Protokoll der Sitzung vom 28.09.2000

Wir leben in einer Zeit, in der die Rentenversicherungsbeiträge endlich von 20,3% auf 19,3% gesunken sind. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist unwahrscheinlich interessant, wie der Finanzminister über den Kreditabbau philosophiert hat. Darauf werde ich später zurückkommen. Wir leben in einer Zeit, in der es uns gelungen ist, in Bund, Ländern und Kommunen die Schulden endlich zu begrenzen. Es ist doch großartig, wenn solche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wir leben auch in einer Zeit, in der das Bruttosozialprodukt gestiegen ist und weiter steigen wird, wie es in den letzten zehn Jahren nicht mehr der Fall war. Ich glaube, unsere Bundesregierung leistet eine hervorragende Politik, auf die wir insgesamt aufbauen können. Es muss auch in diesem Hause endlich einmal anerkannt werden, dass die Bundesregierung eine hervorragende Finanz- und Wirtschaftspolitik auch zugunsten der Länder betreibt und dass auch Bayern davon profitiert.

(Beifall bei der SPD)

Eine zweite Vorbemerkung, Herr Finanzminister. Es ist immer wieder rührend, wie Sie Versprechungen von Politikern erwähnen. Dabei kommt Ihr Gedächtnis allerdings deutlich zu kurz. Sie sollten sich endlich einmal daran erinnern, was in den 16 Jahren Ihrer Bundesregierung alles so war. Es war einmal ein Bundeskanzler namens Helmut Kohl, und dieser Bundeskanzler hat wortwörtlich gesagt: „Ich sage, es gibt keine Steuererhöhung im Hinblick auf Probleme mit der Deutschen Einheit.“ Das war doch Ihr Bundeskanzler, den Sie unterstützt haben. Er hat etwas versprochen, aber ganz

anders gehandelt. Herr Finanzminister, das sind keine Märchen, sondern das sind Fakten; Sie müssen endlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass in der Zeit, in der Sie im Bund Verantwortung getragen haben, die Steuern insgesamt um jährlich 116 Milliarden DM erhöht worden sind.

Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. In der Zeit Ihrer Bonner Regierungsverantwortung – in der Sie als Staatssekretär Verantwortung getragen haben – wurden Schulden in Höhe von 1,5 Billionen DM angehäuft. Wenn Sie jetzt von Schuldenabbau reden, ist das unredlich.

(Beifall bei der SPD)

In Ihrer Regierungszeit wurden die Rentenversicherungsbeiträge von 17% auf 20,3% hoch geschraubt. Sie haben zu verantworten, dass die Arbeit immer teurer gemacht worden ist. Sie haben zu verantworten, dass es immer schwieriger wurde, in Bund, Ländern und Kommunen ausgeglichene Haushalte zu schaffen. Es ist unredlich, wenn Sie hier von Versprechungen reden. Von dem, was Sie versprochen haben, haben Sie 16 Jahre lang nichts gehalten. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Die Sozialdemokraten haben vor der Sommerpause in diesem Hause Dringlichkeitsanträge eingereicht, in denen gefordert wurde, dass sich der Landtag früher mit dem Haushalt befassen sollte. Bereits vor der Einreichung eines Haushalts sollten wesentliche Eckdaten dem Parlament mitgeteilt werden. Sie haben diese Dringlichkeitsanträge immer wieder abgelehnt. Wir fordern immer wieder das Budgetrecht des Parlaments ein. Dieses Budgetrecht darf nicht auf ein Minimum zurückgeschraubt werden. Es kann nicht damit getan sein, dass wir einen großen Stoß von Büchern bekommen, in denen viele Zahlen stehen, und wir dann von Verbänden erfahren müssen, dass diese schon im Juni, Juli oder August wussten, wie der Haushalt aussieht. Weder die Kollegen der CSU, noch die Kollegen von den GRÜNEN oder von der SPD hatten diese Informationen. Das Parlament muss früher in die Haushaltsberatungen eingebunden werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben damals auf die uns bekannten Eckdaten hingewiesen. Wir haben auf die Rücklagen hingewiesen und auf den tatsächlichen Spielraum, den das Parlament noch hat. Wir haben damals die Zahl von 2 Milliarden DM genannt. Der Minister hat sich seinerzeit nicht dazu geäußert. Wenn sich der Minister nicht äußert, gehen wir davon aus, dass unsere Informationen richtig sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe bereits angedeutet, dass es nichts nützt, wenn die CSU als Oppositionspartei die Bundespolitik schlecht macht. Wir haben eine positive Bundespolitik, die sich im Haushalt des Freistaats Bayern auswirkt. Steuermehreinnahmen in Höhe von 1,5 Milliarden DM im Jahr 1999 sind kein Pappenstiel, ebenso Rücklagen von 3,5 Milliarden DM. Das gab es in der Vergangenheit nicht. Sie sollten das zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Wir gehen davon aus, dass sich diese positive Steuerentwicklung auch in diesem Jahr fortsetzen wird. Wir haben darüber bereits mit Finanzpolitikern und den Finanzministern der Bundesländer gesprochen. In der Vergangenheit wurde in diesem Haus immer, wenn es Steuerausfälle gab, von der Staatsregierung ein Nachtragshaushalt vorgelegt. Deshalb fordern wir die Staatsregierung auf, in diesem Jahr dem Parlament einen Nachtragshaushalt vorzulegen, wenn es Steuermehreinnahmen in Milliardenhöhe gibt. Meine Damen und Herren, das ist Ihre Aufgabe und Ihre Pflicht. Wir werden im Zusammenhang mit der Verwendung dieser Steuermehreinnahmen unsere Schwerpunkte zum Ausdruck bringen. Herr Minister und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion, wenn Sie es nicht tun, werden wir dem Bundeskanzler und der Bundesregierung für diese hervorragende Politik danken.

