben das so weggeschoben und gesagt: Meine Güte, die Städte und Gemeinden bekommen einen vorzeitigen Baubeginn und müssen wissen, dass sie dann irgendwann das Geld bekommen. – Das ist in Ordnung. Wir sind auch nicht diejenigen, die fordern, dass eine Maßnahme morgen abfinanziert werden muss, wenn sie heute fertig ist. Aber die Kommunen erwarten, dass sie in einem Zeitraum von zwei, drei, höchstens vier Jahren abfinanziert werden. Es gibt in unseren Reihen auch Kollegen, die in der Kommunalpolitik tätig sind und wissen: Wenn die Gemeinden im Bereich der Abwasserbeseitigung so lange auf ihr Geld warten müssen, dann ist es letztlich der Bürger, der das über erhöhte Gebühren wieder bezahlen muss. Diese Gebührenerhöhungen haben dann im Grunde Sie und die Bayerische Staatsregierung zu vertreten,

(Hofmann (CSU): Bei der Abwasserbeseitigung ist die Wartezeit nicht so lang! Das ist nicht wahr, was Sie sagen!)

nicht wir, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Lieber Kollege, Sie sagen: Das ist nicht wahr.

(Hofmann (CSU): Bei der Abwasserbeseitigung haben wir nicht über zwei Jahre! Fragen Sie die Spitzenverbände!)

Sie gehen doch wie wir hinaus und hören zum Beispiel bei der Einweihung einer Kläranlage, wie der CSU-Bürgermeister an den CSU-Abgeordneten hinjammert, dass die Zuschüsse doch endlich besser fließen sollen. Das ist doch Tatsache. Es sind Ihre Leute, die das sagen.

(Hofmann (CSU): Bei der Abwasserbeseitigung sind es drei Jahre!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Starzmann?

Ich gestatte eine Zwischenfrage.

Herr Kollege Straßer, da mich die Zahlen der beiden CSU-Politiker über die Verschuldung des Freistaats Bayern bei den Gemeinden so beeindruckt haben, möchte ich Sie fragen: Ist es richtig, dass der Kollege Faltlhauser als Finanzminister etwas dazu sagen muss, wenn diese Zahlen stimmen? Wenn er

aber sagt, die Zahlen stimmten nicht, ist das dann der Beweis dafür, dass man nicht jedem CSUler glauben sollte?

(Heiterkeit bei der SPD – Hofmann (CSU): Das passt auch für den Fasching!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, bitte.

Lieber Kollege, das sind die Fakten. So kann man heute Politik – – Das ist so.

(Hofmann (CSU): Stimmt doch auch!)

Wenn die Zahlen stimmen, dann müssen Sie es laut sagen. Dann muss man hierher gehen und sagen: Die Zahlen stimmen.

(Hofmann (CSU): Ja freilich, stimmt!)

Noch etwas zu dem vorzeitigen Baubeginn. Sie drängen doch die Kommunen hinein. Wir sind alle erfahren und wissen, wenn der vorzeitige Baubeginn genehmigt ist, dann wird erwartet, dass in drei, vier, fünf Jahren das Geld fließt.

Wenn Sie heute die Fragestunde aufmerksam verfolgt haben, haben Sie die Frage des Kollegen Armin Nentwig mitbekommen. Sie sollten die Antwort auf die Frage von Armin Nentwig lesen und ganz ruhig darüber nachdenken, was man anders machen muss und wie Recht die Sozialdemokraten mit ihrer Forderung haben.

Es geht um die Sportförderung. Die Frage ist, wie lang sind die Wartezeiten. Wie lang muss ein Verein, der seine Umkleidekabinen eingeweiht hat, warten, bis er die letzten 300000 DM bekommt? – Es sind sieben Jahren, und das haben nicht die Sozialdemokraten gesagt. Wenn der Sportverein sieben Jahre auf seine Zuschüsse warten muss, kann man doch nicht sagen, Bayern ist ein toller Staat, wir sind reich und haben Geld. Wir meinen, wir brauchen eine schnellere Abfinanzierung der Zuschüsse.

(Hofmann (CSU): Stellen Sie doch Anträge!)