(Kaul (CSU): Sie könnten doch die Ökosteuer zurücknehmen, wenn Sie so viel Steuern einnehmen!)

Wir werden in diesem Jahr über gewaltige Steuermehreinnahmen verfügen können. Dafür werden wir der Bundesregierung danken.

(Beifall bei der SPD – Kaul (CSU): Nehmen Sie doch die Ökosteuer zurück!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich werde noch auf die Ökosteuer eingehen. Bei der Ökosteuer müssen Sie genau rechnen. Wir haben 16 Jahre lang erfahren, dass Sie mit dem Rechnen und der Finanzpolitik Schwierigkeiten haben. Sie rechnen nämlich immer wieder falsch.

(Beifall bei der SPD)

Ob im Großen oder im Kleinen: Sie rechnen bei der Pinakothek und bei der sechsstufigen Realschule falsch. Jetzt behaupten Sie, Sie würden bei der Ökosteuer richtig rechnen.

(Beifall bei der SPD)

Nun zur Steuerreform: Der Bundesrat hat eine hervorragende Entscheidung getroffen, als er dem Steuerreformkonzept dieser Bundesregierung zustimmte. Wenn er dem Konzept von Herrn Prof. Dr. Faltlhauser, Herrn Merz und der CSU zugestimmt hätte, wäre die Folge eine Riesenbelastung für den Freistaat Bayern, die Kommunen und die Länder gewesen. Meine Damen und Herren von der CSU, man müsste Sie an Ihre Pressekonferenz erinnern. Darauf werde ich aber später noch einmal zurückkommen. Seit die SPD im Bund regiert, gibt es eine positive Entwicklung. Seither spricht niemand mehr von einer Krankheit in Deutschland. Es geht aufwärts. Der Reformstau ist weg. Die Finanzen stimmen. Es läuft einfach hervorragend. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte ein paar Gedanken zu den Eckdaten im Zusammenhang mit dem Länderfinanzausgleich formulieren. Im letzten Jahr haben wir dafür im Haushalt 3,35 Milliarden DM eingesetzt. Davon wurden aber nur 3,047 Milliarden DM ausgegeben. Wir haben damals gesagt, dass es eigentlich Ihrer Klage nicht bedurft hätte, weil die CSU und die damaligen Finanzminister gesagt haben, dass sie den Länderfinanzausgleich neu geordnet hätten. Damals hat der Finanzminister im Haushaltsausschuss darauf hingewiesen, dass wir etwa 3 Milliarden DM bezahlen müssen. Genau diese 3 Milliarden DM haben Sie kurze Zeit später beklagt. Dies ist eine unredliche Politik.

Herr Finanzminister, ich bitte Sie, dem Haushaltsausschuss detaillierte Rechnungen aus Ihrem Haus vorzulegen. Uns ist signalisiert worden, dass im Länderfinanzausgleich, dem Sie damals zugestimmt haben, nicht 3,35 Milliarden DM, sondern 4 Milliarden DM aufgrund der Steuerentwicklung zu zahlen gewesen wären. Ich möchte dem Herrn Ministerpräsidenten eine kleine Empfehlung auf den Weg geben: Wir kennen die ganze Diskussion um den Länderfinanzausgleich. Zunächst wurde behauptet, die reichen Bayern müssten den schlimmen Saarländern helfen, die das Geld für unnötige Dinge ausgäben. Dazu kann ich nur sagen, der Ministerpräsident hätte längst mit seinem Kollegen im Saarland verhandeln müssen. Wir sehen nicht ein, dass wir in Bayern Gebühren für den Besuch der Kindergärten bezahlen müssen. Weil wir dem Saarland hohe Beträge über den Länderfinanzausgleich geben, können die saarländischen Eltern von Kindergartengebühren freigestellt werden. Dies ist ungerecht. Herr Ministerpräsident, hierüber sollten Sie einmal mit Ihrem Kollegen im Saarland reden.

(Beifall bei der SPD – Maget (SPD): Früher wollten Sie das Saarland doch abschaffen!)

Herr Finanzminister, ich schätze Sie persönlich sehr. Aber als Politiker haben Sie doch einmal Verantwortung in Bonn getragen. Sie stellen sich an dieses Rednerpult und halten einen Vortrag über die Zukunft der Verschuldung und über das, was man nicht machen darf. Ich fand diesen Vortrag großartig. Sie sind offenbar ein sehr lernfähiger Mensch. Als Sie in Bonn Verantwortung trugen, haben Sie immer wieder begründet, warum die Schulden nach oben gehen müssten. Sie haben einen Schuldenberg von 1,5 Billionen DM mitzuverantworten. Als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium habe ich von Ihnen nie etwas über die Zukunft der Generationen und über den Gestaltungsspielraum gehört. Sie haben dem damaligen Finanzminister Dr. Theo Waigel nie gesagt, dass er keine Schulden mehr machen dürfe. Sie haben stattdessen draufgesattelt. Jetzt erzählen Sie dem Landtag, dass wir keine Schulden mehr machen dürfen.

(Beifall bei der SPD)

In Ihrer Rednervorlage steht, was Sie machen wollen. Auf der Seite 3 ist beispielsweise zu lesen:

Der Haushaltsentwurf ist geprägt von einem deutlichen Abbau der Neuverschuldung. Die veran

schlagte Neuverschuldung wird erstmals seit 1974 wieder unter eine Milliarde DM sinken.

Die Staatsregierung rühmt sich vor der bayerischen Bevölkerung, dass es endlich gelinge, die Neuverschuldung unter eine Milliarde DM zu bringen. Das ist unredlich. Herr Finanzminister, Sie haben in einer Pressekonferenz im Juli dieses Jahres zusammen mit dem Haushaltsausschussvorsitzenden erklärt, dass die Neuverschuldung des Freistaates Bayern im Jahr 2002 nicht unter einer Milliarde DM liegen sollte. Das war Ihre Argumentation.

Das können Sie in der Presseerklärung und in den Medien nachlesen. Damals wollten Sie die Verschuldung nicht unter eine Milliarde DM drücken. Ich habe die Zahlen und Ihre Unterlagen da. Wenn Sie sie nicht haben, Herr Minister, kann ich sie Ihnen geben.

(Heiterkeit bei der SPD)

In der Vorlage der CSU zum Jahr 2002 steht: 915 Millionen DM plus 800 Millionen DM = 1,7 Milliarden DM Schulden. Das steht in Ihrer Übersicht. In dieser Presseerklärung haben Sie der Bevölkerung erklärt: Im Jahr 2002 werden im Haushalt des Freistaats Bayern 1,7 Milliarden DM Schulden gemacht. In der jetzigen Rednervorlage rühmen Sie sich, dass Sie nur 900 Millionen DM Schulden machen müssten. Ich frage: Was hat sich abgespielt, was ist in der Zwischenzeit geschehen, Herr Minister? Was ist vom Juli 2000 bis zum Entstehen Ihrer Rednervorlage geschehen? Wäre das Steuerkonzept der CSU in Kraft getreten, hätte der Freistaat Bayern im Jahr 2002 1,7 Milliarden DM aufnehmen müssen. Ihr Steuerkonzept ist nicht in Kraft getreten, weil der Bundesrat der Steuerreform von Bundeskanzler Schröder zugestimmt hat. Das Lob gilt also nicht der Staatsregierung, sondern Sie müssen das Lob der Bundesregierung zugestehen.