Das ist ein Versprechen, das wir den Ehrenamtlichen gegeben haben. Heute dauert es nicht nur drei oder vier Jahre, sondern sieben Jahre. Und es geht weiter so. Die gleiche Tendenz besteht bei den privaten Förderschulen. Wissen Sie, für eine ordentliche Abfinanzierung bräuchten wir 600 Millionen DM. Tatsächlich haben wir aber 60 Millionen DM zur Verfügung. Auch bei der Abfinanzierung der Feuerwehrgerätehäuser nehmen die Wartezeiten zu. Deshalb sprechen wir mit Recht ganz bewusst davon, dass der Freistaat Bayern gegenüber den Kommunen Verpflichtungen hat. Wir sagen ganz bewusst, der Freistaat Bayern hat bei den Kommunen Schulden. Wir sagen, diese Schulden müssen abgebaut werden.

(Beifall bei der SPD)

Zu den von Ihnen angesprochenen Mehrausgaben, die wir gefordert haben, habe ich heute früh schon Stellung

genommen. Herr Minister, Sie haben doch unsere Pressevorlagen gelesen. Wenn Sie schon so gründlich im Lesen sind, sagen Sie uns doch einmal, was Sie gemacht haben. Sie haben dem Finanzplanungsrat in Berlin Rücklagen in Höhe von 3,5 Milliarden DM gemeldet. Sie haben bis jetzt noch nicht erklärt, was das für Rücklagen sind. Darüber haben Sie kein einziges Wort verloren. Der Freistaat Bayern hat dem Finanzplanungsrat 3,5 Milliarden DM an Rücklagen gemeldet, und uns wird das nicht gesagt. Darüber wird kein Wort verloren. Wir legen dagegen mit den 2 Milliarden DM einen Haushalt vor, der genau das beinhaltet, was der Bundesfinanzminister getan hat. Es geht um einen Solidarkurs: Man darf nur ausgeben, was man wirklich hat.

Herr Minister, noch einmal zu Ihrer Information: Beim Finanzplanungsrat in Berlin sind 3,5 Milliarden DM an Rücklagen gemeldet worden. Sie haben das weder der CSU noch uns gesagt. Es wäre zumindest notwendig gewesen, dass Sie uns die Unterlagen vorlegen. Wenn Sie all dies erledigen würden, würden Sie auch nicht zu dem Ergebnis kommen, dass wir Schulden machen sollten. Wir sagen, wir können den Kurs, den die CSU mit Herrn Dr. Waigel über lange Zeit gefahren ist und den der Herr Minister fortführt mit 4,2 Milliarden DM an zusätzlichen Schulden im Rahmen der vorgeschlagenen Steuerreform nicht mittragen. Wir fordern Sie auf, endlich konstruktiv mitzuarbeiten und den Weg der Verschuldung zu verlassen.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat der Staatsminister der Finanzen. Herr Prof. Dr. Faltlhauser, bitte.

(Dr. Kaiser (SPD): Jetzt gibt es eine Vorlesung!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rede war so, dass man wirklich Anlass hätte, zu polarisieren und zu verschärfen, aber ich will in aller Nüchternheit ein paar Feststellungen treffen.

Ich komme zunächst zu den 6 Milliarden DM. Herr Kollege Starzmann, Sie scheinen zu der Zeit, als ich meine Ausführungen gemacht habe, nicht hier gewesen zu sein. Ich wiederhole also für Sie: Die 6 Milliarden DM sind allenfalls erklärbar, wenn man auch die noch nicht bewilligten Volumina sämtlicher Anträge der Kommunen auf vorzeitigen Maßnahmebeginn aufaddiert. Wenn Sie das in anderen Ländern machen, kommen Sie auf unglaubliche Beträge. Sie wissen, dass wir den Stau in der letzten Zeit durch Sonderaktionen in besonderer Weise abgebaut haben.

Weil es so schön polemisch klingt, sagen Sie jetzt, diese Behauptung stammt nicht von uns, sondern sie stammt vom Städtetag, und zwar insbesondere von meinem Parteifreund und meinem persönlichen Freund „Dick“ Deimer.

(Maget (SPD): Was ist daran polemisch?)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Hartmann?