(Beifall bei der SPD)

Die CSU hat noch im Juli 2000 erklärt, dass 1,7 Milliarden DM Schulden aufgenommen werden müssten. Die Bundesregierung hat es gegen den Willen der CSU geschafft, die Steuerreform durchzusetzen. Deshalb müssen nur 900 Millionen DM Schulden aufgenommen werden. Es ist unredlich, das als Erfolg der Staatsregierung zu verkünden. Diese Politik ist nicht nur unredlich, sondern auch scheinheilig.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD hat Schwerpunkte gesetzt. Einer ist die Informations- und Kommunikationstechnik. Hier befindet sich Bayern noch in der „Steinzeit“. Wir sind der Meinung, dass Familie und Beruf in Einklang gebracht werden müssen. Die Sozialdemokraten haben immer wieder Vorstöße gemacht, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Die Kolleginnen und Kollegen der SPD haben sich unwahrscheinlich stark engagiert. Die Sozialdemokraten haben anlässlich der Haushaltsberatungen immer wieder gefordert, dass die Mittagsbetreuung ausgeweitet werden müsse. 4,8 Millionen DM Haushaltsansatz sind zu wenig. Wir haben Vorschläge gemacht. Sie

haben diese abgelehnt und darauf hingewiesen, dass unsere Vorschläge nicht finanzierbar seien. Jetzt plötzlich steht in den Unterlagen für die über- und außerplanmäßigen Ausgaben, dass der überplanmäßige Bedarf 2,2 Millionen DM betrage. Wir hatten also Recht. Lediglich die CSU meinte, dass nichts getan werden müsse. Wir müssen Sie immer schieben. Wir sind froh, dass Sie endlich begriffen haben, dass man viel tun muss, um Familie und Beruf in Einklang zu bringen.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer Schwerpunkt der SPD bei den Haushaltsberatungen wird die Energieeinsparung sein. Die staatlichen Gebäude müssen Vorzeigemodelle werden. Bisher ist noch viel zu viel Energiesparpotenzial vorhanden. Wir müssen nach vorne blicken und die Entwicklung der Wasserstofftechniken verstärken. Der Pflegeschlüssel ist ebenfalls ein Thema für die Haushaltsberatungen. Die SPD muss sich im Gegensatz zur CSU nicht vorwerfen lassen, untätig gewesen zu sein. Kollege Wahnschaffe hat immer wieder darauf hingewiesen, dass es sehr wichtig sei, etwas zu tun. Nur reden – so wie Sie das tun – nützt nichts. Das Anliegen muss im Haushalt zum Ausdruck gebracht werden. Sie lagen immer wieder falsch. Wir haben immer wieder Anträge gestellt. Sie haben diese immer wieder abgelehnt. Wir hoffen, dass Sie diesmal zustimmen werden.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, Sie haben vorhin darüber gesprochen, wie gut Sie mit den Kommunen verhandelt hätten und wie kommunalfreundlich die Staatsregierung sei. Wie ist es wirklich? In unseren Gesprächen mit den Spitzenverbänden hören wir einiges. Wir fragen nach und stellen fest, dass deren Aussagen stimmen. Herr Deimer zum Beispiel hat von 6 Milliarden DM gesprochen.

(Hoderlein (SPD): Welcher Partei gehört er an?)

Er ist Vorsitzender eines kommunalen Spitzenverbandes, Oberbürgermeister, er gehört nicht der SPD, sondern der CSU an, und er sagt, die Zuschüsse für die Abfinanzierung von Maßnahmen seien viel zu gering.

(Ach (CSU): Wann hat er das gesagt?)

Im Schriftverkehr des Bayerischen Gemeindetags sind Fakten aufgeführt. Dort steht, dass allein für die Abwasserbeseitigung der Zuschussbedarf 4,2 Milliarden DM betrage, aber im Haushalt nur 700 Millionen DM angesetzt seien. Die Wartezeit betrage sechs bis sieben Jahre. Interessant ist, dass inzwischen berichtet wird, die Zuschüsse müssten schneller gewährt werden. Wir wissen, dass nicht alles in einem Jahr abfinanziert werden kann, sondern dass zwei bis drei Jahre Wartezeit bestehen. Sie haben stets gesagt, das stimme nicht, die Sozialdemokraten würden übertreiben, denn die Kommunen seien zufrieden. Plötzlich äußern CSU-Abgeordnete den Medien gegenüber, dass die Zuschüsse noch spärlicher flössen, sodass bei den Behörden nachgehakt werden müsse. Das wird nichts nützen, meine Damen und Herren. Wir müssen im Haushalt Farbe bekennen

und mehr Mittel für die Kommunen einstellen. Nur dadurch wird das Problem gelöst.